VwGH vom 27.09.1999, 99/17/0259
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde des C, vertreten durch Dr. F und Dr. S, Rechtsanwälte in E, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich als Finanzstrafbehörde II. Instanz vom , Zl. RV 113/1-10/1998, betreffend die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens wegen Abgabenhehlerei von Mineralöl, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom leitete das Hauptzollamt Linz als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG ein, weil der Verdacht bestehe, er habe als Leiter der Ladungsabteilung der näher bezeichneten Speditionsfirma Mineralöle, hinsichtlich welcher Verbrauchsteuern verkürzt worden seien, zur Beförderung in das Steuergebiet und Einlagerung bei der Spedition übernommen und hiemit das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei begangen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die Beschwerde an die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Beschwerde teilweise stattgegeben und der Spruch wie nachstehend abgeändert:
"Gegen (den Beschwerdeführer) wird das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht besteht, dass er in der Zeit vom bis nach dem in Wels als Leiter
der Ladungsabteilung der Spedition ... vorsätzlich Sachen, nämlich
die in den Begleitdokumenten der Firma P ... vom , und vom angeführten 71.040 l Mineralöle mit der Bezeichnung Zibro Plus bzw. Zibro Plus Special, hinsichtlich derer von Angestellten der genannten Firma Verbrauchsteuern in Höhe von S 276.376,-- (Mineralölsteuer) verkürzt und somit das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß §§ 33 Abs. 1 i.V.m. 3 lit. b bzw. § 34 Abs. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 lit. b FinStrG begangen worden war, zur Beförderung in das Steuergebiet bzw. zur Einlagerung bei der (Speditionsfirma) übernommen und damit an sich gebracht und hiemit ein Finanzvergehen nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen hat."
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, nach der "Selbstanzeige" der Firma P vom seien Erhebungen der Finanzstrafbehörde I. Instanz ausgelöst worden. Es sei davon auszugehen, dass im Zeitraum zwischen und Anfang Februar 1996 insgesamt 119.040 l mineralölsteuerpflichtiges Mineralöl (§ 2 Abs. 1 Z. 4 Mineralölsteuergesetz - MinStG) mit der Bezeichnung Zibro Plus bzw. Zibro Plus Special unter widerrechtlicher Inanspruchnahme des Steueraussetzungsverfahrens gemäß §§ 25 ff MinStG (Nichtvorliegen eines berechtigten Empfängers im Sinne des § 32 MinStG) in das Steuergebiet eingebracht, im Lager der Speditionsfirma eingelagert und danach an die verschiedenen ausländischen Abnehmer zur Auslieferung gelangt sei, ohne dass die gemäß §§ 21 Abs. 1 Z. 6 und § 22 Z. 3 MinStG geschuldete bzw. gemäß § 23 Abs. 6 MinStG vom Steuerschuldner anzumeldende und selbst zu berechnende Mineralölsteuer in der Höhe von S 463.066,-- entrichtet worden wäre. Der Beschwerdeführer sei in seiner Funktion als Leiter der Ladungsabteilung der Speditionsfirma für die Organisation der angeführten Mineralöltransporte (Abschluss der Transportvereinbarungen, Abwicklung der Transporte vom Versendeort in den Niederlanden bis zur Speditionsfirma, Anordnungen betreffend Ein- und Auslagerung der Waren zur weiteren Auslieferung) zuständig gewesen und habe in dem betreffenden Zeitraum über die Waren (mit)verfügen können. Im Anschluss an die jeweiligen Transporte in das Steuergebiet und Einlagerung der Waren in das Lager seien ihm nicht nur die Frachtbriefe, sondern auch die übrigen Begleitdokumente vorgelegt worden. Die Finanzstrafbehörde I. Instanz habe daher mit Recht davon ausgehen können, dass der Beschwerdeführer die Waren trotz Kenntnis der Verbrauchsteuerpflicht in Gewahrsam übernommen und damit an sich gebracht habe. In einem Verfahren gemäß § 37 Abs. 1 FinStrG reiche die objektive Feststellbarkeit der Vortat aus und die Durchführung eines gesonderten Verfahrens sei nicht erforderlich. Der Beschwerdeführer habe seine Handlungsweise als Leiter bzw. verantwortlicher Angestellter des Speditionsunternehmens zu verantworten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichteinleitung eines Finanzstrafverfahrens verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Finanzstrafbehörde hat nach § 82 Abs. 1 FinStrG die ihr gemäß §§ 80 oder 81 FinStrG zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind.
Ergibt die Prüfung gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG, dass die Durchführung des Finanzstrafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz gemäß § 82 Abs. 3 FinStrG das Finanzstrafverfahren einzuleiten.
Gemäß § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhehlerei schuldig, wer vorsätzlich eine Sache oder Erzeugnisse aus einer Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung, eine Verkürzung von Verbrauchsteuern oder von Eingangs- oder Ausgangsabgaben begangen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt.
Nach dem Wortlaut des § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG gehört zum Tatbestand der Abgabenhehlerei eine vollendete Vortat eines in der genannten Bestimmung aufgezählten Finanzvergehens. Die Abgabenhehlerei setzt, wenn als Vortat eine Verkürzung von Verbrauchsteuern spruchmäßig festgestellt wird, jedenfalls die Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale dieses Finanzvergehens voraus (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/16/0090, mit angeführter Rechtsprechung).
Nach den Feststellungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides entstand die Steuerschuld nach § 21 Abs. 1 Z. 6 und § 22 Z. 3 MinStG.
Mit Bescheid vom wurde dem niederländischen Unternehmen die Steuerschuld gemäß § 21 Abs. 1 Z. 6 MinStG in der Höhe von S 463.066,-- (zusätzlich S 9.261,-- an Säumniszuschlag) vorgeschrieben.
Gemäß § 21 Abs. 1 Z. 6 MinStG entsteht die Steuerschuld dadurch, dass ein Kraftstoff oder ein Heizstoff, für den noch keine Steuerschuld entstanden ist, im Steuergebiet als Treibstoff oder zum Verheizen verwendet wird, es sei denn, diese Verwendung ist steuerfrei.
Nach § 21 Abs. 4 Z. 3 MinStG entsteht die Steuerschuld in den Fällen des Abs. 1 Z. 2 lit. b und Z. 4 und 6 und des Abs. 2 im Zeitpunkt der Verwendung oder Abgabe.
Dem Beschwerdeführer wurde im angefochtenen Bescheid vorgeworfen, Mineralöl zur Beförderung in das Steuergebiet bzw. zur Einlagerung bei der Speditionsfirma übernommen und damit an sich gebracht zu haben. Hiemit habe er ein Finanzvergehen nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen.
Die Steuerschuld entstand nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid dadurch, dass der Kraftstoff im Steuergebiet als Treibstoff verwendet wurde.Eine Verwendung des Kraftstoffes als Treibstoff fand nach der Aktenlage nicht vor der Auslagerung des Kraftstoffes aus dem Lager der Speditionsfirma statt. Damit lag aber nach den Feststellungen der belangten Behörde im Zeitraum der Beförderung der Waren ins Steuergebiet und Einlagerung bei der Speditionsfirma noch keine Steuerschuld und damit auch noch keine Verkürzung vor. Daher kann in diesem Zeitraum auch noch keine vollendete Vortat gegeben gewesen sein.
Der Vorwurf der Abgabenhehlerei ist somit mangels Vorliegens einer vollendeten Vortat vor der Beförderung ins Steuergebiet und Einlagerung bei der Speditionsfirma - dem Zeitpunkt des von der Behörde angenommenen "Ansichbringens" - nicht haltbar und die Einleitung des Finanzstrafverfahrens wegen des Verdachtes der Abgabenhehlerei rechtswidrig.
Schon aus diesem Grund ist der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Es erübrigt sich daher näher darauf einzugehen, ob der Beschwerdeführer hinsichtlich des vorliegenden Sachverhaltes das finanzstrafrechtlich verantwortliche Organ der Speditionsfirma war und ob der Verdacht eines vorsätzlichen Finanzvergehens im angefochtenen Bescheid rechtmäßig begründet war.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
Wien, am