VwGH vom 22.09.1998, 94/17/0288

VwGH vom 22.09.1998, 94/17/0288

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerden des A, gegen die Bescheide der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg jeweils vom , Zl. MD/00/65915/93/8 (BBK/33/93) und Zl. MD/00/65911/93/8 (BBK/32/93), betreffend Beitrag zur Herstellung der Straßenbeleuchtung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 26.020,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstangefochtenen Bescheid schrieb die belangte Behörde im Instanzenzug dem Beschwerdeführer als Eigentümer des an der A-Straße gelegenen Grundstückes 1 "in bezug auf die öffentliche Straßenbeleuchtung in der A-Straße" gemäß § 3 Abs. 1 und 2 des (Salzburger) Anliegerleistungsgesetzes, LGBl. Nr. 77/1976, (in der Folge: ALG) einen Herstellungsbeitrag von S 10.165,40 vor.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid schrieb die belangte Behörde im Instanzenzug dem Beschwerdeführer als Eigentümer des (auch) an der F-Straße gelegenen Grundstückes 1 "in bezug auf die öffentliche Straßenbeleuchtung in der F-Straße" gemäß § 3 Abs. 1 und 2 ALG einen Herstellungsbeitrag von S 7.144,40 vor.

In den Begründungen dieser Bescheide heißt es übereinstimmend, die Besonderheit der Lage bzw. Gestaltung des Grundstückes 1 liege darin, daß das Grundstück im südöstlichen Bereich an den Kreuzungsbereich A-Straße/F-Straße angrenze und dieser Kreuzungsbereich trompetenförmig ausgebildet sei. Die Behörde erster Instanz habe die Längenausdehnung des Grundstückes sowohl entlang der F-Straße als auch der A-Straße in der Form berechnet, daß zunächst der sich durch die Verlängerung der beiden im Kreuzungsbereich einmündenden Straßen ergebende Schnittpunkt festgestellt und dann die Längenausdehnung des Grundstückes jeweils bis zu diesem Schnittpunkt ermittelt worden sei. Diese Berechnungsmethode erweise sich nach Ansicht der belangten Behörde aber nicht dem in § 3 Abs. 2 letzter Satz ALG zum Ausdruck kommenden Gedanken entsprechend, wonach die "kürzeste Verbindung eines Grundstückes" der Beitragsberechnung zugrunde zu legen sei. Keinesfalls könne jedoch auch, wie es der Beschwerdeführer begehre, für die Beitragsberechnung nur jener Teil des Grundstückes herangezogen werden, welcher (unmittelbar) an die Verkehrsfläche angrenze bzw. jener Teil völlig unberücksichtigt bleiben, der im Kreuzungsbereich etwas abgerundet von der Verkehrsfläche und damit etwas rückversetzt aber doch noch zur Breite des Grundstückes zähle. In analoger Anwendung des § 3 Abs. 2 letzter Satz ALG ergebe sich die kürzeste Verbindung zwischen den beiden Grundstücksgrenzen nach Ansicht der belangten Behörde vielmehr dadurch, daß bei Grundstücken, die an einen Kreuzungsbereich anschlössen, der trompetenförmig ausgebildet sei, vom äußersten Punkt des Grundstückes jeweils eine normale zur beleuchteten Straße bzw. Straßenachse zu ziehen sei. Der Schnittpunkt, an dem diese Normale die Straße berühre, bilde den äußersten Punkt der "Längenausdehnung" des Grundstückes, die für die Beitragsberechnung heranzuziehen sei.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und jeweils eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Mit Schriftsatz vom hat der Beschwerdeführer mitgeteilt, daß er von dem bei Beschwerdeerhebung einschreitenden Rechtsanwalt nicht mehr vertreten werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Verfahren aufgrund ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung zu verbinden und erwogen:

Im Kern geht es um die Klärung der Rechtmäßigkeit der Ermittlung jener Längsausdehnungen, die den beiden Beitragsberechnungen jeweils zugrunde zu legen sind, wobei die Besonderheit der beiden Fälle darin liegt, daß das gegenständliche Grundstück kreisförmig abgerundet in einen (trompetenförmig gestalteten) Kreuzungsbereich als begrenzende Verkehrsflächen, für die eine Straßenbeleuchtung errichtet worden ist, ragt.

Die Abs. 1 und 2 des mit "Kostentragung für die Straßenbeleuchtung" überschriebenen § 3 ALG lauten:

"(1) Die Eigentümer der an der Verkehrsfläche an beiden Seiten liegenden, zum Bauplatz erklärten Grundstücke haben bei der Errichtung der Straßenbeleuchtung einen Beitrag von je einem Viertel der Kosten zu leisten. Werden an der Verkehrsfläche liegende Grundstücke zu einem späteren Zeitpunkt zum Bauplatz erklärt, so gebührt der Gemeinde von ihren Eigentümern ein Beitrag in der Höhe von je einem Viertel der für die Herstellung der öffentlichen Straßenbeleuchtung zu diesem Zeitpunkt festgestellten Kosten.

(2) Die Kosten sind in der Weise zu ermitteln, daß die Gemeindevertretung (der Gemeinderat) den Preis einer durchschnittlichen Straßenbeleuchtungsanlage im Gemeindegebiet je Längenmeter feststellt. Auf dieser Grundlage ist der Beitrag im Sinne des Abs. 1 für jedes an der Verkehrsfläche liegende Grundstück nach dem Verhältnis der Längenausdehnung des Grundstückes zu berechnen. Für die Ermittlung der Längenausdehnung sind Abschnitte der Grundstücksgrenze, die nur eine Verminderung der umschlossenen Fläche bewirken, durch die kürzeste Verbindung zu ersetzen."

Der Beschwerdeführer ist im Recht, wenn er sich gegen die von der belangten Behörde angewendeten Berechnungsmethode (hinsichtlich der strittigen Abrundung im Kreuzungsbereich) wendet, und dabei vorbringt, es hätte "entlang der Kurve" vermessen und "die Straßengrenzen mitberücksichtigt" werden müssen.

§ 3 Abs. 2 ALG stellt im vorletzten Satz als allgemeine Regel auf, daß der Beitrag "nach dem Verhältnis der Längenausdehnung des Grundstückes" zu berechnen ist. Die von der belangten Behörde gewählte Berechnungsmethode könnte ihre rechtliche Deckung in dieser allgemeinen Regel dann finden, wenn unter dem "Verhältnis der Längenausdehnung des Grundstückes" nicht die Länge der Grundstücksgrenze (zur Verkehrsfläche) sondern - losgelöst von der Konfiguration des Grundstückes entlang der Verkehrsfläche - eine als direkte Linie gedachte Längsausdehnung des Grundstückes (als Normale zur Verkehrsfläche) zu verstehen wäre. Wenn sich nun die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zur Stützung ihres Standpunktes auf § 3 Abs. 2 letzter Satz ALG beruft, weil darin der Gedanke verankert sei, "daß nicht die Länge der Grundstücksgrenze, sondern die Längenausdehnung entlang der Straßenbeleuchtung maßgebend sein soll", so verkennt sie, daß dieser Gedanke auf diese Sonderregelung zutreffen mag (in Nr. 130 der Beilagen zum Stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages heißt es zu § 3 lediglich: "Abschnitte der Grundstücke, die nur eine Verminderung der umschlossenen Fläche bewirken, sind z.B. Obusbuchten"). Wenn dieser Gedanke bereits in der allgemeinen Regel des vorletzten Satzes des § 3 Abs. 2 ALG seinen Niederschlag gefunden hätte, hätte es der Sonderregelung des § 3 Abs. 2 letzter Satz ALG gar nicht bedurft. Etwas Überflüssiges normiert zu haben, ist dem Gesetzgeber im Zweifel aber nicht zu unterstellen. Gerade aus dieser Sonderregelung ist vielmehr zu schließen, daß es an sich (nach der allgemeinen Regel des § 3 Abs. 2 vorletzter Satz ALG) auf den konkreten Verlauf der Grundstücksgrenze "für die Ermittlung der Längenausdehnung" ankommt. Dieses Auslegungsergebnis findet auch in der Formulierung des § 3 Abs. 2 letzter Satz ALG seine Stütze, wenn davon die Rede ist, daß näher umschriebene "Abschnitte der Grundstücksgrenze" durch die kürzeste Verbindung zu ersetzen ist.

Dem Verwaltungsgerichtshof erscheint es auch nicht als unsachlich, wenn für die Ermittlung des Kostenbeitrages für die Straßenbeleuchtung die Länge der Grundstücksgrenze zur Verkehrsfläche herangezogen wird. Derart teilt der Verwaltungsgerichtshof auch nicht die von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretene Auffassung, daß im Hinblick auf ein gleichheitskonformes Vorgehen bei der Berechnung der Längenausdehnung nur die von der belangten Behörde in Anwendung gebrachte Methode "sinnvoll" sei.

Da die von der belangten Behörde angewendete Berechnungsmethode der Längenausdehnung im Gesetz keine Stütze findet, sondern auch bei der in den Beschwerdefällen gegebenen besonderen Konfiguration des verfahrensgegenständlichen Grundstückes die Kostenbeiträge ausgehend von der Länge der Grundstücksgrenzen (zu den jeweiligen Verkehrsflächen) zu ermitteln gewesen wären, verkannte die belangte Behörde die Rechtslage. Die angefochtenen Bescheide waren daher schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

Wien, am