VwGH vom 21.07.2005, 2004/05/0104
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der Margarethe Mezlik in Wien, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-278/03, betreffend Parteistellung in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: Evelyne Kainzbauer in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang A. Schwarz, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Mattiellistraße 3), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 113/1 der Liegenschaft EZ. 4330, KG Ottakring. Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin des östlich angrenzenden Grundstückes Nr. 113/8 der Liegenschaft EZ. 5050 desselben Grundbuchs.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom wurde der Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei auf dem Grundstück Nr. 113/8, KG Ottakring, die Baubewilligung für die Errichtung eines ebenerdigen, unterkellerten Kleinhauses mit Dachgeschoss in Massivbauweise erteilt. Plangemäß sollte das Gebäude 6 m von der Grenze zum Grundstück der beschwerdeführenden Partei errichtet werden. Die gegen den Baubewilligungsbescheid erhobene Berufung der beschwerdeführenden Partei wurde mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom als unbegründet abgewiesen.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom wurde die Baubewilligung zur Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben erteilt. Im Bescheidspruch ist festgehalten, dass das Erdgeschoss und das Dachgeschoss des Kleinhauses hinsichtlich Lage und Höhe weitgehend unverändert bleiben, das Kellergeschoss jedoch um 1 m ostwärts versetzt ausgeführt worden sei. Aus dem bezughabenden Plan ist ersichtlich, dass das Gebäude von der Grundstücksgrenze des Grundstückes der beschwerdeführenden Partei mindestens 6,01 m entfernt errichtet werden soll. Die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen diesen Bescheid wurde mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom als unbegründet abgewiesen.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom wurde "die nachträgliche Bewilligung für folgende Abweichungen vom bewilligten Bauvorhaben: Raumeinteilungen und -widmungen wurden geändert" gemäß § 70 und § 73 Bauordnung für Wien (BO) erteilt (Spruchpunkt I.). Im Spruchpunkt II.) dieses Bescheides wurde unter Hinweis auf die zitierten Baubewilligungsbescheide gemäß § 128 BO die Benützungsbewilligung für die im errichteten Kleinhaus befindliche Wohnung erteilt. Aus dem bezughabenden Lageplan ist ersichtlich, dass das Wohnhaus von der Grenze zum Grundstück der beschwerdeführenden Partei 6,08 m entfernt sein soll.
Mit Eingabe vom beantragte die beschwerdeführende Partei, ihr im Benützungsbewilligungsverfahren Parteistellung zuzuerkennen und den Benützungsbewilligungsbescheid aus dem Jahre 1997 zuzustellen. Sie begründete ihren Antrag damit, dass sie dem Benützungsbewilligungsverfahren nicht beigezogen worden sei, obwohl durch die Errichtung des gegenständlichen Wohnhauses der mitbeteiligten Partei die vorgeschriebenen Mindestabstände nicht eingehalten und dadurch ihre subjektivöffentlichen Rechte verletzt worden seien.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom wurde dieser Antrag gemäß § 134 Abs. 3 BO und § 8 AVG abgewiesen, weil durch die Planwechselbewilligung nur die innere Aufteilung der Räume betroffen gewesen sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei abgewiesen. Im Benützungsbewilligungsverfahren gemäß § 128 Abs. 2 BO in der damaligen Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 42/1996 sei dem Nachbarn keine Parteistellung zugekommen. Durch den Planwechsel seien subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin nicht berührt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie trägt vor, im Zuge der Bauverhandlung vom seien von ihr Vermessungspläne vorgelegt worden, aus welchen sich ergäbe, dass das Wohnhaus der mitbeteiligten Partei nicht plangemäß errichtet worden sei und die Mindestabstände zu ihrem Grundstück nicht eingehalten worden seien. Trotz dieses Umstandes sei sie nicht dem Benützungsbewilligungsverfahren beigezogen worden. Durch die reale Bauausführung des Gebäudes, welches Gegenstand der Benützungsbewilligung gewesen sei, sei sie in ihren Rechten verletzt worden. Im Benützungsbewilligungsverfahren sei es nicht um die Bewilligung eines Planwechsels gegangen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem angefochtenen Bescheid liegt ein Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Zuerkennung der Parteistellung in einem Verfahren über die Benützungsbewilligung gemäß § 128 Bauordnung für Wien (BO) in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 42/1996 zu Grunde. In diesem Verfahren wurden auch gemäß § 73 BO in der damals geltenden Fassung der Bauordnungsnovelle 1976 Abweichungen vom bewilligten Bauvorhaben genehmigt. Nach dieser Gesetzesstelle sind Abweichungen von rechtskräftigen, noch wirksamen Baubewilligungen nach den Bestimmungen der §§ 60 und 62 wie Änderungen an bereits bestehenden Baulichkeiten zu behandeln. Die im Spruchpunkt I.) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom gemäß § 73 BO bewilligten Änderungen haben jedoch nur Raumeinteilungen und Raumwidmungen der erteilten rechtskräftigen Baubewilligung betroffen, durch die subjektiv-öffentliche Rechte der beschwerdeführenden Partei nicht berührt sind. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch diese Änderungsbewilligung in ihren Rechten auch nicht verletzt. Sonstige Änderungen der rechtskräftigen Baubewilligung wurden mit diesem Bescheid nicht bewilligt.
Für die Benützung bewilligter Bauvorhaben war im Geltungsbereich des § 128 BO in der hier maßgeblichen Fassung eine Benützungsbewilligung erforderlich. Gemäß § 128 Abs. 4 BO war die Benützungsbewilligung zu erteilen, wenn das Gebäude, die bauliche Anlage beziehungsweise der Gebäudeteil keine augenscheinlichen Konsenswidrigkeiten zeigt und keine augenscheinlichen Mängel, die die sichere Benützbarkeit verhindern, aufweist. Der Zweck der damals erforderlichen Benützungsbewilligung war die Feststellung der Plan- und Gesetzmäßigkeit der Bauführung. Aus ihr ergibt sich grundsätzlich nur, dass die Voraussetzungen für die Benützung der bewilligten Baulichkeiten gegeben sind. Eine Benützungsbewilligung, deren Gegenstand und Inhalt ausschließlich die Erlaubnis zur Benützung des Bauwerkes bildet, kann den Baukonsens nicht abändern oder ersetzen. Eine Abänderung des Baubewilligungsbescheides durch den Benützungsbewilligungsbescheid ist nur dann denkbar, wenn die Benützungsbewilligung auch Elemente einer Baubewilligung enthält. Das ist dort der Fall, wo die Baubehörde eine Benützungsbewilligung erteilt, obwohl offensichtlich Abweichungen vom Baukonsens vorliegen. Im hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/05/0244, hat der Verwaltungsgerichtshof daher festgehalten, dass die Feststellung der Behörde, die Ausführung des Bauvorhabens sei "plangemäß" erfolgt, bewirkt, dass sich die Benützungsbewilligung nur auf die (vermeintliche) plangemäße Ausführung bezieht und von einem Bescheidwillen der Behörde, eine Bewilligung abzuändern, in einem solchen Fall keine Rede sein könne. Allein aus der Benützungsbewilligung entsteht kein Recht auf die Belassung
eines der Bauordnung oder der Baubewilligung nicht
entsprechenden Zustandes, weil eben eine Benützungsbewilligung den Konsens nicht zu ersetzen vermag. Aus der Erteilung der Benützungsbewilligung kann kein anderes Recht als das auf Benützung abgeleitet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/05/0050).
Da eine Benützungsbewilligung, deren Gegenstand und Inhalt ausschließlich die Erlaubnis zur Benützung des Bauwerkes bildet, den Baukonsens nicht abändern kann, kommt daher dem Nachbarn im Benützungsbewilligungsverfahren grundsätzlich auch keine Parteistellung zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom , VwSlg 3.902/A). Nur dann, wenn eine Benützungsbewilligung erkennen lässt, dass damit die Baubehörde unter dem Titel der "Benützungsbewilligung" offensichtlich eine Bewilligung für Abweichungen vom Baukonsens erteilt oder diesen ändert, weist eine solche Benützungsbewilligung, und zwar ohne dass dies in der Form zum Ausdruck kommen muss, Merkmale einer Baubewilligung auf. Wenn die Änderung des Bauvorhabens Umstände betrifft, durch welche in die sich aus dem Gesetz oder aus dem Baubewilligungsbescheid ergebenden Rechte des Nachbarn eingegriffen wird, kommt diesem auch im Benützungsbewilligungsverfahren die Parteistellung zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/05/0055).
Im Beschwerdefall steht fest, dass die Baubehörde im Spruchpunkt II.) ihres auf § 128 BO gestützten Benützungsbewilligungsbescheides vom von der ursprünglich erteilten Baubewilligung nicht derart abweichen wollte, dass subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin dadurch berührt werden. Die belangte Behörde ging daher ohne Rechtsirrtum davon aus, dass die beschwerdeführende Partei in dem mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom abgeschlossenen Benützungsbewilligungsverfahren keine Parteistellung hatte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft den im pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits enthaltenen Betrag für die gesondert geltend gemachte Umsatzsteuer.
Wien, am