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VwGH vom 22.02.1999, 94/17/0162

VwGH vom 22.02.1999, 94/17/0162

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Magistrates der Stadt Wien gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-05/25/00280/93, betreffend Übertretung des Vergnügungssteuergesetzes 1987 (mitbeteiligte Partei: R), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

An die mitbeteiligte Partei erging folgende Aufforderung zur Rechtfertigung vom :

"Sie haben als Geschäftsführer der R GmbH die Vergnügungssteuer für einen im Betrieb W, gehaltenen Spielapparat der Type 'Admiral Star-Pot' (StANr. 6280892009) für den Monat August 1992 unter Verletzung der Anmeldepflicht nicht rechtzeitig entrichtet.

Sie haben dadurch die Vergnügungssteuer in Wien in der Zeit vom 26. bis mit dem Betrag von S 14.000,-- verkürzt und § 19 Abs. 1 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1987 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG begangen."

Der Magistrat der Stadt Wien erließ in der Folge gegenüber der mitbeteiligten Partei das Straferkenntnis vom , dessen Schuldspruch wie folgt lautet:

"Sie haben es als Geschäftsführer der R GmbH., die Aufstellerin und Eigentümerin des nachstehend angeführten Apparates war, unter Verletzung der Anmeldepflicht bis zum unterlassen, die Vergnügungssteuer für den Monat August 1992 für den im Betrieb in W, gehaltenen Spielapparat der Type 'Admiral Star-Pot' (StANr. 6280892009) zu entrichten.

Sie haben hiedurch die Vergnügungssteuer in Wien in der Zeit vom bis mit dem Betrag von S 14.000,-- verkürzt und eine Verwaltungsübertretung begangen."

Die mitbeteiligte Partei habe dadurch § 14 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 17 Abs. 3 und 19 Abs. 1 VGSG in Anwendung des § 9 Abs. 1 VStG verletzt. Über die mitbeteiligte Partei wurde eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt.

Die mitbeteiligte Partei erhob Berufung.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt.

In der Begründung dieses Bescheides vertritt die belangte Behörde die Auffassung - und begründet dies in der Folge näher -, daß im vorliegenden Fall die innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erfolgte Tatanlastung in der Aufforderung zur Rechtfertigung - im Gegensatz zum nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist gefällten Straferkenntnis - keine Aussage darüber getroffen habe, in welcher Funktion die gegenständliche Gesellschaft, als deren vertretungsbefugtes Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG die mitbeteiligte Partei belangt worden sei, steuerpflichtig gewesen sei und ihre Steuerpflicht verletzt habe, nämlich ob als juristische Person, in deren Namen oder auf deren Rechnung die Veranstaltung durchgeführt worden sei, oder als Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder als Eigentümer des Apparates. Dennoch habe die erstinstanzliche Behörde der mit Straferkenntnis erfolgten Bestrafung zwei tatbestandsmäßige Sachverhaltselemente zugrunde gelegt, die in der Aufforderung zur Rechtfertigung nicht angelastet worden seien, nämlich, daß die gegenständliche Gesellschaft zur Tatzeit "Aufstellerin" und Eigentümerin des in Rede stehenden Apparates gewesen wäre. Es habe somit die Aufforderung zur Rechtfertigung die Verfolgungsverjährung nicht unterbrochen, weil sie sich nicht auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art. 131 Abs. 2 B-VG in Verbindung mit § 14a des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, LGBl. Nr. 53/1990, in der Fassung LGBl. Nr. 4/1996, gestützte Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, "die Beschwerde mangels Beschwer zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde begründet in der Gegenschrift ihren Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde damit, daß das erstinstanzliche Straferkenntnis (aus den näher angeführten Gründen) zu Recht behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt worden sei, "weshalb der beschwerdeführenden Partei die Beschwer fehlt, was nach Ansicht der belangten Behörde die Zurückweisung (vgl. z.B. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/17/0022) der Beschwerde zur Folge hat".

Bei einer sogenannten "Amtsbeschwerde" (auch "Organbeschwerde") im Grunde des Art. 131 Abs. 1 Z. 2 und 3 sowie Abs. 2 B-VG wird nicht ein Eingriff in subjektive Rechte, sondern die objektive Rechtswidrigkeit eines verwaltungsbehördlichen Bescheides behauptet (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 68). Da bei einer solchen Beschwerde die Verletzung eines Rechtes des Beschwerdeführers (und auch die Behauptung einer solchen, vgl. § 28 Abs. 2 VwGG) nicht in Betracht kommt, gehen die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde ins Leere (bei dem von der belangten Behörde zitierten Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom handelt es sich um eine Parteibeschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG, bei dem mit dem damals angefochtenen Bescheid entsprechend dem Berufungsantrag des damaligen Beschwerdeführers der Berufung stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid behoben wurde).

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist auch begründet:

Wie die Beschwerdeführerin zutreffend - im Einklang mit der Aktenlage und von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift auch zugestanden - ausführt, wurde im Straferkenntnis der mitbeteiligten Partei die Verkürzung der Vergnügungssteuer bis angelastet. Die Verjährungsfrist war somit von diesem Zeitpunkt an zu berechnen. Nach § 32 AVG hätte demnach die Frist am geendet. Der war jedoch ein Samstag, sodaß gemäß § 33 Abs. 2 AVG die Frist an diesem Tag nicht endete, sondern erst am folgenden Montag, dem . An diesem Tag erfolgte die Postaufgabe des Straferkenntnisses. Damit wurde auch noch durch das erstinstanzliche Straferkenntnis noch innerhalb der gemäß § 31 Abs. 2 VStG festgelegten Verjährungsfrist eine - und zwar geeignete - Verfolgungshandlung gesetzt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 84/01/0005).

Wenn die belangte Behörde nunmehr in der Gegenschrift - und anders als im angefochtenen Bescheid - die Auffassung vertritt, auch das Straferkenntnis vom stelle wegen der nicht hinreichenden Umschreibung des Tatvorwurfes keine geeignete Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG dar, so ist sie nicht im Recht.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 1664/75, VwSlg. 9664 A/1978, in ständiger Judikatur die Auffassung, daß als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte alle Handlungen der Behörde gelten, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, die gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebenen Weise zu prüfen, wobei eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung unterbricht, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat.

Soweit sich nun die belangte Behörde in der Gegenschrift zur Stützung ihres Standpunktes auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/17/0070, beruft, verkennt sie, daß der damals entschiedene Fall eine andere Sachlage betraf. Die Aussage in diesem Erkenntnis, es fehle jeglicher Hinweis, "welche konkrete (Vergnügungs-)Steuerschuld nicht innerhalb der Fälligkeit entrichtet worden sei", betraf (lediglich) den Umstand, daß mangels einer tauglichen Verfolgungshandlung innerhalb der Verjährungsfrist die belangte Behörde die Bestrafung der damaligen Beschwerdeführerin wegen der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung "- unter nunmehriger Konkretisierung der Tat -" (und zwar durch Konkretisierung des Tatvorwurfes durch "... für den unter der Steuer-Nr. 9050990015 angemeldeten Apparat ...") nicht aufrechterhalten hätte dürfen (siehe Seite 4 dieses Erkenntnisses). Es ging also darum, daß innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist kein verjährungsunterbrechender Verfolgungsschritt vorgelegen war, weil - bezogen auf welchen Apparat - jeglicher Hinweis fehlte, "welche konkrete (Vergnügungs-)Steuerschuld nicht innerhalb der Fälligkeit entrichtet worden sei" (die damalige Beschwerdeführerin hatte geltend gemacht, sie sei Geschäftsführerin einer Gesellschaft, die ca. 30 bis 40 steuerpflichtige Apparate aufgestellt gehabt habe).

Die belangte Behörde ist auch nicht im Recht, wenn sie sich in ihrer Gegenschrift auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/17/0131, betreffend Haftung für Vergnügungssteuer, beruft, wonach das bloße Aufstellen des Apparates, etwa in einem Gastgewerbebetrieb, allein nicht geeignet wäre, die Vergnügungssteuerpflicht auszulösen. Die belangte Behörde verkennt dabei, daß die Verfolgungshandlung hinsichtlich eines Verhaltens vorgenommen worden sein muß, das sich dem Tatbestand der als erwiesen angenommenen Verwaltungsübertretung unterstellen läßt; es ist aber nicht entscheidend, ob die zur Last gelegte Tat (hier:

Unterlassung der Entrichtung der Vergnügungssteuer "unter Verletzung der Anmeldepflicht bis ..." für den "gehaltenen", näher bezeichneten Spielapparat) auch (letztlich) strafbar ist (hier:

weil mangels "tatsächlichen" Betreibens der Spielapparat nicht "gehalten" wurde und daher keine Steuerpflicht bestand).

Die belangte Behörde macht in der Gegenschrift weiters geltend, es ergebe sich aus der Rechtfertigung des Beschuldigten vom , daß ihm nicht klar gewesen sei, von welchem Aufstellungsdatum (von welcher konkreten Vergnügungssteuerschuld) die Erstbehörde eigentlich ausgegangen sei, und daß er daher offensichtlich gar nicht in der Lage gewesen sei, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten. Die belangte Behörde übersieht dabei, daß die Tatzeit hinsichtlich des Haltens des gegenständlichen Apparates hinreichend konkretisiert ist ("... vom bis zum ..."). Es ist unerfindlich, warum die mitbeteiligte Partei keine Möglichkeit gehabt haben sollte, auf den konkreten Tatvorwurf (hinsichtlich der Tatzeit) bezogene Beweise anzubieten. Für das Halten des Apparates und damit die Steuerpflicht im August 1992 - nach § 6 des (Wiener) Vergnügungssteuergesetzes 1987 in der Fassung LGBl. Nr. 59/1991 besteht die Steuerpflicht je Apparat und begonnenem Kalendermont - war es auch nicht entscheidend, ob und wann vor dieser der mitbeteiligten Partei zum Vorwurf gemachten Tatzeit der Apparat aufgestellt (und betrieben) wurde.

Aus den oben angeführten Gründen folgt der

Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde auch nicht, wenn sie

in der Art einer Zusammenfassung meint, im vorliegenden Fall fehle

dem Tatvorwurf etwa die Umschreibung: "... in dem die genannte

Gesellschaft den Spielapparat am ... aufstellen ließ und jedem

potentiellen Interessenten die Inbetriebnahme des Spielapparates

ermöglichte, dieser jedoch erst am ... von ... zur

Vergnügungssteuer angemeldet wurde und die Vergnügungssteuer erst

am ... entrichtet wurde."

Die Beschwerdeführerin ist auch im Recht, wenn sie sich gegen die Auffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid wendet, die Aufforderung zur Rechtfertigung vom habe keine die Verjährung unterbrechende Verfolgungshandlung dargestellt, weil sie keine Aussage enthalte, in welcher Funktion die gegenständliche Gesellschaft, als deren vertretungsbefugtes Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG die mitbeteiligte Partei belangt worden sei, steuerpflichtig gewesen sei und ihre Steuerpflicht verletzt habe.

In dem von der Beschwerdeführerin zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 91/15/0155, traf der Gerichtshof zum (Wiener) Dienstgeberabgabegesetz die Aussage, daß als Übertretungsnorm im Sinne des § 44a Z. 2 VStG § 8 Abs. 1 dieses Gesetzes (in der Stammfassung) heranzuziehen sei. Der Gerichtshof ist damit davon ausgegangen, daß (bereits) § 8 Abs. 1 Dienstgeberabgabegesetz (in der Stammfassung), wonach Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen zu bestrafen sind, Strafnorm im Sinne des § 44a Z. 2 VStG ist. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Grund, diese Aussage auf § 19 Abs. 1 des (Wiener) Vergnügungssteuergesetzes 1987 in der Fassung LGBl. Nr. 73/90 zu übertragen, in dem ebenfalls bestimmt wird, daß Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Steuer ... verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen ... zu bestrafen sind.

Ausgehend vom Grundsatz, daß bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien im § 32 Abs. 2 VStG auf eine bestimmte Person als Beschuldigten abgestellt wird, dem eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung angelastet wird, sodaß sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG beziehen muß (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 86/18/0073, VwSlg. 12 375 A/1987), ist für die Tauglichkeit einer Verfolgungshandlung nicht, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid meint, zu fordern, daß in ihr auch vorgeworfen werden müsse, in welcher Funktion der Abgabepflichtige (hier: als dessen vertretungsbefugtes Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG die mitbeteiligte Partei belangt wurde) gehandelt habe, nämlich ob als "Aufsteller" (Unternehmer der Veranstaltung) und/oder als Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und/oder als Eigentümer des Apparates (vgl. § 13 Abs. 1 Vergnügungssteuergesetz 1987). Handelt es sich doch dabei um kein Tatbestandsmerkmal der verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 19 Abs. 1 Vergnügungssteuergesetz 1987). Das ändert freilich nichts daran, daß die Handlung oder Unterlassung, durch die die Abgabe verkürzt wurde, näher zu konkretisieren ist. Daß dies bei der Aufforderung zur Rechtfertigung vom nicht der Fall gewesen wäre, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu finden.

Die belangte Behörde verkannte daher auch aus diesem Grund die Rechtslage. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am