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VwGH vom 17.04.2000, 99/17/0401

VwGH vom 17.04.2000, 99/17/0401

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 7 - 481 - 96/96 - 3, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens i.A. Kanalisationsbeitrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde B, vertreten durch die Bürgermeisterin), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei (Schriftsatzaufwand) wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde den Rechtsvorgängern des Beschwerdeführers im Eigentum der Liegenschaft B Nr. X gemäß § 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1955, LGBl. Nr. 70/1955 (im Folgenden: Stmk KanalG 1955), der Anschluss dieser Liegenschaft an die von der Gemeinde errichtete öffentliche Kanalanlage aufgetragen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit einem (im dritten Rechtsgang ergangenen) Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen, wobei die Verpflichtung des Eigentümers dahingehend präzisiert wurde, dass die Schmutzwässer des auf dieser Liegenschaft befindlichen Wohnhauses auf eigene Kosten in das öffentliche Kanalnetz zu leiten und zu diesem Zwecke eine Hauskanalanlage zu errichten und diese an das öffentliche Kanalnetz anzuschließen sei. In der Begründung dieses Bescheides ging die Berufungsbehörde davon aus, dass sie aus dem Grunde des § 9 Abs. 2 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1988, LGBl. Nr. 79/1988 (im Folgenden: Stmk KanalG), noch das Stmk KanalG 1955 anzuwenden habe. Die Liegenschaft befinde sich im anschlusspflichtigen Bereich der öffentlichen Kanalanlage gemäß § 5 Stmk KanalG 1955. Ein Ausnahmetatbestand gemäß § 5 Abs. 3 oder 4 Stmk KanalG 1955 liege nicht vor.

Die Zustellung dieses Bescheides an den Beschwerdeführer erfolgte am .

Eine dagegen erhobene Vorstellung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/06/0072, als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dem Beschwerdeführer auf Grund des Steiermärkischen Kanalabgabengesetzes, LGBl. Nr. 71/1955 (im Folgenden: Stmk KanalabgG), sowie der geltenden Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Gemeinde ein einmaliger Kanalisationsbeitrag in Höhe von S 36.392,40 vorgeschrieben.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer, ihm gemäß § 4 Abs. 5 Stmk KanalG, eine Befreiung von der Kanalanschlussverpflichtung zu erteilen.

In der Begründung dieses Antrages bringt der Beschwerdeführer vor, es sei die ihm erteilte wasserrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer hauseigenen Abwasserentsorgungsanlage durch Erlassung eines Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark am in Rechtskraft erwachsen. Zwischenzeitig sei diese vollbiologische Kläranlage errichtet worden.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen die mit Bescheid vom vorgenommene Abgabenbemessung mit S 36.392,40 keine Folge gegeben.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung, welche mit Bescheid der belangten Behörde vom ebenfalls abgewiesen wurde.

In dieser Vorstellungsentscheidung billigte die Vorstellungsbehörde insbesondere die von der Berufungsbehörde im Abgabenbemessungsverfahren vertretene Auffassung, der Anschlussverpflichtungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom entfalte Bindungswirkung im Abgabenbemessungsverfahren. Schon auf Grund des Vorhandenseins dieses Bescheides sei vom Vorliegen einer gesetzlichen Anschlusspflicht der in Rede stehenden Liegenschaft an das öffentliche Kanalnetz auszugehen. Weder seien zum Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches gemäß § 2 Stmk KanalabgG die Voraussetzungen für die Ausnahme von einer Verpflichtung zur Ableitung von Schmutzwässern der gegenständlichen Liegenschaft in den öffentlichen Kanal vorgelegen, noch sei bislang eine derartige Ausnahmegenehmigung erteilt worden.

Schließlich wurde dem Beschwerdeführer mit einem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom auf Grund seines diesbezüglichen Antrages vom die Ausnahme von der Anschlusspflicht gemäß § 4 Abs. 5 Stmk KanalG, befristet bis , erteilt.

Die Zustellung dieses Bescheides an den Beschwerdeführer erfolgte am .

Mit einer am überreichten Eingabe stellte der Beschwerdeführer nachstehende Anträge:

1. auf Rückzahlung des geleisteten Kanalisationsbeitrages zuzüglich Nebengebühren;

2. auf amtswegige Aufhebung des (erstinstanzlichen) Abgabenbescheides vom ;

3. auf amtswegige Wiederaufnahme des durch die Abgabenbescheide vom und vom abgeschlossenen Abgabenverfahrens;

4. auf Wiederaufnahme eben dieses Verfahrens über seinen Antrag gemäß § 224 Abs. 1 und 2 Stmk LAO;

5. auf Zahlung von Rechtsanwaltskosten für diesen Antrag und das folgende Verfahren.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der auf § 224 Stmk LAO gestützte Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers abgewiesen.

Aus der Begründung dieses Bescheides sei insbesondere vorgehoben, dass der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Auffassung vertrat, die erst im Jänner 1998 erteilte Ausnahmegenehmigung stelle weder eine neu hervorgekommene Tatsache noch ein neu hervorgekommenes Beweismittel dar. Auch sei die Frage, ob die Voraussetzungen für die Befreiung von der Anschlusspflicht gemäß § 4 Abs. 5 Stmk KanalG vorliegen, keine Vorfrage im Abgabenbemessungsverfahren. Sei einmal der Abgabentatbestand (hier jener des § 2 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Stmk KanalabgG) entstanden, so vermöge eine spätere Befreiung von der Anschlussverpflichtung daran nichts mehr zu ändern.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde teilte in diesem Zusammenhang die Auffassung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde, wonach die Erlassung des Bescheides über die Ausnahme von der Kanalanschlusspflicht gemäß § 4 Abs. 5 Stmk KanalG weder eine neu hervorgekommene Tatsache noch ein neu hervorgekommenes Beweismittel im Verständnis des § 224 Abs. 1 lit. b Stmk LAO sei. Der Abgabenbemessungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom habe sich auf die rechtskräftige Feststellung der Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Kanalanschluss auf Grund des Bescheides der zweitinstanzlichen Baubehörde vom stützen können. Die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Stmk KanalG hätten daher keine Vorfragen im Abgabenbemessungsverfahren dargestellt.

Überdies seien auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausnahme von einer Verpflichtung zur Ableitung der Schmutzwässer der gegenständlichen Liegenschaft in die öffentliche Kanalisationsanlage weder im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches gemäß § 2 Stmk KanalabgG noch im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Abgabenbescheides vorgelegen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof.

Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 865/99-3, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In seiner Beschwerdeergänzung erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf richtige Anwendung des materiellen Steuerrechtes des Stmk KanalabgG, sowie in seinen Verfahrensrechten nach den §§ 93, 94, 186, 187, 216 bis 228 Stmk LAO verletzt.

Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 224 Stmk LAO lautet (auszugsweise):

"§ 224

(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

...

b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder

c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme gemäß Abs. 1 ist binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

..."

Gemäß § 226 Abs. 1 Stmk LAO steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens der Abgabenbehörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.

§ 2 Abs. 1 und 2 Stmk KanalabgG lautet:

"Gegenstand der Abgabe

§ 2

(1) Der Kanalisationsbeitrag ist einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiete zu leisten, für welche eine gesetzliche Anschlusspflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht.

(2) Bei Neulegung öffentlicher Kanäle ist der einmalige Kanalisationsbeitrag für alle anschlusspflichtigen Liegenschaften ohne Rücksicht auf ihren tatsächlichen Anschluss zu leisten. ... Die Beitragspflicht entsteht zur Hälfte bei Baubeginn und zur Hälfte bei Vorliegen der technischen Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Kanalanlage oder Fertigstellung der Abwasserreinigungsanlage."

§ 4 Abs. 1 und 5 sowie § 9 Stmk KanalG lauten (auszugsweise):

"§ 4

(1) In Gemeinden, in denen öffentliche Kanalanlagen betrieben oder errichtet werden, sind die Eigentümer von bebauten Grundstücken verpflichtet, die Schmutz- und Regenwässer ihrer bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten, sofern die kürzeste Entfernung eines Bauwerkes von dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 100 m beträgt. ...

...

(5) Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 sind von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht. ... Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber. Die Ausnahmen sind mit Beschränkung auf eine bestimmte Zeitdauer oder gegen Widerruf zu erteilen.

...

§ 9

(1) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes tritt das Gesetz vom , LGBl. Nr. 70, über die Ableitung von Wässern im bebauten Gebiet für das Land Steiermark (Kanalgesetz 1955), in der Fassung der Kanalgesetznovelle 1968, LGBl. Nr. 165, außer Kraft.

(2) Für Entscheidungen über Berufungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits anhängig sind, findet dieses Gesetz keine Anwendung."

Gemäß § 5 Abs. 1 Stmk KanalG 1955 waren Liegenschaftseigentümer in bebauten und auch in unbebauten Gebieten, wo ein öffentliches Kanalnetz bestand, umgebaut oder neu gebaut wurde, verpflichtet, die Abwässer ihrer bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten in das öffentliche Kanalnetz zu leiten, sofern die kürzeste Entfernung eines Bauwerkes von dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 50 m betrug und die Höhenlage und Beschaffenheit des Kanalstranges den Anschluss zuließen. Ausnahmen von dieser Verpflichtung konnte die Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit ausreichender anderweitiger Schmutzwasserbeseitigung zulassen. Bei Schmutzwässern konnte eine Ausnahme zugelassen werden, wenn diese nachweisbar zu Dungzwecken benötigt wurden. Das Gleiche galt hinsichtlich der Einleitung von Niederschlagswässern, wenn deren Ableitung in anderer Weise möglich war.

Wie der Beschwerdeführer selbst erkennt, sind die einzelnen in seiner Eingabe vom gestellten Anträge als eigenständig und voneinander unabhängig zu betrachten, wobei durch den hier mit Vorstellung angefochtenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom lediglich über den Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers entschieden wurde.

Seine übrigen Anträge sind nach der Aktenlage unerledigt.

Daraus folgt aber, dass der Beschwerdeführer durch den hier angefochtenen, seine Vorstellung gegen den Bescheid vom abweisenden Bescheid lediglich in seinem Recht auf Wiederaufnahme des Abgabenbemessungsverfahrens gemäß § 224 Stmk LAO verletzt sein konnte.

Soweit der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof vorbringt, es hätte ihm der geleistete Abgabenbetrag zurückgezahlt werden müssen, auch hätte der Abgabenbemessungsbescheid im Wege des Aufsichtsrechts von Amts wegen aufgehoben werden müssen, zeigt er also keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Versagung der Wiederaufnahme des Verfahrens erachtet der Beschwerdeführer deshalb für rechtswidrig, weil die Frage der Ausnahme von der Anschlusspflicht von der Abgabenbehörde als Vorfrage zu behandeln gewesen sei. In dem mit Bescheid des Gemeinderates vom abgeschlossenen Abgabenbemessungsverfahren sei die Vorfrage, ob eine Befreiung von der Anschlussverpflichtung vorliege, verneint worden.

Durch den Bescheid der Baubehörde vom sei aber nun der Sache nach eine Feststellung des Vorliegens einer Ausnahme von der Anschlussverpflichtung erfolgt. Damit sei aber auch klargestellt, dass eine gesetzliche Anschlussverpflichtung infolge Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 5 Stmk KanalG nicht bestehe. Diese Feststellung entfalte "ex tunc Wirkung".

Dieser Auffassung ist Folgendes entgegenzuhalten:

Die Abgabenbehörde hat im Abgabenbemessungsverfahren in Anwendung des § 2 Abs. 1 und 2 Stmk KanalabgG zu prüfen, ob eine gesetzliche Anschlusspflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht. Bejahendenfalls entsteht die Verpflichtung zur Leistung des einmaligen Kanalisationsbeitrages gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. zur Hälfte bei Baubeginn eines neu gelegten Kanales und zur Hälfte bei Vorliegen der technischen Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Kanalanlage.

Vorliegendenfalls hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde in seinem Berufungsbescheid vom das Vorhandensein einer Anschlussverpflichtung im Hinblick auf die Rechtskraft des noch auf § 5 Stmk KanalG 1955 gestützten Bescheides der zweitinstanzlichen Baubehörde vom bejaht. Die Errichtung des Kanalstranges war nach der Aktenlage schon lange vor Erlassung dieses Bescheides erfolgt.

Gemäß § 3 Abs. 1 Stmk LAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft.

Davon ausgehend kann der Abgabenbemessungsbescheid vom aber nur so verstanden werden, dass die zweitinstanzliche Abgabenbehörde vom Entstehen des Abgabenanspruches gemäß § 2 Abs. 1 und 2 Stmk KanalabgG spätestens zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom ausging.

Im Bemessungsverfahren war es der Abgabenbehörde verwehrt, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Stmk KanalG selbstständig als Vorfrage zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 99/17/0420, 0421). Das Bestehen von Gründen für eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung gemäß § 4 Abs. 5 Stmk KanalG kann nach dieser Judikatur nämlich im Abgabenbemessungsverfahren nicht releviert werden, weil es auf das Vorliegen der bescheidmäßigen Bewilligung der Ausnahme ankommt. Dies gilt umso mehr für solche Umstände, die erst nach Entstehung des Abgabenanspruches entstanden sind. Damit lag aber insoweit auch keine Vorfrage im Sinne des § 224 Abs. 1 lit. c Stmk LAO vor.

Bei neu hervorgekommenen Tatsachen im Verständnis des § 224 Abs. 1 lit. b Stmk LAO müsste es sich nun aber freilich um solche Tatsachen handeln, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits vorhanden waren, jedoch im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten. Darüber hinaus ist vorausgesetzt, dass die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Der auf § 4 Abs. 5 Stmk KanalG gestützte Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom war nun aber zweifelsohne keine Tatsache, die im Zeitpunkt der Erlassung des Abgabenbemessungsbescheides vom bereits vorlag.

Ob die Rückwirkung eines nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens in einem anderen Verwaltungsverfahren erlassenen Bescheides als "neu hervorgekommene Tatsache" im Verständnis des § 224 Abs. 1 lit. b Stmk LAO gilt oder einer solchen gleichgehalten werden könnte, kann vorliegendenfalls aus folgenden Überlegungen dahingestellt bleiben:

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Ausnahmewerber das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Stmk KanalG spätestens im Zeitpunkt der Entscheidung über seinen diesbezüglichen Antrag nachzuweisen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/06/0169). Die Aufhebung der Anschlussverpflichtung erfolgt mit der Gewährung der Ausnahme (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/06/0080).

In Ermangelung einer in § 4 Abs. 5 Stmk KanalG angeordneten Rückwirkung der Gewährung einer Ausnahme von der Anschlussverpflichtung und vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist wohl eher davon auszugehen, dass die Rechtsgestaltung durch die Erlassung eines auf diese Bestimmung gegründeten Bescheides erst mit dessen Rechtskraft "ex nunc" eintritt.

Aber selbst wenn man diese Auffassung nicht teilen wollte, könnte ein derartiger Bescheid äußerstenfalls auf jenen Zeitpunkt zurückwirken, in dem der Antragsteller die Voraussetzungen für die Ausnahme von der Anschlussverpflichtung gemäß § 4 Abs. 5 Stmk KanalG hergestellt hat.

Dies war aber nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren (vgl. seinen Antrag vom ) erst nach dem der Fall.

Vom Beschwerdeführer unbestritten und im Einklang mit den obigen Erwägungen legte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aber dar, dass der Abgabenanspruch vor diesem Zeitpunkt entstanden war.

Selbst wenn also der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom auf den Zeitpunkt der Herstellung einer hauseigenen Abwasserentsorgungsanlage durch den Beschwerdeführer zurückgewirkt hätte, wäre für ihn nichts gewonnen gewesen, weil der Abgabentatbestand nach § 2 Abs. 1 und 2 Stmk KanalabgG auch schon vor diesem letztgenannten Zeitpunkt verwirklicht war.

Der nachträgliche Wegfall der Tatbestandsvoraussetzungen würde aber einen einmal entstandenen Abgabenanspruch auf die Kanalanschlussgebühr nicht wieder zum Erlöschen bringen (vgl. das zum NÖ KanalG 1977, LGBl. 8230, ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/17/0188) und wäre daher einer Feststellung dieses Anspruches im Abgabenbemessungsverfahren nicht entgegengestanden.

Damit lagen aber die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 224 Abs. 1 (oder Abs. 3) Stmk LAO nicht vor.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist dieser auch nicht dadurch in seinen Rechten verletzt, dass der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde seinen unberechtigten Wiederaufnahmeantrag abgewiesen hat, bevor eine Entscheidung über seine sonstigen, am selben Tag gestellten Anträge ergangen ist.

Da der Beschwerdeführer durch den Bescheid des Gemeinderates vom nicht in seinen Rechten verletzt wurde, hat die belangte Behörde die dagegen erhobene Vorstellung auch zu Recht abgewiesen.

Die gegenständliche Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994; die Abweisung des Kostenbegehrens der mitbeteiligten Partei (Schriftsatzaufwand) beruht auf § 49 Abs. 1 VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997, der schon aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen auch auf den in § 49 Abs. 1 erster Satz genannten Fall des § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG zu beziehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0385).

Wien, am