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VwGH vom 25.06.1996, 94/17/0392

VwGH vom 25.06.1996, 94/17/0392

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des J in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in O, gegen den Gemeinderat der Gemeinde Pamhagen, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheiten einer Kanalbenützungsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 206 Burgenländische Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 2/1963, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 24/1983, und der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Pamhagen vom über die Einhebung einer Kanalbenützungsgebühr wird die Berufung des J gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Pamhagen betreffend die Kanalbenützungsgebühr 1994 als unbegründet abgewiesen.

Die Gemeinde Pamhagen hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 5.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der Gemeinde Pamhagen dem Beschwerdeführer Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 1994 vor. Mit undatiertem, am bei der Gemeinde Pamhagen eingegangenem Schreiben erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er unter Hinweis auf das Kanalabgabegesetz "vom " ausführte, daß die Kanalbenützungsgebühren das jährliche Erfordernis für den Betrieb und die Instandhaltung der Kanalisation, die Zinsen für Darlehen, die für die Errichtung oder Änderung der Kanalisationsanlage aufgenommen worden sind, die Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Kanalisationsanlage entsprechenden Lebensdauer und die Bildung einer Erneuerungsrücklage von höchsten 3 v.H. der Errichtungskosten nicht übersteigen dürften. Im Haushaltsvoranschlag der Gemeinde Pamhagen seien für die oben genannten Zwecke 3,233 Millionen Schilling vorgesehen. Die Bildung einer Erneuerungsrücklage sei im Voranschlag 1994 nicht beabsichtigt. Aus dem Produkt der Summe der Berechnungsflächen (180.949 m2) und dem Beitragssatz (S 21,--) ergebe sich jedoch, daß die Gemeinde Pamhagen erheblich mehr, nämlich um S 566.929,-- einhebe. Im übrigen enthält die Berufung Mutmaßungen zu einer Verringerung der Gesamtsumme der Berechnungsflächen von 190.063 m2 im Sommer 1991 auf

180.949 m2.

Da über diese Berufung keine Entscheidung erging, erhob der Beschwerdeführer die gegenständliche Säumnisbeschwerde.

Die belangte Behörde erließ innerhalb der mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes gesetzten Frist weder den ausstehenden Bescheid, noch teilte sie mit, inwiefern keine Säumnis vorliege; sie legte auch keine Verwaltungsakten vor. Auch über nochmalige Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes legte die belangte Behörde keine Verwaltungsakten vor. Die im Beschwerdefall maßgebliche Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde Pamhagen vom wurde über Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes von der Burgenländischen Landesregierung vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Kanalbenützungsgebühren gemäß § 10 ff des Gesetzes vom über die Einhebung von Kanalabgaben (Kanalabgabegesetz-KAbG), Burgenländisches Landesgesetz Nr. 41/1984, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 37/1990, sind Gemeindeabgaben im Sinne des § 15 Abs. 3 Z. 5 FAG 1993, BGBl. Nr. 30/1993. Gemäß § 1 lit. a Bgld. LAO, LGBl. Nr. 2/1963, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 24/1983, ist daher in Angelegenheiten der Kanalbenützungsgebühren die Burgenländische Landesabgabenordnung anzuwenden. Gemäß § 14 KAbG sind die in diesem Gesetz den Gemeinden übertragenen Aufgaben solche des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde. Eine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung enthält das Gesetz nicht. Die Zuständigkeit in Angelegenheiten der Kanalbenützungsgebühren richtet sich daher nach § 48 Bgld. LAO, dem zufolge in den Angelegenheiten der Gemeindeabgaben in erster Instanz der Bürgermeister und in zweiter Instanz der Gemeinderat sachlich zuständig sind. Da der Gemeinderat oberstes sachlich in Betracht kommendes Organ der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich ist und auch eine Devolution an die Gemeindeaufsichtsbehörde in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches nicht in Betracht kommt (vgl. Berchtold, Gemeindeaufsicht, in: Fröhler-Oberndorfer, Handbuch des Gemeinderechts, 3.14., 51, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes), war der Gemeinderat die oberste Verwaltungsbehörde, die im Instanzenzug oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht im Sinne des § 27 VwGG angerufen werden konnte. Die Säumnisbeschwerde ist daher zulässig.

Der Eingang der gegenständlichen Berufung bei der Gemeinde Pamhagen ist durch den Eingangsstempel der Gemeinde Pamhagen vom nachgewiesen. Es liegt somit ein Antrag vor, hinsichtlich dessen Entscheidungspflicht besteht. Auch insoweit ist die Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde gegeben. Da die belangte Behörde weder einen nachgeholten Bescheid vorgelegt hat, noch im Verfahren auch sonst etwas hervorgekommen ist, was auf die Erlassung eines Bescheides gegenüber den Beschwerdeführer hindeutet, ist die Säumnis weiterhin gegeben. Der Verwaltungsgerichtshof ist damit gemäß § 36 Abs. 2 VwGG zuständig, in der Sache zu entscheiden.

2. Gemäß § 195 Bgld. LAO muß eine Berufung enthalten:


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a)
die Bezeichnung des Bescheides gegen den sie sich richtet;
b)
die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c)
die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d)
eine Begründung.

Der oben dargestellten Berufung ist zu entnehmen, daß sie sich gegen die Anwendung eines Beitragssatzes von S 21,-- bei der Berechnung der Kanalbenützungsgebühr wendet, da damit entgegen dem Kanalabgabegesetz die Summe der eingehobenen Gebühren die in § 11 Kanalabgabegesetz festgelegte Obergrenze überschreite. Der Beschwerdeführer hat daher ausreichend deutlich zu erkennen gegeben, womit er seinen Standpunkt stützen zu können glaubt und inwieweit er eine Abänderung des bekämpften Bescheides beantragt. Der Sache nach wird mit dem Berufungsvorbringen die Gesetzwidrigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Pamhagen vom über die Einhebung einer Kanalbenützungsgebühr geltend gemacht.

3. § 2 dieser Verordnung lautet:

"§ 2

Die Höhe der jährlichen Kanalbenützungsgebühr wird mit 33 v.H. des vorläufigen Anschlußbeitrages (Verordnung des Gemeinderates vom ) festgelegt. Die gesetzliche Umsatzsteuer ist gesondert hinzuzurechnen."

Im Hinblick darauf, daß der vorläufige Anschlußbeitrag nach der im § 2 genannten Verordnung vom S 63,60 beträgt, ergibt sich für die Kanalbenützungsgebühr ein Beitragssatz von S 20,98. Gegen die Anwendung dieses Beitragssatzes wendet sich die Berufung.

4. Die Ausführungen in der Berufung des Beschwerdeführers

sind nicht geeignet, auf Seiten des Verwaltungsgerichtshofes

Bedenken gegen die Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr durch

§ 2 der Veordnung vom hervorzurufen.

§ 11 des Kanalabgabegesetzes lautet:

"§ 11

Höhe der Gebühr

(1) Die Kanalbenützungsgebühren dürfen das jährliche

Erfordernis für

a) den Betrieb und die Instandhaltung der

Kanalisationsanlage,

b) die Zinsen für Darlehen, die für die Errichtung oder

Änderung der Kanalisationsanlage aufgenommen worden

sind,

c) die Tilgung der Errichtungskosten unter

Berücksichtigung einer der Art der Kanalisationsanlage

entsprechenden Lebensdauer und

d) die Bildung einer Erneuerungsrücklage von höchstens 3

v.H. der Errichtungskosten (§ 2 Abs. 1 und 2)

nicht übersteigen.

(2) Zu den Errichtungskosten im Sinne des Abs. 1 lit. c

zählen nicht

a) die der Gemeinde für die Errichtung oder Änderung der

Kanalisationsanlage gewährten Zuschüsse, die nicht

zurückzuzahlen sind, und

b) der durch Kanalisationsbeiträge (§ 2 Abs. 1) gedeckte

Teil der Errichtungskosten.

(3) Der Abgabenanspruch entsteht mit Beginn des Monats, in dem erstmalig die Benützung der Kanalisationsanlage möglich ist.

(4) Die Kanalbenützungsgebühr ist mit ihrem Jahresbetrag festzusetzen."

Da somit gemäß § 11 Abs. 1 lit. c Kanalabgabegesetz auch die Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Kanalisationsanlage entsprechenden Lebensdauer bei der Berechnung der Kanalbenützungsgebühren einzubeziehen ist, ist es nicht - wie in der Berufung ausgeführt wird - maßgeblich, daß im Jahresvoranschlag der Gemeinde nach der Behauptung des Beschwerdeführers ein Beitrag zur Bildung einer Erneuerungsrücklage nicht vorgesehen ist. Aus dem von der Burgenländischen Landesregierung mit der Verordnung des Gemeinderats zur Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr 1994 vorgelegten Beiblatt betreffend die Kalkulation der Kanalbenützungsgebühr ist ersichtlich, daß die Ausgaben unter Berücksichtigung der in § 11 Kanalabgabegesetz genannten Posten, in denen eine Erneuerungsrücklage nicht aufscheint,

S 4,763.348,12 ausmachen, wohingegen das Produkt aus Berechnungsfläche und Beitragssatz S 3,990.000,-- ausmacht (als Berechnungsfläche ist im übrigen 190.000 m2 angenommen, sodaß nicht ersichtlich ist, inwiefern - wie in der Berufung zugrunde gelegt - eine Verringerung der Beitragsfläche auf 180.949 m2 vorgenommen worden wäre).

5. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, aus Anlaß dieses Beschwerdefalles einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung der Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde Pamhagen vom zu stellen. Geht man jedoch von der Geltung der genannten Verordnung vom aus, erfolgte die Berechnung auch bei Zugrundelegung der Sachverhaltsangaben in der Berufung und der Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers zutreffend; es ist der vorliegenden Berufung nicht zu entnehmen, inwieweit die Berechnung der Kanalbenützungsgebühr sonst rechtswidrig erfolgt sein sollte.

Die Berufung war daher gemäß § 206 Bgld. LAO als unbegründet abzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des Antrages auf die §§ 47 ff, insbesondere § 55 Abs. 1 sowie § 59 VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.