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VwGH vom 20.09.2005, 2004/05/0185

VwGH vom 20.09.2005, 2004/05/0185

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Dr. Dieter Lerchbaumer in Spittal an der Drau, vertreten durch Dr. Franz P. Oberlercher, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, Bernhardgasse 4/1, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 7-B-BRM-597/8/2004, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Partei: Krankenhaus Spittal an der Drau Gesellschaft m.b.H. in Spittal an der Drau, vertreten durch Huainigg Dellacher & Partner, Rechtsanwälte OEG in Klagenfurt, Dr. Franz Palla Gasse 21), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am bei der Stadtgemeinde Spittal an der Drau (in der Folge meist kurz: Gemeinde) eingebrachten Baugesuch vom selben Tag kam der Beschwerdeführer um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines "Seniorenwohnhauses" auf einem Grundstück im Gemeindegebiet ein. Dieses Gebäude soll im Bereich der südwestlichen Ecke des annähernd rechteckigen Grundstückes errichtet werden, wo sich bereits ein Gebäude befindet (das in den Neubau integriert werden soll). Der geringste Abstand der südlichen Schmalseite dieses bestehenden Gebäudes zum südlich gelegenen Grundstück Nr. 947/83 der mitbeteiligten Partei beläuft sich auf 1,06 m. (Das bestehende Gebäude hält auch an der westlichen Längsseite zur nordwestlichen Grundgrenze einen geringeren Abstand als 3,00 m ein, was aber hier nicht von Belang ist. Der geplante Neubau hält hingegen zur südlichen bzw. nordwestlichen Grenze jedenfalls Mindestabstände von 3,00 m ein. Die Außenwände des Altbestandes sollen teils erhöht, und teils (zum Inneren des Neubaus) abgebrochen werden (sodass ein großes Wohn- Esszimmer entsteht). Auch soll ein gänzlich neues Dach errichtet werden.

Auf dem Grundstück der mitbeteiligten Partei (sowie auf anderen Grundstücken) soll ein (nicht den Gegenstand des vorliegenden Bauverfahrens bildender) Erweiterungsbau für ein Krankenhaus errichtet werden.

In einer Stellungnahme des Stadtbauamtes vom wurden gegen das Vorhaben Bedenken geäußert, weil dieses bestehende Gebäude die erforderlichen Grenzabstände nicht einhalte. Der Beschwerdeführer erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom zusammenfassend, es sei vorgesehen, in das projektierte Wohnhaus ein "seit den 50-iger Jahren" bestehendes Gartenhaus zu integrieren. Es sei dies kein Nebengebäude, richtig sei vielmehr, dass dieses Objekt seinerzeit als Hauptobjekt einer Gärtnerei gedient habe, daneben seien früher Glashäuser vorhanden gewesen. Dieses Gartenhaus mit Betonfundament und festem Mauerwerk besitze gegenwärtig noch eine Kaminanlage für eine Feuerstelle, ebenso sei im Inneren des Gebäudes ein Wasseranschluss wie auch ein Abfluss mit Sickerschacht vorhanden. Als seinerzeit die Gärtnerei betrieben worden sei, habe es zur Sommerzeit auch der Unterbringung des Gärtners gedient, es sei sogar außerhalb des Objektes ein Trockenklo in der Nähe situiert gewesen. Im Winter habe der gärtnerische Betrieb geruht. Eine "gärtnerische Verwendung" sei nun seit einiger Zeit nicht mehr gegeben, doch sei die Kaminanlage für eine Feuerstelle wie auch der Wasseranschluss an den Sickerschacht noch voll funktionsfähig. Demnach sei im Hinblick auf die ursprüngliche Verwendung des Objektes und die künftig vorgesehene Integrierung des Baubestandes in das geplante Seniorenwohnhaus keine Änderung des Verwendungszweckes erforderlich. Gegebenenfalls lägen die Voraussetzungen für eine Abstandsnachsicht gemäß § 9 Abs. 1 der Kärntner Bauvorschriften (K-BV) vor.

Die mitbeteiligte Partei erhob Einwendungen gegen das Vorhaben, weil die erforderlichen Mindestabstände nicht gegeben seien, wodurch der Erweiterungsbau des Krankenhauses verhindert oder erschwert werden könnte.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde vom wurde das Baugesuch mit der wesentlichen Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen für eine Abstandsnachsicht im Sinne des § 9 Abs. 1 K-BV lägen nicht vor. Die Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Berufungsbescheid vom als unbegründet abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Vorstellung Folge gegeben und der Berufungsbescheid aufgehoben, was im Wesentlichen damit begründet wurde, dass einerseits die Projektunterlagen mangelhaft seien, aber andererseits auch das Ermittlungsverfahren nicht ausreiche, um beurteilen zu können, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abstandsnachsicht nach § 9 Abs. 1 oder auch Abs. 2 KBV vorlägen.

Im Zuge des weiteren Verfahrens wurde (in weiterer Umsetzung dieser Vorstellungsentscheidung) mit Berufungsbescheid vom der erstinstanzliche Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.

Zwischenzeitig hatte ein Amtssachverständiger der Gemeinde zur Frage einer Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen eine ablehnende Stellungnahme vom abgegeben, in welcher unter anderem davon die Rede ist, es sei davon auszugehen, dass die Interessen der Sicherheit vor allem im Hinblick auf die erhöhte Brandbelastung durch die Änderung des Verwendungszweckes von Gartenhaus auf Wohnraum beeinträchtigt würden, weil dieser Raum nunmehr für den dauernden Aufenthalt bestimmt, beheizt, und in seiner Höhe maßgeblich von ca. 1,50 m auf ca. 3,53 m verändert werde.

Der Amtssachverständige gab in der Folge eine weitere ablehnende Stellungnahme vom ab, in welcher (aber) zu den Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 lit. a K-BV davon die Rede ist, dass Interessen der Gesundheit, der Sicherheit und des Ortsbildschutzes nicht verletzt würden.

Der Beschwerdeführer beharrte dazu auf seinem stets vertretenen Standpunkt, das Vorhaben sei bewilligungsfähig, die Stellungnahme des Amtssachverständigen gehe am wesentlichen Inhalt des § 9 Abs. 1 K-BV vorbei, jedenfalls werde der Zustand im Hinblick auf die öffentlichen Interessen nicht verschlechtert, sondern zumindest wie bisher beibehalten. Das bestehende Objekt habe seit seiner Erinnerung als Arbeits-, Aufenthalts- und Wohnraum gedient, zwischen der früheren und der künftigen Verwendung sei daher insofern kein Unterschied vorhanden.

Nach weiteren Verfahrensschritten wurde dem Beschwerdeführer mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters vom die angestrebte Bewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es sich beim vorhandenen Gebäude um einen "vorhandenen Baubestand" im Sinne des § 9 Abs. 1 K-BV handle. Ursprünglich habe das Objekt als Arbeits-, Aufenthalts- und Wohnraum gedient, künftig solle dieser Raum gleichfalls als Wohnhaus verwendet werden, womit der Verwendungszweck gleich bleibe. Interessen der Sicherheit im Sinne des § 9 Abs. 1 K-BV würden weder durch den Bestand noch durch das neue Bauvorhaben beeinträchtigt bzw. verletzt, zumal sowohl das Baugrundstück als auch die angrenzenden Grundstücksflächen völlig eben seien. Da das geplante Bauvorhaben (mit Integrieren des eingeschossigen Altbestandes) auch nur eingeschossig vorgesehen sei, werde somit durch Aufmauern des Bestandes wie mit der Hebung und Änderung des Daches aus dem Blickwinkel des § 9 Abs. 1 K-BV ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand beibehalten.

Dagegen erhob die mitbeteiligte Partei Berufung, die mit Berufungsbescheid des Stadtrates der Gemeinde vom als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammenfassend schloss sich die Berufungsbehörde der Beurteilung der Behörde erster Instanz an und verwies auch darauf, dass die Interessen des Krankenhauses für den Erweiterungsbau durch die Flächenwidmung und allfällige Teilbebauungspläne berücksichtigt würden. Im konkreten Falle bestehe der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom genehmigte Teilbebauungsplan für den fraglichen Bereich (Verordnung des Gemeinderates vom ).

Dagegen erhob die mitbeteiligte Partei Vorstellung.

Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren (wozu sie Parteiengehör gewährte).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben, den Berufungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen. In der Begründung wird zunächst der Verfahrensgang wiedergegeben, sodann das von der belangten Behörde eingeholte ergänzende bautechnische Amtssachverständigengutachten vom zur Frage einer Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen im Sinne des § 9 Abs. 1 und Abs. 2 K-BV. Dieses Gutachten lautet wie folgt:

"Bezugnehmend auf die Anfragen, ob durch die Integration des Altbestandes in den Neubau § 9 Abs. 1 K-BV anwendbar ist bzw. ob § 9 Abs. 2 K-BV Anwendung finden könnte und ob ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand beibehalten werden würde, darf nach einer kurzen Beschreibung der durch einen Ortsaugenschein überprüften derzeitigen Situation nachfolgende Stellungnahme abgegeben werden:

Situationsbericht

Beim gegenständlichen bestehenden Objekt handelt es sich um ein rechtwinkeliges Gebäude mit Satteldach, dass eine Länge von 8,46 m und eine Breite von 3,35 m aufweist. Die Höhe beträgt traufenseitig rd. 1,40 m, während die Firsthöhe mit rd. 2,50 m gegeben ist.

Die Abstände des Objektes zur nordwestlich angrenzenden Parz.Nr. ... betragen an der Nordwestecke 1,08 m bzw. an der Südwestecke 1,25 m, jene zur südwestlich angrenzenden Parz.Nr. 947/83 an der Südwestecke 1,335 m bzw. an der Südostecke 1,06 m.

Der Zugang zum einzigen vorhandenen Innenraum dieses Gebäudes erfolgt durch eine einflügelige Türe an der Nordostfront. In diesem Raum ist ein Kamin mit einer Rohranschlussöffnung und ein freistehender Wasserzulauf mit Wasserhahn vorhanden. Der Vollständigkeit halber sei noch angeführt, dass das gegenständliche Objekt mit offener Dachausführung im Inneren, geringer Innenraumhöhe und fehlenden Abdichtungen in baulicher Hinsicht eine doch eher einfache Ausführung aufweist.

Wie aus dem im Sinne des Baubescheides vom , Zl. 32- 1310/2003-841, genehmigten Einreichplanes des Bauherrn (Beschwerdeführer) (Plan Nr. 0103/E01 vom ) zu ersehen ist, soll dieser Altbestand in das neue Projekt 'Seniorenwohnhaus' als Ganzes flächenmäßig integriert werden. Hierbei ist beabsichtigt, die äußere Umfassungsmauer von rd. 1,40 m auf rd. 3,00 m aufzumauern (schattenwerfender Punkt in diesen Bereichen lt. Einreichplan in einer Höhe von 3,53 m) und den Dachkörper von der bisherigen Firsthöhe von rd. 2,50 m auf rd. 4,90 m bzw. in einem kleinen Bereich auf rd. 5,80 m zu erhöhen. Außerdem wird die derzeit bestehende östliche Umfassungsmauer des bestehenden Objektes auf einer Länge von 4,76 m komplett abgetragen, da der bestehende Innenraum in das neue Wohn-Esszimmer vollkommen integriert werden soll. Auf Grund der Höhe des vorher erwähnten schattenwerfenden Punktes (h = 3,53 m) reichen die daraus resultierenden Abstandsflächen an der Nordwestecke des geplanten Neubaus 1,04 m und an der Südwestecke 0,87 m in die nordwestlich angrenzende Parz.Nr. ... hinein, während sie die Grundstücksgrenze zur südwestlich gelegenen Parz.Nr. 947/83 an der Südwestecke um 0,785 und an der Südostecke um 1,06 m überschreiten.

Schlussfolgerungen

Aufgrund der vorher getätigten Ausführungen kann festgestellt werden, dass es sich beim gegenständlichen bestehenden Objekt, in den 50-er Jahren für einen Gärtnereibetrieb errichtet, eindeutig um ein Nebengebäude handelt, das zwar für einen kurzfristigen bzw. vorübergehenden Aufenthalt von Personen dienen kann bzw. diente, jedoch durch seine bauliche Ausführung (nur ein Innenraum, geringe Raumhöhe, etc.) für eine Nutzung zu Wohnzwecken sicher nicht geeignet ist bzw. war.

Dies bedeutet, dass mit der vorgesehenen Integration des Altbestandes in den Neubau nunmehr eine deutlich andere Nutzung gegeben ist und es sich beim gegenständlichen Projekt 'Seniorenwohnhaus' um einen klassischen Neubau handelt, der ein unteilbares Ganzes darstellt. Somit ist hier § 9 Abs. 1 K-BV sicher nicht anwendbar.

Auch kann auf Grund der Konfiguration der Parz.Nr: ... des

Bauwerbers § 9 Abs. 2 K-BV keine Anwendung finden, da das eingereichte Projekt an seinem jetzigen Standort nicht der Größe und Form des Grundstückes angepasst erscheint. Durch eine geringe Standortverlegung des eingereichten Bauvorhabens wäre die Einhaltung der nach den Kärntner Bauvorschriften geforderten Abstandsflächen ohne weiteres möglich.

Bei Durchführung des geplanten Bauvorhabens am derzeitigen Standort und der damit verbundenen Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen würde auch ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand nicht beibehalten werden. Insbesondere wäre der jeweilige Anrainer bei der etwaigen Ausführung eines eigenen Bauvorhabens dadurch unzweifelhaft eingeschränkt (siehe dazu § 7 Abs. 1:

'Oberirdische Gebäude sind so anzuordnen, dass die Abstandsflächen gegenüberliegender Außenwände einander nicht überdecken. Als gegenüberliegende Außenwände gelten ....')."

Der bautechnische Amtssachverständige habe sodann folgende ergänzende Stellungnahme vom abgegeben:

"Grundsätzlich ist nochmals festzustellen, dass das gegenständliche Objekt (ehemals Gebäude eines Gärtnereibetriebes) durch die Neuplanung in ein Wohnzimmer eines neuen Projektes umfunktioniert werden soll, also der Neubestand mit dem ursprünglichen Altbestand nichts mehr zu tun hat. Auch kann dieser Altbestand nicht als Anbau bewertet werden, da er für sich allein baulich nicht bestehen kann. Weiters muss festgehalten werden, dass durch die totale Integration dieses Objektes in ein neues, als Einheit zu betrachtendes Projekt die wahrscheinlich ehemals vorhandene Baubewilligung für den Altbestand untergegangen ist und daher hier die Bestimmungen der §§ 4 - 7 der K-BV unbedingt anzuwenden sind. In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf hinzuweisen, dass geplant ist, die Firsthöhe des bestehenden Altbestandes fast zu verdoppeln (von 2,50 m auf rd. 4,90 m), in einem kleinen Bereich sogar noch über diese Höhe hinauszugehen (auf rd. 5,80 m).

Was nun die Anpassung des neuen Projektes an die Größe und Form des Baugrundstückes betrifft, muss festgehalten werden, dass dieses Grundstück (Par. Nr. ...) eine Fläche von 3.223 m2 aufweist, von dem derzeit nur rd. 280 m2 (bestehendes Einfamilienhaus plus bestehendes Gärtnerhaus) verbaut sind. Es wäre daher ausreichend Grundfläche vorhanden, das neue Seniorenwohnhaus so zu situieren (geringe Standortverlegung, wie im vorhanden, Gutachten bereits erwähnt), dass es zu keiner Verletzung der Bestimmungen der §§ 4 - 7 K-BV kommt.

Hinsichtlich der Vorstellung der Krankenhaus Spittal/Drau GmbH ist zu bemerken, dass es sich beim Krankenhaus Spittal/Drau um ein öffentliches Krankenhaus handelt, da dem zuständigen privaten Rechtsträger das Öffentlichkeitsrecht erteilt wurde. Dieser Rechtsträger plant nun, auf den Grundstücken Parz.Nr. 947/83 und 947/89, die nördlich an das gegenständliche

Baugrundstück Parz.Nr. ... angrenzen, eine Erweiterung des

Krankenhauses durchzuführen, wobei die hiefür entsprechende Widmung (Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Spittal a. d. Drau vom ) bereits vorliegt. Ein dem gegenständlichen Akt beiliegender Bauentwurf dieses Erweiterungsbaues sieht nun vor, mit dem Bau bis auf 6,25 m an die gemeinsame Grundgrenze mit dem Bauwerber (Parz.Nr. 947/81) heranzurücken, damit durch die vorgesehene 3- bis 5-geschossige Bebauung die Abstandsflächen auf Eigengrund des Vorstellungswerbers zu liegen kommen (Berechnung ergab, dass/dieser Abstand rd. 15 cm beträgt). Dies würde bei der geplanten Ausführung des Projektes 'Seniorenwohnhaus' aber bedeuten, dass es im Bereich des Altbaues (Objekt des Gärtnereibetriebes) zu einer Überdeckung gegenüberliegender Außenwände (an Südwestecke um 0,785 m und an der Südostecke um 1,06 m) kommen würde, was nicht nur dem § 7 Abs. 1 K-BV widerspricht, sondern auch bedeutet, dass ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand nicht mehr beibehalten wird. Abgesehen davon bewirkt nach ha. Meinung die Einhaltung der Abstandsflächenregelung an sich schon ein öffentliches Interesse."

Die belangte Behörde führte weiter aus, der Beschwerdeführer habe sich dazu unter anderem dahin geäußert, dass lediglich das oberste Geschoss des geplanten Erweiterungsbaues nach Süden zu verschieben wäre, sodass der gesetzliche Freilichteinfall für den Altbestand sichergestellt werde.

Nach Wiedergabe der Rechtslage und zusammengefasster Darstellung der Stellungnahmen des beigezogenen Amtssachverständigen heißt es im angefochtenen Bescheid weiter, das geplante Vorhaben sei als Neubau eines Wohngebäudes zu qualifizieren, durch die umfänglichen, geplanten Maßnahmen sei der Konsens betreffend den Altbau untergegangen. Somit könne im Beschwerdefall die Ausnahmebestimmung des § 9 Abs. 1 K-BV, welche lediglich für die Erneuerung eines Altsbestandes bzw. für Zu- und Umbauten an einem Altbestand in Betracht zu ziehen sei, keine Anwendung finden.

Darüber hinaus sei durch den Amtssachverständigen ausdrücklich festgestellt worden, dass im Falle der Ausführung des Bauvorhabens am geplanten Standort und der damit verbundenen Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand nicht beibehalten werde. So komme es nämlich nahezu zu einer Verdoppelung der Firsthöhe des Altbestandes. Die mitbeteiligte Partei, welche auf den angrenzenden Grundstücken eine Erweiterung des Krankenhauses plane, werde jedenfalls durch das nun gegenständliche Bauvorhaben bei der Ausführung eines eigenen Bauvorhabens eingeschränkt, weshalb ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand nicht beibehalten werde.

Der Beschwerdeführer selbst habe ausgeführt, dass das oberste Geschoss des geplanten Erweiterungsbaues des Krankenhauses nach Süden verschoben werden müsse, um den Lichteinfall für das von ihm geplante Wohngebäude weiterhin zu gewährleisten. Damit habe er selbst die Beibehaltung eines den öffentlichen Interessen in gleicher Weise wie bisher entsprechenden Zustandes verneint. Die mitbeteiligte Partei hätte nämlich mit einer Vergrößerung der Tiefe der einzuhaltenden Abstandsflächen durch die Baubehörde zu rechnen, wenn dies zur Gewährleistung eines entsprechenden Lichteinfalles erforderlich sei.

Überdies sei durch den dem Berufungsverfahren beigezogenen bautechnischen Amtssachverständigen in seinem Gutachten vom die Auffassung vertreten worden, dass durch die geplante Änderung des Verwendungszweckes Interessen der Sicherheit jedenfalls berührt würden. Da der gegenständliche Raum nunmehr für den dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sei sowie beheizt und in seiner Höhe verändert werde, komme es zu einer Vergrößerung der Brandgefahr.

Zusammenfassend sei somit festzustellen, dass die Voraussetzungen für eine Ausnahmebestimmung nach § 9 Abs. 1 K-BV nicht vorlägen.

§ 9 Abs. 2 K-BV erlaube eine Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen (abgesehen von den weiteren Tatbestandsmerkmalen der lit. a bis d) dann, wenn das Vorhaben, obwohl es der Größe und Form des Grundstückes angepasst sei, ohne Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen nicht errichtet werden könnte. Eine Bauführung müsse also, obwohl das Bauvorhaben der größeren Form des Grundstückes angepasst worden sei, ohne Verringerung von Abstandsflächen überhaupt unmöglich seien. Der von der belangten Behörde beigezogene bautechnische Amtssachverständige habe dazu ausgeführt, dass das zu bebauende Grundstück eine Fläche von 3223 m2 aufweise, von der derzeit nur rund 280 m2 (bestehendes Einfamilienhaus und Gartenhaus) bebaut seien. Es seien daher ausreichend Grundflächen vorhanden, welche eine Situierung des geplanten Seniorenwohnhauses ermöglichen würden, ohne dass es zu einer Verletzung der Bestimmung betreffend die Tiefe von Abstandsflächen komme. Durch eine geringfügige Verlegung des geplanten Vorhabens wäre die Einhaltung der geforderten Abstandsflächen jedenfalls möglich. Daher seien auch die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 K-BV nicht gegeben.

Die mitbeteiligte Partei sei daher durch die erteilte Baubewilligung in ihren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt worden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Beschwerdeführer und die belangte Behörde haben weitere Schriftsätze erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall steht in Frage, ob die Voraussetzungen des § 9 der Kärntner Bauvorschriften, LGBl. Nr. 56/1985 (K-BV), betreffend die Verringerung der Tiefe von Abstandsflächen, gegeben sind. Im Beschwerdefall sind insbesondere folgende Bestimmungen der K-BV von Bedeutung:

"§ 4

Abstände

(1) Oberirdische Gebäude und sonstige bauliche Anlagen sind entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder so anzuordnen, dass sie voneinander und von der Grundstücksgrenze einen ausreichenden Abstand haben. Der Abstand ist in Abstandsflächen (§ 5) auszudrücken.

(2) Wenn und soweit in einem Bebauungsplan Abstände festgelegt sind, sind die Bestimmungen des Abs 1 letzter Satz und der §§ 5 bis 10 nicht anzuwenden.

(3) Der Abstand oberirdischer Gebäude und baulicher Anlagen voneinander und von der Grundstücksgrenze ist nach den Bestimmungen der §§ 5 bis 10 so festzulegen, dass

a) jener Freiraum gewahrt bleibt, der zur angemessenen Nutzung von Grundstücken und Gebäuden auf dem zu bebauenden Grundstück und auf den Nachbargrundstücken erforderlich ist;

b) eine nach Art des Vorhabens ausreichende Belichtung möglich ist und

c) Interessen der Sicherheit und des Schutzes des Ortsbildes nicht verletzt werden."

§ 5 K-BV trifft nähere Bestimmungen zu den Abstandsflächen; deren Tiefe hat, soweit hier erheblich, mindestens 3,00 m zu betragen.

Nach § 7 Abs. 1 erster Satz K-BV sind oberirdische Gebäude so anzuordnen, dass die Abstandsflächen gegenüberliegender Außenwände einander nicht überdecken.

Die §§ 8 und 9 K-BV lauten:

"§ 8

Vergrößerung der Tiefe von Abstandsflächen

(1) Die sich aus §§ 4 bis 7 ergebende Tiefe von Abstandsflächen ist zu vergrößern, wenn und soweit dies im Hinblick auf die Lage und Form des Grundstückes und auf den Verwendungszweck des zu errichtenden Gebäudes oder bestehender Gebäude im Interesse der Sicherheit oder der Gesundheit oder im Interesse des Schutzes des Ortsbildes sowie zur Gewährleistung eines Lichteinfalles nach § 48 Abs. 1 erster und zweiter Satz erforderlich ist.

(2) Ist die Einhaltung der sich aus §§ 4 bis 7 ergebenden Abstände nur möglich, wenn gegenüber dem ursprünglichen Geländeverlauf Anschüttungen durchgeführt werden, so ist die Tiefe der Abstandsfläche um sechs Zehntel der Höhe der Anschüttung zu vergrößern.

§ 9

Verringerung der Tiefe von Abstandsflächen

(1) Die sich aus §§ 4 bis 7 ergebende Tiefe von Abstandsflächen ist zu verringern, wenn in einem vorhandenen Baubestand bereits Abstände verwirklicht sind, die von den Bestimmungen der §§ 4 bis 7 abweichen, Interessen der Sicherheit nicht entgegenstehen und insgesamt ein den öffentlichen Interessen zumindest in gleicher Weise wie bisher entsprechender Zustand beibehalten wird.

(2) Die Tiefe der Abstandsflächen ist überdies zu verringern, wenn das Vorhaben, obwohl es der Größe und Form des Grundstückes angepasst ist, ohne Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen nicht errichtet werden könnte und wenn

a) im Hinblick auf die Lage und Form des Grundstückes sowie eine zweckmäßige Bebauung und den Verwendungszweck des Gebäudes keine Interessen der Gesundheit oder der Sicherheit oder des Schutzes des Ortsbildes verletzt werden,

b) bei auf dem eigenen oder auf benachbarten Grundstücken bestehenden sowie auf dem eigenen Grundstück zu errichtenden Gebäuden, die Aufenthaltsräume enthalten, ein Lichteinfall im Sinne des § 48 Abs 1 erster und zweiter Satz nicht verhindert wird,

c) eine der Größe und Form von unbebauten benachbarten Grundstücken entsprechende Errichtung von Gebäuden bei Einhaltung der sich aus §§ 4 bis 7 ergebenden Abstände nicht verhindert wird und

d) eine nach einem Bebauungsplan mögliche Verbauung von unbebauten Nachbargrundstücken bei Einhaltung der sich aus §§ 4 bis 7 ergebenden Abstände nicht verhindert wird."

§ 48 Abs. 1 K-BV lautet:

"(1) Wohnungen sind im Gebäude so anzuordnen, dass der freie Lichteinfall in die Wohnräume gewährleistet ist. Dies ist gegeben, wenn in einem Meter Höhe über dem Fußboden in einem Winkel von 45 Grad - senkrecht zur Hausfront gemessen - der freie Lichteinfall in einer Breite von zehn Metern - entlang der Außenwand des Gebäudes gemessen - erfolgen kann. Die Bestimmung des zweiten Satzes gilt nicht, wenn durch ihre Einhaltung Interessen des Schutzes des Ortsbildes verletzt würden."

Im Beschwerdefall steht in Frage, ob das Projekt im Hinblick darauf, dass der Altbestand in das Vorhaben einbezogen wird und dadurch eine Art Vorsprung entsteht, der in die Mindestabstandsflächen zum Grundstück der mitbeteiligten Partei hereinragt, nicht genehmigungsfähig ist bzw. ob das Vorhaben dessen ungeachtet genehmigungsfähig ist, weil die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 oder Abs. 2 K-BV vorliegen. Der Umstand, dass der projektgemäß zu integrierende Altbestand auch in die nordwestlich zu einem anderen Grundstück gelegenen Abstandsflächen hineinragt, hat hier außer Betracht zu bleiben, weil diese Frage nicht Sache des Berufungs- und des Vorstellungsverfahrens war.

Der Beschwerdeführer macht zwar geltend, dass auch die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 K-BV vorlägen, führt dazu aber nichts Konkretes aus. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, dass schon die Eingangsvoraussetzungen dieser Bestimmung nicht vorliegen, wonach das Vorhaben, obwohl es der Größe und Form des Grundstückes angepasst ist, ohne Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen nicht errichtet werden könnte. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass ein dem Zweck des Vorhabens entsprechender Bau nicht an anderer Stelle des Grundstückes errichtet werden könnte.

Was nun die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 K-BV anlangt, gilt Folgendes:

Der Begriff "vorhandener Baubestand" in dieser Gesetzesstelle ist dahin zu verstehen, dass damit der in dem Bereich, in welchem das Bauvorhaben realisiert werden soll, bestehende Baubestand gemeint ist. Das können mehrere oder auch viele (rechtmäßig bestehende) Bauwerke sein, aber auch - mangels Einschränkung des Gesetzes - ein solches einzelnes Bauwerk. Dem Wortlaut der Bestimmung ist entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht zu entnehmen, dass sie nur für den Fall der Erneuerung eines Altbestandes bzw. für Zu- und Umbauten an einem Altbestand in Betracht käme. Ob freilich für einen solchen Neubau die Tiefe von Abstandsflächen zu verringern ist, hängt von den nach dieser Gesetzesstelle zu berücksichtigenden Interessen ab. Im Beschwerdefall kommt daher der Frage, ob der Konsens des Altbestandes durch die projektierten baulichen Maßnahmen untergeht oder nicht, keine entscheidende Bedeutung zu. Die Annahme der belangten Behörde, dass die Bestimmung des § 9 Abs. 1 K-BV im Beschwerdefall von vornherein unanwendbar sei, ist daher unzutreffend.

Darüber hinaus hat die belangte Behörde damit argumentiert, dass die Bewilligung des Vorhabens des Beschwerdeführers und damit eine Verringerung der Tiefe der Abstandsflächen im Bereich dieses Vorsprunges negative Rückwirkungen auf den geplanten Erweiterungsbau des Krankenhauses haben könnte, weil dies zu einer Vergrößerung der Tiefe der Abstandsflächen auf dem Grund der mitbeteiligten Partei führen könnte (§ 8 K-BV). Dem hält der Beschwerdeführer in seiner Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde allerdings zutreffend entgegen, dass (worauf auch schon die Berufungsbehörde im Berufungsbescheid verwiesen hat) für den Bereich des Krankenhauses ein Bebauungsplan vom besteht, in welchem Baulinien verordnet sind. Die Verordnung von Baulinien ist eine abstandsrelevante Festlegung im Sinne des § 4 Abs. 2 K-BV, was wiederum zur Folge hat, dass unter anderem die Bestimmungen der §§ 5 bis 10 K-BV nicht anzuwenden sind, womit auch die Anwendung des § 8 K-BV ausscheidet. Dass es aber dessen ungeachtet zu abstandsrelevanten Rückwirkungen auf das Grundstück der mitbeteiligten Partei kommen könnte, hat die belangte Behörde, die sich mit diesem Bebauungsplan nicht befasst hat, nicht dargelegt.

Schließlich hat die belangte Behörde damit argumentiert, der im Berufungsverfahren beigezogene bautechnische Amtssachverständige habe in seinem Gutachten vom die Auffassung vertreten, durch die geplante Änderung des Verwendungszweckes wären Interessen der Sicherheit jedenfalls berührt, weil es zu einer Vergrößerung der Brandgefahr komme. Richtig ist - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers -, dass hier eine Änderung des Verwendungszweckes - von einem Gebäude für die Zwecke einer Gärtnerei, die zur Sommerzeit auch der Unterbringung auch des Gärtners diente (und, wie der Beschwerdeführer an anderer Stelle vorträgt, nunmehr auch den Kindern als Spielraum dient), zu einem Teil des Wohn- Esszimmers des geplanten "Seniorenhauses" - zweifellos zu bejahen ist. Allerdings übersieht die belangte Behörde, dass der Amtssachverständige der Gemeinde diese Auffassung in seinem Gutachten vom nicht wiederholt hat, vielmehr (wenngleich im Zusammenhang mit der Beurteilung der Kriterien des § 9 Abs. 2 lit. a K-BV) ausgeführt hat, Interessen der Gesundheit und auch der Sicherheit (wie ebenfalls des Ortsbildschutzes) würden nicht verletzt. Darüber hinaus kommt es hier, wie dargelegt, "nur" auf die baurechtliche Zulässigkeit dieses Vorsprunges in der Abstandsfläche zum Grundstück der mitbeteiligten Partei an und es ist nicht recht ersichtlich, weshalb gerade insofern die Brandgefahr im Vergleich zu dem mit einem Ofen beheizbaren Altbestand größer sein soll. Auch dieses Argument der belangten Behörde erweist sich daher nicht als (ausreichend) tragfähig.

Beim angefochtenen Bescheid handelt es sich um eine kassatorische Vorstellungsentscheidung. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es daher (schon deshalb) verwehrt, allenfalls durch eigene Überlegungen die tragenden Aufhebungsgründe gleichsam auszutauschen und (allenfalls) gegebenenfalls die Beschwerde aus solchen anderen Gründen abzuweisen, weil ansonsten die als unzutreffend erkannten tragenden Aufhebungsgründe dennoch Bindungswirkung für das weitere Verfahren entfalten würden. Vielmehr war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Die belangte Behörde ist allerdings nicht gehindert, im fortzusetzenden Verfahren allenfalls weitere Überlegungen anzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am