VwGH vom 17.08.1998, 94/17/0412
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom , Zl. 02/04/7, betreffend Kanalbenützungsgebühr für 1989 und 1990 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Pöttsching, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in N), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Marktgemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Marktgemeinde wird abgewiesen.
Begründung
Mit zwei Bescheiden vom wurde dem Beschwerdeführer von der Bürgermeisterin der mitbeteiligten Marktgemeinde Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1990 und das Jahr 1989 für ein näher bezeichnetes Grundstück in der mitbeteiligten Marktgemeinde vorgeschrieben (insgesamt ergingen fünf Bescheide vom , die weiteren Bescheide betrafen die Abgabenvorschreibung für die Jahre 1991, 1992 und 1993).
Gegen die Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1989 und 1990 erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte der Gemeinderat aus, daß gemäß § 156 Abs. 2 Burgenländische Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 2/1963 idgF, die Verjährungsfrist für die Festsetzung einer Abgabe drei Jahre betrage und gemäß § 157 lit. a LAO diese Frist mit dem Ablauf des Jahres beginne, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei. § 158 Abs. 1 LAO besage, daß die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen werde. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten sei, beginne die Verjährungsfrist neu zu laufen.
Im Jahr 1989 sei der Bescheid über die Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1989 zunächst den vermeintlich abgabepflichtigen Voreigentümern des Grundstückes, dessen Eigentümer nunmehr der Beschwerdeführer sei, zugestellt worden. Diese hätten die Behörde auf den Rechtsübergang aufmerksam gemacht; daraufhin sei der Bescheid betreffend das Jahr 1989 am an den Beschwerdeführer zugestellt worden.
Der Bescheid hinsichtlich der Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1990 sei dem Beschwerdeführer am zugestellt worden. Gemäß § 185 Abs. 1 Bgld LAO verjähre das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden sei, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. Die Bescheide der Bürgermeisterin der mitbeteiligten Marktgemeinde vom seien nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Nichteinbeziehung der von überdachten Terrassen bedeckten Fläche in die "bebaute Fläche" ( Zl. 91/17/0151) als Maßnahme zur Geltendmachung des Abgabenanspruches zu werten. Da die Einhebungsverjährung sowohl für die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1989 als auch für das Jahr 1990 am zu laufen begonnen habe und daher am abgelaufen wäre, sei die Geltendmachung des Abgabenanspruches innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt.
Das von der Berufungsbehörde erwähnte hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0151, betraf die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Abweisung seiner Vorstellung in jenem Abgabenverfahren, in welchem mit Bescheid vom der Bürgermeisterin der mitbeteiligten Marktgemeinde die Kanalbenützungsgebühr für das beschwerdegegenständliche Grundstück für das Jahr 1989 festgesetzt worden war. Mit dem genannten Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid mit der Begründung auf, daß § 5 Abs. 2 Z 1 Bgld KAbgG, LGBl. Nr. 41/1984 idF LGBl. Nr. 37/1990 Terrassen generell aus der Berechnung der "bebauten Fläche" ausnehme und nicht nur (wie die belangte Behörde zugrunde gelegt hatte) Terrassen, die nicht überdacht sind.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen die Abweisung seiner Berufung als unbegründet ab.
Begründend führt die belangte Behörde insbesondere aus, daß gemäß § 156 Abs. 2 der Burgenländischen Landesabgabenordnung die Verjährungsfrist für die Festsetzung einer Abgabe drei Jahre und bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre betrage. Die Bescheide betreffend die Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1989 und die Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1990 seien dem Beschwerdeführer am bzw. am zugestellt worden. Im angefochtenen Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde werde zu Recht auf § 185 Abs. 1 LAO verwiesen. Das Recht eine fällige Abgabe einzuheben, verjähre gemäß § 185 Abs. 1 LAO binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden sei, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. Nach Ansicht der belangten Behörde sei der erstinstanzliche Bescheid der Bürgermeisterin der mitbeteiligten Marktgemeinde vom eine nach außen erkennbare Amtshandlung, mit der die Verjährung unterbrochen werde. Auf das oben genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf die Frage, in welchem Verhältnis zu dem am zugestellten Bescheid betreffend das Jahr 1990 die beschwerdegegenständliche Abgabenvorschreibung steht, ging die belangte Behörde nicht ein.
Der Beginn der Verjährungsfrist für die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr für 1989 und 1990 sei daher mit dem festzusetzen und ende daher erst am .
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung im Recht, nicht eine Abgabe vorgeschrieben zu erhalten, die nach den Vorschriften der Burgenländischen Landesabgabenordnung verjährt sei, geltend gemacht wird. Weiters weist der Beschwerdeführer darauf hin, daß die Abgabenbescheide betreffend die Kanalbenützungsgebühr für die Jahre 1989 und 1990 nicht auf einen Gemeinderatsbeschluß vom gestützt werden könnten.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Marktgemeinde eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Strittig ist im Beschwerdefall zunächst die Frage, ob Verjährung gemäß der Burgenländischen Landesabgabenordnung eingetreten ist.
Die Gemeindebehörden und die belangte Behörde haben die Auffassung vertreten, daß gemäß § 185 Bgld LAO die Einhebungsverjährung aufgrund der Abgabenfestsetzung im Jahre 1990 erst mit dem zu laufen begonnen habe.
Der Beschwerdeführer vertritt demgegenüber die Auffassung, daß die Vorschriften über die Bemessungs- oder Festsetzungsverjährung gemäß § 156 ff Burgenländische Landesabgabenordnung zur Anwendung zu kommen hätten.
Dem Beschwerdeführer ist insoweit Recht zu geben, als die erstinstanzlichen Bescheide vom die Festsetzung der Abgabe vornehmen. Die belangte Behörde übersieht, daß die Bescheide der Bürgermeisterin der mitbeteiligten Marktgemeinde vom die Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr (für das Jahr 1989 bzw. 1990) zum Gegenstand haben. Sie stellen daher keine Einhebungsmaßnahme dar, sondern betreffen die Festsetzung einer Abgabe. Da die Bescheide auch keine Berufungsbescheide darstellen, kommt - was nach der Aufhebung des Vorstellungsbescheides und einer Aufhebung des letztinstanzlichen Gemeindebescheides durch die Vorstellungsbehörde an sich der Fall wäre - auch § 158a Abs. 1 LAO nicht zum Tragen, dem zufolge der Festsetzung einer Abgabe in einer Berufungsentscheidung der Eintritt der Verjährung nicht entgegensteht.
Damit ist jedoch für den Beschwerdeführer insoweit noch nichts gewonnen, als durch die Bescheide, die dem Beschwerdeführer am bzw. am zugestellt wurden, die Bemessungsverjährung gemäß § 156 Bgld LAO unterbrochen wurde. Gemäß § 158 Abs. 1 Bgld LAO hat die dreijährige Bemessungsverjährung somit in beiden Verfahren am neu zu laufen begonnen. Die Bescheiderlassung im Jahre 1993 ist daher in beiden Verfahren noch als rechtzeitig (nämlich innerhalb der dreijährigen Bemessungsverjährungsfrist erfolgt) anzusehen.
Insoweit ist in beiden Verfahren die Bemessungsverjährung gemäß § 156 Bgld LAO nicht eingetreten. Wenngleich die belangte Behörde somit insofern die Rechtslage verkannt hat, als für die Rechtmäßigkeit der Abgabenvorschreibung nicht die Frage maßgeblich ist, ob die Einhebungsverjährung eingetreten war oder nicht, leidet der angefochtene Bescheid insoweit nicht an einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, da der Abgabenvorschreibung durch die Gemeindebehörden im Ergebnis auch nicht die Bemessungsverjährung entgegenstand. Es lag somit im Zusammenhang mit der Frage der Verjährung keine Rechtswidrigkeit des Gemeindebescheides vor, die von der belangten Behörde im Rahmen der Vorstellungsentscheidung wahrzunehmen gewesen wäre.
2. Der Beschwerdeführer weist in der Beschwerde jedoch weiters darauf hin, daß die Abgabenvorschreibung für die Jahre 1989 und 1990 nicht auf den Beschluß des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom gestützt werden kann.
Sowohl im Bescheid vom betreffend das Kalenderjahr 1989, als auch im Bescheid vom betreffend das Jahr 1990 wird als Rechtsgrundlage der Beschluß des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom angegeben. Die Berechnung der Abgabe erfolgte in diesen Bescheiden unter Zugrundelegung des in diesem Gemeinderatsbeschluß festgelegten Beitragssatzes nach § 3 Kanalabgabegesetz, LGBl. Nr. 41/194, idF LGBl. Nr. 37/1990.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung - die sich im wesentlichen mit der Frage einer allfälligen Doppelverrechnung durch Einhebung der Kanalanschlußgebühr durch die Verwaltung der Liegenschaft und durch die Gemeindebehörden beschäftigt - unter anderem auch um "Nachricht über den entsprechenden Regulativ" ersucht. Insoweit hat der Beschwerdeführer erkennbar um eine nähere Begründung der Abgabenvorschreibung im Hinblick auf ihre Rechtsgrundlagen ersucht. Die Berufungsbehörde wäre daher ungeachtet des Umstandes, daß sie die Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides grundsätzlich nur vornehmen durfte, wenn sie dem Gesetz bzw. der anzuwendenden Verordnung entsprach, und sie Begründungsmängel des erstinstanzlichen Bescheides in ihrem Berufungsbescheid beseitigen hätte müssen, jedenfalls gehalten gewesen, auf diese Frage ausdrücklich einzugehen.
Der mit der Verordnung vom festgesetzte Beitragssatz ist jedoch gleich hoch wie jener, der für 1990 festgesetzt wurde, und niedriger als jener, der für 1989 festgesetzt wurde. Auch insofern liegt daher im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, da die Anwendung der Verordnung vom keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers bewirkt hat. Die Abgabenvorschreibung unter Anwendung der für die späteren Jahre erlassenen Verordnung führte vielmehr zu einer niedrigeren Vorschreibung als sie bei Anwendung der für 1989 erlassenen Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom ergehen hätte können bzw. zu einer gleich hohen Vorschreibung wie sie bei Anwendung der für 1990 erlassenen Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom ergehen hätte können.
Der insofern bestehende Begründungsmangel des Berufungsbescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde war insoweit nicht wesentlich. Durch das Übergehen dieser Frage im angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer daher nicht in seinen Rechten verletzt.
3. Die Beschwerde zeigt daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Sie war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997 Abstand genommen werden.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Marktgemeinde betrifft die verzeichneten Stempelgebühren, von deren Entrichtung die Marktgemeinde gemäß § 2 Z 2 Gebührengesetz 1957 als Gebietskörperschaft im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises bei der Erstattung einer Gegenschrift im
verwaltungsgerichtlichen Verfahren betreffend einen Vorstellungsbescheid befreit ist.
Wien, am