VwGH vom 24.05.1996, 94/17/0353
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des R in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom ,
Zlen. UVS-05/26/00007/94, UVS-05/27/00008/94, UVS-05/28/00009/94, UVS-05/26/00010/94, UVS-05/27/00011/94, UVS-05/28/00012/94, UVS-05/26/00013/94, UVS-05/27/00014/94, UVS-05/28/00015/94, UVS-05/26/00016/94, UVS-05/27/00017/94, jeweils betreffend Übertretung des Wiener Vergnügungssteuergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.340,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit den jeweils in der mündlichen Verhandlung vom verkündeten, im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheiden wurde der Beschwerdeführer jeweils schuldig erkannt, er habe es unterlassen, die Vergnügungssteuer für hinsichtlich Type und Aufstellungsort näher bezeichnete Spielautomaten für die Monate:
November 1990 bis März 1991 (Zl. 94/17/0353)
März 1990 bis März 1991 (Zl. 94/17/0354)
September 1990 bis Dezember 1990 (Zl. 94/17/0355)
Juli 1990 bis Dezember 1990 (Zl. 94/17/0356)
Juni 1990 bis Dezember 1990 (Zl. 94/17/0357)
Oktober 1989 bis Mai 1990 (Zl. 94/17/0358)
Juni 1990 bis November 1990 (Zl. 94/17/0359)
September 1990 bis November 1990 (Zl. 94/17/0360)
Oktober 1990 bis Dezember 1990 (Zl. 94/17/0361)
Juni 1990 bis März 1991 (Zl. 94/17/0362)
Juni 1990 bis März 1991 (Zl. 94/17/0363)
rechtzeitig mit dem richtigen Steuersatz von S 14.000,-- einzubekennen und zu entrichten. Er habe hiedurch Vergnügungssteuer für die vorgenannten Monate im Gesamtbetrag von
S 61.000,-- (zl. 94/17/0353)
S 143.000,-- (Zl. 94/17/0354)
S 44.000,-- (Zl. 94/17/0355)
S 66.000,-- (Zl. 94/17/0356)
S 77.000,-- (Zl. 94/17/0357)
S 81.000,-- (Zl. 94/17/0358)
S 69.000,-- (Zl. 94/17/0359)
S 33.000,-- (Zl. 94/17/0360)
S 33.000,-- (Zl. 94/17/0361)
S 110.000,-- (Zl. 94/17/0362)
S 110.000,-- (Zl. 94/17/0363)
unter Verletzung der Anmeldungspflicht nicht entrichtet, dadurch die Vergnügungssteuer in Wien in der Zeit zwischen bzw. dem näher bezeichneten späteren Aufstellungstag und verkürzt. Er habe hiedurch jeweils die Bestimmung des § 19 Abs. 1 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes, LGBl. Nr. 43/1987 (im folgenden Wr VergnStG 1987) verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer jeweils Geldstrafen wie folgt verhängt:
S 98.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 23 Tagen (Zl. 94/17/0353)
S 229.000,-- im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 31 Tagen (Zl. 94/17/0354)
S 70.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen (94/17/0355)
S 106.000,-- im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Tagen (Zl. 94/17/0356)
S 123.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Tagen (Zl. 94/17/0357)
S 130.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 26 Tagen (Zl. 94/17/0358)
S 110.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Tagen (94/17/0359)
S 53.000,-- im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen (Zl. 94/17/0360)
S 53.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen (Zl. 94/17/0361)
S 176.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 29 Tagen (Zl. 94/17/0362)
S 176.000--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 29 Tagen (Zl. 94/17/0363).
Dem - unter anderem - vom Beschwerdeführer erhobenen Einwand der Verjährung hielt die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden jeweils gleichlautend entgegen, das strafbare Verhalten bestehe nicht im Bespielen der Automaten, sondern im "Nichtentrichten" der gesetzlich vorgesehenen Vergnügungssteuer. Die Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG 1991 sei von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden sei oder das strafbare Verhalten aufgehört habe. Das Delikt der nicht gesetzmäßigen Einbekennung und Entrichtung der Vergnügungssteuer habe in dem Zeitpunkt begonnen, in dem der Berufungswerber zur rechtmäßigen Anmeldung und Zahlung verpflichtet gewesen sei und so lange gedauert, bis er eine der beiden Pflichten nicht mehr erfüllen habe können oder müssen. Der Beschwerdeführer sei bis zur Erlassung des Abgabenbemessungsbescheides vom am jedenfalls seinen, die Strafbarkeit bedingenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen, weswegen frühestens mit diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist zu laufen beginne.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
§ 6 Abs. 4 Wr VergnStG 1987 idF der Novelle LGBl. Nr. 3/1990 lautet:
"(4) Für das Halten von Apparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so z.B. Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann oder bei denen das Spielergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig ist, oder von Apparaten, durch deren Betätigung optisch bzw. akustisch eine aggressive Handlung, wie beispielsweise die Verletzung oder Tötung von Menschen oder die Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist, dargesellt wird, beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat 14 000 S."
§ 17 Abs. 3 Wr VergnStG 1987 idF der Novelle LGBl. Nr. 40/1988 lautet auszugsweise:
"(3) Die Anmeldung von Apparaten (§ 14 Abs. 2) gilt als Steuererklärung für die Dauer der Steuerpflicht. ... Die Steuer ist erstmals zum Termin für die Anmeldung und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. ...."
§ 19 Abs. 1 Wr VergnStG 1987 lautete in der vom bis in Kraft gestandenen Fassung (Novelle LGBl. Nr. 44/1990):
"(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von höchstens 300 000 S verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 600 000 S zu bestrafen. Im Falle der Uneinbringlichkeit tritt anstelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen ...."
§ 19 Abs. 1 Wr VergnStG 1987 in der ab anzuwendenden Fassung (Novelle LGBl. Nr. 73/1990) lautet:
"(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer mit einem Betrag von höchstens 300 000 S verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis 600 000 S zu bestrafen; für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen. ..."
Die gemäß § 254 Abs. 1 FinStrG hier anwendbare Bestimmung
des § 31 VStG 1991 lautet:
"Verjährung
(1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
(3) Sind seit dem in Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden . ...."
Der in Rede stehende Straftatbestand des § 19 Abs. 1 Wr VergnStG 1987 in den von der Behörde hier anzuwendenden Fassungen der Novellen LGBl. Nr. 44/1990 und LGBl. Nr. 73/1990 ist dem Tatbild nach ein Erfolgsdelikt. Das Tatbild ist dabei auf die Herbeiführung eines Erfolges, der Verkürzung der Abgabe entweder durch ein aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen (unechtes Unterlassungsdelikt) abgestellt. Eine Verkürzung liegt in solchen Fällen bereits dann vor, wenn eine Abgabe unter Verletzung einer Erklärungspflicht nicht zu den vorgesehenen Terminen entrichtet wird. Mit der Verkürzung ist auch der Erfolg eingetreten, das Delikt nach dem Wr VergnStG 1987 nicht nur vollendet, sondern auch beendet. Spätere nach Ablauf des vorgesehenen Termins vorgenommene Handlungen oder weiter andauernde Unterlassungen vermögen an der bereits eingetretenen Verkürzung nichts zu ändern. Ein solches Verhalten nach diesem Zeitpunkt ist auch nicht vom Tatbild erfaßt. Vielmehr sind nur die Handlungen und Unterlassungen erfaßt, die in einem Kausalzusammenhang mit der Verkürzung stehen (arg.: "Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer verkürzt wird ..."). Dies kann bei einem Verhalten nach bereits eingetretenem Erfolg nicht mehr der Fall sein (vgl. die zu den mit § 19 Abs. 1 Wr VergnStG 1987 in den hier anzuwendenden Fassungen vergleichbaren Straftatbeständen des § 10 Abs. 1 lit. a des Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetzes, LGBl. Nr. 102/1973 und des § 10 Abs. 1 des Wiener Getränkesteuergesetzes, LGBl. Nr. 2/1971 ergangenen hg. Erkenntnisse jeweils vom ,
Zlen. 93/17/0250 und 93/17/0299).
Aus dem Grunde des § 17 Abs. 3 Wr VergnStG 1987 tritt die Verkürzung der Abgabe für einen bestimmten Monat durch die Unterlassung ihrer Entrichtung zum Letzten des jeweiligen Vormonates ein. In den angefochtenen Abgabenbescheiden wurde dem Beschwerdeführer die Verkürzung von Abgaben für unterschiedliche Zeiträume vorgeworfen; die letzte Abgabenperiode, für die ihm eine Verkürzung zur Last gelegt wurde, war März 1991. Daher änderte auch die im Hinblick auf die festgestellte vorsätzliche Begehung der Straftaten denkmögliche Annahme einer Scheinkonkurrenz in Form eines fortgesetzten Deliktes nichts daran, daß die auch die Verkürzung der Abgabe für März 1991 umfassenden Delikte mit , dem Tag der Fälligkeit der Abgabe für März 1991, geendet hätten. Die übrigen Delikte endeten entsprechend früher mit dem der letzten von der vorgeworfenen Hinterziehung betroffenen Abgabenperiode vorangegangenen Monatsletzten. Nachfolgende im Fortsetzungszusammenhang stehende Einzelhandlungen wurden nicht festgestellt. Der Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung ist für die Beendigung des Deliktes ohne Aussagekraft. Daraus folgt, daß die Frist des § 31 Abs. 3 erster Satz VStG 1991 für die Strafbarkeitsverjährung hinsichtlich der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Delikte spätestens am begann und nach Ablauf von drei Jahren ab diesem Zeitpunkt endete. Am durfte daher aus dem Grunde des § 31 Abs. 3 erster Satz VStG 1991 kein Straferkenntnis mehr gefällt werden.
Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der im Art. I Z. 1 der genannten Verordnung festgesetzte Pauschalbetrag dient der Abgeltung des Aufwandes für sämtliche eingebrachte Schriftsätze und war dem Beschwerdeführer daher nur in dem für den Mängelbehebungsschriftsatz geltend gemachten Umfang von S 12.500,-- zuzusprechen. Im Falle der Abtretung einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG gebührt dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer kein Ersatz der Stempelgebühren, die er in einem vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichten mußte (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 681, angeführte Judikatur). Es waren daher lediglich die begehrten Stempelgebühren für die Mängelbehebung vom in Höhe von S 360,--, für die Vorlage einer weiteren Ausfertigung der seinerzeit beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde in der Höhe von S 120,--, sowie für die Einbringung der der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlichen Replik vom in der Höhe von S 360,-- zuzusprechen.