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VwGH vom 28.02.2000, 99/17/0323

VwGH vom 28.02.2000, 99/17/0323

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

99/17/0320 E

99/17/0321 E

99/17/0322 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde 1. des M und

2. der K, beide vertreten durch Rechtsanwälte T & Partner in W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom , Zl. 02/04-169-1999, betreffend Vorstellung i.A.

Kostenbeitrag für Aufschließungsmaßnahmen (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben den Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 2.282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am schloss die mitbeteiligte Gemeinde mit verschiedenen Personen, darunter den Beschwerdeführern, ein Parzellierungsübereinkommen. Darin wurde die Übereignung näher genannter Grundstücke an die mitbeteiligte Gemeinde vereinbart.

In Punkt III. 3) dieses Abkommens heißt es:

"Der Rechtsgrund und die Gegenleistung für die vorgenannte Übergabe resultiert daraus, dass von der Gemeinde A (der mitbeteiligten Gemeinde) als Verwalterin des öffentlichen Gutes die erforderlichen Aufwendungen und Investitionen zur Errichtung der obigen Verkehrsflächen erbracht werden. Diese Leistungen werden einvernehmlich mit ... S 30.000,-- festgestellt und entfallen auf die vorgenannten Liegenschaftseigentümer im Verhältnis ihrer Liegenschaftsflächen."

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführern gemäß § 9 des Burgenländischen Baugesetzes 1997, LGBl. Nr. 10/1998 (im Folgenden: Bgld BauG), in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom aus Anlass der erstmaligen Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen die Entrichtung eines Kostenbeitrages für Aufschließungsmaßnahmen in der Höhe von S 17.141,76 vor. Die Berechnungslänge betrage 16 Laufmeter. Der Einheitsssatz für die Herstellung des Unterbaues betrage S 630,50, jener für die Herstellung der Straßendecke S 261,-- und jener für die Herstellung der Straßenbeleuchtung S 179,86.

Der Gesamtbetrag errechne sich daher wie folgt:

16 x 630,50 = S 10.088,--

16 x 261,-- = S 4.176,--

16 x 179,86 = S 2.877,76

Gesamt S 17.141,76

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung, in welcher sie auf das Parzellierungsübereinkommen vom , insbesondere auf dessen Punkt III. 3) verwiesen. Die Beschwerdeführer hätten von den insgesamt 18.983 m2 Grundfläche laut Parzellierungsübereinkommen eine solche von 4232 m2 eingebracht. Sie hätten hiedurch für die Aufschließungsmaßnahmen der mitbeteiligten Gemeinde bereits einen Betrag von S 6.688,-- geleistet.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die Berufungsbehörde aus, es bestehe kein Zusammenhang zwischen dem Übernahmspreis gemäß Punkt III. des in Rede stehenden Parzellierungsübereinkommens und den gesetzlichen Anliegerleistungen der Beschwerdeführer. Schon die Herstellung eines provisorischen Schotterweges habe der mitbeteiligten Gemeinde einen Kostenaufwand von S 52.500,-- verursacht. Es könne daher "keine entsprechende Gutschrift" gewährt werden.

Die Beschwerdeführer erhoben Vorstellung. Die Ausführungen im Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde seien unzutreffend. Richtig sei vielmehr, dass sich die mitbeteiligte Gemeinde als Verwalterin des öffentlichen Gutes verpflichtet habe, die erforderlichen Aufwendungen und Investitionen zur Errichtung der Verkehrsfläche als Gegenleistung für die Übergabe einer Grundstücksfläche von 1949 m2 ins öffentliche Gut zu erbringen.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde dieser Vorstellung keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde aus, es sei im vorliegenden Fall allein maßgeblich, ob der angefochtene Bescheid den einschlägigen generellen Normen entspreche. Dies sei hier unter Beachtung des § 9 Bgld BauG und der Einheitssatzverordnung der mitbeteiligten Gemeinde der Fall. Demgegenüber könnten öffentlich rechtliche Verpflichtungen nicht Gegenstände zivilrechtlicher Verfügungen sein. Das von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte Parzellierungsübereinkommen sei allenfalls geeignet, zivilrechtliche Konsequenzen auszulösen, für die Frage der Rechtmäßigkeit des mit Vorstellung angefochtenen Abgabenbemessungsbescheides jedoch ohne Belang.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführer erachten sich erkennbar in ihrem Recht verletzt, nicht mit einem Kostenbeitrag für Aufschließungsmaßnahmen belastet zu werden, wenn es an den Voraussetzungen hiefür mangelt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes mit dem Antrag geltend, den Bescheid aus diesem Grunde aufzuheben.

In der Beschwerde wird geltend gemacht, dass das in Rede stehende Parzellierungsübereinkommen auf Grund der vorangegangenen mündlichen Vereinbarungen und Gespräche wie folgt zu interpretieren gewesen sei:

Die bisherigen Grundstückseigentümer (darunter auch die Beschwerdeführer) hätten eine bestimmte ihnen gehörige Fläche an die mitbeteiligte Gemeinde zur Übernahme in das öffentliche Gut zu übereignen gehabt. Andererseits hätte die Gemeinde hiefür keine Geldleistung zu erbringen gehabt. Vielmehr sollte die Gegenleistung der mitbeteiligten Gemeinde darin bestehen, dass die jeweiligen Grundstückseigentümer und deren Rechtsnachfolger von sämtlichen im Zusammenhang mit der Errichtung von Verkehrsflächen zu erbringenden Leistungen befreit sein sollten. Die mit der gegenständlichen Vorstellung bekämpfte Abgabenvorschreibung verstoße jedoch gegen die in dieser Vereinbarung abgegebene Zusage der mitbeteiligten Gemeinde. Die Beschwerdeführer hätten mit gutem Glauben davon ausgehen können, dass sich die mitbeteiligte Gemeinde an die von ihr geschlossenen Verträge halten würde. Schließlich sei nicht geprüft worden, ob der von der mitbeteiligten Gemeinde festgesetzte Beitrag nicht bereits im Wege der Kompensation erfüllt worden sei.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 9 und § 10 Bgld BauG lauten (auszugsweise):

"§ 9

Kostenbeiträge für Aufschließungsmaßnahmen

(1) Die Gemeinde hat die notwendigen Aufschließungsmaßnahmen (Herstellung, Wiederherstellung oder Verbreiterung der Verkehrsflächen und Straßenbeleuchtung) insbesondere unter Berücksichtigung des zu erwartenden Verkehrs und der jeweiligen straßenbautechnischen Erkenntnisse zu treffen.

(2) Die Gemeinden werden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates von den Eigentümern der als Bauland gewidmeten Grundstücke (Abgabepflichtige) Beiträge zur Deckung der Kosten für nachstehende Aufschließungsmaßnahmen zu erheben:

1. zur erstmaligen Herstellung der Verkehrsfläche und der Straßenbeleuchtung,

...

(3) Die Höhe des Beitrages ergibt sich aus dem Produkt der Berechnungslänge des Grundstückes (Abs. 4) und dem jeweiligen Einheitssatz (Abs. 5).

(4) Die Berechnungslänge ist die Länge der der Verkehrsfläche nächstgelegenen Grundstücksgrenze. ...

(5) Die Einheitssätze sind vom Gemeinderat durch Verordnung für die unter Z 1 bis 4 genannten Maßnahmen getrennt festzusetzen. Diese dürfen jeweils die halben Durchschnittskosten für die erstmalige Herstellung eines Laufmeters

1. des Unterbaues einer 3 m breiten mittelschweren befestigten Fahrbahn einschließlich Oberflächenentwässerung


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2.
einer 3 m breiten Straßendecke
3.
eines 1,5 m breiten Gehsteiges sowie
4.
einer Straßenbeleuchtung
nicht übersteigen.
...
§ 10
Rechtsnatur der Kostenbeiträge,
Verfahren
...

(2) Der Abgabenanspruch entsteht, wenn die von der Gemeinde beschlossenen Aufschließungsmaßnahmen fertig gestellt sind. ..."

Gemäß seinem § 35 trat das Bgld BauG mit in Kraft.

Unbestritten ist, dass die Abgabenvorschreibung durch den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde im Einklang mit den oben wiedergegebenen Bestimmungen des Bgld BauG sowie mit den einschlägigen Bestimmungen der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom erfolgt ist.

Die Beschwerdeführer vertreten aber nach wie vor die Auffassung, die Vorschreibung sei auf Grund des diesbezüglichen Verzichtes der mitbeteiligten Gemeinde im Parzellierungsübereinkommen vom ausgeschlossen.

Der belangten Behörde kann jedoch nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Auffassung vertrat, die in Rede stehende zivilrechtliche Vereinbarung sei für die Abgabenvorschreibung irrelevant:

Es sehen nämlich weder das Bgld BauG noch die Bgld LAO eine derartige Vereinbarung oder die Berücksichtigung einer solchen Vereinbarung vor. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, verbietet es sich einerseits, einer allfälligen Vereinbarung die Wirkungen eines öffentlich rechtlichen Vertrages beizumessen, weil ein solcher nur zulässig ist, wenn eine gesetzliche Ermächtigung den Abschluss eines solchen ausdrücklich vorsieht. Andererseits kann eine zivilvertragliche Rechtsgestaltung, derzufolge die Abgabenschuld trotz gegebener Tatbestandsmäßigkeit nicht (bzw. nicht in voller Höhe) entstünde, mangels einer diesbezüglichen (Berücksichtigungs-)Regelung in den Abgaben(Verfahrens)vorschriften weder das Entstehen des Abgabenanspruches hindern noch dessen Inhalt verändern. Entstehung, Inhalt und Erlöschen der Abgabenschuld, einschließlich des diesbezüglichen Verfahrens und der diesbezüglichen Rechtsformen hoheitlichen Handelns sind nämlich ausschließlich durch Gesetz (im materiellen Sinn) geregelt. Eine Nachsicht der Abgabenschuld im Bereich des Abgabenrechts kann nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen und in der dafür vorgesehenen Rechtsform - nämlich in Bescheidform - erfolgen (vgl. zu all dem das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/17/0119).

Dass aber die Gemeindeabgabenbehörden bescheidmäßig auf den Kostenbeitrag für Aufschließungsmaßnahmen verzichtet hätten, wird von den Beschwerdeführern nicht behauptet.

An diesem Ergebnis vermag auch die Berufung der Beschwerdeführer auf Treu und Glauben nichts zu ändern.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erweist sich nämlich das in Art. 18 Abs. 1 B-VG normierte Legalitätsprinzip stärker als jeder andere Grundsatz, insbesondere jener von Treu und Glauben. Dieser Grundsatz darf und kann daher der gesetzmäßigen Anwendung bindender Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Demnach ist davon auszugehen, dass die Treu- und Glaubensregel keinesfalls über dem jeweils anzuwendenden Recht steht und es kann auch Treu und Glauben das gesatzte Recht nicht verdrängen (vgl. Stoll, BAO II, 1295).

Auch das Vorbringen, der angefochtene Vorstellungsbescheid sei deshalb rechtswidrig, weil seitens der Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde die Frage nicht geprüft worden sei, ob der Abgabenanspruch etwa durch Kompensation mit zivilrechtlichen Ansprüchen der Beschwerdeführer erloschen sei, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Über die Frage der Aufrechnung gegen die Abgabenschuld mit (behaupteten) zivilrechtlichen Gegenforderungen des Abgabepflichtigen ist nämlich im Abgabenfestsetzungsverfahren nicht abzusprechen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 94/17/0373, und vom , Zl. 99/17/0187).

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am