VwGH vom 25.09.1992, 91/17/0134
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des JB in T, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. MD-VfR - B 11/91, betreffend Haftung für Getränkesteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war seit gemeinsam mit Ing. WP. Mitglied des Vorstandes der XY-AG. Ing. P. schied mit Ende Juni 1987 aus dem Vorstand aus.
Mit Beschluß vom , Zl. 5 S 5/88 (des Handelsgerichtes Wien), wurde über das Vermögen der genannten Aktiengesellschaft der Konkurs eröffnet.
Mit Schreiben vom hielt der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4/7, dem Beschwerdeführer sinngemäß vor, die genannte Aktiengesellschaft habe an Getränkesteuer zuzüglich Säumniszuschlag einen Betrag von S 122.076,-- nicht termingemäß entrichtet, wodurch die gesetzliche Voraussetzung für die Haft- und Zahlungspflicht des Beschwerdeführers als Vorstandsmitglied der genannten Aktiengesellschaft gegeben sei.
In der hiezu erstatteten Stellungnahme vom brachte der Beschwerdeführer vor, er habe seine Funktion als Vorstandsmitglied mit zurückgelegt, da ihm die Ausübung seiner Rechte unmöglich gemacht worden sei. Die genannte Aktiengesellschaft sei de facto von MK. geführt worden. Der Beschwerdeführer sei zufolge seiner technischen Ausbildung ausschließlich für den Bereich des Anlagenbaues bestellt worden und es sei ihm jeglicher Zugriff zu Geldmitteln jeglicher Art (Kassa, Konten) verwehrt gewesen. Zum Nachweis dafür legte der Beschwerdeführer Unterlagen vor, aus denen sich ergibt, daß die gesamte Finanzgebarung der Aktiengesellschaft durch MK. (nach den Beschwerdebehauptungen Vorsitzender des Aufsichtsrates) durchgeführt wurde. Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, durch die Zurücklegung der "Geschäftsführerbefugnis" als Vorstandsmitglied nach vergeblichem Bemühen, eine geordnete Geschäftsführung herbeizuführen, könne "in einer so relativ kurzen Zeit kein Versäumnis erblickt werden". Dies umso weniger, als die finanzielle Gebarung der Aktiengesellschaft nicht im Aufgabenbereich des Beschwerdeführers gelegen gewesen sei. Diesem Umstand komme wesentliche Bedeutung zu, weil insbesondere bei Kapitalgesellschaften mit größerem Geschäftsführungsumfang die Geschäftsführungsagenden auf einzelne Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglieder aufgeteilt seien und es für jeden einzelnen "Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglied" unmöglich sei, die Agenden der Vorstandsmitglieder einer Kontrolle zu unterziehen oder gar an einer Entscheidungsfindung mitzuwirken.
Mit Haftungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde der Beschwerdeführer "auf Grund der §§ 7 Abs. 1 und 54 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 2 und 5" WAO als Vorstandsmitglied der XY-AG für die in der Zeit vom 29. Jänner bis entstandene Getränkesteuerschuld im Betrag von S 122.076,-- haftbar gemacht.
Mit Berufungsvorentscheidung vom gab der Magistrat der Stadt Wien der dagegen erhobenen Berufung teilweise statt und änderte den Bescheid vom dahingehend ab, daß der Haftungszeitraum auf die Zeit vom bis eingeschränkt und der Haftungsbetrag auf den Betrag von S 87.720,-- (S 86.000,-- Getränkesteuer und S 1.720,-- Säumniszuschlag) herabgesetzt wurde. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, die Argumentation des Beschwerdeführers sei nicht zielführend, da nach seinen eigenen Angaben keinem der gesetzlichen Vertreter die Finanzgebarung der Primärschuldnerin zugefallen sei; ein Zustand, den der Beschwerdeführer von vornherein nicht hätte hinnehmen dürfen. Spätestens seit der Abberufung des anderen Vorstandsmitgliedes per Ende Juni 1987 hätte ihm überdies klar sein müssen, daß er alleine für die Aktiengesellschaft verantwortlich sei und er sich überdies auf eine Aufteilung der Verantwortlichkeit nicht verlassen dürfe; eine allfällige Aufteilung in Geschäftsbereiche bedürfe jedenfalls einer entsprechenden Zahl von Vorstandsmitgliedern. Da der Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt alleiniges Vorstandsmitglied gewesen und auch keine Neubestellung erfolgt sei, hätte er auf die Zurverfügungstellung der entsprechenden Unterlagen und Kompetenzen drängen und bei Nichterfüllung dieser Forderung unverzüglich seine Funktion zurücklegen müssen. Aus der Argumentation des Beschwerdeführers gehe klar hervor, daß er von Mißständen bzw. der Unmöglichkeit, die Abgabengebarung zu überprüfen oder darauf Einfluß zu nehmen, Kenntnis gehabt und dennoch bis Dezember 1987 mit der Zurücklegung seiner Funktion zugewartet habe. Daß die Aktiengesellschaft de facto von Herrn K. geführt worden sei, werde behördlicherseits nicht bezweifelt. Das für die Geltendmachung der Haftung vorauszusetzende Verschulden werde jedoch darin erblickt, daß der Beschwerdeführer diesen Zustand als Verantwortlicher geduldet habe. Lediglich im Hinblick auf die glaubhafte Zurücklegung der Vorstandsfunktion im Dezember 1987 sei der Haftungszeitraum und Betrag entsprechend einzuschränken gewesen.
Über Vorlageantrag des Beschwerdeführers änderte die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom den erstinstanzlichen Bescheid (gleichfalls) dahin ab, daß die Haftung für den Monat Dezember 1987 entfalle und auf den Gesamtbetrag von S 87.720,-- eingeschränkt werde; im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Daß die Abgabenforderung in der angeführten Höhe gegen die mehrfach genannte Aktiengesellschaft bestehe, ergebe sich auf Grund der Aktenlage. Der Beschwerdeführer habe in dieser Richtung auch keine Einwände erhoben. Die Haftung der Vertreter nach den §§ 7 Abs. 1 und 54 Abs. 1 WAO bestehe auch für die vor der Bestellung fällig gewesenen Abgaben. Die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung gegenüber der Gesellschaft werde vom Beschwerdeführer ebenfalls nicht bestritten und stehe auf Grund der Aktenlage fest. Wie in der Berufungsvorentscheidung unwidersprochen dargelegt worden sei, sei der Beschwerdeführer nach Abberufung des anderen Vorstandsmitgliedes per Juni 1987 alleiniger Vorstand gewesen. Eine "Arbeitsaufteilung" mit nicht zur Vertretung nach außen befugten Organen der Aktiengesellschaft sei rechtlich irrelevant. Soweit der Beschwerdeführer behaupte, daß ihm die Ausübung seiner Funktion nicht möglich gewesen sei, könne dieses Vorbringen sein mangelndes Verschulden nicht dartun, da er in diesem Fall einer gesetzwidrigen und unzulässigen Einschränkung nicht mit dem gebotenen Nachdruck und entsprechend rasch entgegengetreten sei. Ein in seiner Funktion zu Unrecht behinderter Geschäftsführer habe entweder die Ausübung seiner Rechte im Rechtsweg zu erzwingen oder die Geschäftsführerbefugnis zurückzulegen. Das gleiche müsse für ein Vorstandsmitglied gelten. Bemerkt werde noch, daß der Beschwerdeführer diese Vorgangsweise nicht eingeschlagen habe, obwohl er seit Beginn der Bestellung (Eintragung im Handelsregister mit ) nach seiner eigenen Darstellung seine Funktion nicht habe wirklich ausüben können. Im übrigen werde auf die zutreffenden Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung verwiesen. Daß die Unterlassung der Zahlung der Getränkesteuer kausal für die spätere Uneinbringlichkeit bei der Gesellschaft gewesen sei, sei evident. Weiters sei aus der Berufungsvorentscheidung zu ersehen, daß die Abgabenbehörde erster Instanz eine Haftung nur bis November 1987 als gerechtfertigt ansehe. Die Aktenlage biete keinen Anlaß, von dieser Beurteilung abzuweichen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, zur Haftung für die genannte Abgabenschuldigkeit nicht herangezogen zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 WAO haften die in den §§ 54 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 54 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den mit den §§ 7, 54 WAO gleichartigen Rechtsvorschriften in anderen Landesabgabenordnungen sowie in der Bundesabgabenordnung setzt eine darauf gestützte Haftungsinanspruchnahme voraus, daß die rückständigen Abgaben uneinbringlich wurden und dies auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters zurückzuführen ist. Die Heranziehung des Vertreters zur Haftung gemäß § 7 Abs. 1 WAO hat weiters zur Voraussetzung, daß zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters und der Uneinbringlichkeit der Forderung ein Rechtswidrigkeitszusammenhang besteht. Das Tatbestandsmerkmal "... infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können" ist etwa dann als erfüllt anzusehen, wenn der Vertreter bei oder nach Fälligkeit der Verbindlichkeiten Mittel für die Bezahlung - gegebenenfalls nach gleichmäßiger Aufteilung der Bezahlungsmittel auf alle Verbindlichkeiten - zur Verfügung hatte und nicht - wenn auch nur anteilig - für die Abgabentilgung Sorge getragen hat. Insoweit - der Vertreter darf Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen aus dem von ihm verwalteten Vermögen zu begleichenden Schulden, auch wenn nicht verlangt wird, daß der Abgabengläubiger vor allen übrigen Gläubigern befriedigt wird - ist auch das Ausmaß der Haftung bestimmt.
Weiters ist zu beachten, daß der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, es sei Sache des Vertreters, darzutun, weshalb er nicht Sorge dafür tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Außerdem hat der Vertreter darzutun, daß er die Abgabenforderungen bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat. Diese den Vertreter treffende qualifizierte Mitwirkungspflicht kann freilich nicht so aufgefaßt werden, daß die Abgabenbehörde jedweder Ermittlungspflicht entbunden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0216, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).
Im Beschwerdefall ist das Bestehen der Abgabenforderung, die Stellung des Beschwerdeführers als Vertreter (Vorstandsmitglied) der Aktiengesellschaft und die Uneinbringlichkeit der gegenständlichen Abgabenforderung unbestritten. Der Beschwerdeführer hat weiters auf Verwaltungsebene keine Behauptungen in der Richtung aufgestellt, daß er etwa bei oder nach Fälligkeit der Verbindlichkeiten keine oder nur unzureichende Mittel für deren Bezahlung zur Verfügung gehabt habe; auch aus der Aktenlage ergeben sich diesbezüglich keine Anhaltspunkte (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse je vom , Zlen. 91/17/0044 und 91/17/0046). Erstmals in der Beschwerde wird behauptet, daß auch alle anderen Gläubiger der Aktiengesellschaft in dem in Rede stehenden Zeitraum nicht befriedigt worden seien und keine Befriedigung zu erwarten hätten. Eine Berücksichtigung dieses Vorbringens ist dem Verwaltungsgerichtshof zufolge des aus § 41 VwGG abzuleitenden Neuerungsverbotes jedoch verwehrt.
Wenn der Beschwerdeführer weiters meint, zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters eines Abgabenschuldners zählten weder die Pflicht, einen Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Vertretenen zu stellen, noch die Pflicht, die Entstehung von Abgabenforderungen beim Vertretenen durch Betriebseinstellung zu vermeiden, ist hiezu zu bemerken, daß derartige Pflichtverletzungen dem Beschwerdeführer nicht zum Vorwurf gemacht wurden.
Der Schwerpunkt des Beschwerdevorbringens liegt zunächst auf der Behauptung, daß der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen bis Ende Juni 1987, dem Ausscheiden des Ing. P. aus dem Vorstand der genannten Aktiengesellschaft, nicht für wirtschaftliche, finanzielle und rechtliche Belange der genannten Gesellschaft zuständig gewesen sei. Hiezu ist folgendes zu sagen:
Sind mehrere potentiell Haftende vorhanden, richtet sich die haftungsrechtliche Verantwortung danach, wer mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut ist. Der von den finanziellen, insbesondere steuerlichen Angelegenheiten ausgeschlossene Geschäftsführer ist in der Regel nicht in Anspruch zu nehmen. Verletzt jedoch der mit abgabenrechtlichen Angelegenheiten nicht befaßte Vertreter seine eigenen Pflichten dadurch grob, daß er trotz Unregelmäßigkeiten des zur Wahrnehmung abgabenrechtlicher Angelegenheiten Bestellten nichts unternimmt, um Abhilfe zu schaffen, so ist auch er haftbar, es sei denn, daß ihm triftige Gründe die Erfüllung dieser wechselseitigen Überwachungspflicht unmöglich machen. Allerdings kommt eine Überprüfung der Tätigkeit des mit der Abgabenentrichtung betrauten oder hiefür verantwortlichen Geschäftsführers durch den anderen Geschäftsführer nur dann in Betracht, wenn ein Anlaß vorliegt, an der Ordnungsmäßigkeit seiner Geschäftsführung zu zweifeln (vgl. auch hiezu das bereits erwähnte Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0216, und das Erkenntnis vom , Zl. 90/15/0123, sowie die dort angeführte weitere Rechtsprechung).
Diese für die Agendenverteilung zwischen mehreren Geschäftsführern einer GesmbH entwickelten Grundsätze müssen auch für das Verhältnis zwischen mehreren Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft gelten. Wie der OGH in seinem Urteil vom , 3 Ob 536/77, GesRZ 1978, 36, ausgeführt hat, kann, wenn der Vorstand aus mehreren Personen besteht, kein Vorstandsmitglied von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden. Für die Ausübung der Geschäftsführung trifft das Gesetz keine allgemeine Regelung. Der Vorstand selbst, die Satzung oder der Aufsichtsrat können anordnen, daß die Aufgaben der Geschäftsführung unter die Vorstandsmitglieder verteilt werden. Eine solche - zulässige - Geschäftsverteilung wirkt sich auf die Verantwortlichkeit der einzelnen Vorstandsmitglieder aus. Jedes Vorstandsmitglied trägt dann zunächst für sein ihm zugewiesenes Arbeitsgebiet die volle Verantwortung. Eine Arbeitsaufteilung bewirkt jedoch, selbst bei größter Spezialisierung, nicht, daß ein Vorstandsmitglied sich nur noch auf sein eigenes Arbeitsgebiet beschränken darf und sich um die Tätigkeit der anderen Mitglieder nicht mehr zu kümmern braucht. Die Pflicht zur unmittelbar verwaltenden Tätigkeit beschränkt sich auf den eigenen Arbeitskreis, hinsichtlich der Arbeitskreise der anderen Vorstandsmitglieder ist sie eine Pflicht zur allgemeinen Beaufsichtigung (Überwachung) geworden. Besteht Verdacht, daß im Arbeitsbereich eines anderen Vorstandsmitgliedes Mißstände vorliegen, muß das Vorstandsmitglied sich einschalten, um nicht selbst ersatzpflichtig zu werden.
Nun kann im Beschwerdefall die Frage offenbleiben, ob der Vertreter im Sinne der ihn treffenden qualifizierten Mitwirkungspflicht auch die Behauptung aufzustellen hatte, es sei kein Anlaß vorgelegen, an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung des anderen Vorstandsmitgliedes zu zweifeln, oder ob es der Behörde oblag, Umstände anzuführen, die den Vertreter zu einer solchen Überwachung hätten veranlassen müssen (in diesem Sinne könnten etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2028/78, und vom , Zl. 81/15/0100, verstanden werden). In Wahrheit hat nämlich der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren KEINE Behauptung des Inhalts aufgestellt, daß das weitere Vorstandsmitglied Ing. P. mit der Wahrnehmung der finanziellen Agenden betraut gewesen wäre. Die Ausführungen in der Stellungnahme vom über die Frage der Agendenverteilung auf mehrere Vorstandsmitglieder haben vielmehr lediglich abstrakten Charakter; im übrigen hat jedoch der Beschwerdeführer in diesem Schriftsatz selbst ausgeführt, die Aktiengesellschaft sei de facto von MK. geführt worden, wobei aus den zum Nachweis hiefür vorgelegten Unterlagen hervorging, daß K. die gesamte Finanzgebarung der Aktiengesellschaft durchführte. Folgerichtig ist schon die Berufungsvorentscheidung - die nach ständiger Rechtsprechung als Vorhalt gilt - davon ausgegangen, daß nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers KEINEM der gesetzlichen Vertreter die Finanzgebarung der Primärschuldnerin zugefallen sei. Diesen Umstand hat der Beschwerdeführer in seinem Vorlageantrag nicht bestritten. Auch in der Beschwerde findet sich nochmals die explicite Behauptung, die gesamte finanzielle Gebarung sei ausschließlich vom Vorsitzenden des Aufsichtsrates K. vorgenommen worden.
Ohne Rechtsirrtum hat daher schon die Abgabenbehörde erster Instanz in ihrer Berufungsvorentscheidung weiters ausgeführt, daß der Beschwerdeführer diesen Zustand von vornherein nicht hätte hinnehmen dürfen. Gemäß § 95 Abs. 5 erster Satz des Aktiengesetzes 1965, BGBl. Nr. 98, können Maßnahmen der Geschäftsführung dem Aufsichtsrat nicht übertragen werden. Diese Bestimmung unterbindet eine Kompetenzverschiebung zwischen dem geschäftsführenden Organ und dem Kontrollorgan, um die Trennung der Bereiche Geschäftsführung und Kontrolle der Geschäftsführung auch insoweit abzusichern. Maßnahmen der Geschäftsführung können dem Aufsichtsrat weder durch die Satzung oder einen Hauptversammlungsbeschluß noch durch das geschäftsführende Organ übertragen werden, andererseits fehlt dem Aufsichtsrat die Befugnis und kann ihm auch von keiner Seite eingeräumt werden, Angelegenheiten der Geschäftsführung zur eigenen Erledigung an sich zu ziehen (vgl. Schiemer, Handkommentar zum Aktiengesetz2, Seite 406, Anmerkung 6.1 zu § 95). Da auch dem Vorstandsmitglied Ing. P. keine finanziellen Agenden übertragen waren, hat sich durch dessen Ausscheiden für den Beschwerdeführer keine Änderung seiner Lage ergeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, daß der Geschäftsführer einer GesmbH, der sich in der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten durch die Gesellschafter oder durch dritte Personen behindert sieht, entweder sofort im Rechtsweg die Möglichkeit der unbehinderten Ausübung seiner Funktion zu erzwingen oder seine Funktion niederzulegen und als Geschäftsführer auszuscheiden hat; der Geschäftsführer, der weiterhin als solcher tätig bleibt, obwohl er sich in seiner Pflichterfüllung behindert sieht, hat (beim Vorliegen aller anderen Voraussetzungen) auch seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung der die GesmbH treffenden Abgaben verletzt (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom , Zl. 89/15/0059, und vom , Zl. 92/17/0057, sowie die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Hiezu ist freilich ergänzend anzumerken, daß es nicht zu den ABGABENRECHTLICHEN PFLICHTEN des Vertreters des Abgabenschuldners zählt, die Vertreterstellung durch Rücktritt zur Aufhebung zu bringen (Erkenntnisse vom , Zl. 83/17/0104, und vom , Slg. Nr. 6012/F). Gemeint ist vielmehr, daß es der Vertreter IN DER HAND HAT bzw. daß ES SEINE SACHE IST, im Rechtsweg die Ausübung seiner Rechte zu erzwingen oder die Geschäftsführungsbefugnis zurückzulegen (Erkenntnisse vom , Zl. 17/0705/80, und vom , Zl. 81/17/0079).
Eine solche einseitige Niederlegung der Vertretungsbefugnis ist, wie dem Geschäftsführer einer GesmbH., auch dem Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft möglich. Als empfangsbedürftige Willenserklärung erlangt die Rücktrittserklärung eines wie immer bestellten Vorstandsmitglieds verbandsrechtliche Geltung, sobald sie der Gesellschaft in rechtsgültiger Weise zugekommen ist (vgl. Schiemer, a.a.O., Seite 287, Anmerkung 9.4 zu
§ 75 Aktiengesetz; Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts5, S. 226;
Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht3 II, Seite 262; , GesRZ 1977, 143).
Wenn der Beschwerdeführer dagegen einwendet, ihm könne aus dem Ablauf eines knapp sechsmonatigen Zeitraumes bis zur Zurücklegung seiner Vorstandsfunktion kein Verschulden angelastet werden, zumal die Möglichkeit, die Ausübung seiner Rechte im Rechtsweg zu erzwingen, einen weit größeren zeitlichen Aufwand erfordert hätte, ist ihm zu erwidern, daß ein Zuwarten durch 6 Monate jedenfalls als zu lang anzusehen ist. Auch hat der Beschwerdeführer niemals behauptet, den Rechtsweg eingeschlagen zu haben.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.