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VwGH vom 12.08.2002, 99/17/0258

VwGH vom 12.08.2002, 99/17/0258

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der C Ges.m.b.H & Co KG in Innsbruck, vertreten durch Dr. Bernhard Stanger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 18, gegen den Bescheid der Berufungskommission gemäß § 38 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991 vom , Zl. IIa-6.2/1635-2/1999, betreffend Tourismusbeiträge für die Jahre 1993 bis 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen die erstinstanzliche Vorschreibung von Beiträgen zum Tourismusverband Innsbruck, Igls und Umgebung und zum Tiroler Tourismusförderungsfonds gemäß dem Tiroler Tourismusgesetz 1991, LGBl. Nr. 24 idgF, iVm der Beitragsgruppenverordnung 1991, LGBl. Nr. 84/1990, der Ortsklassenverordnung 1994, LGBl. Nr. 94/1993, und dem Beschluss der Vollversammlung des zuständigen Tourismusverbandes über die Festsetzung des Promillesatzes nur für das Jahr 1992 Folge und behob den entsprechenden Beitragsbescheid (Spruchpunkt I), wies die Berufung aber hinsichtlich der Beitragsjahre 1993 bis 1998 als unbegründet ab (Spruchpunkt II).

Hintergrund der Vorschreibung der Beiträge für die Jahre ab 1992 durch die Behörde erster Instanz mit Bescheid vom war der Umstand, dass die Beschwerdeführerin im Exekutionsverfahren betreffend frühere Abgabenvorschreibungen, die der Beschwerdeführerin ohne Zustellnachweis zugestellt worden waren, einwendete, die Titelbescheide nie erhalten zu haben. In der Begründung des angefochtenen Bescheides setzte sich die belangte Behörde einerseits mit Einwendungen im Hinblick auf die

6. Mehrwertsteuerrichtlinie der EG auseinander, nahm zur Frage der Verjährung Stellung (die Aufhebung des Bescheides für das Jahr 1992 erfolgte wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung, im Übrigen wird auf die fünfjährige Verjährungsfrist nach § 154 Abs. 1 TLAO hingewiesen) und verwies zur Höhe der vorgeschriebenen Abgabe auf die für die Jahre 1993 bis 1996 beim Finanzamt vorhandenen Zahlen und darauf, dass die Umsätze für die Jahre 1997 und 1998 auf der Grundlage der Verhältnisse von 1994 geschätzt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe sich im Verfahren nicht der Mühe unterzogen, durch konkrete Angaben am Verfahren mitzuwirken.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der in der Sachverhaltsdarstellung auf eine Reihe von Exekutionsverfahren eingegangen wurde, in denen Einwendungen erhoben worden seien. Die Behörde habe auf Grund der Einwendungen "neuerlich die Bescheide dem einschreitenden Anwalt" zugestellt.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 784/99-3, ab und trat die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die beschwerdeführende Partei bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof erkennbar wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Sie erachtet sich offenbar in ihrem Recht, nicht mit einer dem Art. 33 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie, 77/388/EWG, widersprechenden Abgabe belastet zu werden, verletzt (es wird in der Beschwerde keine Rechtsgrundlage genannt, jedoch auf "EU-Richtlinien" hingewiesen). Es wird weiters die Auffassung vertreten, dass sich aus dem Gesetz keine fünfjährige Verjährungsfrist ergebe. Eine Sonderbestimmung wäre "auf Grund der besonderen Bestimmungen des Tourismusgesetzes nicht zulässig und auch vom Gesetz her nicht gedeckt". Im Übrigen enthält die Beschwerde Ausführungen zu einem Exekutionsverfahren, das offenbar auf Grund der früheren erstinstanzlichen Vorschreibungen geführt worden war. In diesem Verfahren sei über Einwendungen der Beschwerdeführerin noch nicht entschieden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschlüssen vom und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art. 177 EGV (nunmehr Art. 234 EG) die Frage vorgelegt, ob eine Regelung, wie sie das Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetz 1994, LGBl. Nr. 59/1994, das Steiermärkische Tourismusgesetz 1992, LGBl. Nr. 55 idgF, und das Tiroler Tourismusgesetz 1991 betreffend die Fremdenverkehrsabgabe bzw. Tourismusabgabe enthalten, der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie, 77/388/EWG, widerspricht.

Mit Urteil vom in den verbundenen Rechtssachen C- 338/97, C-344/97 und C-390/97, Pelzl u.a., Wiener Städtische Allgemeine Versicherungs AG u.a. und STUAG Bau-Aktiengesellschaft hat der EuGH ausgesprochen, dass die genannte Richtlinie einer Abgabe wie sie in den erwähnten inländischen Rechtsvorschriften vorgesehen ist nicht entgegensteht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die beschwerdeführende Partei stellt in der Beschwerdeergänzung nicht nur den Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, sondern in eventu auch den Antrag, "in Stattgebung der Säumnisbeschwerde hinsichtlich der Nichtbehandlung der Einwendungen gegen den Exekutionsanspruch aus dem Rückstandsausweis zu Zahl IIc-1/941840/32" den Einwendungen stattzugeben.

Da es sich bei diesem Eventualantrag der Sache nach um ein von der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zu unterscheidendes Begehren, das auf die Erhebung einer Säumnisbeschwerde gerichtet ist, handelt, ist dieses gesondert zu behandeln.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis wird lediglich über den Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides abgesprochen.

Bezüglich des Eventualantrages ist in einem Verbesserungsverfahren zu klären, ob eine Säumnisbeschwerde erhoben werden sollte und gegen die Säumnis welcher Behörde hinsichtlich welcher Entscheidung sie sich richtet.

2. Strittig ist hinsichtlich des angefochtenen Bescheides vor dem Verwaltungsgerichtshof zunächst die Frage, ob die bescheidmäßige Vorschreibung einer Fremdenverkehrsabgabe deshalb rechtswidrig war, weil die angewendete inländische Rechtsvorschrift gegen die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, insbesondere deren Art. 33, verstößt. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat diese Frage mit dem genannten Urteil vom in den verbundenen Rechtssachen C-338/97, C-344/97 und C-390/97 verneint.

Damit ist die in der Beschwerde vertretene Auffassung insoweit widerlegt.

3. Hinsichtlich der Frage der Verjährung genügt es, auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid hinzuweisen. Es bedarf keiner "Sonderbestimmungen" (für den Tourismusbeitrag), von denen in der Beschwerde die Rede ist; die belangte Behörde hat zutreffend die allgemeine Bestimmung des § 154 Abs. 1 TLAO angewendet (eine "Anlehnung" an das ABGB, wie dies in der Beschwerde formuliert wird, ist daher nicht erforderlich). Die Anwendbarkeit der TLAO folgt aus § 1 Abs. 1 lit. c TLAO, wonach dieses Gesetz (auch) in Angelegenheiten der nicht bundesgesetzlich geregelten Beiträge an öffentliche Fonds, die keine Gebietskörperschaften sind, gilt. In der Beschwerde wird nichts vorgebracht, was gegen die Anwendung dieser generellen Verjährungsbestimmung sprechen würde. Dass der belangten Behörde bei der Berechnung der Verjährungsfrist ausgehend von ihrer Rechtsauffassung ein Fehler unterlaufen wäre, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. Der angefochtene Bescheid ist auch insoweit nicht rechtswidrig.

4. Soweit in der Beschwerde (erstmals und über die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof hinausgehend) Bedenken gegen die der Abgabenvorschreibung zu Grunde liegende Verordnung der Tiroler Landesregierung betreffend die Einreihung der Betriebe in Beitragsgruppen und des Tourismusverbandes in die Ortklassen A oder B gemäß § 33 Abs. 1 und 2 Tiroler Tourismusgesetz vorgebracht werden, sind auch beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken entstanden, die eine Antragstellung auf Aufhebung der maßgeblichen Verordnungsbestimmungen erforderten. Inwiefern die Einreihung der Lederwarenhändler durch die Beitragsgruppenverordnung 1991, LGBl. Nr. 84/1990, in die Beitragsgruppe V (die drittletzte Beitragsgruppe) nicht dem Gesetz entsprechen sollte, ist nicht ersichtlich. Es begegnet keinen sachlichen Bedenken, wenn der Verordnungsgeber (auf Grund der Ergebnisse des Verfahrens zur Verordnungserlassung) den Nutzen, den die Futtermittelhersteller bzw. Futtermittelhändler, Landmaschinenbauer und Landmaschinenhändler aus dem Fremdenverkehr ziehen (diese sind in die Beitragsgruppen VI bzw. VII eingereiht), als geringer angenommen hat, als den Nutzen, den Lederwarenhändler aus dem Fremdenverkehr ziehen. Umgekehrt sind durch die Beitragsgruppenverordnung beispielsweise nicht nur Fotowarenhändler, sondern auch Fotografen in höhere Beitragsgruppen eingereiht und etwa Fahrschulen ebenfalls in die Beitragsgruppe V. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Bedenken gegen § 1 des Tourismusgesetzes bereits in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof herangetragen wurden, der diese jedoch nicht zum Anlass der Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens genommen hat (vgl. den Hinweis auf die mangelnde Aussicht auf Erfolg auch im Zusammenhang mit den verfassungsrechtlichen Bedenken im Ablehnungsbeschluss vom ).

Soweit die Einordnung des Tourismusverbandes in die Ortsklassen nach der Anzahl der Gästenächtigungen bekämpft wird, wird ebenfalls keine Gesetzwidrigkeit aufgezeigt, da das diesbezügliche Einordnungskriterium vom Gesetzgeber dem Verordnungsgeber vorgegeben wurde.

Wenn in der Beschwerde schließlich darauf hingewiesen wird, dass § 38 Tourismusgesetz "gesetzwidrig" sei, weil "der unabhängige Verwaltungssenat entscheiden (hätte) müssen und nicht eine abhängige Berufungskommission", übersieht sie, dass nach Art. 129a Abs. 1 Z 3 B-VG zwar der einfache Gesetzgeber den unabhängigen Verwaltungssenaten weitere (über die Agenden nach Z 1 und 2 hinaus gehende) Aufgaben zuweisen kann, dass aber die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate insofern von der entsprechenden gesetzlichen Grundlage abhängt. Es sind daher keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 38 Tiroler Tourismusgesetz aus diesem Gesichtspunkt heraus entstanden (auf die der Sache nach das Vorbringen hinsichtlich einer "Gesetzwidrigkeit" abzielt). Art. 129a Abs. 1 Z 3 B-VG schränkt auch die Möglichkeit des Landesgesetzgebers nicht ein, zur Entscheidung über Berufungen gegen erstinstanzliche Verwaltungsbescheide (auch in Abgabenangelegenheiten) Sonderbehörden des Landes (insbesondere solche nach Art. 133 Z 4 B-VG, welche mit einfachem Landesgesetz eingerichtet werden können) zu berufen. Die einfachgesetzliche Argumentation, dass aus der Anordnung der Geltung des AVG für das Verfahren der Berufungskommission folge, dass der unabhängige Verwaltungssenat zu entscheiden gehabt hätte, weil damit auch § 67a AVG gelte, ist verfehlt. Abgesehen davon, dass im Beschwerdefall die TLAO anzuwenden ist, ist die Beschwerdeführerin hiezu auf den Wortlaut des § 67a Abs. 1 Z 1 AVG zu verweisen. Die unspezifizierten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken gehen ebenfalls ins Leere (vgl. zum Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes nach Gemeinschaftsrecht beispielsweise Potacs, Die Europäische Union und die Gerichtsbarkeit öffentlichen Rechts, Gutachten für den

14. ÖJT, I/1, Wien, 2000, 21).

In gleicher Weise schwer verständlich ist das Vorbringen betreffend § 37 Tiroler Tourismusgesetz. Auch hier könnte mit dem Vorwurf der "Gesetzwidrigkeit" ein Verstoß gegen Verfassungsrecht gemeint sein. Inwiefern ein solcher hinsichtlich des Grundrechts auf Datenschutz, das der Sache nach in Betracht kommen könnte, durch die Übermittlung von Durchschriften von Steuerbescheiden an die zuständige Abgabenbehörde der Fall sein könnte, ist nicht ersichtlich (vgl. § 7 Abs. 1 und 2 DSG, BGBl. Nr. 565/1978 idF BGBl. Nr. 605/1987). Auch insoweit kommt eine Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof mangels konkreter Bedenken nicht in Betracht.

5. Die Ausführungen betreffend die Einwendungen im Exekutionsverfahren sind für die Beurteilung des hier allein zu beurteilenden angefochtenen Bescheids im Abgabenverfahren nicht relevant. Im Hinblick auf den im Ergänzungsschriftsatz gestellten Eventualantrag, der der Sache nach auf die Erhebung einer Säumnisbeschwerde hinausläuft, wird ein getrenntes verwaltungsgerichtliches Verfahren zu führen sein (in dem zunächst klarzustellen sein wird, ob die Beschwerdeführerin ungeachtet der nach ihren Angaben erfolgten Einstellung des Exekutionsverfahrens tatsächlich eine Säumnisbeschwerde erheben bzw. diese aufrecht halten möchte und welcher Behörde Säumnis zur Last gelegt werde).

Soweit unter Hinweis auf den von der Abgabenbehörde zunächst als Grundlage für eine Exekutionsführung herangezogenen Rückstandsausweis die Auffassung vertreten wird, dass die gegenständliche Abgabenvorschreibung nicht erfolgen hätte dürfen, ist darauf hinzuweisen, dass Rückstandsausweise keine Bescheide darstellen, sondern einen Auszug aus den Rechnungsbehelfen der ausstellenden Verwaltungseinrichtung (vgl. Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts7, Rz 1008, und beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0100). Rückstandsausweise könnten auch im Zusammenhang mit der politischen Exekution von der Stelle, der durch die Verwaltungsvorschriften die politische Exekution ermöglicht ist, ausgestellt werden. Darüber hinaus könnte dann, wenn die Ausstellung des Rückstandsausweises einen vollstreckbaren Bescheid voraussetzt (vgl. § 177 TLAO), sich im Verfahren die Annahme des Vorliegens eines Bescheides als unzutreffend herausstellen. Die Tatsache der Erlassung eines Rückstandsausweises lässt somit nicht zwingend den Schluss auf das Vorliegen entsprechender Abgabenbescheide zu. Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde auch keine derartigen Bescheide genannt. Sie hat im Gegenteil in den Einwendungen gegen die Exekution auf Grund des Rückstandsausweises zur Zl. IIc-1/941840/32 vom die Sachverhaltsbehauptung aufgestellt, niemals Bescheide erhalten zu haben. Demnach kann aber der Abgabenfestsetzung nicht die Existenz früher in der selben Sache ergangener Bescheide entgegenstehen. Es ist daher nicht ersichtlich, dass die der Erlassung des angefochtenen Bescheides zu Grunde liegende Annahme, der Grundsatz des ne bis in idem sei der Erlassung eines Abgabenbescheides betreffend die gegenständlichen Tourismusbeiträge nicht entgegengestanden, in einem mangelhaften Verfahren zu Stande gekommen wäre (§ 41 Abs. 1 VwGG).

6. Die Bescheidbeschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am