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VwGH vom 20.09.1996, 94/17/0122

VwGH vom 20.09.1996, 94/17/0122

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

96/16/0212 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde 1. des Dr. G, Rechtsanwalt in B, und 2. des P in T, vertreten durch den Erstbeschwerdeführer, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. MD-VfR - F 27/93, F 29/92, G 48 und 50/92, betreffend Haftung für Lohnsummensteuer und Dienstgeberabgabe samt Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Haftung betreffend Lohnsummensteuer und zugehörigem Säumniszuschlag wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Die Entscheidung über die Haftung betreffend Dienstgeberabgabe samt Säumniszuschlag ergeht unter Zl 96/16/0212.

Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Haftungsbescheid vom wurden der Erstbeschwerdeführer und mit Haftungsbescheid vom der Zweitbeschwerdeführer jeweils gemäß § 7 und § 54 WAO für den Rückstand an Dienstgeberabgabe und Lohnsummensteuer der im Haftungsbescheid näher bezeichneten GesmbH für den Zeitraum

7 - 9/90 in der Höhe von S 16.994,-- haftbar gemacht. In den

Begründungen der Bescheide heißt es im wesentlichen übereinstimmend die Beschwerdeführer seien im Firmenbuch als Geschäftsführer (der Erstbeschwerdeführer bis ) der im Haftungsbescheid angeführten Gesellschaft eingetragen gewesen und hätten weder die Zahlung veranlaßt noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen. Sie hätten somit die ihnen als Geschäftsführer auferlegten Pflichten verletzt und seien daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft uneinbringlich sei. Der Rückstand setze sich wie folgt zusammen:

"Lohnsummen-

steuer 8/90 S 9.978,-- lt. Erklärung v.

9/90 S 5.472,-- lt. Erklärung v.

-Überzahlung 10/90 S 720,-- lt. Erklärung v.

Säumnis-

zuschlag 8-9/90 S 295,--

Dienst-

geberabgabe 7/90 S 650,-- lt. Erklärung v.

Dienst-

geberabgabe 8/90 S 480,-- lt. Erklärung v.

Dienst-

geberabgabe 9/90 S 800,-- lt. Erklärung v.

Säumnis-

zuschlag 7-9/90 S 39,-- lt. Erklärung v.

S 16.994,--"

============

Mit weiterem Haftungsbescheid vom wurde der Erstbeschwerdeführer gemäß § 7 und § 54 WAO anteilig in der Höhe von 95 % der offenen Abgabenforderungen für den Rückstand an Dienstgeberabgabe und Lohnsummensteuer der im Haftungsbescheid näher bezeichneten GesmbH für den Zeitraum 3, 5, 7, 8 und 9/1990 in der Höhe von S 20.713,80 haftbar gemacht. In der Begründung heißt es, der Erstbeschwerdeführer sei bis im Firmenbuch als Geschäftsführer eingetragen gewesen und habe weder die Bezahlung veranlaßt noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen. Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der Gesellschaft auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft uneinbringlich sei. Die in der Stellungnahme vorgebrachten Gründe seien nicht geeignet, die schuldhafte Verletzung der ihm auferlegten Pflichten zu widerlegen, weshalb ein Haftungsbescheid zu erlassen gewesen sei. Der Rückstand setze sich wie folgt zusammen:

"Lohnsummensteuer

3, 5/1990 Rest 8,9/1990 S 18.822,-- Erklärung vom

Säumniszuschlag

7, 8, 9/1990 S 561,--

Dienstgeberabgabe S 2.350,-- Erklärung vom

Säumniszuschlag S 71,--"

Unter Berücksichtigung der vom Masseverwalter in Aussicht gestellten Quote von maximal 5 % seien nur 95 % dieses Betrages, somit S 20.713,80, als Haftung geltend zu machen.

Mit Haftungsbescheid vom wurde der Zweitbeschwerdeführer gemäß § 7 und § 54 WAO anteilig in der Höhe von 95 % der offenen Abgabenforderungen für den Rückstand an Dienstgeberabgabe und Lohnsummensteuer der im Haftungsbescheid näher bezeichneten GesmbH für den Zeitraum 3, 5, 7, 8, 9 und 10/1990 in der Höhe von S 30.141,60 haftbar gemacht. In der Begründung heißt es, der Zweitbeschwerdeführer sei im Firmenbuch als Geschäftsführer der genannten Gesellschaft eingetragen und habe weder die Bezahlung veranlaßt, noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen. Er habe somit die ihm als Geschäftsführer der Gesellschaft auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft uneinbringlich sei. Der Rückstand setze sich wie folgt zusammen:

"Lohnsummensteuer

3,5/1990 Rest 8, 9, 10/1990 S 27.392,-- Erklärung v.

Säumniszuschlag

7, 8, 9, 10/1990 S 732,--

Dienstgeberabgabe

8, 9, 10/1990 S 3,510,-- Erklärung v.

Säumniszuschlag

7, 8, 9, 10/1990 S 94,--"

Unter Berücksichtigung der vom Masseverwalter in Aussicht gestellten Quote von maximal 5 % seien nur 95 % dieses Betrages, somit S 31.304,40, als Haftung geltend zu machen.

Nach Abweisung der Berufungen mit Berufungsvorentscheidungen und nach gestellten Anträgen auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurden mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufungen gegen den an den Erstbeschwerdeführer ergangenen Haftungsbescheid vom und den an den Zweitbeschwerdeführer ergangenen Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Die Haftungsbescheide vom wurden dahin abgeändert, daß die Haftung des Erstbeschwerdeführers auf den Zeitraum Juli bis September 1990 im Gesamtbetrag von S 20.710,-- und die Haftung des Zweitbeschwerdeführers auf den Zeitraum Juli bis Oktober 1990 im Gesamtbetrag von S 30.137,80 eingeschränkt wurde. Im übrigen wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, es stehe nach der Aktenlage fest, daß die Abgabenforderungen in der genannten Höhe gegen die Gesellschaften bestünden. Weiters stehe fest, daß die Beschwerdeführer als Geschäftsführer zu dem im § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis gehörten. Über das Vermögen der Gesellschaften sei das Konkursverfahren eröffnet worden. Der Masseverwalter habe erklärt, daß bei der in den Bescheiden vom 19. August und genannten GesmbH die Gläuber der allgemeinen Konkursklasse keine Quote erhalten würden, bei der in den Bescheiden vom genannten GesmbH bezifferte er die Konkursquote mit 5 %. Somit sei der Abgabenrückstand bei der erstangeführten GesmbH zur Gänze und bei der zweitangeführten GesmbH zu 95 % uneinbringlich. Die Beschwerdeführer hätten nicht konkret dargetan, daß diese Beurteilung unzutreffend sei. Die Pflichtverletzung der Beschwerdeführer ergebe sich aus der Mißachtung des § 6 Abs. 1 Dienstgeberabgabegesetz, wonach der Abgabepflichtige bis zum 10. Tag jedes Monats die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten habe. Die Lohnsummensteuer sei gemäß § 28 Abs. 1 GewStG 1953 für einen Kalendermonat am 15. des darauffolgenden Monats fällig. Somit hätten die Beschwerdeführer Sorge tragen müssen, daß die Dienstgeberabgabe und die Lohnsummensteuer entrichtet werden. Die Beschwerdeführer hätten vorgebracht, nicht sie, sondern der 3. Geschäftsführer sei für die Abgabengebarung zuständig gewesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die schriftliche Erklärung vom einen tauglichen Nachweis für diese Behauptung darstelle, da auf Grund der Aktenlage feststehe, daß der 3. Geschäftsführer jedenfalls im Juli 1990 aus seiner Funktion ausgeschieden sei. Damit seien etwaige Vereinbarungen über die Aufteilung der Geschäftsführeragenden gegenstandslos geworden. Somit müsse jedenfalls mindestens einen der Beschwerdeführer ab August 1990 die Verpflichtung getroffen haben, für die fristgerechte Entrichtung der Dienstgeberabgabe und Lohnsummensteuer Sorge zu tragen. Beide Abgaben seien Selbstbemessungsabgaben, das heiße, der Abgabepflichtige habe den Steuerbetrag von sich aus festzustellen und abzuführen. Zum Zeitpunkt der Fälligkeit der in Rede stehenden Abgaben seien nur mehr die Beschwerdeführer Geschäftsführer gewesen. Da die Abgaben zur Gänze nicht entrichtet worden seien, wäre eine Kontrolle besonders leicht durchführbar gewesen, da einerseits durch die Beschäftigung von Dienstnehmern in Wien eine Dienstgeberabgabe und Lohnsummensteuer in Wien anfallen habe müssen, andererseits die tatsächliche Leistung von Zahlungen anhand der Zahlungsbelege leicht geklärt werden könne. Waren keine Zahlungsbelege für die Abgaben vorhanden, sei auch keine Zahlung geleistet worden. Dazu komme, daß die Einholung einer Auskunft bei der kontoführenden Dienststelle des Magistrates genügt hätte, um dies festzustellen. Die Beschwerdeführer hätten nicht stichhältig erklären können, weshalb ihnen bei dieser Sachlage die angefallenen Abgabenrückstände verborgen bleiben konnten. Sie hätten die beauftragten Personen bei ihrer Tätigkeit so zu überwachen, daß ihnen Steuerrückstände nicht verborgen blieben. Aus der Darstellung des als Zeugen einvernommenen Steuerberaters sei zu ersehen, daß der Erstbeschwerdeführer jedenfalls am informiert worden sei, daß die Buchhaltung der Gesellschaften keine eindeutige Aussage über die Richtigkeit der Gebarung zuließ. Daher hätte dieser nicht länger darauf vertrauen können, daß der mit der Abgabengebarung betraute Zweitbeschwerdeführer seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt habe, er hätte daher tätig werden müssen. Es wäre leicht festzustellen gewesen, daß die Dienstgeberabgabe und die Lohnsummensteuer zur Gänze nicht entrichtet worden seien. Trotz Vorhalt dieser Umstände hätten die Beschwerdeführer nicht dargetan, daß besondere Umstände vorgelegen seien, die eine solche Feststellung unverschuldet nicht möglich gemacht hätten. Nach Auffassung der belangten Behörde erscheine es ermessensgerecht, beide Beschwerdeführer gleichermaßen zur Haftung heranzuziehen. Dafür spreche, daß der Zweitbeschwerdeführer primär mit der Abgabengebarung betraut gewesen sei, der Erstbeschwerdeführer zwar erst später von den Unzukömmlichkeiten Kenntnis erlangt habe, aber ihm als Rechtsanwalt die rechtlichen Konsequenzen dieses Umstandes sofort bewußt hätten sein müssen. Weiters hätten die Beschwerdeführer selbst nicht dargelegt, daß einer von ihnen primär zur Haftung heranzuziehen gewesen wäre. Überdies habe die Geltendmachung der Haftung für beide Geschäftsführer zur Folge, daß ein Gesamtschuldverhältnis entstehe, so daß ein zivilrechtlicher Regreßanspruch gegeben sei. Damit hätten es die Beschwerdeführer in der Hand, zivilrechtlich selbst einen Ausgleich herzustellen, zumal sich am zivilrechtlichen Regreßanspruch nichts ändern würde, hätte die Abgabenbehörde nur einen Beschwerdeführer zur Haftung herangezogen. Für den Monat Oktober 1990 komme ohnedies nur der Zweitbeschwerdeführer in Betracht, da der Erstbeschwerdeführer zum Zeitpunkt der Fälligkeit bereits als Geschäftsführer ausgeschieden gewesen sei. Daß die Unterlassung der Entrichtung der Dienstgeberabgabe und Lohnsummensteuer ursächlich für deren nunmehrige Uneinbringlichkeit sei, sei evident. Im Hinblick auf das Ausscheiden der Abgabenrückstände für März und Mai 1990 ergebe sich bei der im Haftungsbescheid vom genannten GesmbH für den Zeitraum Juli bis September 1990 ein Rückstand von 20.710,-- (95 % von 21.800,--) und für Juli bis Oktober 1990 ein Rückstand von S 30.137,80 (95 % von 31.724,--).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Nichtheranziehung zur Haftung verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 WAO, idF LGBl. für Wien Nr. 21/1962, haften die in den §§ 54 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 54 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den mit den §§ 7, 54 WAO gleichartigen Rechtsvorschriften in anderen Landesabgabenordnungen sowie in der Bundesabgabenordnung setzt eine darauf gestützte Haftungsinanspruchnahme voraus, daß die rückständigen Abgaben uneinbringlich wurden und dies auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters zurückzuführen ist. Die Heranziehung des Vertreters zur Haftung gemäß § 7 Abs. 1 WAO hat weiters zur Voraussetzung, daß zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters und der Uneinbringlichkeit der Forderung ein Rechtswidrigkeitszusammenhang besteht. Das Tatbestandsmerkmal

"... infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern

auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können" ist etwa dann als erfüllt anzusehen, wenn der Vertreter bei oder nach Fälligkeit der Verbindlichkeiten Mittel für die Bezahlung - gegebenenfalls nach gleichmäßiger Aufteilung der Zahlungsmittel auf alle Verbindlichkeiten - zur Verfügung hatte und er nicht für die Abgabentilgung - wenn auch nur anteilig - Sorge getragen hat. Der Vertreter darf Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen aus dem von ihm verwalteten Vermögen zu begleichenden Schulden. Insoweit ist auch das Ausmaß der Haftung bestimmt.

Weiters ist zu beachten, daß der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, es sei Sache des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht Sorge dafür tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Außerdem hat der Vertreter darzutun, daß er die Abgabenforderungen bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel nicht benachteiligt hat. Diese den Vertreter treffende qualifizierte Mitwirkungspflicht kann freilich nicht so aufgefaßt werden, daß die Abgabenbehörde jedweder Ermittlungspflicht entbunden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0216, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).

Im Beschwerdefall ist das Bestehen der Abgabenforderungen, die Stellung der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der genannten Gesellschaften m.b.H. und die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen in dem in den Bescheiden angeführten Umfang unbestritten. Weiters steht die Abberufung des 3. Geschäftsführers per sowie die Zurücklegung der Geschäftsführerfunktion durch den Erstbeschwerdeführer mit außer Streit. Es ist auch unbestritten, daß bis Ende Oktober 1990 ausreichend Mittel vorhanden waren, um die Abgabenschuldigkeiten zu begleichen.

In der Beschwerde wird vielmehr vorgebracht, es habe eine Aufgabenteilung bestanden. Für die Abgabenangelegenheiten sei der 3. Geschäftsführer zuständig gewesen, der allerdings im Juli 1990 aus seiner Funktion ausgeschieden sei. Wenn die belangte Behörde daraus schließe, daß eine etwaige Vereinbarung über die Aufteilung der Geschäftsführeragenden damit gegenstandslos geworden sei, dann sei diese Auffassung unzutreffend. Der Erstbeschwerdeführer habe stets darauf verwiesen, daß auch nach dem Ausscheiden des 3. Geschäftsführers keine Änderung in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sei und beide Geschäftsführer unverzüglich nach dem Ausscheiden die Steuerberatungskanzlei beauftragt hätten, insbesondere zu überprüfen, ob irgendwelche Rückstände an Abgabenverbindlichkeiten bestünden.

Zu den im § 54 Abs. 1 WAO genannten Personen gehören auch die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die die Gesellschaft gerichtlich oder außergerichtlich zu vertreten haben. Ihnen fallen die im § 54 Abs. 1 WAO erwähnten Pflichten grundsätzlich auch dann zu, wenn noch andere Geschäftsführer bestellt sind, es sei denn, daß Aufgabenteilungen bestehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/15/0059). Sind mehrere potentiell Haftende vorhanden, richtet sich die haftungsrechtliche Verantwortung danach, wer mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut ist. Der von den finanziellen, insbesondere steuerlichen Angelegenheiten ausgeschlossene Geschäftsführer ist in der Regel nicht in Anspruch zu nehmen. Verletzt jedoch der mit abgabenrechtlichen Angelegenheiten nicht befaßte Vertreter seine eigenen Pflichten dadurch grob, daß er trotz Unregelmäßigkeiten des zur Wahrnehmung abgabenrechtlicher Angelegenheiten Bestellten nichts unternimmt, um Abhilfe zu schaffen, so ist auch er haftbar, es sei denn, daß triftige Gründe ihm die Erfüllung dieser wechselseitigen Überwachungspflicht unmöglich machen. Allerdings kommt eine Überprüfung der Tätigkeit des mit der Abgabenentrichtung betrauten oder hiefür verantwortlichen Geschäftsführers durch andere Geschäftsführer nur dann in Betracht, wenn ein Anlaß vorliegt, an der Ordnungsmäßigkeit seiner Geschäftsführung zu zweifeln (vgl. z.B. das

hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0134, sowie die dort angeführte weitere Rechtsprechung).

Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der behaupteten Agendenverteilung die Auffassung, es könne dahingestellt bleiben, ob die schriftliche Erklärung vom einen tauglichen Nachweis für die Betrauung des 3. Geschäftsführers mit der Abgabengebarung darstelle, weil auf Grund der Aktenlage feststehe, daß dieser Geschäftsführer jedenfalls im Juli 1990 aus seiner Funktion ausgeschieden sei. Damit sei eine etwaige Vereinbarung über die Aufteilung der Geschäftsführeragenden gegenstandslos geworden. Es müsse zumindest jedenfalls einen der Beschwerdeführer ab August 1990 die Verpflichtung getroffen haben, für die fristgerechte Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Diese im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen sind jedoch betreffend den Erstbeschwerdeführer widersprüchlich. Einerseits geht die belangte Behörde davon aus, daß eine etwaige Vereinbarung über die Aufteilung der Geschäftsführeragenden gegenstandslos geworden sei. Im Verfahren wurde nicht vorgebracht, daß nach dem Ausscheiden des 3. Geschäftsführers eine neue Aufgabenverteilung vorgenommen wurde und dessen bisherige Aufgaben - darunter auch die Abgabengebarung - einem der verbleibenden Geschäftsführer ausschließlich zugewiesen wurde. Dergleichen ergibt sich auch sonst aus der Aktenlage nicht. In solchen Fällen gehen die abgabenrechtlichen Agenden, die von den Geschäftsführern zu besorgen sind, mangels einer anderslautenden Regelung in die Verantwortung der verbleibenden Geschäftsführer über. Andererseits bezeichnet die belangte Behörde - offenbar von einer Agendenverteilung ausgehend - den Zweitbeschwerdeführer als den "primär mit der Abgabengebarung" betrauten Geschäftsführer. Dieser wäre dann allerdings auch primär zur Haftung heranzuziehen gewesen, so daß die Geltendmachung der Haftung gegenüber dem Erstbeschwerdeführer rechtswidrig wäre, ist doch ein Kennen oder Kennenmüssen von abgabenrechtlichen Pflichtverletzungen des Zweitbeschwerdeführers auf Seiten des Erstbeschwerdeführers nicht festgestellt (siehe die Ausführungen weiter unten). Durch die widersprüchlichen Feststellungen belastete die belangte Behörde daher den angefochtenen Bescheid betreffend die Geltendmachung der Haftung dem Erstbeschwerdeführer gegenüber mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Ausgehend von den Feststellungen des angefochtenen Bescheides, wonach der Zweitbeschwerdeführer primär mit der Abgabengebarung betraut gewesen sei, wird in der Beschwerde nichts Konkretes vorgebracht, wonach der Zweitbeschwerdeführer nicht der (primär) für die Abgabengebarung Verantwortliche gewesen wäre. Wenn dieser aber die Auffassung vertritt, er habe alles in seiner Macht Stehende unternommen, um allfällige Rückstände aus der Zeit des 3. Geschäftsführers festzustellen, er hätte auch dementsprechende Überweisungen getätigt, wenn ein solcher Rückstand durch den beauftragten Steuerberater mitgeteilt worden wäre, dann übersieht er, daß die Beschwerdeführer nicht für die Unterlassung der Zahlung von Abgabenrückständen aus früheren Perioden, in denen auch der

3. Geschäftsführer noch tätig war, haftbar gemacht wurden, sondern für die nicht erfolgte Abgabenentrichtung nach Ausscheiden dieses Geschäftsführers. Um frühere Rückstände geht es im angefochtenen Bescheid gar nicht, sondern nur um die Entrichtung der laufenden Lohnsummensteuer und der Dienstgeberabgabe ab Juli 1990.

Die Beauftragung eines Steuerberaters mit den steuerlichen Agenden vermöchte den Geschäftsführer nicht zu exkulpieren (vgl. zuletzt hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0186). Die Heranziehung des Zweitbeschwerdeführers als den (primär) mit der Abgabengebarung betrauten Geschäftsführer zur Haftung erweist sich insofern nicht als rechtswidrig.

Das schuldhafte Verhalten und die Verantwortlichkeit des Erstbeschwerdeführers gründet sich nach dem angefochtenen Bescheid (auch) auf die Darstellung des als Zeugen einvernommenen Steuerberaters, wonach der Erstbeschwerdeführer jedenfalls am informiert worden sei, daß die Buchhaltung der Gesellschaften keine eindeutige Aussage über die Richtigkeit der Gebarung zuließ, weshalb der Erstbeschwerdeführer nicht länger darauf vertrauen hätte können, der mit der Abgabengebarung betraute Zweitbeschwerdeführer habe seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt. Deshalb hätte der Erstbeschwerdeführer selbst tätig werden müssen.

Wenn die belangte Behörde von einer Agendenaufteilung ausgeht, so kam eine Überprüfung der Tätigkeit des mit der Abgabenentrichtung betrauten oder hiefür verantwortlichen Geschäftsführers durch den anderen Geschäftsführer nur dann in Betracht, wenn ein Anlaß vorlag, an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung zu zweifeln (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0134).

Die Information des Steuerberaters betraf die Schwierigkeiten, die Finanzbuchhaltung der einzelnen Gesellschaften zu erstellen bzw. zu aktualisieren. Der Steuerberater war nämlich beauftragt, das gesamte Rechnungswesen sämtlicher zur Firmengruppe gehörenden Unternehmen zu überprüfen und ehebaldigst einen aktuellen Status für jedes einzelne Unternehmen zu erstellen. Daß auch Unregelmäßigkeiten bei der laufenden Abgabenentrichtung nach Ausscheiden des 3. Geschäftsführers bestünden und dies auch Gegenstand der Information des Steuerberaters gewesen sei, wurde im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt. Eine Erklärung dafür, worin im Beschwerdefall der Vertrauensverlust an der ordnungsgemäßen Geschäftsführung des Zweitbeschwerdeführers gelegen sein sollte, wenn nach Ausscheiden des für die Finanzgebarung Verantwortlichen die verbleibenden Geschäftsführer einen Steuerberater mit der Überprüfung des gesamten Rechnungswesens sämtlicher zur Firmengruppe gehörenden Unternehmen beauftragen und dieser auf die Vergangenheit bezogene Schwierigkeiten mitteilt, bleibt der angefochtene Bescheid in der Begründung schuldig. Es kann nämlich ein Fehlverhalten des Zweitbeschwerdeführers keineswegs aus den Schwierigkeiten mit der Finanzgebarung für die früheren Zeiträume abgeleitet werden, weil er dafür in der Vergangenheit nicht zuständig war. Daß es Anlaß für Zweifel nach Ausscheiden des 3. Geschäftsführers gegeben hätte, wurde nicht festgestellt. Es ergibt sich auch kein weiterer Hinweis aus dem angefochtenen Bescheid, daß der Erstbeschwerdeführer sonst Anlaß zu Zweifeln hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Aufgabenführung des Zweitbeschwerdeführers haben mußte. Eine stichhältige Begründung für die Verpflichtung des Erstbeschwerdeführers, in die Geschäftsführung des Zweitbeschwerdeführers einzugreifen, liegt somit nicht vor. Damit erweist sich aber die Schlußfolgerung, der Erstbeschwerdeführer hätte tätig werden müssen, als nicht begründet. Folglich fehlt es aber auch an einer begründeten Feststellung der Verantwortlichkeit des Erstbeschwerdeführers. Auch aus diesem Grunde belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Heranziehung des Erstbeschwerdeführers zur Haftung mangels einer ausreichenden Begründung mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die Geltendmachung einer Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt. Ermessensentscheidungen der Abgabenbehörde haben sich gemäß § 18 WAO (vgl. auch die gleichlautende Vorschrift des § 20 BAO) innerhalb der Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/15/0136, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Kommen mehrere Vertreter des Primärschuldners als Haftungspflichtige in Betracht, so ist die Ermessensentscheidung, wer von ihnen - allenfalls auch in welchem Ausmaß - in Anspruch genommen wird, entsprechend zu begründen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0044). Die belangte Behörde vertrat bei der Ermessensübung die Auffassung, daß beide Beschwerdeführer gleichermaßen zur Haftung heranzuziehen seien. Im Beschwerdefall hängt somit die Ermessensübung von der Frage ab, ob auch der Erstbeschwerdeführer haftet und ob die jeweiligen Anteile an der die Haftung begründenden schuldhaften Pflichtverletzungen nicht zu einer unterschiedlichen Ermessensübung führen müßten. Eine abschließende Ermessensübung kann daher im Beschwerdefall erst dann geübt werden, wenn klargestellt ist, ob beide Beschwerdeführer als Haftende heranzuziehen sind und welchen Anteil sie in diesem Fall an der schuldhaften Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten gehabt haben. Demnach erweist sich die Ermessensübung mangels schlüssiger Begründung sowohl betreffend den Erstbeschwerdeführer als auch betreffend den Zweitbeschwerdeführer als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der angefochtene Bescheid war daher hinsichtlich der die Lohnsummensteuer samt zugehörigem Säumniszuschlag betreffenden Haftungsinanspruchnahme gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Ein Ersatz von Umsatzsteuer war nicht zuzusprechen, weil dieser Aufwand bereits im Schriftsatzpauschale berücksichtigt ist.