VwGH vom 27.09.1994, 94/17/0328
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der R-Gesellschaft m.b.H. in F, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. IIIa-212/7, betreffend Aussetzung einer Berufungsentscheidung i.A. Landschaftsschutzabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhalt mit der vorgelegten Bescheidkopie setzte die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Entscheidung über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landesabgabenamtes für Vorarlberg vom betreffend die Festsetzung der Landschaftsschutzabgabe für den Zeitraum Jänner bis Juni 1988 bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu Zl. 94/17/0112 aus. Sie begründete diesen Bescheid im wesentlichen damit, der beim Verwaltungsgerichtshof (zu Zl. 94/17/0112) angefochtene Bescheid beziehe sich - wie der Bescheid des Landesabgabenamtes für Vorarlberg vom - auf die aus dem Rhein zwischen Rhein-km 91,5 und km 92,8 entnommenen Sandmengen. Diese Sandmengen seien jedoch im Zeitraum 1. April bis entnommen worden. Da sich die Beschwerdesache und die Berufungssache ebenso wie die Beschwerdegründe und die Berufungsgründe im wesentlichen deckten, sei der Ausgang des Verfahrens beim Verwaltungsgerichtshof von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die anhängige Berufung vom . Die belangte Behörde habe die Beschwerdeführerin ersucht, ihr mitzuteilen, ob sie mit einem Aufschub der Entscheidung über ihre Berufung bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in der bezeichneten Beschwerdesache "einverstanden" wäre. Der Vertreter der Beschwerdeführerin habe sich dagegen ausgesprochen, weil die Rechtslage seines Erachtens im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/17/0104, eindeutig sei und keiner weiteren "Erklärung" durch ein neuerliches Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes bedürfe. Mit einem weiteren Schreiben sei die Beschwerdeführerin aufgefordert worden, dezidiert anzugeben, welche ihrer Interessen im Sinne des § 122 Abs. 1 des Abgabenverfahrensgesetzes einer Aussetzung entgegenstehen könnten. Die Beschwerdeführerin habe sich hiezu nicht geäußert. Der belangten Behörde sei in der (zu hg. Zl. 94/17/0112 protokollierten) Beschwerde unterstellt worden, daß im Administrativverfahren Rechtsanwaltskosten verursacht würden, die nach dem "Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz" nicht ersatzfähig seien, um die Beschwerdeführerin so weit zu "entnerven", daß sie trotz berechtigter Rechtsposition "freiwillig" die Landschaftsschutzabgabe zahle. Da dies keinesfalls im Interesse der Behörde liege, werde, um diesem Vorwurf entgegenzuwirken und der Beschwerdeführerin unnötige zusätzliche Rechtsanwaltskosten zu ersparen, die Entscheidung über die Berufung vom ausgesetzt. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich wie folgt in ihren Rechten verletzt:
"* Recht auf Entscheidung innerhalb gesetzlicher Frist
* Recht auf Beachtung der Bindungswirkung
verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen
* Recht auf Aufhebung einer vom Verwaltungsgerichtshof
bereits als rechtswidrig erkannten Vorschreibung von Abgaben
* Recht auf vollständige Bescheidbegründung".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ist wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage eine Berufung anhängig oder behängt sonst vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde ein Verfahren, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung ist, so kann gemäß § 122 Abs. 1 Abgabenverfahrensgesetz, LBGl. für Vorarlberg Nr. 23/1984, die Entscheidung über diese unter Mitteilung der hiefür maßgebenden Gründe ausgesetzt werden, sofern nicht überwiegende Interessen der Partei entgegenstehen.
Eine auf Aussetzung zielende Ermessensentscheidung ist wie jeder Bescheid - von hier nicht relevanten Ausnahmefällen abgesehen - zu begründen, weil ansonsten den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts die Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Aussetzungsbescheides verwehrt wäre (vgl. etwa das
hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/15/0029, sowie die dort angegebenen Judikatur- und Literaturhinweise).
In dem zu hg. Zl. 94/17/0112 anhängigen Verfahren ist - erkennbar ebenso wie im vorliegenden Berufungsfall - insbesondere strittig, ob es sich bei der Entnahme von Sand aus dem Rhein an der Mündung des Bodensees mittels Schwimmbagger, Seilbagger oder Baggerschiff um bewilligungspflichtige Bodenabbauanlagen im Sinne des § 13 Landschaftsschutzgesetz handelt oder nicht. Dabei darf sich die belangte Behörde auf Grund des Verfahrens zu hg. Zl. 94/17/0112 eine Antwort auf die Frage erwarten, ob es für die Beurteilung einer Bodenabbauanlage im Sinne des § 13 Landschaftsschutzgesetz (auch) darauf ankommt, daß - wovon die belangte Behörde ausging - der primäre Zweck der Sandentnahme ein wirtschaftliches Interesse zur Verfolgung des Unternehmenszweckes ist (wobei flußbautechnische Gründe jedenfalls nicht im Vordergrund stehen). Im Hinblick darauf vermag der Gerichtshof es aber auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde davon ausging, daß der Ausgang des hg. Verfahrens zu Zl. 94/17/0112 von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die hier in Rede stehende Berufung sei.
An dieser Beurteilung vermag auch nichts zu ändern, wenn sich die Beschwerdeführerin auf die "Bindungswirkung" des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 89/17/0104, bezieht. Soweit damit auf die Bindungswirkung nach § 63 Abs. 1 VwGG abgestellt wird, genügt der Hinweis, daß sich die Bindungswirkung nach dieser Gesetzesstelle nur auf den "betreffenden Fall" bezieht.
Soweit die Beschwerde darauf abstellt, die Behörde hätte nur einen Ersatzbescheid zu erlassen gehabt, genügt der Hinweis, daß das zu Zl. 89/17/0104 geführte Beschwerdeverfahren einen anderen Zeitraum (4. Jänner bis und 2. Mai bis ) und insofern einen anderen Fall im Sinne des § 63 Abs. 1 VwGG betraf. Abgesehen davon nimmt die Beschwerdeführerin in der Sachverhaltsdarstellung sogar auf den (im fortgesetzten Verfahren nach dem aufhebenden hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/17/0104) ergangenen Ersatzbescheid vom Bezug.
Mit dem Hinweis auf das zitierte Erkenntnis vom vermag die Beschwerdeführerin aber auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Nichterfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 122 Abs. 1 Abgabenverfahrensgesetz durchzudringen. Ausgehend von der damaligen Sachverhaltsannahme der belangten Behörde (und anders als im hg. Verfahren zu Zl. 94/17/0112), es handle sich bei der verfahrensgegenständlichen Sandentnahme um eine flußbauliche Maßnahme, gelangte der Verwaltungsgerichtshof zur Auffassung, daß die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage aus dem Sachverhalt den rechtlichen Schluß gezogen habe, bereits eine mit einer flußbaulichen Maßnahme verbundene Sandentnahme stelle eine Bodenabbauanlage im Sinne des Gesetzes dar. Die oben umschriebene, zu hg. Zl. 94/17/0112 relevante Frage wurde damit nicht beantwortet.
Aber auch der Beschwerdehinweis auf "§ 73 AVG" vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Eine Behörde, die von der durch § 122 Abs. 1 Abgabenverfahrensgesetz eingeräumten Aussetzung des Verfahrens Gebrauch macht, kann - solange die Aussetzung berechtigt andauert - nicht gegen die Bestimmungen des § 129 Abgabenverfahrensgesetz über die Entscheidungspflicht verstoßen (vgl. etwa das zur BAO ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/16/0200, sowie die dort angegebenen Literatur- und Judikaturhinweise).
Hinsichtlich der Bezugnahme in der Beschwerde auf Art. 6 MRK genügt der Hinweis, daß die Wahrung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fällt.
Da somit schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.