VwGH vom 26.01.1998, 94/17/0099

VwGH vom 26.01.1998, 94/17/0099

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der Österreichischen Bundesbahnen, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I, Singerstraße 17-19, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom , Zl. MD/Präs.Abt.II-10140/1992

(lfd. Nr. 7324), betreffend Gehsteigabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin für den Neubau einer Kraftwagenbetriebsleitung in Innsbruck-Reichenau, Roßaugasse 10, nach dem Gesetz vom über die Erhebung einer Abgabe für die erstmalige Herstellung zeitgemäßer Gehsteige in der Landeshauptstadt Innsbruck, LGBl. Nr. 23/1969 (im folgenden: Gehsteigabgabegesetz), eine Gehsteigabgabe in Höhe von S 170.749,-- vorgeschrieben.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es einleitend, daß der Landeshauptmann von Tirol als Eisenbahnbehörde mit Bescheid vom der Beschwerdeführerin die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für den Neubau einer Kraftwagenbetriebsleitung (im näher bezeichneten Standort) erteilt habe.

Daran anknüpfend wird in rechtlicher Hinsicht die Auffassung vertreten, daß der eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsbescheid inhaltlich zwar über den Baubewilligungsbescheid "nach der Tiroler Bauordnung bzw. dem Gehsteigabgabegesetz" hinausgehe, ohne Zweifel aber durch den eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheid materiell die gleichen Berechtigungen verliehen würden, die einem Baubewilligungsbescheid innewohnten. Der eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsbescheid entfalte in bezug auf die Erlaubnis zur Erstellung einer baulichen Anlage und somit auf das Entstehen der Abgabepflicht einer Gehsteigabgabe die gleichen Rechtswirkungen wie ein Baubewilligungsbescheid nach § 2 Abs. 1 des Gehsteigabgabegesetzes, sodaß die Vorschreibung der bekämpften Gehsteigabgabe dem Grunde nach zu Recht erfolgt sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0100, dargelegt hat, kann ein - auf einer bundesgesetzlichen Regelung, nämlich dem Eisenbahngesetz 1957, gegründeter - eisenbahnrechtlicher Baugenehmigungsbescheid keinen Baubewilligungsbescheid im Sinne des § 1 Abs. 2 dritter Satz Gehsteigabgabegesetz darstellen. Im Grunde des § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage vom Vorliegen "der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides" nach § 1 Abs. 2 dritter Satz Gehsteigabgabegesetz ausging, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Art. III Abs. 2 der zitierten Verordnung kam nicht zur Anwendung, weil der im Zeitpunkt der Antragstellung geltende Pauschbetrag nicht ausgeschöpft wurde (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Schriftsatzaufwand war ungeachtet des nach dem am in Kraft getretenen zweiten Satzes des § 49 Abs. 1 VwGG i.d.F. BGBl. Nr. 88/1997 (zur - zeitbezogenen - Anwendbarkeit dieser Regelung auf einen Fall wie den vorliegenden vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/02/0214) zuzusprechen. Durch die zitierte Regelung wurde nämlich (vgl. § 19 Abs. 6 Bundesbahngesetz 1992) dem § 5 Abs. 1 erster Satz Prokuraturgesetz, BGBl. Nr. 172/1945, wonach der Prokuratur der Zuspruch der Kosten gleich einem Rechtsanwalt gebührt, und zwar auch dann, wenn sie sich durch ein Organ einer anderen Dienststelle vertreten läßt, - dies gilt gemäß § 7 Abs. 2 Prokuraturgesetz auch für Vertretungen in Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof - nicht derogiert. Die Regel des § 5 Abs. 1 erster Satz Prokuraturgesetz stellt nämlich eine Erweiterung des Anwendungsbereiches der Regelungen über Kostenansprüche der Rechtsanwälte dar, und zwar in der gesetzestechnischen Art, daß ein in einem Gesetz normierter Kostenanspruch eines "Rechtsanwaltes" vorausgesetzt und daran die Folge geknüpft wird, daß der in dem jeweiligen Gesetz - an sich - einem "Rechtsanwalt" eingeräumte Kostenanspruch auch für die Prokuratur zu gelten hat. In diesem Sinne stellt § 49 Abs. 1 zweiter Satz VwGG eine Regel über einen Kostenanspruch eines "Rechtsanwaltes" dar. Da § 5 Abs. 1 erster Satz Prokuraturgesetz (zur Ergänzung ihres unvollständigen Norminhaltes) eine solche Regel gerade voraussetzt, weisen § 5 Abs. 1 erster Satz Prokuraturgesetz und § 49 Abs. 1 zweiter Satz VwGG (als lex posterior) nicht denselben Tatbestand auf und sind die angeordneten Rechtsfolgen nicht unvereinbar. § 49 Abs. 1 zweiter Satz VwGG schließt somit einen Anspruch der Prokuratur auf (u.a.) Schriftsatzaufwand nicht aus, sondern ist vielmehr der Anwendungsbereich dieser Regelung durch § 5 Abs. 1 erster Satz in Verbindung mit § 7 Abs. 2 Prokuraturgesetz auf die Prokuratur ("gleich einem Rechtsanwalt") erweitert.