VwGH vom 14.12.2004, 2004/05/0062
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der Gemeinde St. Lorenz, vertreten durch Dr. Peter H. Bönsch, Rechtsanwalt in 5310 Mondsee, Schlosshof 3a, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-P-244073/5-2003-Mo, betreffend Genehmigung eines Flächenwidmungsplanes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Eigentümer des Grundstückes Nr 1220/85, KG St. Lorenz, suchte beim Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde um die Umwidmung einer Teilfläche dieses Grundstückes im Ausmaß von 10.000 m2 in eingeschränktes gemischtes Baugebiet an. Begründend wurde angeführt, dass der daneben befindliche Hofer-Markt den Betrieb erweitern möchte und dazu das gegenständliche Grundstück benötige, das im Norden an das Grundstück des bestehenden Hofer-Marktes angrenzt. Im Osten ist das gegenständliche Grundstück durch die Bundesstraße B 154 begrenzt.
In der Gemeinderatssitzung vom wurde ein Grundsatzbeschluss über die Einleitung des Verfahrens zur Änderung des Flächenwidmungsplanes gefasst.
In ihren über Aufforderung erstatteten Stellungnahmen erhoben die Bezirksbauernkammer, die Abteilung Straßenbau der Oö. Landesregierung und das Militärkommando Oberösterreich keine Einwände. Die Bezirksbauernkammer bezeichnete das gegenständliche Grundstück als eine "extensive einschnittige Wiesenfläche", welche auf Grund ihrer Ausformung und Bonität als minderwertiges landwirtschaftliches Grundstück anzusehen sei.
Die Naturschutzabteilung der OÖ Landesregierung führte in ihrer Stellungnahme vom aus, das betroffene Areal sei als "Grünland-Erholungsfläche-Park" gewidmet und stelle sich in der Natur als ausgeprägter Feuchtwiesenkomplex im Vorfeld des Siedlungsgebietes Höribach dar. An dieses Areal schließe auch östlich der B 154 ein Feuchtwiesengebiet an, das unmittelbar an die Seefläche grenze und ebenso als Erholungsfläche gewidmet sei. Entlang der Grenze zum bestehenden gemischten Baugebiet verlaufe ein offener Graben, der nicht nur die Oberflächenwässer des Feuchtgebietes, sondern teilweise auch die nördlich gelegener Gebiete aufnehme. Bereits im Rahmen des Raumordnungsverfahrens zum bestehenden Mischbaugebiet sei eine Abstimmung der Entwicklung in südlicher Richtung auf das gegenüber der B 154 liegende Betriebsbaugebiet gefordert worden, um die landschaftsräumlich und naturräumlich bedeutsame Grünlandzone zwischen See und Hinterland in einer ausreichenden Dimension zu erhalten. Weiters sei im Vorverfahren zur Flächenwidmungsplan-Gesamtüberarbeitung auf die ökologische und landschaftliche Wertigkeit des Gebietes (und in diesem Zusammenhang auf die Mängel der Grundlagenforschung) hingewiesen und gefordert worden, im Bereich Höribach von der gemäß dem ursprünglichen ÖEK-Entwurf (Örtliches Entwicklungskonzept) vorgesehenen Siedlungserweiterung Richtung Nordosten Abstand zu nehmen. Dieser Forderung sei im rechtskräftigen ÖEK offenbar entsprochen worden, wodurch sich ein Widerspruch der Widmung zum ÖEK ergebe. In einer Zusammenschau des dargelegten Standpunktes sei die gegenständliche Widmungsänderung aus ökologisch funktionalen Aspekten wie auch aus Gesichtspunkten des Landschaftsschutzes abzulehnen.
Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung führte in seiner Stellungnahme vom aus, die geplante Umwidmungsfläche liege am rechtsufrigen Schwemmfächer des Höribaches unmittelbar oberhalb der aufgedämmten Bundesstraße. Im Gefahrenzonenplan der beschwerdeführenden Gemeinde sei im gegenständlichen Bereich ein Brauner Hinweisbereich - Hochwasseranschlagslinie Mondsee kartiert. Zur Wahrung des öffentlichen Interesses am Schutz vor Wildbachgefahren könne seitens der Dienststelle einer Umwidmung unter den Auflagen zugestimmt werden, das an der Nordgrenze verlaufende Wiesengerinne durch Ausweisung eines mindestens 5 m breiten Grünstreifens dauerhaft und mit einem natürlichen Uferbewuchs zu erhalten sowie die höhenmäßige Situierung geplanter Objekte mit dem Gewässerbezirk Gmunden auf die Hochwasseranschlagslinie des Mondsees abzustimmen.
Die Abteilung Raumordnung der OÖ Landesregierung bewertete in ihrer Stellungnahme vom die weitere Ausdehnung des Baulandes in Richtung Süden negativ, da dies eine gravierende Störung eines landschaftsbestimmenden Grünraumes darstelle. Es bestünde ein Widerspruch zum ÖEK 1/2001.
Die Abteilung Wasserwirtschaft der OÖ Landesregierung erhob in ihrer Stellungnahme vom keine Einwände gegen die Flächenwidmungsplanänderung, wenn sich das Grundstück in hochwassersicherer Lage befinde. Ein Gefahrenzonenplan sei für den Umwidmungsbereich nicht vorhanden. Die Oberflächenwässer seien über filterwirksame Rasenmulden zur Versickerung zu bringen. Bauwerke seien jedenfalls in Bezug auf ein 100-jährliches Hochwasserereignis hochwassersicher herzustellen, insbesondere hinsichtlich der Lagerung wassergefährdender Stoffe sei ebenfalls Vorsorge zu treffen.
Der Ortsplaner erklärte in seiner Stellungnahme vom , der rechtsgültige Funktionsplan als Teil des ÖEK der beschwerdeführenden Gemeinde solle im Bereich der Parzelle Nr. 1220/85 durch Ausweisung eines Entwicklungsgebietes für umweltfreundliche Betriebe abgeändert werden. Der gegenständliche Bereich sei im Funktionsplan des örtlichen Entwicklungskonzeptes als Feuchtfläche ausgewiesen, sonstige konkrete Festlegungen für diesen Bereich seien nicht vorhanden. Ein Anschluss an Einrichtungen der technischen Infrastruktur (Ortswasserleitung, Ortskanal) sei möglich, eine Straßenzufahrt vorhanden. Die nächstgelegene Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels befinde sich im fußläufigen Einzugsbereich des geplanten Erweiterungsbereiches. Durch die Ausweisung des gegenständlichen Entwicklungsbereiches solle die Möglichkeit für die Erweiterung eines bestehenden Betriebes (Nahversorger) geschaffen werden. Das große öffentliche Interesse an einer Nahversorgung im fußläufigen Einzugsbereich von Ortschaftszentren begründe diesen neuen Erweiterungsbereich. Nutzungskonflikte mit angrenzenden Nutzungsformen seien bei entsprechender Widmungsabstimmung nicht zu erwarten. Die Erweiterungsmöglichkeit solle ausschließlich im Bereich westlich der Mondsee Bundesstraße B 154 (südlich des bestehenden Mischgebietes) gegeben sein. Durch die unmittelbare Nähe der Bundesstraße und die sehr guten sonstigen infrastrukturellen Gegebenheiten sei die Fläche als Erweiterungsbereich für umweltfreundliche Betriebe geeignet. Die Ausweisung des gegenständlichen Gebietes als "Entwicklungsmöglichkeit für umweltfreundliche Betriebe" könne daher unter Berücksichtigung oben genannter Aspekte vertreten werden.
In der Sitzung des Gemeinderates vom referierte der Bürgermeister die bisherigen Stellungnahmen. Der Hofer KG sei die Stellungnahme der Naturschutzbehörde bzw. der örtlichen Raumordnung bekannt gegeben worden und es habe dieses Unternehmen eine Reduzierung der Umwidmungsfläche auf 5.000 m2 vorgeschlagen. Der Bauausschuss sprach sich in dieser Sitzung für eine Erweiterung in eingeschränktes Mischgebiet unter Ausschluss betriebsfremder Wohnungen aus, weil sonst zu befürchten sei, dass der Hofer-Markt in der Gemeinde St. Lorenz nicht zu halten sei und eine Abwanderung in eine Nachbargemeinde erfolgen könnte. In der Sitzung wurde die Befürchtung geäußert, dass dann, wenn der Hofer-Markt "weggesiedelt" werde, auch der (unmittelbar benachbarte) "Unimarkt" absiedeln werde. Der Bürgermeister wies darauf hin, dass in der Gemeinde St. Lorenz kein Nahversorgungsmarkt mehr bestehe und daher der Hofer-Markt von der Bevölkerung äußerst gut angenommen werde. Im Rahmen einer Abwägung entspreche es dem öffentlichen Interesse, dass diese Erweiterung genehmigt werde, um den Hofer-Markt in der Gemeinde zu erhalten. Darauf beschloss der Gemeinderat in dieser Sitzung einstimmig die gegenständliche Flächenwidmungsplanänderung Nr 3.11 - Bereich Hofer-Markt, betreffend Umwidmung von "Grünland/Erholungsfläche/Park" in "eingeschränktes Mischgebiet" unter Ausschluss betriebsfremder Wohnungen hinsichtlich einer Teilfläche der Grundparzelle 1220/85 im Ausmaß von rund 5.000 m2 zur Modernisierung und Erweiterung des Hofer-Marktes, insbesondere der Schaffung von zusätzlichen Parkplätzen.
Wie aus dem Funktionsplan zum ÖEK hervorgeht, wurde an diesem Tag auch die Änderung Nr. 01 beschlossen, wonach auf der gegenständlichen Feuchtfläche eine Änderung durch "Entwicklungsmöglichkeit für umweltfreundliche Betriebe" ausgewiesen wurde.
Mit Schreiben vom ersuchte die beschwerdeführende Gemeinde die belangte Behörde um aufsichtsbehördliche Genehmigung der gegenständlichen Änderung.
Die Naturschutzabteilung der OÖ Landesregierung wies in einer Stellungnahme vom abermals darauf hin, dass in den Begutachtungsergebnissen zur Mischbaugebietsgewinnung und zu allen Erweiterungsabsichten die aus landschaftlichen und ökologischfunktionalen Gesichtspunkten nicht mehr mögliche Erweiterung in diesem Bereich deutlich zum Ausdruck komme. Aus Sicht der Naturschutzabteilung widerspreche die vorliegende Änderung und die zugehörige Abänderung des ÖEK den grundlegenden Zielsetzungen des Natur- und Landschaftsschutzes in einem Ausmaß, dass dem Vorhaben die aufsichtsbehördliche Genehmigung zu versagen sei.
Über Ersuchen der belangten Behörde gab die Abteilung Raumordnung der OÖ Landesregierung zur Frage, ob und welche Versagungsgründe vorliegen, weil die Umwidmungsfläche verkleinert wurde, am eine neuerliche Stellungnahme ab. In der Änderung Nr 1 des ÖEK sei die Erweiterungsmöglichkeit für so genannte "umweltfreundliche Betriebe" auf dem Stand der ursprünglichen Planungsabsichten belassen worden. Die Verringerung der Entwicklungsmöglichkeiten sei daher nicht gegeben. Grundsätzlich müsse aus strukturellen, landschaftsräumlichen und ökologischen Gründen diese Planung insgesamt negativ beurteilt werden. Das in der Anlage enthaltene Foto dokumentiere die Bedeutung dieses Grünbereiches für den Landschaftsraum, zumal hier auch noch die Durchgängigkeit bis um Seeufer gegeben sei. Des Weiteren sei anzumerken, dass es in Fremdenverkehrsregionen nicht sinnvoll sei, nicht unbedingt dem Handel zugehörige Betriebe, wenn auch umweltfreundliche, in Bereichen mit ausgeprägter touristischer Bedeutung zu situieren. Für die Änderung des ÖEK seien aus fachlicher Sicht der Raumordnung und des Natur- und Landschaftsschutzes Versagungsgründe gegeben. Im Flächenwidmungsplan solle ca. die Hälfte des im ÖEK für eine weitere Entwicklung von Betrieben geplanten Bereiches als "Eingeschränktes Gemischtes Baugebiet" gewidmet werden. Für diesen Bereich gälten ebenfalls die Aussagen zum ÖEK, da auch nur durch eine Teilinanspruchnahme die Funktionen, die diesem Raum zuzuordnen sind, verloren gingen. In der Stellungnahme des Ortsplaners sei bezüglich der räumlichen Folgewirkungen jedenfalls ein Abwägungsdefizit feststellbar. Anzumerken sei, dass der gesamte Widmungsbereich innerhalb der HQ 100-Hochwasser-Anschlaglinie des Mondsees liege und daher entsprechend aufzuschütten sei.
Den Inhalt dieser Stellungnahme teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom der beschwerdeführenden Gemeinde mit; darin wird auch die Absicht geäußert, gemäß § 34 Abs 2 Z 1, 3 und 4 OÖ ROG die Genehmigung zu versagen.
In seiner Sitzung vom beschloss der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde eine Stellungnahme zu den mitgeteilten Versagungsgründen gemäß § 34 Abs 3 OÖ ROG, in der er erklärte, der Wiesenkomplex sei zwischen dem Mondsee und dem Hinterland durch den Damm der B 154 unterbrochen. Ein räumlicher Zusammenhang zwischen dem schützenswerten Bereich zum Mondsee hin existiere deshalb nicht. Der Bereich, in dem die Erweiterung des Hofer-Marktes umgesetzt werden solle, sei durch Siedlungstätigkeit geprägt und weise zahlreiche Eingriffe auf. Der Wiesenkomplex habe von Ausmaß und Funktion her in der Natur nicht die Bedeutung, wie es in der Stellungnahme zum Ausdruck komme. Der Wiesenkomplex sei durch zahlreiche nicht Wasser führende Gräben gekennzeichnet und intensiv landwirtschaftlich bewirtschaftet. In der Gemeinde befänden sich überdurchschnittlich viele solcher Wiesen. Die wirtschaftlichen Aspekte seien in der Umwidmungsangelegenheit noch nicht betont worden. Die beschwerdeführende Gemeinde sei durch ein langgezogenes Gemeindegebiet entlang des Mondsees geprägt, an dem die Mondsee-Bundesstraße führe. Eine Betriebsansiedelung (- erweiterung) sei daher zweckmäßigerweise an dieser Hauptverkehrsader sinnvoll, zumal die Fläche noch dem Zentralraum (Mondsee) zugeordnet werden könne. Der Standort des Hofer-Marktes habe sich als sehr günstig erwiesen, da er für die Kunden aus allen Richtungen optimal erreichbar sei, ohne Beeinträchtigungen zu verursachen. Komme es zur Abwanderung des Hofer-Marktes, werde auch der "Unimarkt" seine wirtschaftliche Grundlage verlieren und schließen, wodurch die Arbeitplätze von zwei Betrieben der Gemeinde entzogen würden. Es handle sich lediglich um die Erweiterung eines bestehenden Handelsbetriebes. Die Versagung der Genehmigung würde die Eliminierung der einzigen Handelsbetriebe bedeuten, wodurch die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs nicht mehr gegeben wäre. Für die beschwerdeführende Gemeinde sei es aus wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischer Sicht auch notwendig, neben dem rückläufigen Tourismus weitere Standbeine zu haben, nur dadurch könne dem öffentlichen Interesse des § 2 Abs 1 Z 4 OÖ ROG entsprochen werden. Der für den Landschafts- und Naturraum wichtige Bereich zum Mondsee hin bleibe erhalten, zumal die B 154 eine Zäsur in diesem Bereich bilde. Bei der Bauausführung werde auf eine intensive naturräumliche Gestaltung der Bepflanzung Bedacht genommen. Den Stellungnahmen der Landesstrassenverwaltung, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Gebietsbauleitung und der Abteilung Wasserwirtschaft werde entsprochen.
In einer neuerlichen Stellungnahme vom führte die Naturschutzabteilung der OÖ Landesregierung zur Argumentation der Gemeinde aus, dass
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"- | die ökologische Wertigkeit des Feuchtwiesenkomplexes außer Frage steht | |||||||||
- | sehr wohl ein räumlicher Zusammenhang der östlich und westlich der Bundesstraße gelegenen Grünflächen im Sinne eines Grünkorridors besteht, der durch die Straßentrasse nicht aufgelöst wird | |||||||||
- | keineswegs von einer "intensiven" landwirtschaftlichen Bewirtschaftung auszugehen ist, da andernfalls eine andere Artengarnitur vorliegen müsste | |||||||||
- | zweifellos im Falle einer Widmung von einer schwer wiegenden Beeinträchtigung der gesamträumlichen Funktion dieses Grünzuges ausgegangen werden muss." | |||||||||
Die Abteilung Raumordnung führte in ihrer Stellungnahme vom aus, dass die Stellungnahme der beschwerdeführenden Gemeinde nicht geeignet sei, die mitgeteilten Versagungsgründe aufzuheben. | ||||||||||
Mit dem angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde die beantragte Genehmigung gemäß § 36 iVm § 34 Abs 2 Z 1 und 4 OÖ Raumordnungsgesetz 1994. In der Begründung ihres Bescheides wiederholte sie die vier oben angeführten Argumente aus der Stellungnahme der Naturschutzabteilung vom . Im Hinblick auf die der Gemeinde bereits mitgeteilten und somit bekannten Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen, die zufolge des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens weiterhin bestehen blieben, sehe sich die Aufsichtsbehörde veranlasst, der vom Gemeinderat beschlossenen Flächenwidmungsplanänderung Nr. 11 samt der | ||||||||||
1. Änderung des ÖEK aus den angeführten Gründen des § 34 Abs. 2 Z. 1, 3 und 4 Oö. ROG die Genehmigung zu versagen. | ||||||||||
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die beschwerdeführende Gemeinde erachtet sich in ihrem Recht verletzt, nicht nur das örtliche Entwicklungskonzept sowie den Flächenwidmungsplan erstellen zu können, sondern diese auch bei Vorliegen entsprechender Interessen abändern zu können, sowie in ihrem Recht auf Feststellung, dass die Versagung der Genehmigung einer Flächenwidmungsplanänderung sowie einer Änderung des ÖEK im gegenständlichen Fall unzulässig sei. | ||||||||||
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. |
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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen: | ||||||||||
Das hier gleichzeitig mit dem Flächenwidmungsplan geänderte Örtliche Entwicklungskonzept (ÖEK) ist in § 18 Oö. Raumordnungsgesetz (Oö. ROG) geregelt. Die Überschrift und die Absätze 1 bis 3 dieser Bestimmung lauten: | ||||||||||
"Flächenwidmungsplan mit örtlichem Entwicklungskonzept |
(1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung den Flächenwidmungsplan mit dem örtlichen Entwicklungskonzept zu erlassen, weiterzuführen und regelmäßig zu überprüfen. Das örtliche Entwicklungskonzept ist auf einen Planungszeitraum von zehn Jahren, der Flächenwidmungsplan auf einen solchen von fünf Jahren auszulegen.
(2) Das örtliche Entwicklungskonzept hat als Grundlage der übrigen Flächenwidmungsplanung die längerfristigen Ziele und Festlegungen der örtlichen Raumordnung zu enthalten. Seiner Erlassung hat eine aus der Sicht der Gemeinde geeignete Einbeziehung der Bürger voranzugehen.
(3) Das örtliche Entwicklungskonzept besteht aus einem Textteil und ergänzenden zeichnerischen Darstellungen (Funktionsplan); es hat jedenfalls grundsätzliche Aussagen zu enthalten, über:
1. die natürlichen Voraussetzungen und Umweltbedingungen unter besonderer Berücksichtigung von ökologisch wertvollen Gebieten, Gebiete mit besonderer Eignung für die landwirtschaftliche Nutzung, Neuaufforstungsgebiete sowie Frei- und Erholungsflächen;
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2. | den künftigen Baulandbedarf; | |||||||||
3. | die räumliche und funktionelle Gliederung des Baulandes im Hinblick auf die künftige Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung einschließlich der Festlegung von Vorrangflächen des Baulandes und des Grünlandes; | |||||||||
4. die geplanten Infrastrukturmaßnahmen der Gemeinde im Bereich der örtlichen Verkehrserschließung, der Ver- und Entsorgung sowie soziale und kulturelle Einrichtungen; | ||||||||||
5. die Sicherung eines wirksamen Landschafts- und Umweltschutzes." | ||||||||||
§ 36 OÖ ROG regelt die Voraussetzungen der Änderung eines Flächenwidmungsplanes und eines Bebauungsplanes. Diese Bestimmung lautet: | ||||||||||
"§ 36 | ||||||||||
Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes |
(1) Flächenwidmungspläne (einschließlich dem örtlichen Entwicklungskonzept) und Bebauungspläne sind
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1. | bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder | |||||||||
2. | wenn es das Gemeinwohl erfordert, zu ändern. |
(2) Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne können geändert werden, wenn
1. öffentliche Interessen, die nach diesem Landesgesetz bei der Erlassung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, dafür sprechen oder
2. diese Änderung den Planungszielen der Gemeinde nicht widerspricht und
3. Interessen Dritter nicht verletzt werden.
(3) Langen bei der Gemeinde Anregungen auf Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ein, so hat der Gemeinderat binnen sechs Monaten zu entscheiden, ob die Voraussetzungen zu Änderungen gemäß Abs. 1 oder 2 gegeben sind. Liegen die Voraussetzungen vor, ist das Verfahren zur Änderung des Planes einzuleiten.
(4) Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des § 33 und des § 34, jedoch ist benachbarten Gemeinden und Körperschaften öffentlichen Rechtes nur dann Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wenn deren Interessen durch die beabsichtigten Planänderungen berührt werden. Eine Planauflage ist nicht erforderlich, wenn die von der beabsichtigten Planänderung Betroffenen vor der Beschlussfassung verständigt oder angehört werden. Die Eigentümer jener Grundstücke, an deren Flächenwidmung oder Bebaubarkeit sich Änderungen ergeben, sind von der Planauflage nachweislich zu verständigen.
(5) Auf Nutzungen, die der bisherigen Widmung entsprechen, ist bei Änderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne möglichst Rücksicht zu nehmen.
(6) Die Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ist durch den Gemeinderat zu begründen; bei der Änderung von Flächenwidmungsplänen muss der Begründung oder den Planungsunterlagen überdies die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein."
§ 34 OÖ ROG, auf den § 36 Abs 4 verweist, lautet:
"Aufsichtsverfahren und Kundmachung
(1) Beschließt der Gemeinderat einen Flächenwidmungsplan, so ist dieser mit dem dazugehörigen Akt und den Planungsunterlagen vor Kundmachung des Beschlusses der Landesregierung als Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Ein Bebauungsplan ist der Landesregierung vor Kundmachung des Beschlusses nur dann zur Genehmigung vorzulegen, wenn überörtliche Interessen im besonderen Maß berührt werden. Überörtliche Interessen werden dann besonders berührt, wenn dies der Gemeinde von der Landesregierung anlässlich ihrer Stellungnahme gemäß § 33 Abs. 1 mitgeteilt wurde.
(2) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn der Plan
1. Raumordnungszielen und -grundsätzen oder festgelegten Planungen angrenzender Gemeinden oder
2. einem Raumordnungsprogramm oder einer Verordnung gemäß § 11 Abs. 6 oder
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3. | dem örtlichen Entwicklungskonzept oder | |||||||||
4. | sonstigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere den Verfahrensbestimmungen, widerspricht oder | |||||||||
5. die geordnete wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung anderer Gemeinden oder des Landes wesentlich beeinträchtigen würde. |
(3) Vor Versagung der Genehmigung hat die Landesregierung der Gemeinde den Versagungsgrund mitzuteilen und ihr Gelegenheit zu geben, hiezu binnen einer angemessenen, jedoch mindestens sechs Wochen betragenden Frist Stellung zu nehmen.
Die in § 34 Abs 2 Z 1 OÖ ROG genannten Raumordnungsziele und Grundsätze sind in § 2 Abs 1 OÖ ROG aufgezählt. § 2 OÖ ROG lautet:
"§ 2
Raumordnungsziele und -grundsätze
(1) Die Raumordnung hat insbesondere folgende Ziele:
1. den Schutz der Umwelt vor schädlichen Einwirkungen sowie die Sicherung oder Wiederherstellung eines ausgewogenen Naturhaushaltes;
2. die Sicherung oder Verbesserung der räumlichen Voraussetzungen für sozial gerechte Lebensverhältnisse und die kulturelle Entfaltung;
3. die Sicherung oder Verbesserung einer Siedlungsstruktur, die mit der Bevölkerungsdichte eines Gebietes und seiner ökologischen und wirtschaftlichen Tragfähigkeit im Einklang steht;
4. die Sicherung oder Verbesserung der räumlichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige Wirtschaft einschließlich der Rohstoffsicherung sowie die Sicherung der Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit notwendigen Gütern und Dienstleistungen, insbesondere in Krisenzeiten;
5. die Sicherung oder Verbesserung der räumlichen Voraussetzung für eine existenz- und leistungsfähige Land- und Forstwirtschaft, insbesondere die Verbesserung der Agrarstruktur;
6. die sparsame Grundinanspruchnahme bei Nutzungen jeder Art sowie die bestmögliche Abstimmung der jeweiligen Widmungen;
7. die Vermeidung von landschaftsschädlichen Eingriffen, insbesondere die Schaffung oder Erweiterung von Baulandsplittern (Zersiedelung);
8. die Sicherung und Verbesserung einer funktionsfähigen Infrastruktur;
9. die Schaffung und Erhaltung von Freiflächen für Erholung und Tourismus;
10. die Erhaltung und Gestaltung des Stadt- und Ortsbildes einschließlich der Ortsentwicklung sowie die Erhaltung des typischen Orts- und Landschaftsbildes; unvermeidbare Eingriffe in die Landschaft sind durch entsprechende landschaftspflegerische Maßnahmen bestmöglich auszugleichen.
(2) Die Ordnung des Gesamtraumes ist auf seine Teilräume abzustimmen. Ordnende Maßnahmen in Teilräumen haben sich der Ordnung des Gesamtraumes einzufügen. Bei der Planung und Umsetzung von ordnenden Maßnahmen in benachbarten Teilräumen ist zur Abstimmung solcher Maßnahmen auf die Planungen der angrenzenden Bundesländer und des benachbarten Auslandes möglichst Bedacht zu nehmen. Dem Schutz und der Erhaltung der Umwelt ist der Vorrang einzuräumen.
(3) Bei Planungen und Maßnahmen innerhalb einzelner Sachbereiche (Fachplanungen) sind ihre Auswirkungen auf andere Sachbereiche zu berücksichtigen, um spätere Nutzungskonflikte zu vermeiden.
(4) Planungen und Maßnahmen der Gebietskörperschaften und anderer Planungsträger sind zur Vermeidung von Fehlentwicklungen insbesondere im Bereich der Siedlungsentwicklung, der Standortplanung für die Wirtschaft, des Landschafts- und Umweltschutzes sowie des Verkehrs, durch den rechtzeitigen Austausch von Informationen und Planungsgrundlagen aufeinander abzustimmen."
Der angefochtene Bescheid stützt sich im Spruch auf § 36 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 Z. 1 und 4 Oö. ROG; der in der Begründung durch die Zitierung der Z. 3 der letztgenannten Bestimmung auch herangezogene Widerspruch zum ÖEK kann wohl nicht vorliegen, wenn gleichzeitig das ÖEK entsprechend geändert wurde.
Welche Raumordnungsziele und -grundsätze verletzt wurden (§ 34 Abs. 2 Z. 1 Oö. ROG) wird im angefochtenen Bescheid nicht ausgeführt; die belangte Behörde beschränkt sich auch in der Gegenschrift darauf, dass die beschwerdeführende Gemeinde ihrer Verpflichtung zu einer "naturschutzfachlichen Grundlagenforschung" nicht nachgekommen wäre.
Die Gesetzesformulierung im § 34 Abs. 2 Oö. ROG, wonach "die Genehmigung nur versagt werden darf, wenn ..." lässt zunächst auf eine eingeschränkte Prüfungsbefugnis schließen; dies wird allerdings durch den Versagungsgrund der Z. 4 relativiert, wonach auch ein Widerspruch zu den sonstigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere Verfahrensbestimmungen, einen Versagungsgrund darstellt. Damit wird aber jeder Widerspruch zu den Anforderungen des § 36 Oö. ROG auch zu einem Versagungsgrund, weshalb zu untersuchen ist, ob die Voraussetzungen der Änderung eines Flächenwidmungsplanes einschließlich des ÖEK erfüllt wurden.
Der Gemeinderat hat anlässlich seiner Beschlussfassung vom seine (oben wiedergegebenen) Erwägungen dargelegt und dort ausgeführt, dass das Gemeinwohl diese Änderung erfordere, öffentliche Interessen dafür sprächen, die Änderung den Planungszielen der Gemeinde nicht entgegenstehe und Interessen Dritter nicht verletzt würden.
Unabhängig davon, ob die hier geforderte Erweiterung der Betriebsfläche eines Nahversorgers tatsächlich vom Gemeinwohl gefordert wird und somit sogar der zwingende Änderungsgrund des § 34 Abs. 1 ROG vorliegt, muss auch in diesem Fall § 36 Abs. 6 Oö. ROG beachtet werden. Die Änderung ist also zu begründen und es muss die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung entnehmbar sein.
Zu dieser Gesetzesbestimmung hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , VfSlg. 16.199, ausgeführt, es genüge für die Begründung einer Flächenwidmungsplanänderung durch den Gemeinderat allerdings, dass den Planungsunterlagen die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sei. Eine formell vom Gemeinderat zusätzlich zur Planänderung beschlossene Begründung und Interessenabwägung sei daher nicht erforderlich, wenn diese nur den Planungsunterlagen mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sei.
Gerade in jenem Erkenntnis schloss der Verfassungsgerichtshof aus dem Umstand, dass an Stelle der ursprünglich vorgesehenen Umwidmung von 1.300 m2 (von Grünland in Dorfgebiet) auf Grund der Bedenken verschiedener öffentlicher Stellen lediglich eine Fläche von 948 m2 umgewidmet wurde, dass im Rahmen der "erforderlichen Grundlagenforschung" berechtigten Einwänden gegen die Größe des vom Grünland in Dorfgebiet umzuwidmenden Grundstückes Rechnung getragen wurde.
Die Beschwerdeführerin hat hier von Anfang an ihr dem § 2 Abs. 1 Z. 4 Oö. ROG zuzuordnendes Planungsziel artikuliert, gemäß § 36 Abs. 4 Oö. ROG mehrere Stellungnahmen eingeholt und aufgrund von Einwänden eine Reduktion der umzuwidmenden Flächen um die Hälfte beschlossen; mit der zunächst abschließenden Stellungnahme des Ortsplaners wurde den im oben genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes formulierten Anforderungen an eine Grundlagenforschung ausreichend entsprochen.
In der Stellungnahme des Gemeinderates zu den Versagungsgründen ist eine ausführliche Interessenabwägung enthalten; hervorzuheben sei daraus, dass der Wiesenkomplex durch zahlreiche nicht wasserführende Gräben gekennzeichnet und intensiv landwirtschaftlich bewirtschaftet sei und dass sich in der Gemeinde St. Lorenz überdurchschnittlich viele solcher Wiesen befänden.
Sache der belangten Behörde wäre es gewesen, konkret die Widersprüche zu den Raumordnungszielen und andere Gesetzesverstöße aufzuzeigen. Allein mit der Aneinanderreihung naturschutzrechtlicher Anforderungen kann ein auf § 36 Oö. ROG gestützter Versagungsbescheid, der doch immerhin massiv in die Gemeindeautonomie eingreift, nicht gestützt werden.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich im Rahmen des Begehrens der Beschwerdeführerin auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am