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VwGH vom 04.02.1993, 91/19/0016

VwGH vom 04.02.1993, 91/19/0016

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der F in L, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom (richtig 1991), Zl. Ge-45.066/3-1990/Str/T, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des KJBG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (der belangten Behörde) vom (richtig 1991) wurde die Beschwerdeführerin wegen elf Übertretungen des § 18 Abs. 3 KJBG schuldig erkannt, weil sie es als Dienstgeber zu verantworten habe, daß elf namentlich bezeichnete Jugendliche an näher genannten aufeinanderfolgenden Sonntagen zwischen April und August 1989 beschäftigt worden seien, ohne daß jeder zweite Sonntag arbeitsfrei geblieben sei. Weiters wurde sie einer Übertretung des § 11 Abs. 1 KJBG schuldig erkannt, weil die höchstzulässige Wochenarbeitszeit von 40 Stunden in Ansehung eines namentlich genannten Jugendlichen in der 34. Kalenderwoche 1989 durch eine Arbeitszeit von 48 Stunden und 50 Minuten überschritten worden sei. Über die Beschwerdeführerin wurden wegen der Übertretungen des § 18 Abs. 3 KJBG Geldstrafen in der Höhe von je S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je 20 Tagen) verhängt. Die Geldstrafe wegen der Übertretung des § 11 Abs. 1 KJBG beträgt S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage).

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, daß die unter Z. 6 und 7 genannten Jugendlichen zwar älter als 18 Jahre gewesen seien, doch seien sie dennoch gemäß § 3 Z. 2 KJBG als Jugendliche im Sinne dieses Gesetzes anzusehen gewesen, weil sie - wie sich aus einer eingeholten Auskunft der Kammer der gewerblichen Wirtschaft ergebe - zur Zeit der Tat zur Beschwerdeführerin in einem Lehrverhältnis gestanden seien und das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten. Eine Verjährung dieser Übertretungen sei nicht eingetreten.

Dem Einwand der Beschwerdeführerin, daß die Beschäftigung der Jugendlichen an den jeweils erstgenannten Sonntagen nicht strafbar gewesen sei, sei durch die Feststellung Rechnung getragen worden, daß der Beschwerdeführerin angelastet werde, daß nicht jeder zweite der aufeinanderfolgenden Sonntage arbeitsfrei geblieben sei.

Bei der Strafbemessung sei zu berücksichtigen gewesen, daß die Gefährdung der Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene, nämlich der Gesundheit der Arbeitnehmer, beträchtlich sei. Die Verhängung schwerer Strafen sei notwendig gewesen, weil die Beschwerdeführerin zur Zeit der Tat bereits wegen 38 Übertretungen nach dem KJBG rechtskräftig bestraft worden sei. Angesichts der Vielzahl der einschlägigen Vorstrafen sei Vorsatz anzunehmen gewesen. Milderungsgründe seien nicht gegeben. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf ihr geringes Einkommen sei nicht berechtigt. Ihr Einkommen ergebe sich nicht nur aus der Höhe des in der Bilanz ausgewiesenen Gewinnes. Eine von der Berufungsbehörde durchgeführte multiple Diskriminanzanalyse habe dem Unternehmen der Beschwerdeführerin eine gute wirtschaftliche Lage bescheinigt. Darüber hinaus seien aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Bilanzpositionen "Eigenverbrauch und Sachbezüge" von S 145.986,06 hinzuzurechnen gewesen, woraus sich ein Jahreseinkommen von mindestens S 197.534,53 (monatlich S 16.461,21) ergebe. Unter Berücksichtigung aller Umstände seien die verhängten Strafen angemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1.1. Die Beschwerdeführerin meint, ihr sei nicht vorgehalten worden, daß die im erstinstanzlichen Bescheid unter Z. 6 und 7 genannten Personen zu ihr in einem Ausbildungsverhältnis gestanden seien. Die hinsichtlich dieser Personen begangenen Übertretungen seien daher verjährt.

Diese Ausführungen überzeugen nicht. Sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin vorgeworfen, unter anderem die unter Z. 6 und 7 genannten Jugendlichen an bestimmten aufeinanderfolgenden Sonntagen beschäftigt zu haben. Das Verbot des § 18 Abs. 3 KJBG betrifft die Beschäftigung von Jugendlichen (im Sinne des KJBG). Der Vorhalt, die Beschwerdeführerin habe bestimmte namentlich genannte Jugendliche an näher bezeichneten Sonntagen entgegen dem Verbot des § 18 Abs. 3 KJBG beschäftigt, bezieht sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente und stellte daher eine taugliche, den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließende Verfolgungshandlung dar. Einer Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die betreffenden Personen als Jugendliche (im Sinne des KJBG) angesehen wurden, bedurfte es dabei nicht.

1.2. Die Beschwerdeführerin rügt in diesem Zusammenhang, ihr sei hinsichtlich der Ermittlungsergebnisse betreffend bestehende Lehrverhältnisse kein Parteiengehör gewährt worden.

Der Beschwerdeführerin gelingt es mit diesen Ausführungen nicht, einen wesentlichen Verfahrensmangel darzutun. Der Beschwerde ist nämlich nicht zu entnehmen, was die Beschwerdeführerin im Falle der Gewährung des Parteiengehörs vorgebracht hätte und aus welchen Gründen die belangte Behörde zu gegenteiligen Feststellungen betreffend das Bestehen von Lehrverhältnissen und somit zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

2. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin war es nicht rechtswidrig, auch jene Sonntage im Spruch des Straferkenntnisses anzuführen, an denen sie erlaubterweise Jugendliche beschäftigt hat. § 18 Abs. 2 KJBG nimmt von dem im Abs. 1 normierten allgemeinen Verbot der Beschäftigung Jugendlicher an Sonntagen unter anderem das Gastgewerbe aus. Gemäß Abs. 3 muß in den Fällen des Abs. 2 jeder zweite Sonntag arbeitsfrei sein. Da die Beschwerdeführerin ein Gasthaus betreibt, war ihr die Beschäftigung Jugendlicher an Sonntagen nicht schlechthin verboten. Um die als erwiesen angenommene Tat zu umschreiben, bedurfte es daher der Nennung auch jener unmittelbar vorangegangenen Sonntage, an denen der betreffende Jugendliche erlaubterweise beschäftigt wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0046, in dem der Verwaltungsgerichtshof in einer Beschwerdesache betreffend Übertretung von Ladenschlußvorschriften die Auffassung vertreten hat, daß im Hinblick auf den zur Tatzeit geltenden Art. II Z. 1 des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 421, der das Offenhalten an einem Samstag im Monat bis 17.00 Uhr erlaubt hatte, im Falle der Bestrafung wegen wiederholten Offenhaltens an Samstagen jener Samstag, an dem erlaubterweise offengehalten worden war, im Spruch des Straferkenntnisses gemäß § 44a Z. 1 VStG und auch in der entsprechenden Verfolgungshandlung anzuführen sei). Aus denselben Gründen ist auch der Einwand, es liege keine taugliche Verfolgungshandlung vor, nicht berechtigt.

Im übrigen hat die belangte Behörde klargestellt, daß die Beschwerdeführerin deshalb bestraft werde, weil von den angeführten aufeinanderfolgenden Sonntagen nicht jeder zweite arbeitsfrei geblieben sei. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, worin das strafbare Verhalten der Beschwerdeführerin erblickt wurde.

3.1. Die Beschwerdeführerin führt zur Strafbemessung ins Treffen, daß die belangte Behörde zu Unrecht nicht von einem monatlichen Einkommen in der Höhe von S 3.545,71 ausgegangen sei. Dieses ergebe sich aus dem vorgelegten Jahresabschluß für das Jahr 1988. Die belangte Behörde unterliege einem Irrtum, wenn sie die Positionen Eigenverbrauch und Sachbezüge dem Gewinn hinzurechne und so zu einem Jahreseinkommen von mindestens S 197.534,53 gelange. In der Gewinn- und Verlustrechnung sei die Position Eigenverbrauch und Sachbezüge als Habenposition (gewinnerhöhend und verlustmindernd) enthalten und dürfe daher nicht ein zweites Mal dem Gewinn hinzugeschlagen werden. Die Durchführung einer multiplen Diskriminanzanalyse sei der Beschwerdeführerin erstmals mit dem angefochtenen Bescheid mitgeteilt worden. Es sei nicht nachvollziehbar, wie diese Analyse durchgeführt worden sei.

Der Beschwerdeführerin ist zwar zuzugeben, daß die von der belangten Behörde gewählte Vorgangsweise, eine - möglicherweise an Grundsätzen der Betriebswirtschaftslehre orientierte - Bilanzanalyse vorzunehmen und deren Ergebnisse im Bescheid zu verwerten, ohne der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, eine Verletzung des Parteiengehörs darstellt, doch bleibt dies im Ergebnis ohne Auswirkungen zum Nachteil der Beschwerdeführerin, weshalb auf deren Ausführungen betreffend die Berechnung des Gewinnes nicht im einzelnen eingegangen zu werden brauchte. Die Vorlage eines Jahresabschlusses betreffend das dritte vor Erlassung des angefochtenen Bescheides liegende Kalenderjahr allein war nämlich nicht geeignet, daraus zuverlässige Schlüsse auf die wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführerin zu ziehen, zumal nicht einmal behauptet wurde, daß eine abgabenbehördliche Prüfung im Sinne der §§ 147 ff BAO stattgefunden habe, die die Richtigkeit dieses Jahresabschlusses ergeben habe. Der Vorhalt der belangten Behörde vom , daß der vorgelegte Jahresabschluß für 1988 nicht ausreiche, um die Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu beurteilen, war daher berechtigt. Da die Beschwerdeführerin in der Folge keine über den Jahresabschluß 1988 hinausgehenden Angaben gemacht hat, handelte die belangte Behörde nicht rechtswidrig, wenn sie zumindest durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse ihren Überlegungen zugrundegelegt hat, zumal nicht angenommen werden kann, daß sich die Beschwerdeführerin Jahre hindurch mit Einkünften aus Gewerbebetrieb begnügt, die unter den in den Sozialhilfegesetzen vorgesehenen Richtsätzen liegen.

Die Höhe der verhängten Geldstrafe findet ihre Rechtfertigung in den von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang angeführten Gründen. Vor allem der Umstand, daß sich die Beschwerdeführerin auch nicht durch rechtskräftige Bestrafungen wegen zahlreicher Übertretungen des KJBG davon hat abhalten lassen, zahlreiche weitere einschlägige Übertretungen zu begehen, zeigt, daß nur entsprechend hohe Strafen geeignet sind, die spezialpräventive Funktion der Strafe zu erfüllen.

3.2. Im erstinstanzlichen Straferkenntnis, in dem für jede der 12 Übertretungen die höchste Geldstrafe (nach dem zweiten Strafsatz des § 30 KJBG) in der Höhe von S 30.000,-- verhängt worden war, wurde die Ersatzfreiheitsstrafe mit "insg. 360 Tagen (1 Tag für S 1.000,--)" festgesetzt.

Es kann dahinstehen, ob damit nicht ohnedies deutlich genug zum Ausdruck gebracht wurde, daß die Ersatzfreiheitsstrafe pro Übertretung 30 Tage beträgt. Die belangte Behörde hat nämlich - neben der Herabsetzung der jeweiligen Geldstrafe - auch in diesem Punkt den Strafausspruch geändert und für die elf Übertretungen des § 18 Abs. 3 KJBG die Ersatzfreiheitsstrafe mit je 20 Tagen und für die Übertretung des § 11 Abs. 1 KJBG mit 15 Tagen festgesetzt.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, die Vorgangsweise der belangten Behörde sei unzulässig gewesen, und sich dabei auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 67/02/0202 (richtig Zl. 87/02/0202), stützt, ist ihm zu erwidern, daß dieses Erkenntnis einen völlig anders gelagerten Sachverhalt betroffen hat. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Nachholung der Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe in einem getrennten Bescheid. Die belangte Behörde hatte vielmehr als Berufungsbehörde im Rahmen der Sache gemäß § 66 Abs. 4 AVG die Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. Sie hat dabei entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch nicht gegen das Verbot der reformatio in peius verstoßen, weil die Summe der von ihr festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen (wesentlich) geringer ist als die von der erstinstanzlichen Behörde festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe.

4. Da sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.