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VwGH vom 20.03.2000, 99/17/0398

VwGH vom 20.03.2000, 99/17/0398

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid (Spruchteil 1) der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IVW3-BE-525-20/5-99, betreffend Kanaleinmündungsabgabe (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde L, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Marktgemeinde Leopoldsdorf S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde als Baubehörde erster Instanz auf dem näher bezeichneten Grundstück die Bewilligung zum Neubau einer Stahlbauwerkstätte und mit Bescheid vom die nachträgliche Bewilligung zur Errichtung eines Zubaus zur Stahlbauwerkstätte.

Mit Bescheid vom wurde dem Beschwerdeführer für dieses Grundstück der Anschluss an den neu gelegten Schmutzwasserkanal aufgetragen.

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Beschwerdeführer für den Anschluss der Liegenschaft an den öffentlichen Schmutzwasserkanal bei einer Berechnungsfläche von 1.308 m2 und einem Einheitssatz von S 189,50 pro Quadratmeter die Kanaleinmündungsabgabe (inklusive 10 % USt) im Gesamtbetrag von S 272.652,60 vor.

In der als "Einspruch" bezeichneten Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, nicht angeschlossene Gebäude oder Gebäudeteile seien nicht in die Berechnung einzubeziehen. Somit ergebe sich für das Büro und den Freiflächenanteil ein Ausmaß von insgesamt 258,75 m2 und eine Kanaleinmündungsabgabe (inklusive 10 % USt) von insgesamt S 53.936,43.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde gab der Berufung teilweise Folge und änderte ausgehend nun von einer Berechnungsfläche von 1.262 m2 die Kanaleinmündungsabgabe (inklusive USt) auf insgesamt S 263.063,90 ab. Dies mit der Begründung, das Gebäude bestehe aus einer Werkhalle und einem Bürotrakt samt Magazin. Auf Grund der baulichen Gestaltung sei von einem einheitlichen Bauwerk auszugehen, weil die Wand zwischen Werkhalle und Bürotrakt die seitliche Begrenzung bilde. Es entstehe dadurch eine untrennbare bauliche Verbindung beider Trakte, sodass jeder für sich allein baulich nicht bestehen könne. Als nicht angeschlossener Gebäudeteil könne nur das Magazin berücksichtigt werden. Die Werkhalle falle als gewerblich genutzter Produktionsraum nicht unter die Qualifikation "Gebäudeteil" und sei daher von der bebauten Fläche nicht auszunehmen.

In der Vorstellung brachte der Beschwerdeführer vor, es sei richtig, dass nach dem Plan die Werkhalle und das Büro als ein Objekt zu betrachten wären, wenn nicht eine totale Trennung zwischen Büro und Halle aus Brandschutzgründen vorgeschrieben worden wäre. Der Beschwerdeführer sei gezwungen worden, eine zusätzliche Betonmauer hochzuziehen, die weit über den Bürotrakt hinausrage. Somit könne jedes Gebäude vom anderen unabhängig stehen und sei als eigener Bautrakt zu bewerten.

Mit dem angefochtenen Bescheid (Spruchteil 1) wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, zur Klärung der Frage, ob auf der Liegenschaft ein einheitliches Gebäude oder zwei selbstständige Gebäude stünden, sei ein Lokalaugenschein durchgeführt worden. In der Niederschrift sei festgehalten worden, die Trennwand zwischen Bürotrakt und Hallentrakt sei auf einem gemeinsamen Streifenfundament gegründet. Die Wand bestehe aus IPB-300-Trägern, die in Richtung Hallenbereich bis auf Höhe über der Bürodecke in Stahlbeton hergestellt worden sei. Diese Stahlbetonwand liege auf der Hallenaußenseite in der gleichen Ebene wie die Außenseite der Gurte der IPB-Träger. Die Außenwand des Bürotraktes schließe unmittelbar an die Stahlbetonwand an, wobei sich der Aufbau aus 10 cm Steinwolle und zwei Lagen Gipskarton-Feuerschutzplatten mit einer Dicke von je 1,5 cm zusammensetze. Die Dachkonstruktion des Büros bestehe aus Trapezflächen, welche auf I-Profilträgern lagerten, die über die kurze Seite gespannt seien. Die Auflagerung auf der Innenwand erfolge mittels einer Schweißnaht an die vertikalen IPB-300-Träger. Laut Auskunft des Beschwerdeführers verlaufe die Trennlinie der Wand zwischen Büro- und Hallentrakt in der Ebene des Überganges von der Stahlbetonwand zur Steinwolle. Da die beiden Bereiche zur gleichen Zeit errichtet worden seien, sei das vorhandene Streifenfundament auf die Aufnahme der auftretenden Belastungen ausgelegt. Bei einer Trennung der beiden Baulichkeiten könnten daher auf diesem Fundament keine zusätzlichen Belastungen auftreten. Bei einer ideellen Trennung von der vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Trennlinie sei die Stabilität der verbleibenden Halle auf jeden Fall gegeben, da sämtliche Belastungen (auch Dachlasten) über die verbleibenden Stahlstützen bis in das Fundament weitergeleitet würden. Die horizontalen I-Profile, die dem Abstand der vertikalen Stützen entsprächen und die Auflage für die Trapezdecke des Bürotraktes bildeten, könnten die Belastungen mangels der Trennung von den Stützen vorweg nicht weiterleiten. Zur Aufrechterhaltung der Stabilität des Bürodaches müsste daher eine entsprechende Auflagerung dieser abgetrennten Träger (Errichtung einer tragfähigen Wand, Herstellung zusätzlicher Stützen oder dgl.) geschaffen werden. Die belangte Behörde kam auf Grund dieses Gutachtens zu dem Ergebnis, der Bürotrakt und der Hallentrakt bildeten ein einheitliches Gebäude. Das Vorliegen einer konstruktiven baulichen Einheit schließe die Annahme selbstständiger Gebäude aus. Da im Übrigen die bauliche Gestaltung auch eine ineinander greifende betriebliche Nutzung der beiden Bauteile (Produktionshalle einerseits und Bürotrakt mit Lagerraum, Garderoben und Heizraum andererseits) zulasse, sei zu Recht bei der Bemessung der Kanaleinmündungsabgabe von einem einheitlichen Gebäude auszugehen. An diesem Ergebnis könne auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Hallenteil sei ein nicht angeschlossenes Gebäude im Sinne des Gesetzes, weil im Bürotrakt lediglich leicht herstellbare, an den Fundamenten befestigte Stützen fehlten, nichts ändern, denn gerade das Fehlen entsprechender eigenständiger Auflagerungen für die Dachlasten des Bürotraktes zeige die konstruktive Einheit beider Bauteile auf.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf gesetzmäßige Ermittlung der Berechnungsfläche als Grundlage der Kanaleinmündungsabgabe verletzt.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Marktgemeinde erstatteten jeweils Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist die für die Kanaleinmündungsabgabe heranzuziehende Berechnungsfläche strittig.

Gemäß § 3 Abs. 2 erster und zweiter Satz Nö. Kanalgesetz 1977, LGBl. Nr. 8230-0 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 8230-5, wird die Berechnungsfläche in der Weise ermittelt, dass die Hälfte der bebauten Fläche mit der um 1 erhöhten Zahl der an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoße multipliziert und das Produkt um 15 v.H. der unbebauten Fläche vermehrt wird. Nicht angeschlossene Gebäude oder Gebäudeteile zählen zur unbebauten Fläche.

Nach § 1a Z. 7 erster Satz leg. cit. ist ein Gebäudeteil ein vom übrigen Gebäude durch eine bis zu seiner obersten Decke durchgehende Wand getrennter Teil mit einer Nutzung als Garage, als gewerblicher oder industrieller Lager- oder Ausstellungsraum oder mit einer Nutzung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke.

Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid unter Heranziehung des Sachverständigengutachtens fest, dass der in den baurechtlichen Bescheiden als "Zubau" bezeichnete Bürotrakt und der Hallentrakt von einer gemeinsamen tragenden Wand getrennt werden. Davon ausgehend wird im schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten zwischen den Folgen einer Trennung des Hallentraktes vom Bürotrakt und des Bürotraktes vom Hallentrakt unterschieden und nur für den Fall des selbstständigen Weiterbestehens des Bürotraktes wären bauliche Maßnahmen erforderlich. Das Erfordernis solcher Maßnahmen im Fall des Wegfalls des Hallentraktes wird vom Beschwerdeführer auch nicht in Abrede gestellt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 81/17/0208) ist in erster Linie die bauliche Gestaltung für die Lösung der in Streit stehenden Frage entscheidend. Die belangte Behörde hat unter Heranziehung eines Bausachverständigen festgestellt, dass ohne bauliche Maßnahmen eine Trennung des Hallentraktes vom Bürotrakt nicht möglich wäre und daher ein einheitliches Bauwerk vorliege. Daran ändern auch die dem Beschwerdeführer aufgetragenen Brandschutzauflagen für die Ausgestaltung der Trennmauer zwischen dem Büro- und Hallentrakt nichts. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es sei aus Brandschutzgründen eine gänzliche Trennung zwischen Büro- und Hallentrakt vorgesehen gewesen, ist aktenwidrig. In der den vorgelegten Akten angeschlossenen Verhandlungsschrift vom über die Errichtung eines Zubaus zur bewilligten Werkstättenhalle wird festgehalten, der Bürotrakt müsse insgesamt vom Werkstättentrakt "F 90" getrennt sein, und sämtliche Verbindungstüren vom Bürotrakt zur Halle seien mindestens "T 30" auszuführen und selbstschließend einzurichten. "F 90" bezeichnet bekanntermaßen eine Brandschutzklasse für die Brandbeständigkeit von Bauteilen. Von einer gänzlichen Trennung zwischen Büro- und Hallentrakt kann daher keine Rede sein. Die belangte Behörde ist daher im Recht, wenn sie im angefochtenen Bescheid bei der Berechnungsfläche auf Grund der baulichen Gestaltung und auch der ineinander greifenden betrieblichen Nutzung von einem einheitlichen Gebäude ausgegangen ist.

Die Werkstättenhalle ist kein Gebäudeteil mit einer Nutzung als Garage, als gewerblicher oder industrieller Lager- oder Ausstellungsraum oder mit einer Nutzung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke. Daher zählt dieser Werkstättentrakt auf Grund der Definition eines Gebäudeteils nach § 1a Z. 7 Nö. Kanalgesetz 1977 nicht zur unbebauten Fläche nach § 3 Abs. 2 Nö. Kanalgesetz 1977.

Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am