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VwGH vom 23.10.2000, 99/17/0370

VwGH vom 23.10.2000, 99/17/0370

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde 1. des A und

2. der E, beide vertreten durch P KEG, Rechtsanwälte in M, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-1507/1, betreffend Erschließungsbeitrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde B), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den beschwerdeführenden Parteien auf einem nach dem Flächenwidmungsplan als Freiland ausgewiesenen Grundstück die Baubewilligung zum Neubau einer Garage für landwirtschaftliche Fahrzeuge.

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den beschwerdeführenden Parteien gemäß "§ 19 der Tiroler Bauordnung" den Erschließungsbeitrag von S 30.411,-- vor.

In der Berufung brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, nach § 2 Abs. 3 zweiter Satz Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz (TirVAG) würden Gebäude, die auf Sonderflächen nach § 47 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 (TROG) zulässig seien, nicht als Gebäude gelten. Bei dem Neubau einer Garage für landwirtschaftliche Fahrzeuge handle es sich um ein sonstiges land- und forstwirtschaftliches Gebäude, welches auf Sonderflächen nach § 47 TROG zulässig sei. Nach § 7 Abs. 1 TirVAG seien die Gemeinden ermächtigt, im Falle eines Neubaus oder der Änderung eines Gebäudes, durch die eine Baumasse vergrößert werde, einen Erschließungsbeitrag zu erheben. Da die Garage nach den Definitionen des § 2 Abs. 3 zweiter Satz TirVAG nicht als Gebäude gelte, sei die Gemeinde nicht berechtigt, nach § 7 Abs. 1 TirVAG einen Erschließungsbeitrag vorzuschreiben.

Der Gemeindevorstand wies die Berufung mit Bescheid vom als unbegründet ab und vertrat die Auffassung, dass dieses Gebäude von der Beitragspflicht nicht ausgenommen sei.

Die belangte Behörde wies die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, es handle sich "unbestritten um einen Zubau" einer landwirtschaftlich genützten Garage an ein bestehendes landwirtschaftliches Gebäude, das sich im Freiland befinde. Wenn es sich um ein Gebäude handle, das rechtens im Freiland errichtet worden sei, bestehe keine Veranlassung darin einen Anwendungsfall des § 2 Abs. 3 TirVAG zu erblicken. Nach dieser Bestimmung seien unter anderem auf Sonderflächen nach § 47 TROG zulässige Gebäude nicht als Gebäude im Sinne des § 44 Tiroler Bauordnung (TBO) anzusehen. Der Zubau sei jedoch auf einer gemäß § 42 Abs. 2 TROG als Freiland gewidmeten Grundfläche errichtet worden und daher liege kein auf einer Sonderfläche nach § 47 TROG zulässiges Gebäude vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführenden Parteien bringen zunächst vor, bei dem Bauvorhaben handle es sich nicht, wie die belangte Behörde als "unbestritten" feststellte, um einen "Zubau", sondern um einen "Neubau".

In der Baubewilligung wird der Neubau einer Garage für landwirtschaftliche Fahrzeuge bewilligt. Eine Seite dieses Bauvorhabens grenzt nach den im Akt liegenden Plänen mit einem Teil der Außenmauern unmittelbar an einen Altbestand. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens besteht kein Streit, um welches Bauvorhaben es sich bei der Abgabenvorschreibung handelt. Die unterschiedliche Bezeichnung "Zubau" im angefochtenen Bescheid und "Neubau" im Baubewilligungsbescheid ist irrelevant, weil es für die Vorschreibung des Erschließungsbeitrages nicht darauf ankommt, ob das Bauvorhaben als Zubau oder Neubau bezeichnet wird. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird mit diesem Beschwerdevorbringen nicht aufgezeigt.

Wie die belangte Behörde in der Gegenschrift weiter zu der gerügten Anführung des § 19 der TBO im Bescheid der ersten und zweiten Instanz als die für die Vorschreibung des Erschließungsbeitrages maßgebende Rechtsgrundlage zutreffend ausführt, handelte es sich bei der Zitierung dieser Bestimmung um ein sich bei der Festsetzung des Erschließungsbeitrages nicht weiter auswirkendes Fehlzitat. Die Anführung der Gesetzesbestimmung ist bei der Abgabenvorschreibung kein essenzielles Erfordernis. Daher wird ein Bescheid im Falle der Anführung einer unrichtigen Rechtsgrundlage nicht allein schon deswegen rechtswidrig. Die Vorschreibung erfolgte inhaltlich nach dem im Beschwerdefall anzuwendenden TirVAG.

Das TirVAG, LGBl. Nr. 22/1998, regelt nach § 1 Abs. 1 lit. b die Erhebung von Beiträgen zu den Kosten der Verkehrserschließung (Erschließungsbeitrag).

Gemäß § 7 Abs. 1 dieses Gesetzes werden die Gemeinden ermächtigt, im Falle des Neubaus eines Gebäudes oder der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, einen Erschließungsbeitrag zu erheben.

Nach § 2 Abs. 3 zweiter Satz TirVAG gelten Städel, die landwirtschaftlichen Zwecken dienen, Bienenhäuser, auf Sonderflächen nach § 47 des TROG 1997 zulässige Gebäude und bauliche Anlagen vorübergehenden Bestandes im Sinne des § 44 der TBO 1998 nicht als Gebäude.

Im Flächenwidmungsplan ist nach § 35 Abs. 1 erster Satz TROG unbeschadet der Planungskompetenzen des Bundes und des Landes unter Berücksichtigung der Ziele der örtlichen Raumordnung, des örtlichen Raumordnungskonzeptes und der Ergebnisse der Bestandsaufnahme für alle Grundflächen des Gemeindegebietes der Verwendungszweck durch die Widmung als Bauland, Freiland, Sonderflächen oder Vorbehaltsflächen festzulegen.

Nach § 41 Abs. 1 TROG gelten als Freiland alle Grundflächen des Gemeindegebietes, die nicht als Bauland, Sonderflächen oder Vorbehaltsflächen gewidmet sind und die nicht Verkehrsflächen nach § 54 Abs. 3 erster Satz sind.

Die Widmung von Grundflächen als Sonderflächen für sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude, wie Almgebäude, Kochhütten, Feldställe, Städel in Massivbauweise udgl., ist nach § 47 TROG nur zulässig, wenn

a) die Gebäude nach Größe, Ausstattung und sonstiger Beschaffenheit für einen bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb betriebswirtschaftlich erforderlich sind und

b) die Widmung insbesondere den Zielen der örtlichen Raumordnung nach § 27 Abs. 2 lit. e, f, g und h nicht widerspricht.

Nach der Baubewilligung vom wurde der Neubau der Garage für landwirtschaftliche Fahrzeuge auf einer als Freiland ausgewiesenen Grundfläche bewilligt. Eine Widmung der Grundfläche, auf der der Neubau einer Garage bewilligt wurde, als Sonderfläche nach § 47 TROG erfolgte nach den Feststellungen der belangte Behörde und dem Inhalt der vorgelegten Akten nicht. Das Vorliegen einer solchen Widmung wurde von den beschwerdeführenden Parteien auch nicht behauptet.

Die Auffassung der beschwerdeführenden Parteien, jedes auf Sonderflächen zulässige Gebäude, gelte auch dann nicht als Gebäude nach § 2 Abs. 3 TirVAG, wenn sich dieses Gebäude nicht auf einer Sonderfläche befindet, trifft nicht zu. Die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 3 zweiter Satz TirVAG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/17/0387) auf Sonderflächen nach § 47 des TROG zulässige Gebäude nur dann anwendbar, wenn das Gebäude auch auf der Sonderfläche errichtet wurde. Die belangte Behörde versagte somit die Anwendung dieser Ausnahmebestimmung für das auf dem Freiland errichtete Gebäude mit Recht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am