VwGH vom 28.02.2000, 99/17/0317

VwGH vom 28.02.2000, 99/17/0317

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

99/17/0318

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien 1. vom , Zl. UVS-05/K/30/00925/97, und 2. vom , Zl. UVS-05/V/30/00344/98, betreffend zu 1. Übertretung des Wiener Parkometergesetzes und zu 2. der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit der Übertretung des Wiener Parkometergesetzes,

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom wird als unzulässig zurückgewiesen; und

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

Mit Berufungsbescheid vom gab die belangte Behörde einer Berufung gegen ein Straferkenntnis betreffend eine Übertretung nach dem Wiener Parkometergesetz keine Folge. Dieser Bescheid wurde am durch Hinterlegung zugestellt und blieb zunächst vor dem Verwaltungsgerichtshof unbekämpft.

Am brachte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde folgende Eingabe ein:

"GZ: UVS-05/K/30/00925/97

Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand § 71 AVG

Ich stelle den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 71 AVG, da weder die MA 67 noch der UVS Wien auf meine Einwendungen bzw. Beweisanträge eingegangen sind.

Im Juni 1998 habe ich meine Ortsabwesenheit bei dem zuständigen Postamt gemeldet.

Der UVS hat sich nicht an den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 8 AVG) gehalten.

Weiters dürfte der MA 67 und dem UVS Wien entgangen sein, dass von meiner Berufung vom bis zum angeblichen Aufforderungsschreiben vom bereits mehr als 1 Jahr verstrichen ist und somit säumig wurde.

Es wird um Verständigung der MA 67 ersucht."

Mit einer weiteren Eingabe vom legte der Beschwerdeführer die Bestätigung des Postamtes über seine Ortsabwesenheit für den Zeitraum vom bis vor.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist als unbegründet ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe im Wiedereinsetzungsantrag keine ausdrückliche Angaben über die Rechtzeitigkeit des Antrages gemacht und die versäumte Handlung nicht nachgeholt.

Gegen diesen Bescheid und gegen den Bescheid vom richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. Nichtbestrafung nach dem Wiener Parkometergesetz verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die zweifach kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist gemäß § 71 AVG (§ 24 VStG) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten, oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Berufungsfrist versäumt hat, weil der Bescheid fälschlich die Angabe enthält, dass keine Berufung zulässig sei.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ein Rechtsbehelf der Partei, um die Rechtsfolgen einer unverschuldeten Säumnis zu beseitigen (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht 7, Rz. 611).

Der Berufungsbescheid vom wurde dem Beschwerdeführer am durch Hinterlegung zugestellt und enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig sei sowie den Hinweis auf die Möglichkeit der Einbringung einer Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshofbeschwerde innerhalb von sechs Wochen. Die im Wiedereinsetzungsantrag vom erhobenen Einwendungen sind keine in einem Wiedereinsetzungsantrag geltend zu machende Wiedereinsetzungsgründe, sondern Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des mit Bescheid vom entschiedenen Verfahrens, die in einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof vorzubringen gewesen wären. Die Einrichtung der Wiedereinsetzung dient nicht der Bekämpfung einer unrichtigen Anwendung des Gesetzes (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I 2, angeführte Entscheidung 13 zu § 71 AVG).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bleibt die Partei im Verfahren wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an den im Antrag vorgebrachten Wiedereinsetzungsgrund gebunden. Eine Auswechslung dieses Grundes im Berufungsverfahren ist rechtlich unzulässig (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/17/0136). Dies gilt auch dann, wenn der objektive Erklärungswert eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Beschwerdeverfahren durch die Partei eine andere Deutung erfahren soll.

In der Beschwerde wird behauptet, der Beschwerdeführer habe "einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Stellungnahme zu dem "ihm" angeblich zugestellten Schreiben der Behörde vom gestellt, weil er das von der Behörde angesprochene Schreiben nie erhalten habe und von dessen Existenz erstmals durch Zustellung des Berufungsbescheides erhalten habe". Diese Darstellung entspricht nicht dem objektiven Erklärungswert des oben wiedergegebenen Wiedereinsetzungsantrages. Im Übrigen ist ein Wiedereinsetzungsantrag auch dann nicht zulässig, wenn das den Fristablauf auslösende Schriftstück nicht zugestellt wurde, weil dann eine Fristversäumung gar nicht eintreten konnte (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0117).

Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis zu Recht den Wiedereinsetzungsantrag mangels einer Fristversäumung abgewiesen. Es erübrigt sich somit ein näheres Eingehen darauf, dass der Beschwerdeführer nach der am erfolgten Zustellung des Bescheides vom den Antrag binnen zwei Wochen am gestellt hat, dies im Antrag aber nicht ausdrücklich angeführt hat, und eine "Nachholung" der versäumten Handlung mangels der Versäumung einer solchen im Antrag gar nicht möglich gewesen wäre.

Die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Bescheid der belangten Behörde vom wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt. Die sechswöchige Beschwerdefrist endete am . Ein Wiedereinsetzungsantrag beim Verwaltungsgerichtshof gegen die Versäumung der Beschwerdefrist wurde nicht gestellt.

Wegen Ablaufs der Beschwerdefrist war die erst am beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 VwGG gebildeten Senat als verspätet zurückzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung war nach § 39 Abs. 2 Z. 1 (Zurückweisung) und Z. 6 (Abweisung) VwGG Abstand zu nehmen, letzteres weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 MRK erforderlich, weil in diesem Beschwerdefall über die Rechtmäßigkeit der Abweisung eines auf die Abänderung eines rechtskräftig gewordenen Bescheides zielenden Wiedereinsetzungsantrages sowie die Rechtzeitigkeit einer Beschwerde und damit nicht über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen eine Person erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft den zweifach geltend gemachten Vorlage- und Schriftsatzaufwand. Die Gegenschrift ist ein gemeinsamer Schriftsatz für die Beschwerde gegen die zwei bekämpften Bescheide und die Verwaltungsakten wurden gemeinsam in einem Aktenkonvolut vorgelegt. Es war somit nur der einfache Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzuerkennen.

Wien, am