VwGH vom 26.01.1996, 94/17/0319

VwGH vom 26.01.1996, 94/17/0319

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Dr. Michel W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 7-48 Wa 47/2-1994, betreffend Fremdenverkehrsabgabe für das Jahr 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der Gemeinde St. Blasen gemäß "§§ 1 und 9a bis 9d des Steiermärkischen Fremdenverkehrsabgabegesetzes, LGBl. Nr. 54/1980, in der Fassung der Gesetze

LGBl. Nr. 24/1982, 55/1984 und 23/1990" (Stmk FrAbgG) dem Beschwerdeführer als grundbücherlichem Eigentümer einer Ferienwohnung, die nicht den ordentlichen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311) bilde, mit der Anschrift 8813 St. Blasen, für das Jahr 1993 die Fremdenverkehrsabgabe mit S 2.000,-- vor.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, er sei beruflich als Rechtsanwalt, (fachwissenschaftlicher) Schriftsteller, Hochschullehrer und Musiker tätig. Er übe all diese Tätigkeiten während seiner Aufenthalte in St. Blasen aus. Er bearbeite dort Kanzleiakten, führe entsprechende Telephonate, halte den Kontakt mit seinem Kanzleisitz in Wien, schreibe fachwissenschaftliche Aufsätze und Bücher und bereite sich auf bevorstehende Konzerte vor. Er habe eine Fachbibliothek (Zweitbibliothek) und einen ganzjährigen Telephon-, Telefax- und Computeranschluß. Entsprechendes gelte für seine Ehegattin Ute W, die akademische Malerin sei und während ihrer Aufenthalte in St. Blasen ständig eine berufliche Tätigkeit entfalte (insbesondere auf dem Gebiet der Landschaftsaquarellistik). Im Zuge des Berufungsverfahrens erstattete der Beschwerdeführer am eine Eingabe, in der er - unter anderem - vorbrachte, sein Sohn Florian W sei in Weyer als Landwirt tätig und komme nur besuchsweise nach St. Blasen, während sein Sohn Valentin W als ausgebildeter Graphiker neben seinem Studium an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien gleichfalls in St. Blasen beruflich tätig sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Steiermärkische Landesregierung die Berufung als unbegründet ab. Die Beweislastregel des § 9c Abs. 1 Stmk FrAbgG greife nur dann ein, wenn der Eigentümer die betreffende Wohnung der Gemeinde als solche, die nicht den ordentlichen Wohnsitz einer Person bilde, gemeldet habe; gegenständlich sei das Vorliegen einer Ferienwohnung ausschließlich nach den Merkmalen des § 9a Abs. 1 Stmk FrAbgG zu beurteilen (Seite 7 unten des Bescheides). Der Beschwerdeführer sei der Auffassung der erstinstanzlichen Behörde, wonach das in Rede stehende Objekt mit einer Nutzfläche von mehr als 130 m2 im Vorschreibungszeitraum nicht ganzjährig, sondern nur zeitweise als Wohnstätte gedient habe, nicht entgegengetreten. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei aber die Qualifikation einer Wohnstätte als Ferienwohnung dann ausgeschlossen, wenn diese - sei es auch nicht ganzjährig - ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt werde. Die erstinstanzliche Behörde habe nicht festgestellt, daß das in Rede stehende Haus zumindestens zeitweise auch für nicht berufliche Zwecke als Wohnstätte gedient habe. Diese Annahme sei aber gerechtfertigt, weil der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom vorgebracht habe, sein Sohn Florian W, der in Weyer in der Landwirtschaft tätig sei, komme besuchsweise nach St. Blasen. Aufgrund dieser Tatsache erlange das in Rede stehende Haus die Qualifikation einer Ferienwohnung im Sinne des § 9a Abs. 2 Stmk FrAbgG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Stmk FrAbgG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 23/1990 lauten auszugsweise wie folgt:

"§ 1

In der Steiermark wird eine Fremdenverkehrsabgabe von Nächtigungen und eine Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen eingehoben. Die Fremdenverkehrsabgabe von Nächtigungen ist eine gemeinschaftliche Landesabgabe im Sinne des § 6 Z. 4 lit. a, die Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen eine ausschließliche Gemeindeabgabe im Sinne des § 6 Z. 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45.

...

§ 9a

(1) Für Ferienwohnungen ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine jährliche Abgabe zu leisten.

(2) Eine Ferienwohnung ist eine Wohnung oder eine sonstige Unterkunft in Gebäuden oder baulichen Anlagen, die nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dient, sondern überwiegend zu Aufenthalten während der Freizeit, des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien oder auch nur zeitweise für nichtberufliche Zwecke als Wohnstätte dient.

(3) Abgabepflichtig ist der grundbücherliche Eigentümer der Ferienwohnung, Miteigentümer sind Gesamtschuldner gemäß § 4 Steiermärkische Landesabgabenordnung (LGBl. Nr. 158/1963 in der jeweils geltenden Fassung).

...

§ 9c

(1) Eigentümer bzw. Miteigentümer von Häusern und Wohnungseigentümer haben als Abgabepflichtige der Gemeinde unter Angabe der Größe der Nutzfläche jede Wohnung mitzuteilen, die nicht den ordentlichen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311) einer Person bildet. Derartige Wohnungen gelten als Ferienwohnungen im Sinne des § 9a Abs. 2, sofern der Abgabepflichtige nicht das Gegenteil nachweist.

..."

Gegen die - hier von der Behörde angewendeten - Bestimmungen der §§ 1, 9a und 9b Stmk FrAbgG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/17/0200, und vom , Zl. 92/17/0026).

Was das Vorliegen einer Ferienwohnung - beurteilt anhand der Tatbestandsmerkmale des § 9a Abs. 2 Stmk FrAbgG - anlangt, so ist unbestritten, daß die in Rede stehende Unterkunft im Bemessungszeitraum nur zeitweise als Wohnstätte gedient hat. In seinem Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0093, hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der damaligen Streitteile als zutreffend erkannt, daß die damals abgabengegenständliche Wohnstätte dann nicht als Ferienwohnung im Sinne des Stmk FrAbgG anzusehen wäre, und dementsprechend auch keine Fremdenverkehrsabgabe hätte erhoben werden dürfen, wenn die Wohnung dem damaligen Beschwerdeführer im Streitjahr für berufliche Zwecke als Wohnstätte gedient hätte. Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Rechtsauffassung fest, wobei zur Verdeutlichung hinzuzufügen ist, daß es sich hiebei (arg.: "...AUCH NUR ZEITWEISE für nicht berufliche Zwecke als Wohnstätte dient." in § 9a Abs. 2 leg. cit.) um eine AUSSCHLIEßLICHE Nutzung für berufliche Zwecke handeln muß (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0071 ua).

Im vorliegenden Fall gründet die belangte Behörde ihre Annahme, die gegenständliche Wohnstätte werde nicht ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt, ausschließlich auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sein in Weyer in der Landwirtschaft tätiger Sohn Florian W besuchsweise nach St. Blasen komme. Diesem Argument ist jedoch zu entgegnen, daß der bloße Empfang von Besuchen der Qualifikation einer Wohnstätte als ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt nicht entgegensteht. Jede - wenn auch berufliche - Nutzung einer WOHNSTÄTTE setzt voraus, daß dort jedenfalls auch jene


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nicht der Berufsausübung im engeren Sinn zuzurechnenden - Aktivitäten entfaltet werden, die mit dem Begriff des "Wohnens" umschrieben sind. Hiezu zählt aber auch der Empfang von
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privaten - Besuchen. Daß das in Rede stehende Objekt dem SOHN des Beschwerdeführers für nicht berufliche Zwecke ALS WOHNSTÄTTE gedient hätte, ist den Feststellungen der belangten Behörde nicht zu entnehmen.

Ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht, wonach der Empfang eines privaten Besuches den Charakter einer sonst beruflich genutzten Wohnstätte als Ferienwohnung im Sinne des Stmk FrAbgG begründe, hat es die belangte Behörde unterlassen, Feststellungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers über die - sonstige - Nutzung der Wohnstätte zu treffen und damit ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, was zu seiner Aufhebung aus dem Grunde des § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG führt.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Im Hinblick auf die Beschwerdeeinbringung am ist Art. III Abs. 2 der genannten Verordnung nicht anwendbar, sodaß der Schriftsatzaufwand nur im beantragten Ausmaß zuzuerkennen war. Der Stempelgebührenaufwand war nur im notwendigen Umfang von S 300,-- zuzuerkennen.