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VwGH vom 20.06.1991, 91/19/0051

VwGH vom 20.06.1991, 91/19/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom , Zl. III-4033/90, betreffend Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Ausspruch über die Strafe und den bezüglichen Kostenersatz wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen - also hinsichtlich des Schuldspruches - wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, schuldig erkannt, er habe sich nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet am vom bis zum , somit nach Ablauf der dreimonatigen sichtsvermerksfreien Aufenthaltsberechtigung, in X, aufgehalten, ohne im Besitze eines österreichischen Sichtvermerkes zu sein. Er habe somit eine Verwaltungsübertretung "gemäß § 14 Abs. 1 FPG i.V.m. § 2 Abs. 1 FPG" begangen. Hiefür wurde er "gemäß § 14 Abs. 1 FPG" mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) bestraft.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes. Mit Beschluß vom , B 1194/90, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab, mit dem weiteren Beschluß vom trat er sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, daß die belangte Behörde "durch die Erfindung eines neuen Vorwurfes in der zweiten Instanz" in unzulässiger Weise den Verfahrensgegenstand gewechselt habe, weil das erstinstanzliche Straferkenntnis eine Übertretung nach § 22 Abs. 2 des Paßgesetzes zum Verfahrensgegenstand gemacht habe. Mit diesem Vorbringen ist er nicht im Recht: In der vor der Bezirkshauptmannschaft Bregenz am mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift betreffend die Verkündung des Straferkenntnisses wurde ausdrücklich auf "die in der Anzeige näher beschriebene Verwaltungsübertretung" verwiesen. Damit wurde auf die Anzeige des Gendarmeriepostens X vom Bezug genommen, welche folgende "Darstellung der Tat" enthält:

"Der türk. StA. N hält sich laut Paßstempel und eigenen Angaben seit ununterbrochen in Österreich - seit ca. in Vlbg. - auf, ohne eine Aufenthaltserlaubnis zu besitzen.

Er versucht nun, mit der Prostituierten A aus Y eine Ehe einzugehen, um dadurch zu einer Aufenthaltserlaubnis für Österreich zu kommen. Die für die Eheschließung mit der Prostituierten A erforderlichen Dokumente hat er beim Standesamt in X bereits hinterlegt und hat heute, den den Aufgebotstermin beim Standesamt in X."

Ferner geht aus der Anzeige hervor, daß der Beschwerdeführer seit in X, polizeilich gemeldet sei.

Laut der vor der Bezirkshauptmannschaft Bregenz am aufgenommenen Niederschrift erklärte der Beschwerdeführer, daß die Angaben, die im Bericht des Gendarmeriepostens X enthalten seien, den Tatsachen entsprächen.

Da die dem erstinstanzlichen Straferkenntnis zugrunde gelegte Anzeige sämtliche Sachverhaltselemente, und zwar entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch in Ansehung der Tatzeit - enthielt, die für den mit dem angefochtenen Bescheid erfolgten Schuldspruch wegen der Übertretung des § 14 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 190/1990) maßgebend waren, und die belangte Behörde im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG berechtigt war, die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat einer anderen rechtlichen Würdigung als die Erstbehörde zu unterziehen (wobei dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewährt wurde), kann von der der belangten Behörde vorgeworfenen unzulässigen Auswechslung des Verfahrensgegenstandes keine Rede sein (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 90/19/0578).

In dem Umstand, daß dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid nicht der gesamte allenfalls in Betracht kommende Tatzeitraum zur Last gelegt wurde, kann keine Rechtsverletzung erblickt werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 91/19/0038).

Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer aufrechterhaltenen verfassungsrechtlichen Argumente wird bemerkt, daß diese bereits an den Verfassungsgerichtshof herangetragen und dort nicht aufgegriffen wurden. Zur Stellung eines Prüfungsantrages an den Verfassungsgerichtshof sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers nicht veranlaßt.

Die Beschwerde erweist sich somit in Ansehung des Schuldspruches als unbegründet und war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Im Ausspruch über die Strafe und den bezüglichen Kostenersatz ist der angefochtene Bescheid jedoch mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Da das erstinstanzliche Straferkenntnis am erlassen wurde, wäre als Strafsanktionsnorm im Sinne des § 44a lit. c VStG § 14b Abs. 1 Z. 4 des Fremdenpolizeigesetzes in der Fassung der am in Kraft getretenen Novelle BGBl. Nr. 190/1990 anzuwenden gewesen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 90/19/0319). In diesem Umfang war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.