VwGH vom 20.03.2000, 99/17/0366

VwGH vom 20.03.2000, 99/17/0366

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des R, vertreten durch Dr. F, Dr. O und Mag. A, Rechtsanwälte in V, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem-521302/10-1999-Si/Wö, betreffend Kanalanschlussgebühr (mitbeteiligte Partei: Gemeinde R, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer für den Anschluss einer näher bezeichneten Liegenschaft mit einem aus Wohn- und Betriebsräumen bestehenden Objekt an das Kanalnetz ausgehend von einer Gesamtfläche von 1.663 m2 und einem Abgabensatz von S 200,-- pro Quadratmeter die Kanalanschlussgebühr (inklusive Umsatzsteuer) in der Höhe S 365.860,-- (abzüglich der Vorauszahlung in der Höhe von S 33.000,-- verblieb ein Gesamtbetrag von S 332.860,--) vor.

In der Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, für die im ersten Stock liegende Wohnung werde die Berechnungsart nach den Quadratmetern zur Kenntnis genommen. Der gesamte Betrieb sei auf Grund seiner Größe und Beschaffenheit jedoch ein Sonderfall, dem auf Grund des Interessentenbeiträge-Gesetzes Rechnung zu tragen sei.

Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid des Bürgermeisters vom vollinhaltlich. Dies mit der Begründung, stelle man dem Einheitswert des Betriebsgrundstückes von S 4,247.000,-- die vorgeschriebene Kanalanschlussgebühr von S 332.860,-- gegenüber, so ergebe sich schon daraus, dass kein wirtschaftliches Missverhältnis vorliege. Dies umso mehr, wenn man bedenke, dass der Einheitswert nur einen Bruchteil des tatsächlichen wirtschaftlichen Wertes der Liegenschaft darstelle. Zur Frage des für die Liegenschaft entstehenden Nutzens habe der Gemeinderat ein Gutachten des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Wasserbau, eingeholt. Danach seien bei einer errechneten Gesamtbelastung von 17 Einwohnergleichwerten (EGW) die alternativen Abwasserentsorgungskosten rund S 723.000,-- zu veranschlagen. Die Ausführungen in diesem Gutachten seien schlüssig und nachvollziehbar. Stelle man diese alternativen Entsorgungskosten der Anschlussgebühr gegenüber, so ergebe sich kein Missverhältnis.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung brachte der Beschwerdeführer vor, auf der Liegenschaft seien vom Dezember 1997 bis nach der Anzeige der Wasseruhr nur 48 m3 Wasser verbraucht worden. Eine dafür angemessene biologische Kläranlage hätte höchstens S 109.800,-- gekostet. In der im Jahr 1993 errichteten flüssigkeitsdichten Senkgrube seien bis zum Dezember 1997 die Abwässer gesammelt und in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Dünger aufgebracht worden. Eine mit dem vorhandenen Vakuumfass in die ca. 1,5 km entfernte Kläranlage durchzuführende "Entsorgung" würde Kosten unter der vorgeschriebenen Kanalgebühr verursachen. Es werde daher die Herabsetzung der Kanalanschlussgebühr nach dem tatsächlichen Anteil des Nutzens beantragt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Dies mit der Begründung, es sei das Gutachten eines Amtssachverständigen eingeholt worden, der die - fiktiven - Gesamtbaukosten einer vollbiologischen Kleinkläranlage für die Abwässer der Liegenschaft mit S 723.000,-- errechnet habe. Die vom Beschwerdeführer angegebenen Kosten von S 109.800,-- beinhalteten nur die Lieferung einer Kleinkläranlage (der Listenpreis für 17 Einwohnergleichwerte liege bei S 145.600,--), nicht aber die Kosten des Einbaus, der Betriebseinrichtungen (z.B. Elektroinstallation) und des erforderlichen Ableitungskanals zum Vorfluter. Dem Beschwerdeführer erwachse ein Aufwand in fast doppelter Höhe der vorgeschriebenen Kanalanschlussgebühr von S 365.860,--, wenn er eine vollbiologische Kläranlage für 17 EGW mit einem 380 m langen Ableitungskanal errichten müsste. Der Beschwerdeführer sei daher durch die ihm vorgeschriebene Kanalanschlussgebühr nicht in seinen Rechten verletzt. Zum Vorwurf, bei Berechnung des Nutzens nicht eine alternative und billigere Senkgrubeneinrichtung berücksichtigt zu haben, werde darauf hingewiesen, dass die Ableitung von Schmutzwässern in Senkgruben bei Neu-, Zu- und Umbauten, die nicht für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke bestimmt seien, gemäß § 35 Abs. 2 Oö. BauO unzulässig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Festsetzung einer angemessenen, dem Gesetz entsprechenden niedrigen Kanalanschlussgebühr verletzt; er fühle sich in seinem Recht auf Festsetzung von Interessentenbeiträgen, die nicht in einem wirtschaftlichen Missverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründeten Liegenschaft und überdies zu dem für die Liegenschaft aus der Anlage und Errichtung entstehenden Nutzen stehen verletzt.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Gemeinde erstatteten Gegenschriften.

Der Beschwerdeführer äußerte sich zur Gegenschrift der

mitbeteiligten Gemeinde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides kommt dem Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, weil der Verwaltungsgerichtshof nach der Anordnung des § 41 Abs. 1 VwGG nicht zu prüfen hat, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers, sondern ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 11.525/A).

Nach dem in der Beschwerde formulierten Beschwerdepunkt begehrt der Beschwerdeführer vom Verwaltungsgerichtshof die Überprüfung der Höhe der unter Beachtung des § 1 Abs. 3 Oberösterreichisches Interessentenbeiträge-Gesetz festzusetzenden Kanalanschlussgebühr.

Nach § 1 Abs. 3 Interessentenbeiträge-Gesetz 1958, LGBl. für Oberösterreich Nr. 28, i.d.F. der Novellen LGBl. Nr. 55/1968 und LGBl. Nr. 57/1973 (IBG), darf an Interessentenbeiträgen jeweils nicht mehr erhoben werden, als den von der Gemeinde geleisteten oder voranschlagsmäßig zu leistenden Aufwendungen entspricht. Die Höhe der Interessentenbeiträge darf ferner nicht in einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Missverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft und überdies zu dem für die Liegenschaft aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen stehen.

Zur Beurteilung eines wirtschaftlichen Missverhältnisses zwischen der Kanalanschlussgebühr und dem Wert der Liegenschaft stellte die Behörde der Kanalanschlussgebühr von insgesamt S 365.860,-- den Einheitswert des Betriebsgrundstückes zum in der Höhe von S 4,247.000,-- gegenüber und bemerkte, der Einheitswert stelle nur einen Bruchteil des tatsächlichen wirtschaftlichen Wertes einer Liegenschaft dar. Diese Feststellung der Berufungsbehörde wurde in der Vorstellung nicht konkret bestritten. Die belangte Behörde durfte den Einheitswert und die Anschlussgebühr als Verhältnisgrößen gegenüberstellen und bei diesen Beträgen zu Recht vom Nichtvorliegen eines Missverhältnisses im Sinn des § 1 Abs. 3 Oberösterreichisches Interessentenbeiträge-Gesetz ausgehen.

Die belangte Behörde stellte nach Einholung eines Gutachtens fest, bei einer erforderlichen Ausbaugröße von 17 Einwohnergleichwerten seien die alternativen Abwasserentsorgungskosten mit rund S 723.000,-- zu veranschlagen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wurden über das zu entsorgende Ausmaß der auf der Liegenschaft anfallenden Abwässer Erhebungen durchgeführt und Feststellungen getroffen. Dem Gutachten und diesen Feststellungen im angefochtenen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer nicht konkret widersprochen. Der Beschwerdeführer vertritt allerdings die Auffassung, der Wasserverbrauch der Liegenschaft habe vom Dezember 1997 bis nur 48 m3 betragen und es sei bei der Prüfung des Nutzens nicht auf die alternativen Entsorgungskosten, sondern auf die anfallenden und zu entsorgenden Abwässer abzustellen.

Die Kanalanschlussgebühr ist ein Beitrag zu den Kosten der Errichtung der gesamten gemeindeeigenen Kanalisationsanlage. Bei der Missverhältnisprüfung können daher die Kanalanschlussgebühren den Gesamterrichtungskosten einer zulässigen alternativen Entsorgungseinrichtung gegenübergestellt werden. Die Größe dieser Entsorgungseinrichtung hängt von der zu erwartenden Inanspruchnahme ab, wobei die Kapazität einer derartigen Anlage auf den Spitzenbedarf ausgelegt sein kann (vgl. hg. Erkenntnisse vom , Zl. 87/17/0003, und vom , Zl. 97/17/0105). Das der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde gelegte Gutachten vom errechnete ausgehend von der Anzahl der auf der Liegenschaft Beschäftigten und dem Vorhandensein zweier größerer Wohnungen eine Gesamtbelastungsgröße von rund 17 Einwohnergleichwerten. Die Berechnung der Dimension der Abwasserbeseitigungsanlage nach Einwohnergleichwerten erscheint nicht gesetzwidrig. Entscheidend ist nämlich die mögliche Ableitungsfracht und nicht die tatsächlich entstandene. Der Beschwerdeführer hat gegen die Berechnung auch nichts Konkretes vorgebracht. Zu den Kosten einer dafür zu errichtenden Kleinkläranlage wurden die weiteren Kosten des erforderlichen Ableitungskanals hinzugezählt, wodurch sich schlüssig begründet und nachvollziehbar die Gesamtsumme von rund S 723.000,-- ergab. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kommt es bei den - fiktiven - Gesamterrichtungskosten der alternativen Kanalanlage nicht darauf an, welche - ständig sich ändernden - Abwassermengen in einem bestimmten Zeitraum über den errichteten Kanal der mitbeteiligten Gemeinde dann tatsächlich abgeleitet wurden, sondern auf die erforderliche Kapazität der alternativen Entsorgungseinrichtung.

Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Ein Kostenersatzbegehren wurde von der mitbeteiligten Gemeinde nicht gestellt.

Wien, am