VwGH vom 26.02.1993, 91/17/0135
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. MD-VfR - H 17/91, betreffend Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Laut Schreiben des Magistrates der Stadt Wien,
MA 59 - Marktamtsabteilung für den 15. Bezirk, an die MA 7 vom sei bei einer Erhebung am festgestellt worden, daß am Standort W, S-Straße (Espresso, Inhaber H), zwei Spielapparate (Admiral und Flipper) betrieben worden seien. Für beide Apparate wurde in den dafür vorgesehenen Rubriken des Formulars angemerkt, daß sie betriebsbereit aufgestellt und an das Stromnetz angeschlossen seien. Die weiteren Rubriken "von Gästen benützt" und "Spielfähigkeit festgestellt" sind dagegen leer. Hinsichtlich des Spielapparates Admiral MK XI, dessen Vergnügungssteuerpflicht vor dem Verwaltungsgerichtshof allein strittig ist, wurde noch ausgeführt, daß der Spielerfolg überwiegend vom Zufall abhängig sei.
Anläßlich einer Überprüfung im Betrieb des Beschwerdeführers am hielt das Revisionsorgan des Magistrates der Stadt Wien unter anderem fest, daß der Münzspielapparat Type Admiral MK XI seit in Betrieb sei, daß aber die Vergnügungssteuerpflicht für dieses Gerät vom Beschwerdeführer nicht anerkannt werde, da der Apparat "zwischenzeitig durch den Aufsteller angemeldet wurde". Hinsichtlich des Flippers wurde festgestellt, daß das Gerät vom Stromnetz getrennt und mit einem Schild "Außer Betrieb" versehen gewesen sei. Dieser Bericht wurde vom Beschwerdeführer mitgefertigt.
In einem weiteren Bericht eines anderen Revisionsorganes des Magistrates der Stadt Wien vom wurde ferner darauf hingewiesen, daß auf dem Spielapparat Admiral MK XI von Gästen gespielt worden sei. Der Unterhaltungsapparat sei laut "Aussage von Fr. H" (der Gattin des Beschwerdeführers) seit einigen Tagen in Betrieb. Dieser Bericht wurde von der genannten Auskunftsperson mitgefertigt.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde dem Beschwerdeführer als einem der beiden Gesamtschuldner für das Halten eines Spielapparates der Type Admiral MK XI mit der Möglichkeit zur Erzielung eines Gewinnes in Geld in seinem Gastgewerbebetrieb am genannten Standort "gemäß § 6 Abs. 4 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 1987 (Wr VGSG) in der geltenden Fassung" eine Vergnügungssteuer für die Zeit vom September bis Dezember 1990 im Betrage von S 56.000,-- zur Zahlung vorgeschrieben.
Der Beschwerdeführer berief und brachte im wesentlichen vor, es sei nicht richtig, daß er im Streitzeitraum einen solchen Spielapparat in seinem Lokal gehalten habe.
Gegen die abweisliche Berufungsvorentscheidung stellte der Beschwerdeführer fristgerecht den Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. In einem als "Stellungnahme" bezeichneten Schriftsatz vom brachte er noch ergänzend vor, aus dem amtlichen Erhebungsbericht vom ergebe sich keineswegs, daß der Spielapparat Admiral MK XI (damals) tatsächlich bespielbar gewesen sei; der festgestellte Anschluß an das Stromnetz könne nämlich nicht "als Nachweis der Spielfähigkeit" gelten. Zwar sei bei der amtlichen Überprüfung am festgestellt worden, daß Gäste auf dem in Rede stehenden Spielapparat zu spielen versucht hätten, es sei aber nicht festgehalten worden, daß der Apparat nicht ordnungsgemäß funktioniert habe und auch keine Geldausgabe erfolgt sei, "da ein funktioneller Fehler innerhalb des Gerätes" gegeben gewesen sei. Das Gerät sei schließlich Ende September von der "Firma" des Aufstellers abgeholt und dem Beschwerdeführer erst im Laufe des Dezembers 1990 ein neues Gerät derselben Serie zur Verfügung gestellt worden.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers sei zu entnehmen, daß es den Gästen seines Lokales möglich gewesen sei, den Apparat Admiral MK XI in Betrieb zu nehmen, was auch tatsächlich geschehen sei. Somit sei jedem potentiellen Interessenten die Inbetriebnahme des Gerätes möglich gewesen. Der nicht näher angeführte und belegte Fehler des Apparates habe jedenfalls die Inbetriebnahme des Gerätes durch die Gäste nicht ausgeschlossen. Selbst eine fehlende Geldausgabe hätte auf die Abgabenpflicht keinen Einfluß genommen, weil das Spielergebnis des Apparates ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, daß ihm gegenüber für den Streitzeitraum keine Vergnügungssteuer für das Halten eines Spielapparates der Type Admiral MK XI festgesetzt werde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 Wr VGSG unterliegt das Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten sowie von Musikautomaten (§ 6) im Gebiet der Stadt Wien als "veranstaltete Vergnügungen" einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes.
§ 6 Abs. 4 leg. cit. in der Fassung der Novelle LGBl. für Wien Nr. 3/1990 bestimmt folgendes:
"(4) Für das Halten von Apparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann oder bei denen das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegende vom Zufall abhängig ist, oder von Apparaten, durch deren Betätigung optisch bzw. akustisch eine aggressive Handlung, die beispielsweise die Tötung oder Verletzung von Menschen oder die Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist, dargestellt wird, beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat
S 14.000,--."
Gemäß § 13 Abs. 1 Wr VGSG idF. des LGBl. Nr. 40/1988 ist der Unternehmer der Veranstaltung steuerpflichtig. Unternehmer der Veranstaltung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird. Sind zwei oder mehrere Unternehmer (Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldner steuerpflichtig. In den Fällen des § 1 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. gelten auch der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und der Eigentümer des Apparates als Mitunternehmer.
Im Beschwerdefall steht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in Streit, ob der am Betriebsstandort des Beschwerdeführers aufgestellt gewesene Spielapparat der Type Admiral MK XI im Zeitpunkt der abgabenbehördlichen Kontrollen im Monat September 1990 "in Betrieb" gewesen ist oder nicht. Der Beschwerdeführer hat dies schon im Verwaltungsverfahren mit dem Hinweis darauf in Abrede gestellt, daß ein "funktioneller Fehler" des Gerätes gegeben gewesen sei, der auch die Ursache dafür gebildet habe, daß der Spielapparat Ende September 1990 von der Firma des Aufstellers wiederum abgeholt und im Dezember dieses Jahres durch ein neues Gerät derselben Serie ersetzt worden sei. Der Beschwerdeführer hat den Mangel des Gerätes, ohne ihn allerdings näher zu umschreiben, als so gravierend hingestellt, daß darin die Behauptung erblickt werden muß, das Gerät habe seine Funktion nicht erfüllen, also nicht "betrieben" werden können.
Nun trifft es zwar zu, daß diese Darstellung des Beschwerdeführers mit den amtlichen Erhebungen vom September 1990 schwerlich zu vereinbaren ist, doch hat der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom die Richtigkeit des Erhebungsberichtes vom inhaltlich bestritten und hiebei insbesondere den schon erwähnten "funktionellen Fehler" des Spielapparates unter Darlegung näherer Einzelheiten behauptet. Da weiters im Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom die Benützung und Spielfähigkeit des Gerätes nicht festgestellt worden ist, kann im Beschwerdefall nicht ausgeschlossen werden, daß die belangte Behörde, hätte sie den Versuch unternommen, die Art des behaupteten Fehlers (etwa durch Einvernahme des Beschwerdeführers und des Geräteaufstellers) festzustellen, was ihr auf Grund der sie treffenden Pflicht zur amtlichen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes oblegen wäre, zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Vor Klärung dieses Sachverhaltselementes entschieden zu haben, stellt sohin einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.
Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit ist dem angefochtenen Bescheid dagegen nicht anzulasten, weil die belangten Behörde bei ihrer Entscheidung zutreffend davon ausgegangen ist, daß sich die Vergnügungssteuerpflicht für den Apparat nicht schon aus dem Aufstellen desselben und dem Anschluß an das Stromnetz ergeben hat; die belangte Behörde ging auch von der in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vertretenen Rechtsansicht aus, daß selbst durch die Aufstellung eines solchen Gerätes in betriebsbereitem Zustand samt Anschluß an das Stromnetz der Abgabentatbestand nur dann erfüllt wäre, wenn aus den Umständen hervorginge, daß jedem potentiellen Interessenten die Inbetriebnahme des Gerätes möglich wäre (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/17/0238, und das dort angeführte Vorerkenntnis). An die eben wiedergegebene Textstelle in dem zitierten Erkenntnis schließt sich übrigens auch der für den vorliegenden Beschwerdefall maßgebende Satz an, es liege umgekehrt auf der Hand, daß das Aufstellen eines Apparates in NICHT betriebsbereitem Zustand das Entstehen der Vergnügungssteuerpflicht jedenfalls ausschlösse.
Aus diesen Erwägungen mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Stempelgebührenersatz war nur für die zur Beschwerdeführung notwendigen Urkunden zuzuerkennen.
Fundstelle(n):
JAAAE-63578