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VwGH vom 28.02.2000, 99/17/0311

VwGH vom 28.02.2000, 99/17/0311

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde des K, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-05/K/25/00242/99, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über den Beschwerdeführer wurde mit Strafverfügung vom gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz eine Geldstrafe von S 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) verhängt, weil er am um 13.01 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone das näher bezeichnete mehrspurige Fahrzeug abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Er habe die Parkometerabgabe demnach fahrlässig verkürzt.

Im Einspruch gab der Beschwerdeführer an, er habe am um 13.01 Uhr das Kraftfahrzeug in der ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzone in Wien "abgestellt". Der Vorwurf des fehlenden Parkscheines sei unrichtig. Es sei ein Parkschein im Fahrzeug am Armaturenbrett mit den Entwertungen

12.30 Uhr angebracht gewesen. Er sei kurz vor 13.00 Uhr in Begleitung seiner Gattin zu seinem Kraftfahrzeug zurückgekehrt. Er beantrage die Einvernahme des Kontrollorgans und seiner Gattin als Zeugen.

Das Kontrollorgan gab als Zeuge niederschriftlich zu Protokoll, nach Einsicht in die von ihm am um 13.01 Uhr ausgestellte Organstrafverfügung könne er angeben, dass er das Kraftfahrzeug beanstandet habe, da er trotz genauer Nachschau keinen Parkschein wahrnehmen habe können.

Die Gattin des Beschwerdeführers gab als Zeugin an, sie sei damals Beifahrerin im Fahrzeug ihres Gatten und daher zur Tatzeit am Tatort gewesen. Das Fahrzeug sei kurz nach 12.15 Uhr abgestellt worden. Der Beschwerdeführer habe einen Parkschein für eine halbe Stunde entwertet. Sie sei während des Entwertens des Parkscheines neben dem Beschwerdeführer im Auto gesessen und könne daher bestätigen, dass er den Parkschein ordnungsgemäß ausgefüllt habe. Als Ankunftszeit habe er 12.30 Uhr angekreuzt, weil es bereits etwas nach 12.15 Uhr gewesen sei.

Das Straferkenntnis vom übernahm im Wesentlichen den Spruch der Strafverfügung. In der Begründung wurde ausgeführt, das anzeigenlegende Organ sei im Zuge des Verfahrens zeugenschaftlich einvernommen worden und habe in seiner Aussage die Anzeigeangaben vollinhaltlich bestätigt. Die Aussage der Zeugin lasse zwar darauf schließen, dass ein roter Parkschein um 12.30 Uhr entwertet worden sei, ob dieser aber auch zum Tatzeitpunkt für das Kontrollorgan sichtbar angebracht gewesen sei, sei offen geblieben. Zudem wäre ein roter Parkschein der mit 12.30 Uhr entwertet worden sei, nur bis 13.00 Uhr gültig gewesen, sodass zum Tatzeitpunkt um 13.01 Uhr jedenfalls eine Beanstandung hätte erfolgen müssen. Es seien im Zuge des Verfahrens keinerlei Tatsachen hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen hätten können. Die angelastete Übertretung sei daher als erwiesen anzusehen. Der Beschwerdeführer habe die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

In der Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, ob der Parkschein zum Tatzeitpunkt für das Kontrollorgan sichtbar angebracht gewesen sei, sei seine Zeugin nicht befragt worden. Er sei mit seiner Gattin um 12.56 Uhr zum Fahrzeug zurückgekehrt. Als er mit seinem Fahrzeug den Parkplatz verlassen habe, habe seine Gattin unter dem Scheibenwischer ein Organmandat bemerkt und ihn darauf aufmerksam gemacht. Er sei mit dem Fahrzeug auf den Parkplatz zurückgefahren, habe das Organmandat in das Fahrzeug genommen und zu lesen begonnen. Aus dem Autoradio hörte er: "Es ist 13.00 Uhr. Die Nachrichten." Er habe versucht das Kontrollorgan in den angrenzenden Straßen anzutreffen, doch leider vergebens.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis mit Maßgabe von Zitierungsänderungen und -ergänzungen. Dies mit der Begründung, in der Berufung gebe der Beschwerdeführer eine Sachverhaltsdarstellung aus seiner Sicht. Danach habe er sich, nachdem er die "Parklücke" bereits verlassen habe, erneut in die Parklücke gestellt, sich losgegurtet und das Organmandat in das Kraftfahrzeug genommen. Als er verständnislos zu lesen begonnen habe, habe es aus dem Autoradio ertönt: "Es ist 13.00 Uhr. Die Nachrichten." Er habe noch versucht, das Kontrollorgan in den angrenzenden Straßen anzutreffen, doch leider vergebens. Daraus ergebe sich, dass der Beschwerdeführer um 13.00 Uhr die Parklücke noch nicht verlassen habe, sondern zu lesen begonnen habe. Auch habe er nicht vorgebracht, die Parklücke verlassen zu haben, bevor er das Kontrollorgan in den angrenzenden Straßen anzutreffen versucht habe. Es zeige sich somit, dass die Tatanlastung, wonach sich für die Zeit "13.01 Uhr" kein gültig entwerteter Parkschein im Fahrzeug befunden habe, zutreffend sei, habe doch der Beschwerdeführer vorgebracht, einen Parkschein für eine Parkdauer von einer halben Stunde mit Beginn "12.30 Uhr" entwertet zu haben. Somit sei der Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtbestrafung verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall blieb der Ablauf des Geschehens am um ca. 13.00 Uhr ungeklärt. Der Beschwerdeführer behauptet, einen gültig entwerteten Parkschein für den Zeitraum

12.30 bis 13.00 Uhr ausgestellt zu haben und um ca. vier Minuten vor Ablauf der Parkzeit mit seiner Gattin zum Fahrzeug zurückgekehrt zu sein. Die Ausstellung des Parkscheins wird von der Gattin bestätigt, über den Zeitpunkt der Rückkehr zum Fahrzeug wurde sie als Zeugin nicht befragt. Das Kontrollorgan vermerkte in der Organstrafverfügung als Beanstandungszeitpunkt 13.01 Uhr und gab an, keinen Parkschein im PKW vorgefunden zu haben.

War der Beschwerdeführer - wie behauptet - bereits vor 13.00 Uhr zum Fahrzeug zurückgekehrt, dann konnte die Beanstandung nicht um 13.01 Uhr, sondern müsste bereits vor 13.00 Uhr erfolgt sein. Zu dieser Zeit war - nach Darstellung des Beschwerdeführers - ein rechtmäßig ausgestellter Parkschein sichtbar vorhanden. Gegen die Rückkehr des Beschwerdeführers zu seinem Fahrzeug vor 13.01 Uhr spricht nach der Aktenlage seine Behauptung im Einspruch.

Bevor eine Entscheidung in diesem Strafverfahren hätte getroffen werden dürfen, wären in einem Beweisverfahren der Ablauf des Geschehens zu klären und die danach zu treffenden Feststellungen der Behörde schlüssig zu begründen gewesen. Erst auf Grund des solcherart festgestellten Sachverhaltes hätte die rechtliche Beurteilung erfolgen dürfen.

Die belangte Behörde wich ihrer Pflicht zur Aufklärung des Sachverhaltes und zur Würdigung der Beweisergebnisse aus und ging auf die Behauptung, die Beanstandung und die Ausstellung der Organstrafverfügung seien vor 13.00 Uhr erfolgt, gar nicht ein. Sie stützt den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf die Begründung, der Beschwerdeführer habe die Organstrafverfügung um 13.00 Uhr gelesen und anschließend, er habe den Meldungsleger gesucht daher um 13.01 Uhr die "Parklücke" noch nicht verlassen gehabt.

Diese Begründung ist nicht geeignet, das dem Beschwerdeführer angelastete, rechtswidrige Verhalten zu beweisen. Allein aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe einen Parkschein für die Parkdauer von nur einer halben Stunde mit Beginn 12.30 Uhr entwertet, kann nicht schlüssig gefolgert werden, es habe sich zur Zeit der Beanstandung durch das Kontrollorgan kein gültig entwerteter Parkschein im Fahrzeug befunden. Der gegen den Beschwerdeführer im Straferkenntnis erhobene Vorwurf darf nämlich - ungeachtet der darin genannten Tatzeit - im Zusammenhang nur so verstanden werden, dass vom Beschwerdeführer zur Zeit der Beobachtung durch das Kontrollorgan nicht für die Anbringung eines gültigen Parkscheines gesorgt worden war. Darauf, ob später ein gleichartiges Delikt begangen wurde, kommt es somit nicht an, handelte es sich dabei doch um eine dem Beschwerdeführer im Straferkenntnis gar nicht angelastete Tat.

Schon aus dieser Erwägung war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am