VwGH vom 16.11.1998, 94/17/0186

VwGH vom 16.11.1998, 94/17/0186

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der R-GmbH in Wien, vertreten durch Dr. G und Dr. A, Rechtsanwälte in N, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. MD-VfR - R 27 u. 32/93, betreffend Vergnügungssteuer und Sportgroschen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 4, Referat 7) der Beschwerdeführerin für die von ihr am durchgeführte "Berufsringerveranstaltung ('US-Wrestling')" Sportgroschen samt Säumniszuschlag vor.

Mit demselben Bescheid wurde der Beschwerdeführerin für die genannte Veranstaltung auch Vergnügungssteuer samt Säumniszuschlag vorgeschrieben.

Mit einem weiteren Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Magistratsabteilung 4, Referat 7) vom wurde der Beschwerdeführerin für die von ihr am durchgeführte "Berufsringerveranstaltung ('US-Wrestling')" Sportgroschen samt Säumniszuschlag vorgeschrieben.

Auch mit diesem Bescheid wurde gleichzeitig für die genannte Veranstaltung vom Vergnügungssteuer samt Säumniszuschlag vorgeschrieben.

Die gegen die beiden Bescheide erhobenen Berufungen der Beschwerdeführerin wurden mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, aus den (wiedergegebenen) Berichten der Revisionsorgane sei zu ersehen, daß der sportliche Charakter die Showelemente überwiege, zumal bekannterweise gerade beim Freistilringen Showeinlagen üblich seien. Der Umstand, daß nach Darstellung der Beschwerdeführerin das Ergebnis dieser Kämpfe von vornherein festgelegt werde, sei ohne Bedeutung, weil dies dem Publikum nicht bekannt sei und im übrigen nichts am Charakter einer sportlichen Vorführung ändern würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die Beschwerdeführerin gab hiezu eine Äußerung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist allein strittig, ob die beiden Veranstaltungen eines "US-Wrestling" als "gegen Entgelt zugängliche Sportveranstaltungen" im Sinne des § 1 Abs. 1 Sportgroschengesetz für Wien 1983 bzw. als "sportliche Wettkämpfe und Vorführungen in Form von Motorsportveranstaltungen, Berufsboxen und Berufsringen (§ 9)" im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 7 (Wiener) Vergnügungssteuergesetz 1987 - VGSG anzusehen sind.

Die Bejahung dieser Frage durch die belangte Behörde bekämpft die Beschwerdeführerin mit dem Argument, daß es sich bei den verfahrensgegenständlichen "US-Wrestling"-Veranstaltungen um eine Show für ein breites Publikum handle, in welcher im Rahmen von Musiknummern Auseinandersetzungen zwischen "idealtypisierten Wrestling-Stars" vorgeführt würden. Die Auseinandersetzungen fänden auf einer Ringkampffläche statt, unterlägen jedoch nicht den Regeln des Ringkampfes sondern nach vorher genau festgelegten Ablaufmustern und nach einer peinlich einstudierten Regie einem festen Ablaufplan. In diesem Ablaufplan sei ebenso enthalten, wer wann welche Griffe und Kniffe anzuwenden habe, ebenso wie das letztliche "Ergebnis" der Auseinandersetzung. Den Veranstaltungen fehle der sportliche Charakter, welches sich in sonstigen sportlichen Veranstaltungen vor allem in der Wettbewerbsmäßigkeit der Darbietungen äußere. Dieser Aspekt trete völlig in den Hintergrund.

Die Beschwerdeführerin ist damit nicht im Recht.

§ 1 Abs. 1 des Sportgroschengesetzes für Wien 1983, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. Nr. 27/1983, umschreibt den Gegenstand der Abgabe mit der Wortfolge "gegen Entgelt zugängliche Sportveranstaltungen". Das Sportgroschengesetz für Wien 1983 enthält in dieser Beziehung bloß insofern eine nähere Begriffsbestimmung, als Abs. 2 dieses Paragraphen besagt, daß Veranstaltungen, die neben sportlichen auch andersgeartete Vorführungen umfassen, unter die sportlichen Veranstaltungen im Sinne dieses Gesetzes zählen, wenn hiebei der sportliche Charakter überwiegt.

Im Erkenntnis vom , Zl. 1809/79, Slg. Nr. 5404/F, nahm der Verwaltungsgerichtshof den Standpunkt ein, daß unter der oben zitierten Wendung "organisierte sportliche Wettkämpfe zu verstehen sind, die in Beachtung bestimmter Regeln vor einem Publikum ausgetragen werden, welches auf Grund von Eintrittskarten Zutritt ... hiezu erhält". Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung im Lichte des vorliegenden Beschwerdefalles abzugehen.

Die Beschwerdeführerin ist damit im Recht, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Erfüllung des Abgabentatbestandes nach dem Sportgroschengesetz für Wien 1983 (u.a.) das Vorliegen eines "sportlichen Wettkampfes" jedenfalls wesentlich ist, sei es auch nur in einem eingeschränkten Umfang (arg. "neben sportlichen auch andersgeartete Vorführungen..., wenn hiebei der sportliche Charakter überwiegt"). Damit ist aber weiters streitentscheidend, ob es - wie die belangte Behörde meint - zutrifft, es sei der Umstand, daß nach Meinung der Beschwerdeführerin das Ergebnis dieser Kämpfe von vornherein festgelegt werde, ohne Bedeutung, weil dies dem Publikum nicht bekannt sei.

Gegenstand der Besteuerung ist nicht der sportliche Wettbewerb an sich, sondern die "Vorführung" eines solchen vor einem Publikum (in einer Veranstaltung) gegen Entgelt. Es geht also um die Besteuerung des Besuches einer Veranstaltung aus dem Beweggrund eines (überwiegend) sportlichen Ereignisses. Die Beurteilung des Vorliegens einer sportlichen Vorführung hat insofern "publikumsorientiert" zu erfolgen. Es ist aber unbestritten, daß die Veranstalter dem Publikum gegenüber die vorherige Festlegung der Kampfergebnisse (ja sogar des detaillierten Kampfablaufes) nicht offen legen und damit das Publikum jedenfalls im Glauben lassen, es würden (sportliche) Wettkämpfe stattfinden, wie dies etwa in der Vergabe von (Champion-) Titel zum Ausdruck kommt.

Damit kommt es, anders als die Beschwerdeführerin meint, nicht darauf an, ob "tatsächlich" ein sportlicher Wettkampf stattfindet.

Damit fehlt es auch der Verfahrensrüge, es sei den in der Berufung gestellten Beweisanträgen, darunter dem Antrag auf Beischaffung von Videokassetten, eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Sportwissenschaft, einer Einvernahme des Jack Tunney, Präsident der World-Wrestling-Federation und des Catchers Otto Wanz, ohne Begründung und Möglichkeit zur Stellungnahme nicht entsprochen worden, schon an der rechtliche Relevanz. Wurden diese Anträge doch zum Beweis dafür gestellt, daß (tatsächlich) "eine organisierte sportliche Veranstaltung nicht vorliegt".

Die Annahme der belangten Behörde aber, daß dem Publikum nicht bekannt gewesen sei, das Ergebnis der Kämpfe werde (im Detail) von vornherein festgelegt, begegnet - unter Beachtung der Einstellung des Durchschnittsbesuchers - keinen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes, es widerspreche dies den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, zumal die Beschwerdeführerin nicht behauptet, das Publikum sei vor der Veranstaltung über die Vortäuschung eines sportlichen Wettkampfes aufgeklärt worden.

Die Beschwerdeausführungen vermögen auch hinsichtlich der vorgeschriebenen Vergnügungssteuer eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit nicht aufzuzeigen.

Nach § 1 Abs. 1 Z. 7 Vergnügungssteuergesetz 1987 - VGSG, LGBl. Nr. 43, unterliegen im Gebiet der Stadt Wien veranstaltete Vergnügungen einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes: Sportliche Wettkämpfe und Vorführungen in Form von Motorsportveranstaltungen, Berufsboxen und Berufsringen (§ 9).

Diese Formulierung wurde aus dem Vergnügungssteuergesetz für Wien 1963 übernommen, und zwar in der Fassung der Vergnügungssteuergesetz-Novelle 1981, LGBl. Nr. 16 (§ 2 Abs. 1 Z. 9: "sportliche Wettkämpfe und Vorführungen in Form von Motorsportveranstaltungen, Berufsboxen und Berufsringen (§ 30)"). In den Materialien (Beilage 3/1981) heißt es dazu, es solle klargestellt werden, "daß auch sportliche Vorführungen ohne Wettkampfcharakter vom Gesetz erfaßt werden". Dies steht mit dem Wortlaut des Gesetzes im Einklang, indem (sportliche) "Wettkämpfe" den (sportlichen) "Vorführungen" begrifflich gegenüber gestellt werden. Eine "sportliche" Vorführung liegt also auch dann vor, wenn ihr der Wettkampfcharakter fehlt.

Im Beschwerdefall kommt es damit hinsichtlich der vorgeschriebenen Vergnügungssteuer - schon wegen des Charakters der Veranstaltung als (sportliche) Vorführung - auf den Wettkampfcharakter nicht an. Auch hinsichtlich der vorgeschriebenen Vergnügungssteuer fehlt es der dargestellten Verfahrensrüge also an der rechtlichen Relevanz.

Da somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am