VwGH vom 24.06.1997, 94/17/0167
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängingen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-05/25/00013/93, betreffend Übertretung des Getränkesteuergesetzes für Wien, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:
"Sie haben es bis zum unterlassen, die Getränkesteuer für die Zeit vom bis für den Betrieb in W im Betrag von S 297.224,-- einzubekennen und zu entrichten.
Sie haben dadurch in der Zeit vom bis
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1) | die Getränkesteuer für das Jahr 1989 mit dem Betrag von | |||||||||
S 203.400,-- und | ||||||||||
2) | die Getränkesteuer für das Jahr 1990 mit dem Betrag von | |||||||||
S 93.824,-- |
verkürzt und dadurch zwei Verwaltungsübertretungen begangen."
Der Beschwerdeführer habe Verwaltungsübertretungen nach § 10 Abs. 1 Getränkesteuergesetz für Wien 1971 (im folgenden: Wr. GetrStG) begangen. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer zu 1) eine Geldstrafe von S 80.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 27 Tage) und zu 2) eine Geldstrafe von S 38.900,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 13 Tage) verhängt.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a. - und zwar in Erwiderung des Berufungsvorbringens, der Vorwurf, vom bis Getränkesteuer nicht einbekannt und entrichtet zu haben, stehe im Widerspruch mit dem Verkürzungszeitraum bis -, es handle sich beim erstgenannten um den Steuerzeitraum, also jenen Zeitraum, in welchem die Sachverhalte verwirklicht (d.h. die Getränke entgeltlich abgegeben) worden seien, an die das Gesetz das Entstehen der Steuerschuld knüpfe; beim letztgenannten Zeitraum hingegen um den Deliktszeitraum, also jenen Zeitraum, in dem der Beschwerdeführer pflichtwidrig nicht nur die Entrichtung, sondern auch die Erklärung, die gemäß § 7 Abs. 1 Wr. GetrStG am 10. Februar jedes Jahres abzugeben sei, unterlassen habe. Es sei einzuräumen, daß die fahrlässige Verkürzung der Getränkesteuer für die Dauer von zwei Jahren kein fortgesetztes Delikt darstelle, weil bei Fahrlässigkeit ein einheitlicher Tatvorsatz und damit ein Fortsetzungszusammenhang begrifflich ausgeschlossen sei. Aus diesem Grund "war nicht eine Strafe, sondern waren zwei Strafen, nämlich für die beiden Jahre des gegenständlichen Steuerzeitraumes je eine Strafe, zu verhängen, entsprechend der Pflicht zur jährlichen Steuererklärung".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die vorliegende Beschwerde enthält einleitend folgende
Erklärung:
"Die Entscheidung wird zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (Unvollständigkeit des Ermittlungsverfahrens) angefochten.
Durch die angefochtene Entscheidung wurde der Beschwerdeführer
Tabelle in neuem Fenster öffnen
- | in dem ihm gemäß § 19 VStG gesetzlich gewährleisteten Recht auf fehlerfreie Handhabung des bei der Festlegung der Strafe auszuübenden Ermessens, sowie | |||||||||
- |
verletzt."
Im Sinne der im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N.F. Nr. 11.525/A, aufgestellten Grundsätze geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß als verletztes Recht im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG das Recht anzusehen ist, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der zur Last gelegten Übertretung schuldig erkannt und nicht mit der ausgesprochenen Strafe bestraft zu werden.
In der Sache erweist sich die Beschwerde im Ergebnis schon aus folgendem Grund als begründet:
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0250, dargelegt hat, auf dessen Entscheidungründe im Grunde des § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ist der Straftatbestand des § 10 Abs. 1 Wr. GetrStG dem Tatbild nach ein Erfolgsdelikt. Eine Verkürzung liegt dabei bereits dann vor, wenn die Abgabe nicht zu den vorgesehenen Terminen - dies ist nach § 7 Abs. 1 erster Satz Wr. GetrStG der 10. Tag eines jeden Monats für den Vormonat - entrichtet wird. Mit der Verkürzung ist auch der Erfolg eingetreten, das Delikt nicht nur vollendet sondern auch beendet. Spätere nach Ablauf des vorgesehenen Termins vorgenommene Handlungen oder weiter andauernde Unterlassungen vermögen an der bereits eingetreten Verkürzung nichts zu ändern. Wie im zitierten Erkenntnis weiters ausgeführt wird, ist die Einreichung bzw. Nichteinreichung der Jahreserklärung (bis 10. Februar jedes Jahres für die im Vorjahr entstandene Steuerschuld) keine Handlung bzw. Unterlassung, wodurch die (bereits verkürzten) Abgaben (neuerlich) verkürzt werden könnten.
Gemäß § 31 Abs. 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
Sind seit dem im Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf gemäß § 31 Abs. 3 erster Satz VStG ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden.
Für den Beschwerdefall ist demnach festzuhalten, daß für den zeitlich letzten Entrichtungszeitraum Dezember 1990 die Abgaben bereits mit verkürzt waren. Die zum Vorwurf gemachte strafbare Tätigkeit war damit bereits abgeschlossen, das strafbare Verhalten hatte damit aufgehört. Die belangte Behörde hätte daher - da die Strafbarkeitsverjährung nach dem oben Gesagten im Laufe des Berufungsverfahrens (mit und vor Erlassung des mit datierten angefochtenen Bescheides) eingetreten war - das (erstinstanzliche) Straferkenntnis durch Bescheid zu beheben gehabt (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 81/11/0075).
Auch für den Fall der Annahme einer Scheinkonkurrenz in Form eines fortgesetzten Deliktes - worauf sich die belangte Behörde zutreffend gar nicht beruft, weil die Anlastung einer fahrlässigen Abgabenverkürzung ein fortgesetztes Delikt ausschließt (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/17/0080, und die dort zitierte Vorjudikatur) - ändert sich nichts daran, daß bereits mit - durch die letzte vorgeworfene Verkürzung - das Delikt geendet hätte. Nachfolgende im Fortsetzungszusammenhang stehende Einzelhandlungen wurden auch gar nicht festgestellt.
Der angefochtene Bescheid war daher schon aus den oben angeführten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.