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VwGH vom 18.05.2005, 2004/04/0184

VwGH vom 18.05.2005, 2004/04/0184

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der Hotel zum H KG in S, vertreten durch Weinberger Gangl Bogensperger, Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Kaigasse 40, gegen den Bescheid der Wirtschaftskammer Österreich (Präsident), vertreten durch DDr. Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 6- 8/47, vom , Zl. ReOrg 242-11/02/Wa/Do, betreffend Grundumlagen für das Jahr 2003, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Wirtschaftskammer Österreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die Wirtschaftskammer Salzburg fest, die beschwerdeführende Partei sei auf Grund von im Einzelnen genannten Berechtigungen und der damit verbundenen Mitgliedschaften in im Einzelnen genannten Fachorganisationen zur Zahlung einer Grundumlage für das Jahr 2003 in der Höhe von insgesamt EUR 741,83 verpflichtet. Die von der beschwerdeführenden Partei gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Die von der beschwerdeführenden Partei gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom , B 155/04, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf gesetzes- und gemeinschaftsrechtskonforme Vorschreibung der Grundumlage durch die Wirtschaftskammer Salzburg (Wirtschaftskammer Österreich) bzw. auf Unterbleiben dieser Vorschreibung für das Jahr 2003 gemäß den §§ 2, 14, 123 und 128 Wirtschaftskammergesetz 1998 - WKG und Art. 12, 43 und 54 EG-Vertrag (EG) verletzt. Sie bringt insbesondere vor, die Art. 12, 43 und 54 EG untersagten die Vorschreibung der Grundumlage. Das WKG 1998 sei dem zufolge gemeinschaftsrechtskonform so auszulegen, dass die Vorschreibung der Grundumlage aufzuheben sei.

Der EG-Vertrag habe Anwendungsvorrang gegenüber einfachgesetzlichen Normen; im Falle einer Normenkollision sei Gemeinschaftsrecht anzuwenden. Der Verfassungsgerichtshof habe allenfalls die innerstaatliche Norm, die mit Gemeinschaftsrecht im Widerspruch stehe, aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof, der keine Kompetenz zur Gesetzesaufhebung habe, habe einfachgesetzliche Normen am Maßstab des Gemeinschaftsrechts zu messen und so auszulegen und anzuwenden, dass diese dem Gemeinschaftsrecht nicht widersprächen und allenfalls eine einfachgesetzliche Norm gar nicht anzuwenden. Der Verfassungsgerichtshof habe die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten, der folglich zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 EG verpflichtet sei.

Gemäß § 1 Abs. 1 WKG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 153/2001 sind die Wirtschaftskammern (Landeskammern, Bundeskammer) zur Vertretung der gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder errichtet. Die Fachorganisationen (Fachgruppen im Bereich der Landeskammern, Fachverbände im Bereich der Bundeskammer) vertreten gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. die Interessen ihrer Mitglieder.

Die Wirtschaftskammern und Fachorganisationen fördern gem. § 1 Abs. 3 leg. cit. die gewerbliche Wirtschaft und einzelne ihrer Mitglieder durch entsprechende Einrichtungen und Maßnahmen.

Mitglieder der Wirtschaftskammern und Fachorganisationen sind gem. § 2 Abs. 1 leg. cit. alle physischen und juristischen Personen sowie sonstige Rechtsträger, die zum selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie, des Bergbaues, des Handels, des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens, des Verkehrs, der Nachrichtenübermittlung, des Tourismus und der Freizeitwirtschaft berechtigt sind.

Gemäß § 121 Abs. 1 leg. cit. haben die Mitglieder zur Finanzierung der Organisation nach Maßgabe entsprechender Beschlüsse der zuständigen Organe durch Umlagen im Sinne der nachfolgenden Bestimmungen beizutragen.

Die Grundumlage wird gem. § 123 Abs. 4 leg. cit. von der Fachgruppentagung beschlossen und von der Direktion der Landeskammer vorgeschrieben und eingehoben.

Die Grundumlage kann gem. § 123 Abs. 8 leg. cit. festgesetzt werden:

1. ausgehend von einer allgemein leicht feststellbaren Bemessungsgrundlage (zum Beispiel Brutto-Lohn- und Gehaltssumme, Umsatzsteuer, durchschnittliche Zahl der Beschäftigten oder von Betriebsmitteln, Rohstoffeinsatz, Sozialversicherungsbeiträge, Betriebsvermögen) in einem Hundert- oder Tausendsatz der Bemessungsgrundlage oder mit festen Beträgen,


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2.
in einem festen Betrag,
3.
in einer auch mehrfachen Kombination der Varianten nach
Z. 1 und Z. 2.
Die beschwerdeführende Partei wendet sich gegen die Verpflichtung zur Finanzierung der Organisationen der gewerblichen Wirtschaft durch Leistung einer Umlage im Sinne des § 121 WKG, die durch ihre Mitgliedschaft (als eine Unternehmung des Gewerbes gemäß § 2 leg. cit.) bei der entsprechenden Landeswirtschaftskammer begründet wird, und vertritt die Auffassung, diese Verpflichtung verstoße gegen die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2001/04/0035, mit Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom , in der Rechtssache C-271/82, Auer, Slg. 1983, 2727, ausgeführt, dass "die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die die Pflichtmitgliedschaft in einer
berufsständischen Kammer vorschreiben, ... als solche nicht
unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht" sind. Voraussetzung für die Vereinbarkeit dieser Verpflichtung mit dem Gemeinschaftsrecht ist allerdings "die Beachtung der wesentlichen Grundsätze" des Gemeinschaftsrechts, "namentlich des Diskriminierungsverbotes" (Rn. 18 und 19).
Die von der beschwerdeführenden Partei zur Stütze ihrer Auffassung ins Treffen geführten , Josef Corsten, Slg. 2000, I-7919, und vom in der Rechtssache C- 215/01, Bruno Schnitzer, Slg. 2003, betreffen Fälle der Erbringung von Dienstleistungen im grenzüberschreitenden Verkehr; sie fallen demnach unter das Kapitel der Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages.
Nach der Rechtsprechung des EuGH fällt eine Leistungserbringung unter die Dienstleistungsfreiheit, soweit sie in diesem Mitgliedstaat vorübergehend ist. Für die Frage, ob die Tätigkeiten des Leistenden im Aufnahmemitgliedstaat vorübergehenden Charakter haben, sind nicht nur die Dauer der Leistung, sondern auch ihre Häufigkeit, regelmäßige Wiederkehr oder Kontinuität zu berücksichtigen. Der vorübergehende Charakter der Leistung schließt für den Dienstleistenden im Sinne des Vertrages nicht die Möglichkeit aus, sich im Aufnahmemitgliedstaat mit einer bestimmten Infrastruktur (einschließlich eines Büros, einer Praxis oder einer Kanzlei) auszustatten, soweit diese Infrastruktur für die Erbringung der fraglichen Leistung erforderlich ist (vgl. das bereits zitierte Urteil vom in der Rechtssache C-215/01, Bruno Schnitzer, Slg. 2003, Rn. 27 f, und vom in der Rechtssache C-55/94, Gebhard, Slg. 1995, I-4165, Rn. 27). Für die Anwendung des Kapitels des EG-Vertrags über Dienstleistungen ist entscheidend, dass die Teilnahme des Betroffenen am Wirtschaftsleben des Aufnahmemitgliedstaats nicht stabil und kontinuierlich ist (vgl. das , Kommission/Italien, Slg. 2003, I- 1659, Rn. 22).
Die beschwerdeführende Partei ist eine in Österreich niedergelassene Kommanditgesellschaft und betreibt ein Gastgewerbe in der Betriebsart eines Hotels mit Sauna. Sie verfügt hier über eine feste (bauliche) Einrichtung, die nicht nur von vorübergehender Dauer zur Erbringung einer bestimmten Dienstleitung, sondern auf eine regelmäßige und wiederkehrende Leistungserbringung mit dauernder Präsenz in Österreich ausgerichtet ist. Diese Tätigkeit fällt demnach unter die Niederlassungsfreiheit. Die von der beschwerdeführenden Partei angeführten und vom sind, wie der EuGH hervorhebt (vgl. die Rn. 45 des erstgenannten sowie die Rn. 26 bis 29 und 40 des zweitgenannten Urteils und die dazu ergangenen Schlussanträge des Generalanwaltes Mischo vom , Rn. 17), auf den Bereich der Niederlassungsfreiheit nicht übertragbar; sie stehen daher auch nicht im Widerspruch zur Vereinbarkeit der Pflichtmitgliedschaft mit dem Gemeinschaftsrecht im Bereich der Niederlassungsfreiheit und der dazu ergangenen Vorjudikatur.
§ 2 Abs. 1 WKG 1998 knüpft die Mitgliedschaft in der Wirtschaftskammer (unterschiedslos) an alle physischen und juristischen Personen sowie sonstige Rechtsträger, die zum selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie, des Bergbaues, des Handels, des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens, des Verkehrs, der Nachrichtenübermittlung, des Tourismus und der Freizeitwirtschaft berechtigt sind. Die (die Leistung einer Umlage begründende) Mitgliedschaft ist vom Herkunftsstaat des zum selbständigen Betrieb in Österreich Niedergelassenen unabhängig. Die von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachte verfassungswidrige Ungleichbehandlung ist damit nicht ersichtlich, weil das WKG 1998 (im Bereich der Niederlassungsfreiheit) zu keiner Schlechterstellung ("Inländerdiskriminierung") der beschwerdeführenden Partei im Verhältnis zu einem aus einem anderen Mitgliedstaat in Österreich niedergelassenen Unternehmer führt, der die Voraussetzungen des § 2 WKG 1998 erfüllt.
Angesichts der die Vereinbarkeit einer Pflichtmitgliedschaft in einer Kammer bejahenden Judikatur des EuGH im Bereich der Niederlassungsfreiheit besteht kein Anlass, in dieser Frage eine Vorabentscheidung einzuholen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).
Steht aber die Unbedenklichkeit der Mitgliedschaft der beschwerdeführenden Partei zur Österreichischen Wirtschaftskammer fest, ist damit auch über die damit verbundene (der Höhe nach unbestrittene) Leistungspflicht nach den Bestimmungen des WKG 1998 entschieden, deren Vorschreibung damit zu Recht erfolgt ist.
Von der Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am