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VwGH vom 28.04.2003, 99/17/0310

VwGH vom 28.04.2003, 99/17/0310

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde 1.) der HL und

2.) des RL, beide in Wien und beide vertreten durch Dr. Richard Köhler und Dr. Anton Draskovits, Rechtsanwälte in 1060 Wien, Amerlingstraße 19, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-V-98188/00, betreffend Aufschließungsabgabe nach § 38 NÖ Bauordnung 1996 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Klosterneuburg, Rathausplatz 26, 3400 Klosterneuburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom wurde die Abteilung des beschwerdegegenständliche Grundstückes als Bauplatz genehmigt.

Unter einem wurde dem damaligen Abteilungswerber beziehungsweise dessen Rechtsnachfolgern im Besitze des Bauplatzes "für den Fall der bücherlichen Durchführung der Abteilung aufgetragen", auf Verlangen der Baubehörde zu den Herstellungskosten der Fahrbahn, der Kanalanlage, der Wasserleitungsanlage und der Beleuchtungsanlage, soweit diese in der Hauptstraße und in den neuen Gassen noch nicht hergestellt seien, gemäß § 14 Abs. 5 der Niederösterreichischen Bauordnung Beiträge in der Höhe von 80 % zu leisten. Es bleibe dem Abteilungswerber vorbehalten, Beitragsleistungen sofort zu erfüllen, eine entsprechende Sicherstellung zu leisten oder dieselben zum Zeitpunkt der Herstellung der einzelnen Anlagen nach Aufforderung durch die Behörde aufgeteilt nach dem Flächenausmaß der genehmigten Bauplätze selber oder durch die Rechtsnachfolger erfüllen zu lassen. Für die rechtliche Sicherstellung dieser Verpflichtung hafte der Abteilungswerber.

Mit Bescheid vom wurde dem damaligen Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft, Herrn F. (im Folgenden: Voreigentümer), gemäß § 6 Niederösterreichisches Gemeindewasserleitungsgesetz 1969 unter Zugrundelegung einer verbauten Grundfläche von 0 m2 auf der Grundlage einer Berechnungsfläche von 75 m2, die sich aus 15 % von 500 m2 der unbebauten Fläche ergaben, eine Wasseranschlussabgabe in der Höhe von S 4.010,04 vorgeschrieben. Der Voreigentümer veräußerte das Grundstück mit Kaufvertrag vom an die Beschwerdeführer.

Das Stadtamt der mitbeteiligten Partei erteilte den Beschwerdeführern mit Spruchpunkt I. des Bescheids vom auf Grund ihres Ansuchens die Bewilligung "zur Ausführung des Vorhabens Abbruch des bestehenden Objektes und Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage, Senkgrube und ölbefeuerter Wärmeerzeuger" auf der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft.

Mit Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurden die Beschwerdeführer gemäß § 38 Abs. 1 Z. 2 NÖ Bauordnung 1996 (NÖ BauO 1996) verpflichtet, "aus dem Anlass der erstmaligen (Bauführung) Errichtung eines Gebäudes" die Aufschließungsabgabe in der Höhe von S 144.506,-- an die Gemeinde zu entrichten.

Mit Schriftsatz vom erhoben die Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt II. dieses Bescheides Berufung. Die Behörde sei ohne weitere Auseinandersetzung mit dem tatsächlichen Sachverhalt davon ausgegangen, dass zum Stichtag, , und danach auf dem gegenständlichen Bauplatz kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden wäre. Diese unbegründete Annahme stehe weder im Einklang mit der Rechtslage, noch mit den Tatsachen. Richtig sei vielmehr, dass sich auf dem gegenständlichen Grundstück bereits am Stichtag ein unbefristet bewilligtes Gebäude befunden und sich zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung auch weiterhin auf diesem befunden hätte. Dieser Sachverhalt sei der Behörde bekannt beziehungsweise müsste er ihr zumindest bekannt sein.

Der Sachverhalt sei auch bereits auf Grund des in natura vorhandenen Gebäudealtbestandes eindeutig ersichtlich. Überdies scheine der Gebäudealtbestand in dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde auf. Darüber hinaus seien sämtliche Anschlüsse an Gemeindeleitungen seit Jahren vorhanden und sei somit davon auszugehen, dass die Behörde bis spätestens zum Zeitpunkt der Vorschreibung der entsprechenden Anschlussgebühren vom Bestehen dieses Gebäudes Kenntnis erlangt habe. Besonders bezeichnend sei, dass in dem nicht bekämpften Spruchpunkt I) des erstinstanzlichen Bescheides unter anderem auch "Auflagen für den Abbruch" des Bauwerkes vorgeschrieben worden seien.

Da auf Grund der Größe des Gebäudealtbestandes (ca. 3 x 4 m) auch nach der zum Errichtungszeitpunkt geltenden Rechtslage eine Baubewilligung erforderlich gewesen sei, das Gebäude auch über Jahrzehnte hinweg von der Gemeinde offenbar als konsensmäßig erachtet worden sei und dementsprechend kein Abbruchsauftrag erteilt worden sei, sondern vielmehr ein Anschluss des Gebäudes an Gemeindeeinrichtungen erfolgt sei, gelte für dieses Gebäude jedenfalls die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit.

Seit Bestand dieses Gebäudes seien die der Aufschließungsabgabe zu Grunde liegenden "Anlegeleistungen (Fahrbahn, Gehsteig, Straßenentwässerung, Straßenbeleuchtung)" hergestellt beziehungsweise erbracht worden, sodass jedenfalls davon auszugehen sei, dass spätestens bei Vornahme dieser Gemeindeleistungen die entsprechenden Abgaben vorgeschrieben worden seien beziehungsweise bei Vorliegen einer entsprechenden Berechtigung vorgeschrieben worden wären.

Überdies habe die mitbeteiligte Stadtgemeinde mit Bescheid vom dem damaligen Liegenschaftseigentümer bereits Beiträge für die Herstellungskosten der Fahrbahn, der Kanalanlage, der Wasserleitungsanlage und der Beleuchtungsanlage gemäß § 14 Abs. 5 der Niederösterreichischen Bauordnung in der Höhe von 80 % vorgeschrieben. Es sei daher davon auszugehen, dass die entsprechenden Abgaben entweder bereits vom Voreigentümer geleistet worden beziehungsweise zwischenzeitig verjährt seien.

Da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Aufschließungsabgabe nicht aus einem späteren Anlass nochmals vorgeschrieben werden dürfe, wenn sie schon anlässlich der Bewilligung einer Grundabteilung vorgeschrieben worden sei, sei die gegenständliche Abgabenvorschreibung rechtswidrig. Anlässlich der Genehmigung einer Grundabteilung auf Bauplätze trete die Verpflichtung zur Entrichtung eines Aufschließungsbeitrages unabhängig von einem konkreten Bauvorhaben oder einer späteren Bauabsicht ein.

Es handle sich daher bei der Errichtung des bewilligten Einfamilienhauses nicht um eine Ersterrichtung und löse die Errichtung eines weiteren Neubaus auf einem bereits konsensmäßig bebauten Grundstück keine Abgabenverpflichtung aus.

Zum Beweis ihres Vorbringens beantragten die Beschwerdeführer die Einvernahme der ehemaligen Eigentümer des gegenständlichen Grundstückes.

Das Stadtamt der mitbeteiligten Stadtgemeinde teilte den Beschwerdeführern mit Schreiben vom mit, dass ihr Vorbringen, dass im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan das ursprünglich bestehende Gebäude in der Größe von etwa 3 x 4 m eingezeichnet wäre, zutreffend sei. Die Darstellungen im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan gäben jedoch ausschließlich eine "Befliegung mit fotografischer Auswertung" wieder und es könne daraus keinesfalls auf das Vorliegen einer Baubewilligung geschlossen werden. Eine Ersitzung einer Baubewilligung sei rechtlich nicht möglich. Auch die Tatsache, dass die Grundfläche dieses Gebäudes keine eigene Grundstücksnummer (Punktparzelle) habe, zeige, dass niemals eine Baubewilligung erteilt worden sei.

Frau S. sei bereits 1980 verstorben. Der Voreigentümer sei telefonisch befragt worden und habe angegeben, dass er selbst das Gebäude in der Größe von maximal 3 x 4 m ohne Fundament und ohne Baubewilligung kurz nachdem er die Liegenschaft von Frau S. erworben hätte, errichtet hätte; es hätte nur ein "provisorischer" Schuppen sein sollen. Anlässlich des Verkaufs der gegenständlichen Liegenschaft im vorangegangenen Jahr sei auch mit den Beschwerdeführern besprochen worden, dass der Voreigentümer diesen (zerlegbaren) Schuppen abbauen und vor der Übergabe des Grundstückes entfernen könnte. Die Beschwerdeführer hätten jedoch den Wunsch geäußert, den Schuppen als Bauhütte zu verwenden und ihn zu diesem Zweck vor Baubeginn mit einem Kran an eine andere Stelle auf dem Grundstück heben zu lassen. Der Voreigentümer hätte niemals einen Zweifel daran gelassen, dass für diesen Schuppen keine baubehördliche Bewilligung erteilt worden wäre.

Es sei daher auch verständlich, dass sich aus keinem der gerichtlich aufliegenden, die gegenständliche Liegenschaft betreffenden Kaufverträge ein Hinweis auf diesen Schuppen beziehungsweise eine diesbezügliche Baubewilligung finde.

Hiezu nahmen die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Stellung. U.a. führten sie darin aus, dass die telefonische Rücksprache mit dem Voreigentümer nicht ausreichend konkret gewesen sei. Keinesfalls könne von einem "provisorischen Schuppen" gesprochen werden. Dies ergebe sich auch aus den beiliegenden Fotos (die im Verwaltungsakt vorhanden sind und auf welchen ein Gartenhäuschen zu sehen ist). Auf diesen Fotos seien sowohl die Außen- als auch die Innengestaltung dieses "Gebäudes" zu sehen.

Auch der Hinweis auf die grundbücherlichen Kaufverträge vermöge nicht zu überzeugen, da es bei Liegenschaftskäufen üblich sei, nicht gesondert auf Grundstücken errichtete Häuser zu nennen, sondern die Kaufliegenschaft samt Zubehör zu bezeichnen. Es sei der Voreigentümer zu diesem Vorbringen sowie zu den Fragen, dass eine Einfahrt zur gegenständlichen Liegenschaft bestanden habe und bereits der Voreigentümer "Wassergebühren" an die mitbeteiligte Stadtgemeinde errichtet habe, einzuvernehmen.

Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab und änderte Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides vom dahingehend ab, dass den Eigentümern der beschwerdegegenständlichen Liegenschaft aus Anlass "der Erteilung einer Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes" auf dieser Liegenschaft gemäß § 38 Abs. 1 Z 2 NÖ BauO 1996 eine Aufschließungsabgabe in der Höhe von S 144.506,--

vorgeschrieben werde.

Der Gemeinderat begründete seine Entscheidung damit, dass der Einwand der Beschwerdeführer, zum Stichtag hätte auf dem in Rede stehenden Grundstück ein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden, was der Behörde bekannt sein hätte müssen, ins Leere gehe. Es sei unbestritten, dass ein Baubewilligungsbescheid nicht auffindbar sei. Die Einzeichnung des Gebäudes im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan sei auf Grundlage einer "Befliegung" erfolgt und lasse daher keinen Rückschluss auf das Vorliegen einer Baubewilligung zu. Eine Baubewilligung könne nicht ersessen werden, selbst wenn der Behörde der Bestand des Gebäudes bekannt gewesen sein sollte. Weder den Unterlagen zum Teilungsverfahren aus dem Jahre 1962, noch den drei Kaufverträgen aus den Jahren 1967, 1974 und 1997 sei ein Hinweis auf den Bestand eines bewilligtes Gebäudes zu entnehmen. Die "Baufläche" sei mit keiner eigenen Grundstücksnummer versehen und im Grundbuch nicht ausgewiesen. In dem Baulandbereich, in welchem die gegenständliche Liegenschaft gelegen sei, wäre ein Gebäude mit Ausmaßen von 3 x 4 m ohne Hauptgebäude nur auf Widerruf bewilligt worden; eine derartige Bewilligung wäre bei der nunmehrigen Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe aber auch unbeachtlich, da auf Grund von Übergangsbestimmungen der NÖ BauO 1996 derartige Baubewilligungen am Stichtag als erloschen gälten.

Auch der Abteilungsbescheid vom , mit welchem dem damaligen Liegenschaftseigentümer und Abteilungswerber Beiträge für die Herstellungskosten der Fahrbahn, der Kanalanlage, etc. in der Höhe von 80 % vorgeschrieben worden seien, stehe der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages im Beschwerdefall nicht entgegen. Bei der Vorschreibung von "abstrakt 80 %" handle es sich nicht um einen der Höhe nach bestimmten Aufschließungsbeitrag gemäß § 38 NÖ BauO 1996.

Der Voreigentümer der Liegenschaft habe zu dem angegeben, den Schuppen in den 70-er Jahren ohne Baubewilligung errichtet zu haben.

Da eine Aufschließungsabgabe für das in Rede stehende Grundstück noch nie vorgeschrieben worden sei, sei für die Beschwerdeführer auch mit dem Argument, eine Aufschließungsabgabe dürfte nicht aus einem späteren Anlass nochmals vorgeschrieben werden, nichts für ihren Standpunkt zu gewinnen.

Zudem erschienen die betreffend die Liegenschaft aufliegenden Unterlagen vollständig zu sein, weshalb auch die Berufung auf einen vermuteten Konsens nicht in Betracht komme.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, in der sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholten und hinsichtlich der Nichtdurchführung von ihnen beantragter Beweise Verfahrensmängel geltend machten.

Bereits mit dem Abteilungsbescheid vom seien Beiträge für die Herstellungskosten der Fahrbahn, der Kanalanlage, der Wasserleitungs- und Beleuchtungsanlage vorgeschrieben und vom Eigentümer offenbar bezahlt worden beziehungsweise sei zwischenzeitig jedenfalls Verjährung eingetreten.

Im Hinblick auf die seinerzeitige Vorschreibung und Bezahlung durch die Voreigentümer sei der spätere Anlass (gegenständliche Bauführung) nicht dazu geeignet, eine Berechtigung für die neuerliche Vorschreibung von Aufschließungsabgaben zu begründen.

Die Voraussetzung für die Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe, nämlich die erstmalige Bauführung beziehungsweise Errichtung eines Gebäudes, sei daher nicht gegeben und sei daher nach klarer Rechtslage die Vorschreibung einer solchen Abgabe für die Errichtung eines weiteren Neubaus auf einem bereits konsensmäßig bebauten Grundstück nicht möglich.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführer ab.

Aus den vorgelegten Aktenunterlagen sei ersichtlich, dass das gegenständliche Grundstück erst durch die mit Bescheid vom (richtig wohl: ) bewilligte Grundabteilung geschaffen worden sei. Erst nach diesem Zeitpunkt hätten Gebäude auf diesem Grundstück errichtet werden können; diese hätten aber einer Baubewilligung bedurft. Dem von den Beschwerdeführern ins Treffen Argument, das gegenständliche Gebäude hätte die Vermutung der Konsensmäßigkeit für sich, sei entgegenzuhalten, dass die Vermutung des rechtmäßigen Bestandes einer Baulichkeit nur dann Platz greifen solle, wenn der Zeitpunkt der Erbauung derselben offensichtlich soweit zurückliege, dass, von besonders gelagerten Einzelfällen abgesehen, auch bei ordnungsgemäß geführten Archiven die Wahrscheinlichkeit, noch entsprechende Unterlagen auffinden zu können, erfahrungsgemäß nicht mehr bestehe. Daraus ergebe sich, dass die Vermutung des rechtmäßigen Bestandes des in Rede stehenden Gebäudes nicht gelte, da einerseits das Gebäude erst nach 1962 errichtet werden habe können und erteilte Baubewilligungen nach diesem Zeitpunkt auffindbar gewesen sein müssten. Es sei der Aufsichtsbehörde nämlich schon auf Grund anderer Fälle amtsbekannt, dass der Aktenbestand der mitbeteiligten Stadtgemeinde vollständig sei. Daher könne im Beschwerdefall nicht von einer Vermutung der Konsensmäßigkeit des vorhandenen Bestandes gesprochen werden.

Im Grundabteilungsbescheid aus dem Jahre 1962 seien unter Auflage Punkt 3 der Abteilungswerber beziehungsweise dessen Rechtsnachfolger verpflichtet worden, auf Verlangen der Baubehörde zu den Herstellungskosten der Fahrbahn, der Kanalanlage, der Wasserleitungsanlage und der Beleuchtungsanlage, soweit diese in der Hauptstraße und in den neuen Gassen nicht hergestellt seien, gemäß § 14 Abs. 5 NÖ Bauordnung Beiträge in der Höhe von 80 % zu leisten.

Nach der Aktenlage sei ein der Höhe nach bestimmter Aufschließungsbeitrag nicht vorgeschrieben worden und habe der Zweitbeschwerdeführer im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht keine diesbezüglichen Belege (z.B. Zahlungsabschnitte) vorgelegt. Eine solche Vorschreibung von Abgaben hätte aber auch nach der damals geltenden Niederösterreichischen Landesabgabenordnung nur in Form eines schriftlichen Bescheides zu ergehen gehabt. Nach der Aktenlage existiere ein solcher Bescheid nicht und hätten die Beschwerdeführer auch die Existenz eines solchen Bescheides nicht behauptet.

Zum Abgabenbescheid vom sei festzuhalten, dass es sich hiebei um eine Wasseranschlussabgabe nach § 6 des Niederösterreichischen Gemeindewasserleitungsgesetzes handle. Diese Abgabe stehe aber mit der Aufschließungsabgabe im Sinne des § 38 NÖ BauO 1996 in keinem Zusammenhang. Nach dieser Bestimmung sei die Aufschließungsabgabe ein Beitrag zu den Herstellungskosten der Fahrbahn, des Gehsteiges, der Oberflächenentwässerung und der Straßenbeleuchtung.

Auf Grund dieser rechtlichen Ausführungen hätte die Einvernahme des beantragten Zeugen zu keinem anderen Ergebnis geführt, da die rechtlichen Voraussetzungen für die Vermutung der Konsensmäßigkeit nicht vorlägen und ein Bescheid über die Vorschreibung von Aufschließungsabgaben nach der NÖ Bauordnung nicht existiere.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 38 Abs. 1 der Bauordnung für Niederösterreich 1996 (NÖ BauO 1996), LGBl. 8200-0, lautet:

"Dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland ist von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit rechtskräftigem Bescheid

1. ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt oder

2. eine Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) auf einem Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z. 2 und 3, für den kein der Höhe nach bestimmter Aufschließungsbeitrag oder keine entsprechende Abgabe vorgeschrieben und entrichtet worden ist, erteilt wird.

Die Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage auf einem Bauplatz gilt als erstmalig, wenn auf diesem Bauplatz am und danach kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden ist.

Die Aufschließungsabgabe nach Z. 2 ist nicht vorzuschreiben, wenn die Errichtung eines Gebäudes nach § 23 Abs. 3, letzter Satz, bewilligt wird. Wird auf demselben Bauplatz ein weiteres Gebäude errichtet, ist die Abgabe vorzuschreiben."

2. Die Beschwerdeführer bestreiten das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vorschreibung einer Aufschließungsabgabe gemäß § 38 Abs. 1 Z 2 NÖ BauO 1996 im Beschwerdefall.

Nach der zitierten Bestimmung ist Voraussetzung der Abgabepflicht neben der Erteilung einer Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes die Tatsache, dass für den betreffenden Bauplatz noch kein der Höhe nach bestimmter Aufschließungsbeitrag oder keine entsprechende Abgabe vorgeschrieben und auch noch nicht entrichtet wurde.

3. Die Behörde stützt die Abgabenvorschreibung hinsichtlich des Erfordernisses der erstmaligen Bauführung darauf, dass die Errichtung des in Rede stehenden, mit Bescheid vom (Spruchpunkt I) bewilligten Einfamilienhauses als erstmalig im Sinne des § 38 Abs. 1 NÖ Bauordnung zu qualifizieren sei, da auf dem gegenständlichen Bauplatz am und danach kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden sei.

Die Beschwerdeführer bestreiten dies unter Berufung auf ein angeblich auf dem Bauplatz "seit Jahrzehnten" befindliches "Gebäude". Eine diesbezügliche Baubewilligung vermochten sie aber nicht nachzuweisen. Sie machen aber geltend, dass zu vermuten sei, dass das Gebäude auf Grund einer nach den im Zeitpunkt seiner Erbauung geltenden Vorschriften erteilten Baubewilligung errichtet worden sei.

Diesem Vorbringen hält die belangte Behörde zu Recht die ausführlich im hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/17/0221, dargelegte ständige Rechtsprechung entgegen, wonach (nur) dann, wenn hinsichtlich eines seit Jahrzehnten bestehenden Gebäudes Unterlagen über eine seinerzeitige Baubewilligung nicht mehr auffindbar sind, aber feststeht, dass hinsichtlich eines fehlenden Konsenses baubehördliche Beanstandungen niemals stattgefunden haben, zu vermuten ist, dass das Gebäude auf Grund einer nach den im Zeitpunkt seiner Erbauung in Geltung gestandenen Vorschriften erteilten Baubewilligung errichtet worden ist, es sei denn, dass Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vorliegen. Der Sinn dieser Rechtsprechung geht dahin, dass die Vermutung des rechtmäßigen Bestandes einer Baulichkeit nur dann Platz greifen soll, wenn der Zeitpunkt der Erbauung derselben offensichtlich so weit zurückliegt, dass, von besonders gelagerten Einzelfällen abgesehen, auch bei ordnungsgemäß geführten Archiven die Wahrscheinlichkeit, noch entsprechende Unterlagen auffinden zu können, erfahrungsgemäß nicht mehr besteht. Hiebei wurde von der Rechtsprechung ein Zeitraum von 30 bis 40 Jahren durchwegs als zu kurz bezeichnet, um die Vermutung des Konsenses zu begründen. Bei der Prüfung dieser Frage sei weiters zu beachten, dass die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit alter Baubestände nur jenen Bauzuständen zukomme, die nach der zur Zeit ihrer Herstellung geltenden Bauordnung dem Gesetz entsprochen haben. Zu berücksichtigen ist auch, ob die die gegenständliche Liegenschaft betreffenden Verwaltungsakten lückenlos vorhanden sind, ob aus der behaupteten Entstehungszeit für alle Bauten im örtlichen Umkreis eine Baubewilligung auffindbar ist und ob etwa Unterlagen durch Kriegseinwirkungen oder ähnliche Ereignisse verloren gegangen sein könnten.

Im Beschwerdefall, in dem die Errichtung des Gebäudes jedenfalls erst nach 1962 erfolgt sein konnte, die Akten der Behörde grundsätzlich auch noch die das Grundstück betreffenden behördlichen Genehmigungen, Abgabenvorschreibungen und hinterlegten Kaufverträge aus den 60er- und 70er-Jahren enthalten und der befragte Voreigentümer angab, einen Schuppen in der Größe von 3 x 4 m in den 70er-Jahren ohne Einholung einer Baubewilligung errichtet zu haben, ist nicht davon auszugehen, dass auf dem in Rede stehenden Bauplatz am oder danach ein Gebäude gestanden ist, für welches die Vermutung eines Konsenses im Sinne der hg. Rechtsprechung gesprochen hätte.

Dem stehen weder der Abteilungsbescheid aus dem Jahre 1962 noch der Wasseranschlussabgabenbescheid aus dem Jahre 1976 noch der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde entgegen, da aus diesen keine Rückschlüsse auf das Vorliegen eines bewilligten Gebäudes gezogen werden können. Es kann im Gegenteil aus dem Umstand der Erlassung des Abteilungsbescheides und der gleichzeitigen Erklärung der neu geschaffenen Grundstücke zu Bauplätzen im Jahre 1962 geschlossen werden, dass die Errichtung des Gebäudes erst nach 1962 erfolgte, sodass die Voraussetzung, dass am ein seit Jahrzehnten bestehendes Gebäude vorhanden gewesen wäre, nicht vorlag. Aus dem Abgabenbescheid betreffend die Wasseranschlussgebühr ist ebenfalls nicht auf das Bestehen eines konsentierten Gebäudes zu schließen, zumal die Abgabenbehörde diesem Bescheid eine Berechnungsfläche von 75 m2 (15 % von 500 m2 unbebauter Fläche) zu Grunde legte und keinerlei bebaute Fläche annahm (vgl. § 2 Abs. 1 Nö Gemeindewasserleitungsgesetz 1969, LGBl. Nr. 1/1970, betreffend den Anschluss von Liegenschaften, für welche ein Anschlusszwang nach dem Nö Wasserleitungsanschlussgesetz nicht bestand, und §§ 5 und 6 Nö Gemeindewasserleitungsgesetz 1969, LGBl. Nr. 1/1970, über die Wasseranschlussabgabe).

Im vorliegenden Fall kann der belangten Behörde daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Schlüsse der Abgabenbehörden der Gemeinde aus den vorliegenden Unterlagen nicht als mangelhaft und daher die Sachverhaltsfeststellungen der Gemeindeabgabenbehörden als ausreichend angesehen hat.

Zutreffend hat die belangte Behörde daher die Errichtung des gegenständlichen Einfamilienhauses als erstmalig im Sinne des § 38 Abs. 1 NÖ BauO 1996 qualifiziert.

4. Hinsichtlich der negativen Voraussetzung, dass für den gegenständlichen Bauplatz noch kein der Höhe nach bestimmter Aufschließungsbeitrag oder keine "entsprechende Abgabe" vorgeschrieben und entrichtet worden ist, verneint die belangte Behörde sowohl die Vorschreibung als auch die Entrichtung einer solchen Abgabe für den in Rede stehenden Bauplatz.

Die Beschwerdeführer stützen sich für ihre (gegenteilige) Auffassung auf den Bescheid vom , da durch diesen die Vorschreibung eines der Höhe nach bestimmten Aufschließungsbeitrages erfolgt sei. Dieser stehe daher der gegenständlichen Abgabenvorschreibung entgegen.

Hiebei übersehen die Beschwerdeführer allerdings, dass es sich bei der im Bescheid vom getroffenen Anordnung, "auf Verlangen der Baubehörde" eine Abgabe von 80 % zu entrichten, noch dazu ohne Angabe, wovon diese 80 % zu berechnen seien, um keine ziffernmäßig bestimmte Abgabenvorschreibung im Sinne des § 38 Abs. 1 NÖ BauO 1996 gehandelt hat (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall eines Grundabteilungsbescheides nach der niederösterreichischen Bauordnung, in dem die Entrichtung des Aufschließungsbeitrages als "Bedingung" beigefügt war, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0098).

Zu dem kommt, dass nur für den Fall, dass ein der Höhe nach bestimmter Aufschließungsbetrag auch entrichtet worden wäre, die Voraussetzungen für die Abgabenvorschreibung nach § 38 Abs. 1 Z 2 NÖ BauO 1996 zu verneinen wären (vgl. zu der vergleichbaren Bestimmung des § 14 Abs. 5 NÖ Bauordnung 1976 das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0277).

Dass ein solcher Aufschließungsbeitrag oder eine entsprechende Abgabe für den in Rede stehenden Bauplatz entrichtet worden wäre, ist den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Die beiläufigen, hypothetischen, jeglicher Konkretisierung hinsichtlich Zeitpunkt der Entrichtung beziehungsweise Höhe allenfalls entrichteter Beträge entbehrenden Andeutungen der Beschwerdeführer sind nicht geeignet, die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde in Frage zu stellen.

5. Zutreffend ist auch der Hinweis der belangten Behörde, dass die Aufschließungsbeiträge gemäß § 38 NÖ BauO 1996 zur Deckung der Herstellungskosten für den Ausbau der Fahrbahn, des Gehsteiges, der Oberflächenentwässerung und der Straßenbeleuchtung dienen sollen. Das Argument der Beschwerdeführer, es sei schon auf Grund des Bescheides vom eine Wasseranschlussabgabe entrichtet worden, geht daher ins Leere. Bei dieser Abgabe handelte es sich nämlich schon auf Grund ihrer Zweckbestimmung weder um eine Aufschließungsabgabe im Sinne des § 38 Abs. 1 NÖ BauO 1996, noch um eine "entsprechende Abgabe".

6. Der die Abgabenpflicht der Beschwerdeführer auslösende Sachverhalt (Erteilung der Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes auf der gegenständlichen Liegenschaft) wurde mit Erteilung der Baubewilligung mit Bescheid vom , in dem unter einem die entsprechende Abgabe vorgeschrieben wurde, verwirklicht. Inwiefern daher die in Rede stehende Abgabenschuld der Beschwerdeführer verjährt sein sollte, bleibt unerfindlich. Der Tatbestand des § 38 Nö BauO greift unabhängig davon ein, ob zu früheren Zeitpunkten allenfalls ein Tatbestand für die Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages verwirklicht wurde, hinsichtlich dessen Verjährung eingetreten wäre. Die Vorschreibung der Abgabe wäre nur ausgeschlossen, wenn bereits einmal eine entsprechende Abgabe vorgeschrieben und entrichtet worden wäre. Auf die (früher gegebene) Möglichkeit, eine solche Abgabe vorzuschreiben, kommt es hingegen nicht an (vgl. auch in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0098). Es ist daher im Beschwerdefall nicht von Bedeutung, ob anlässlich der Genehmigung der Grundabteilung auf Bauplätze im Jahre 1962 ein Abgabentatbestand verwirklicht wurde.

7. Im Hinblick auf diese Rechtslage sind jedoch auch die Beschwerdeausführungen, wonach der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet wäre, da die belangte Behörde die beantragten Zeugenbeweise, einen Sachverständigenbeweis und einen Lokalaugeschein durchführen hätte müssen, nicht geeignet, Verfahrensmängel aufzuzeigen, die für den Verfahrensausgang wesentlich sein hätten können. Die vom Voreigentümer eingeholten telefonischen, mittels Aktenvermerks festgehaltenen Auskünfte waren hinreichend klar und deutlich und ermöglichten im Zusammenhalt mit den übrigen Sachverhaltselementen die schlüssige, nachvollziehbare Feststellung der für Lösung der im Beschwerdefall zu beantwortenden Rechtsfragen maßgebenden Tatsachen. Wie sich aus den obigen Darlegungen ergibt, kommt der Aussage dieses Zeugen hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung, ob von einem vermuteten Konsens eines auf dem Grundstück am errichteten Gebäudes ausgegangen werden kann, auch keine entscheidende Bedeutung zu.

8. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

9. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

10. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am