VwGH vom 21.10.1994, 94/17/0364
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde der S in W, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. G in W, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Magistratsabteilung 6 - Rechnungsamt, Abgabenstrafverrechnung) vom , betreffend Stundungsansuchen in einer Abgabenstrafsache, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie gab die belangte Behörde mit Bescheid vom dem Ansuchen der Beschwerdeführerin um Stundung der über sie verhängten Geldstrafe von insgesamt S 285.749,-- gemäß § 54b Abs. 3 VStG keine Folge. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe bereits am einen Antrag auf Stundung eingebracht, der mit Bescheid vom mit der Begründung abgewiesen worden sei, daß die finanziellen Schwierigkeiten der Beschwerdeführerin nicht nur vorübergehender Natur seien. Im neuerlichen Stundungsansuchen vom werde als Stundungsgrund angeführt, daß der Vollzug der Strafe, der Beschwerdeführerin und ihrer Familie "größte Nachteile und einen unwiederbringlichen Schaden" verursachen würde. Aus welchen Mitteln die Beschwerdeführerin nach Ablauf der Stundungsfrist den Rückstand zu begleichen gedenke, sei nicht ersichtlich; dies insbesondere im Hinblick darauf, daß "bis dato" keine einzige Zahlung geleistet worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in den "Rechten auf Bewilligung eines Aufschubs und Nichtvollzug bis zur Erledigung der vor den Höchstgerichten in der Sache anhängigen Beschwerden verletzt".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 53b Abs. 2 VStG hat folgenden Wortlaut:
"(2) Kommt der Bestrafte der Aufforderung zum Strafantritt nicht nach, so ist er zwangsweise vorzuführen. Dies ist ohne vorherige Aufforderung sofort zu veranlassen, wenn die begründete Sorge besteht, daß er sich durch Flucht dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen werde. Solang eine solche Sorge nicht besteht, ist mit dem Vollzug bis zur Erledigung einer vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof in der Sache anhängigen Beschwerden zuzuwarten."
Gemäß § 54b Abs. 3 VStG hat die Behörde einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen.
Das Beschwerdevorbringen geht ausschließlich dahin, die belangte Behörde habe verkannt, daß der Antrag der Beschwerdeführerin als ein solcher zu verstehen sei, "der § 53b Abs. 2 mit § 54b Abs. 3 VStG verbindet". Dies gehe auch daraus hervor, daß die Beschwerdeführerin die anhängigen Verfahren vor den Höchstgerichten erwähnt habe, was aber für einen "reinen" Antrag nach § 54b Abs. 3 VStG entbehrlich gewesen wäre. Durch das Einengen des Antrages habe der in Beschwerde gezogene Bescheid auch nicht über das eigentliche Anliegen (das Verhindern des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe bis zur Entscheidung durch die Höchstgerichte) entschieden.
Von der Beschwerdeführerin wird dabei übersehen, daß die Regelung des § 53b Abs. 2 letzter Satz VStG mit der zwangsweisen Vorführung - als einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt - im Zusammenhang steht. Mit anderen Worten: Die zwangsweise Vorführung ist rechtswidrig, wenn sie während der Anhängigkeit einer Beschwerde des Verurteilten an einen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erfolgt, obgleich keine Fluchtgefahr besteht (vgl. dazu Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, RZ 948/1). Das Gesetz sieht einen (antragsbedürftigen) Verwaltungsakt auf Zuwarten des Vollzuges von Freiheitsstrafen nicht vor. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, ihr Antrag sei ein solcher, "der § 53b Abs. 2 mit § 54b Abs. 3 VStG verbindet", ist daher schon vom Ansatz her verfehlt. Ebenso geht die damit im Zusammenhang stehende Verfahrensrüge ins Leere.
Sollte damit aber zum Ausdruck gebracht werden, daß die Anhängigkeit von Beschwerden vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts einen Aufschubsgrund im Sinne des § 54b Abs. 3 VStG darstelle, so findet dies (ebenfalls) im Gesetz keine Deckung. § 54b Abs. 3 leg. cit. stellt nämlich (lediglich) auf die Unzumutbarkeit der Zahlung aus "wirtschaftlichen" Gründen ab (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 88/02/0224, 0225, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Es kam daher auch - in Hinsicht auf den Antrag der Beschwerdeführerin auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung - § 39 VwGG gar nicht zur Anwendung (vgl. etwa den hg. Beschluß vom , Zl. 85/05/0076).