VwGH vom 22.03.1996, 94/17/0323
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Mag. GW und der Mag. RW, beide in L, beide vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR - 011230/1 - 1994 Gr/Lan, betreffend Vorstellung i.A. Fahrbahnkostenbeitrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Leonding, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde den Beschwerdeführern aus Anlaß einer im Jahre 1992 erfolgten Errichtung einer öffentlichen Verkehrsfläche gemäß § 20 der Oberösterreichischen Bauordnung, LGBl. für Oberösterreich Nr. 35/1976 (im folgenden O.ö. BauO 1976), in der geltenden Fassung, für den Bauplatz mit der Grundstücksbezeichnung Nr. n1, KG Leonding, im Ausmaß von 440 m2 ein Fahrbahnkostenbeitrag von S 44.058,-- vorgeschrieben. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde ging dabei davon aus, daß auf dem in Rede stehenden Grundstück in gekuppelter Bauweise ein Haus errichtet wurde, welches aus einem Erdgeschoß mit einer bewohnbaren Fläche von 61,50 m2, aus einem Obergeschoß mit einer solchen von 66,55 m2 und aus einem Dachgeschoß mit einer solchen von 31,33 m2 bestehe. Die gesamte bewohnbare Fläche betrage daher 159,38 m2. Dabei rechnete die Berufungsbehörde die Fläche einer Diele im Erdgeschoß von 10,88 m2 und jene einer solchen im Obergeschoß von 4,86 m2 der bewohnbaren Fläche zu. Das Haus diene den allgemein erforderlichen sozialen Wohnbedürfnissen einer Familie und sei daher unter den Begriff "Einfamilienhaus" zu subsumieren. Im Hinblick auf die bewohnbare Fläche von 159,38 m2 seien die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Abgabensatzes des § 20 Abs. 10 O.ö. BauO 1976, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 33/1988, nicht gegeben.
Der Beitrag errechne sich daher gemäß § 20 Abs. 3 O.ö. BauO 1976 aus dem Produkt der anrechenbaren Breite, der anrechenbaren Frontlänge und dem Einheitssatz. Im Hinblick auf eine Fahrbahnbreite von 6 m betrage die anrechenbaren Breite 3 m, die anrechenbare Frontlänge ergebe sich aus der Quadratwurzel der Größe des Bauplatzes und betrage daher 20,98 m, der Einheitssatz sei mit Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung, LGBl. Nr. 7/1982, mit S 700,-- festgesetzt worden, sodaß sich ein Fahrbahnkostenbeitrag von S 44.058,-- ergebe.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, in der sie - wie auch schon im Verfahren vor den Gemeindebehörden - die Auffassung vertraten, ihr Haus sei als Kleinhausbau des Sinne des § 20 Abs. 10 erster Fall O.ö. BauO 1976 zu qualifizieren und falle daher jedenfalls nach dieser Bestimmung unter den privilegierten Abgabensatz. Die Einfamilienhäuser betreffende Bestimmung des § 20 Abs. 10 zweiter Fall O.ö. BauO 1976 stelle keine lex specialis gegenüber dem ersten Tatbestand dieser Bestimmung dar. Im übrigen sei ein in gekuppelter Bauweise errichtetes Haus nicht als "Einfamilienhaus" im Sinne des § 20 Abs. 10 O.ö. BauO 1976 aufzufassen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Vorstellung keine Folge. Begründend führte sie aus, unter "Einfamilienhaus" sei ein Gebäude zu verstehen, welches den allgemein erforderlichen sozialen Wohnbedürfnissen einer Familie gerecht werde. Ein "Einfamilienhaus" könne nicht gleichzeitig als "Kleinhausbau" eingestuft werden, würde doch ansonsten das vom Gesetzgeber sicherlich nicht beabsichtigte Ergebnis zustandekommen, daß "Einfamilienhäuser" mit einer bewohnbaren Fläche von mehr als 150 m2 über den Begriff der "Kleinhausbauten" nach dem ermäßigten Abgabensatz zu besteuern wären. Die Errichtung des Gebäudes in gekuppelter Bauweise hindere - auch unter Berücksichtigung des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 90/17/0430 - nicht die Qualifikation des Objektes als "Einfamilienhaus", zumal es nur an einer Seite an ein anderes Gebäude angebaut, nach allen anderen Seiten aber freistehend errichtet wurde. Der im § 20 Abs. 10 O.ö. BauO 1976 verwendete Begriff der "bewohnbaren Fläche" sei schon von der Bezeichnung her nicht mit dem "Nutzflächenbegriff" des - überdies erst als Folge der Übertragung der Wohnbauförderungskompetenz an die Länder im Jahre 1990 geschaffenen - § 2 Z. 8 des O.ö. Wohnbauförderungsgesetzes, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung der Oberösterreichischen Landesregierung, LGBl. Nr. 6/1993, deckungsgleich. Unter "bewohnbarer Fläche" im Sinne des § 20 Abs. 10 O.ö. BauO 1976 verstehe man vielmehr die Summe der Flächen aller Wohnräume, wobei im Zweifel das Kriterium der Bewohnbarkeit, nämlich die Eignung von Gebäuden oder Gebäudeteilen zur dauernden Nutzung für Wohnzwecke, heranzuziehen sei. Diese Qualifikation werde von einer Diele erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Gewährung der Ermäßigung des Beitrages zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen gemäß § 20 Abs. 10 O.ö. BauO 1976 verletzt. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 20 Abs. 10 O.ö. BauO 1976, in der Fassung der Novelle
LGBl. Nr. 33/1988, lautet:
"(10) Der Beitrag zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen ermäßigt sich bei Bauplätzen, die höchstens zweigeschossig über dem Erdboden und mit nicht mehr als drei Wohnungen (Kleinhausbauten) bebaut werden, sowie bei Einfamilienhäusern mit einer bewohnbaren Fläche von höchstens 150 m2 um 60 v.H. Sonstige Ermäßigungen bis höchstens 60 v.H. des Beitrages kann der Gemeinderat durch Verordnung für
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a) | ... | |||||||||
b) | Gebäude in verdichteter Flachbauweise mit höchstens drei Geschossen (zwei Geschossen über dem Erdboden und einem ausgebauten Dachgeschoß), auch wenn sie als Teil einer Gesamtanlage errichtet werden, oder | |||||||||
c) ... | ||||||||||
vorsehen." | ||||||||||
§ 93 Abs. 1 der durch das LGBl. Nr. 37/1989 als Landesgesetz in Kraft gesetzten Verordnung der | ||||||||||
O.ö. Landesregierung vom , LGBl. Nr. 5/1985 (im folgenden O.ö. BauV 1985), lautete: |
"§ 93
Kleinhausbauten
(1) Kleinhausbauten sind Gebäude mit höchstens zwei Geschossen über dem Erdboden und nicht mehr als drei Wohnungen; bei Gebäuden in Hanglage gelten in den Hang reichende Geschosse nicht als solche über dem Erdboden. Kleinhausbauten können auch einen ausgebauten Dachraum haben."
Diese Bestimmung trat mit außer Kraft (vgl. § 67 Abs. 1 und 2 des O.ö. Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 67/1994).
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, wonach ein "Kleinhausbau" - im Verständnis des § 20 Abs. 10 O.ö. BauO 1976 - in (zumindestens zwei) Wohnungen unterteilt sein muß. Diese Voraussetzung erfüllt das nicht in Wohnungen gegliederte Haus der Beschwerdeführer nicht. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß dieses in gekuppelter Bauweise mit einem (auf einem benachbarten Bauplatz gelegenen) anderen Bauwerk errichtet wurde, liegen die Voraussetzungen für diesen Begünstigungstatbestand doch nach der in Rede stehenden Gesetzesbestimmung nur dann vor, wenn der - der Beitragsbemessung zugrundeliegende - BAUPLATZ mit einem Kleinhausbau bebaut wurde. Die Beschwerdeführer können daher nicht den ermäßigten Steuersatz nach § 20 Abs. 10 erster Fall O.ö. BauO 1976 in Anspruch nehmen.
Ob ein "Einfamilienhaus" im Sinne des § 20 Abs. 10 zweiter Fall O.ö. BauO 1976 freistehend sein muß oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/17/0430), kann dahingestellt bleiben, weil die Beurteilung der belangten Behörde, wonach das Gebäude eine bewohnbare Fläche von mehr als 150 m2 aufweise, zutrifft. Hätte - wie die Beschwerdeführer meinen - der Gesetzgeber der O.ö. BauO-Nov. 1988 in Ansehung der flächenabhängigen Einschränkung der Begünstigung für Einfamilienhäuser auf den jeweiligen Nutzflächenbegriff des Wohnbauförderungsrechtes dynamisch verweisen wollen, so hätte er dies wohl anders als durch Verwendung des eigenständigen Begriffes "bewohnbare Fläche" zum Ausdruck gebracht.
Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den Begriff der "bewohnbaren Fläche" im § 20 Abs. 10 O.ö. BauO 1976 einer eigenständigen Interpretation unter dem Gesichtspunkt der Bewohnbarkeit, also der Eignung des Gebäudeteiles zur dauernden Nutzung für Wohnzwecke unterzogen hat. Ihr Interpretationsergebnis, wonach eine Diele als ein Wohnzwecken dienender Raum anzusehen ist, erweist sich im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 88/16/0142, 0143 = ÖStZB 1989, 257) als zutreffend. Unbeschadet dieser Ausführungen kann - im Gegensatz zu der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - eine Diele nicht schon deshalb dem - durch § 2 Z. 8 des O.ö. Wohnbauförderungsgesetzes, LGBl. Nr. 6/1993, von der Nutzfläche ausgenommenen - Stiegen- oder Vorhaus zugerechnet werden, weil von ihr aus die Stiegen erreicht werden können, ohne daß weitere Türen zu passieren sind.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.