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VwGH vom 01.07.1998, 97/12/0268

VwGH vom 01.07.1998, 97/12/0268

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des H in O, vertreten durch Dr. Walter Riedl u.a., Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Leistungsfeststellungskommission bei der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl. 6751-1/96, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Leistungsfeststellung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor der Gendarmerie in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Bis zu seiner mit erfolgten Überleitung in den Gendarmeriedienst war der Beschwerdeführer als Zollwachebeamter beim Zollamt Pinswang bei Reutte, Tirol, eingesetzt.

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer im Dienstweg die Durchführung der Leistungsfeststellung gemäß § 86 Abs. 1 BDG 1979 für 1994, weil er der Meinung war, er habe den zu erwartenden Arbeitserfolg erheblich überschritten. Sein damaliger Vorgesetzter erstattete unter Verwendung eines Vordruckes vom (- die dort angegebenen Rechtsgrundlagen betrafen das BDG 1977 -) einen mit datierten Bericht über den Beschwerdeführer, der diesem am zur Kenntnis gebracht wurde.

Hiezu gab der Beschwerdeführer, ausgehend von der seinerzeit hiefür vorgesehenen vierwöchigen Frist, am seine Stellungnahme ab.

Der Leiter einer fallweise zusammengestellten Einsatzgruppe, bei der der Beschwerdeführer während des Jahres 1994 auch tätig war, erstattete mit einen Bericht über den Beschwerdeführer, den dieser - ebenfalls am - zur Kenntnis nahm.

Nachdem der Antrag des Beschwerdeführers mit Bericht seines Vorgesetzten der Dienstbehörde mit Schreiben vom vorgelegt worden war, teilte die Dienstbehörde - soweit den Verwaltungsakten entnehmbar - dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom mit, daß sein Antrag auf Leistungsfeststellung zulässig sei (vgl. § 83 in Verbindung mit § 265 BDG 1979), er aber die im § 86 Abs. 2 BDG 1979 gemäß BGBl. Nr. 550/1994 mit zwei Wochen festgesetzte Frist zur Stellungnahme zum Bericht seines Vorgesetzten überschritten habe, sodaß beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Leistungsfeststellung über das Kalenderjahr 1994 wegen Fristversäumnis zurückzuweisen.

Der Beschwerdeführer wandte sich darauf mit Schreiben vom an die belangte Behörde und beantragte dort die Durchführung der Leistungsfeststellung. Zum Schreiben der Dienstbehörde vom meinte er, daß keine schuldhafte Fristüberschreitung vorliege (wird näher ausgeführt). Er bitte um Überprüfung des Sachverhaltes und Durchführung der Leistungsfeststellung durch die belangte Behörde.

Über diesen Antrag entschied die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid wie folgt:

"Der Antrag des GrpInsp. H vom auf Durchführung der Leistungsfeststellung bei der Leistungsfeststellungskommission bei der Finanzlandesdirektion für Tirol wird vom zuständigen Senat III auf Beschluß in der Sitzung vom wegen Fristversäumnis gemäß § 86 Abs. 2 Beamtendienstrechtsgesetz 1979 (BDG) idF des BG vom , BGBl. Nr. 550/1994,

z u r ü c k g e w i e s e n ."

Zur Begründung wurde nach der Feststellung, daß beim Beschwerdeführer eine Leistungsfeststellung nach § 81 Abs. 1 Z. 1 oder 2 BDG 1979 zulässig gewesen sei, der Verfahrensablauf dargestellt und die Aussage getroffen, daß eine Mitteilung der Dienstbehörde gemäß § 87 Abs. 1 BDG 1979 dem Beschwerdeführer nicht zugestellt worden sei. Der Akt sei der belangten Behörde von der Dienstbehörde am übermittelt worden. Die belangte Behörde meint dann weiters, daß einer meritorischen Behandlung des Antrages des Beschwerdeführers der Umstand entgegenstehe, daß die Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Leistungsbericht des Dienstvorgesetzten außerhalb der durch das mit in Kraft getretene Besoldungsreformgesetz 1994, BGBl. Nr. 550, nunmehr mit zwei Wochen neu festgelegten Frist abgegeben worden sei. Dieses Faktum, wie auch der Grund hiefür, nämlich daß einerseits der Beschwerdeführer und andererseits auch der Vorgesetzte in Unkenntnis der geänderten Rechtslage von einer vierwöchigen Frist ausgegangen seien, sei unbestritten. Gemäß § 86 Abs. 2 BDG 1979 (neue Fassung) habe der Vorgesetzte zu dem Antrag auf Leistungsfeststellung unverzüglich Stellung zu nehmen und dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich binnen zwei Wochen hiezu zu äußern. Da es sich hiebei um eine gesetzlich nicht erstreckbare Frist handle, hätte die Stellungnahme des Beschwerdeführers spätestens am abgegeben werden müssen. Tatsächlich sei diese aber erst am abgegeben worden, sodaß spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei. In der Rechtsmittelbelehrung wird dann eine Berufung gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung als unzulässig bezeichnet.

Gegen diesen Bescheid wandte sich der Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof, der aber die Behandlung mit Beschluß vom ablehnte und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Zu der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzten Beschwerde erstattete die belangte Behörde eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. In Abänderung der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Rechtsauffassung meinte die belangte Behörde in der Gegenschrift, der Antrag des Beschwerdeführers wäre deshalb zurückzuweisen gewesen, weil die im § 87 Abs. 1 BDG 1979 normierte vierwöchige Frist für die Erlassung der schriftlichen Mitteilung des Beurteilungsergebnisses durch die Dienstbehörde erst am Mittwoch, dem , ausgehend vom Einlangen des Berichtes des Vorgesetzten und des Antrages des Beschwerdeführers, geendet habe und der mit datierte Antrag des Beschwerdeführers damit zu früh gestellt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem sich aus den §§ 81 ff BDG 1979 ergebenden Recht auf Leistungsfeststellung betreffend das Kalenderjahr 1994 dahingehend, daß er in diesem Kalenderjahr den von ihm zu erwartenden Arbeitserfolg im Sinne des § 81 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 durch besondere Leistungen erheblich überschritten habe, durch unrichtige Anwendung dieser Normen, insbesondere des § 86 Abs. 2 BDG 1979, sowie durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Da das vorliegende Leistungsfeststellungsverfahren jedenfalls erst nach dem anhängig geworden ist, besteht kein Zweifel, daß gemäß § 242 Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung des Besoldungsreformgesetzes 1994, BGBl. Nr. 550, die einschlägigen Bestimmungen in der zitierten Fassung anzuwenden sind.

Ist ein Beamter der Meinung, daß er im vorangegangenen Kalenderjahr den zu erwartenden Arbeitserfolg durch besondere Leistungen erheblich überschritten hat, und ist für ihn nach § 83 eine Leistungsfeststellung nicht ausgeschlossen, so kann er gemäß § 86 Abs. 1 BDG 1979 eine solche Leistungsfeststellung jeweils im Jänner eines Kalenderjahres über das vorangegangene Kalenderjahr beantragen. Der Vorgesetzte hat zu dem Antrag gemäß Abs. 2 der genannten Bestimmung unverzüglich Stellung zu nehmen und dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich binnen zwei Wochen hiezu zu äußern. Der Antrag ist nach Abs. 3 der genannten Bestimmung unter Anschluß der Stellungnahme unverzüglich im Dienstweg der Dienstbehörde zu übermitteln.

§ 85 Abs. 2 zweiter und dritter Satz ist sinngemäß anzuwenden.

Die Dienstbehörde hat dann auf Grund des Berichtes oder des Antrages und der allfälligen Stellungnahmen sowie sonstiger Erhebungen und eigener Wahrnehmungen dem Beamten gemäß § 87 Abs. 1 BDG 1979 binnen vier Wochen schriftlich mitzuteilen, welches Beurteilungsergebnis sie für gerechtfertigt hält. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag des Einlangens des Berichtes des Vorgesetzten oder des Antrages des Beamten bei der Dienstbehörde. Ist der Beamte mit dem von der Dienstbehörde mitgeteilten Beurteilungsergebnis nicht einverstanden, so steht sowohl dem Beamten als auch der Dienstbehörde nach Abs. 3 der genannten Bestimmung das Recht zu, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Mitteilung an den Beamten bei der Leistungsfeststellungskommission die Leistungsfeststellung zu beantragen.

Hält die Dienstbehörde die im Abs. 1 genannte Frist nicht ein, so hat der Beamte nach Abs. 4 der zuletzt genannten Bestimmung das Recht, binnen zwei Wochen nach Ablauf der Frist bei der Leistungsfeststellungskommission die Leistungsfeststellung zu beantragen.

Die belangte Behörde stützt ihre Zurückweisungsentscheidung nach dem Spruch und der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich auf die angebliche Fristversäumnis des Beschwerdeführers gemäß § 86 Abs. 2 BDG 1979.

Diese Rechtsauffassung ist unrichtig.

§ 86 Abs. 2 BDG 1979 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Besoldungsreformgesetzes 1994, BGBl. Nr. 550, betrifft das Verfahren vor der Dienstbehörde und normiert eine Verpflichtung des Vorgesetzten, dem betroffenen Beamten Gelegenheit zur Äußerung zu seinem Bericht (Stellungnahme) binnen zwei Wochen zu geben. Die Versäumung dieser primär nur für das dienstbehördliche Verfahren vorgesehenen Frist durch den Beschwerdeführer darf keinesfalls als Grundlage für eine Zurückweisung und damit die Verweigerung einer inhaltlichen Auseinandersetzung über die Leistungsfeststellung vor der Leistungsfeststellungskommission genommen werden. Selbst wenn der Beschwerdeführer überhaupt keine Äußerung nach § 86 Abs. 2 BDG 1979 abgegeben hätte, wäre nämlich die Dienstbehörde nach § 87 Abs. 1 BDG 1979 verpflichtet gewesen, dem Beschwerdeführer binnen vier Wochen das Beurteilungsergebnis schriftlich mitzuteilen; dagegen hätte der Beschwerdeführer nach § 87 Abs. 3 BDG 1979 das Recht gehabt, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Mitteilung bei der Leistungsfeststellungskommission die Leistungsfeststellung zu beantragen. Nach erfolglosem Ablauf der Frist des § 87 Abs. 1 BDG 1979 hatte der Beschwerdeführer aber das Recht, nach § 87 Abs. 4 BDG 1979 binnen zwei Wochen die Leistungsfeststellung bei der Leistungsfeststellungskommission zu beantragen.

Die belangte Behörde meint in ihrer Gegenschrift, der Beschwerdeführer hätte seinen Antrag auf Leistungsfeststellung innerhalb der materiell-rechtlich zu sehenden Frist des § 87 Abs. 4 BDG 1979 stellen müssen; da dies nicht erfolgt sei, wäre die Beschwerde - ungeachtet der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden unrichtigen Rechtsauffassung hinsichtlich § 86 Abs. 2 BDG 1979 - im Ergebnis deshalb zurückzuweisen gewesen.

Dem ist unter Hinweis auf Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes6, RZ 229 ff, entgegenzuhalten, daß als Verfahrenshandlungen solche gewertet werden, die auf die Erzeugung eines Bescheides gerichtet sind (z.B. Antragsfristen, Rechtsmittelfristen etc.); die für solche Handlungen normierten Fristen stellen - jedenfalls auch - verfahrensrechtliche Fristen dar.

Aber selbst bei Zutreffen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift geäußerten, vorher wiedergegebenen Auffassung, hätte erst in einem ordnungsgemäßen Verfahren nach dem DVG unter Beiziehung des Beschwerdeführers sachverhaltsmäßig geklärt werden müssen, ob der Antrag des Beschwerdeführers in dem durch § 87 Abs. 4 BDG 1979 vorgegebenen Rahmen gestellt wurde oder nicht.

Der angefochtene Bescheid war jedenfalls - um eine unzulässige Verkürzung der Rechtsposition des Beschwerdeführers und seiner Rechtsverfolgungsmöglichkeit zu verhindern - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.