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VwGH 30.06.1998, 97/11/0011

VwGH 30.06.1998, 97/11/0011

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
MLG 1968 §5;
MLG 1968 §6;
VwGG §34 Abs1;
RS 1
§ 5 MLG begründet, anders als sein § 6, keinen Rechtsanspruch der durch die Anforderung betroffenen Personen auf Leistungsfreiheit. Bei der hier vorgesehenen Interessenabwägung steht die Wahrung militärischer Rücksichten, sohin die Zweckmäßigkeit der getroffenen Anordnung, im Vordergrund. Durch das Unterbleiben von Ermittlungen, ob ein anderer, nicht beruflichen Zwecken dienender Leistungsgegenstand angefordert werden kann, wird die betroffene Person daher in ihren Rechten nicht verletzt.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1991/10/01 90/11/0199 4
Normen
MLG 1968 §6 Abs1 lita;
VwRallg;
RS 2
Der Gesetzgeber hat die Ausnahme von der Leistungspflicht iSd § 6 Abs 1 MLG in § 6 Abs 1 lit a MLG AUSDRÜCKLICH auf die Gebietskörperschaften und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts beschränkt (hier: keine Gleichstellung eines Sicherheitsunternehmens mit Objektschutz öffentlicher Gebäude und Bargeldtransport von der Österr Nationalbank zu den einzelnen Geldinstituten).
Normen
MLG 1968 §6 Abs1 litd;
VwRallg;
RS 3
Es beseht kein Anhaltspunkt, daß der Begriff "dem öffentlichen Verkehr dient" iSd § 6 Abs 1 lit d MLG abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch zu verstehen wäre, wonach damit Unternehmen gemeint sind, die dem allgemeinen Personenverkehr und Güterverkehr dienen und für die insoweit regelmäßig Betriebspflicht und allgemeiner Kontrahierungszwang zu im wesentlichen im vorhinein festgelegten Bedingungen gilt (wie etwa Eisenbahnen und Kraftfahrlinien). Dazu zählen aber nicht auch Unternehmer, die lediglich spezielle Transportaufgaben für einzelne Kunden vornehmen, auch wenn diese Transporte im öffentlichen Interesse liegen (hier: Bargeldtransport von der Österr Nationalbank zu den einzelnen Geldinstituten).
Normen
MLG 1968 §6 Abs2;
VwRallg;
RS 4
Die gesetzliche Definition des Begriffes lebenswichtig erfaßt nicht alle Bedürfnisse des täglichen Lebens, sondern nur die notwendigen. Dabei handelt es sich der eigentümlichen Bedeutung dieses Wortes ("Not wendend") entsprechend um jene elementaren Lebensbedürfnisse, deren Befriedigung für die Erhaltung des Lebens und der Gesundheit von Menschen unerläßlich ist, wie dies insbesondere bei den Bedürfnissen nach Nahrung, Kleidung, Unterkunft und Beheizung der Fall ist. Das Bedürfnis nach Konsum von Tabakwaren wird je nach Ausmaß der Süchtigkeit subjektiv sehr intensiv empfunden. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein notwendiges Bedürfnis des täglichen Lebens iSd § 6 Abs 2 MLG.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1991/10/01 90/11/0199 3
Normen
MLG 1968 §6 Abs1 litd;
MLG 1968 §6 Abs1 lite;
MLG 1968 §6 Abs2;
RS 5
Zu einem lebenswichtigen Erfordernis iSd § 6 Abs 1 lit d und lit e MLG zählt nicht das Bedürfnis nach Schutz von Hab und Gut durch Flächenschutz und Objektschutz, wohl aber das Bedürfnis nach ausreichender Versorgung der Bevölkerung mit Bargeld. Denn dieses ist nach wie vor vielfach die notwendige Voraussetzung für die Deckung der Bedürfnisse nach Nahrung, Kleidung, Unterkunft und Beheizung durch Beschaffung der dazu erforderlichen Güter und Dienstleistungen (hier: Die Versorgung der Bevölkerung mit Bargeld durch den Transport von Geld von der Österreichischen Nationalbank zu den Kreditinstituten und deren Filialen stellt lebenswichtige Aufgaben iSd § 6 Abs 1 lit e MLG dar).
Normen
MLG 1968 §5;
MLG 1968 §6 Abs1 lite;
RS 6
Unternehmen iSd § 6 Abs 1 lit e MLG sind nicht schlechthin in Ansehung aller der Erfüllung ihrer Aufgaben dienenden Leistungsgegenstände in der Erfüllung der Leistungspflicht nach dem Militärleistungsgesetz ausgenommen, sondern nur in Ansehung jener Leistungsgegenstände, die zur Erfüllung dieser Aufgaben notwendig sind. Fehlt diese Notwendigkeit hinsichtlich einzelner Leistungsgegenstände, so steht insoweit der Ausnahmetatbestand des § 6 Abs 1 lit e MLG der Erlassung eines Bereitstellungsbescheides (oder Leistungsbescheides) nicht entgegen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der B Gesellschaft m.b.H. in L, vertreten durch Dr. Harald Ofner und Dr. Thomas Wagner, Rechtsanwälte in Wien 16, Schuhmeierplatz 14, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom , Zl. 21.440/47-2.6/96, betreffend Bereitstellung eines Kraftfahrzeuges nach dem Militärleistungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei betreibt ein Sicherheitsunternehmen, zu dessen Aufgaben einerseits der Objekt- bzw. Flächenschutz und andererseits der Transport von Bargeld, insbesondere von der Österreichischen Nationalbank zu den einzelnen Geldinstituten und weiter zu deren Filialen, zählen. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bereitstellungsbescheid wurde ein für die beschwerdeführende Partei zugelassener, nach Marke, Type, Kennzeichen und Fahrgestellnummer bestimmter LKW gemäß § 12 des Militärleistungsgesetzes, BGBl. Nr. 174/1968, (im folgenden MLG) angefordert.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; sie beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Sie und die beschwerdeführende Partei haben sich jeweils in einem weiteren Schriftsatz zum Vorbringen der anderen Partei geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch eine unrichtige und nicht auf einem mängelfreien Verfahren beruhende Anwendung des § 5 MLG in ihren Rechten verletzt. Diese Bestimmung sieht für den Fall, daß der Bedarf durch die Inanspruchnahme von Leistungen verschiedener Personen befriedigt werden kann, eine Interessenabwägung zwischen den militärischen und den berücksichtigungswürdigen anderen Interessen vor. Dazu wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnisse vom , SlgNr. 13.501/A, und vom , Zl. 92/11/0279) verwiesen, wonach durch § 5 MLG keine subjektiven Rechte begründet werden. Bei der darin vorgesehenen Interessenabwägung steht die Wahrung militärischer Rücksichten im Vordergrund. Aus der gebotenen Bedachtnahme auf die Interessen der von einer Anforderung betroffenen Person läßt sich mangels ausdrücklicher Regelung kein subjektives Recht dieser Person ableiten. Der Beschwerdefall bietet keinen Anlaß zum Abgehen von dieser Rechtsprechung. Angesichts dieser Rechtslage wurde die beschwerdeführende Partei weder durch die behauptete unrichtige Auslegung des § 5 MLG noch durch das Fehlen der von ihr in diesem Zusammenhang vermißten Erhebungen und Begründungselemente in Rechten verletzt.

Mit dem weiteren Beschwerdevorbringen macht die beschwerdeführende Partei Leistungsfreiheit nach § 6 MLG geltend. Als beliehenes Unternehmen, das mit der Besorgung von Aufgaben der Verwaltung (Objektschutz öffentlicher Gebäude, Bargeldtransport von der Österreichischen Nationalbank zu den einzelnen Geldinstituten) betraut sei und auch zum Teil unmittelbar behördliche Befehls- und Zwangsgewalt ausübe, sei sie den in § 6 Abs. 1 lit. a MLG genannten Personen gleichgestellt. Außerdem handle es sich bei den Aufgaben im Rahmen des Objekt- bzw. Flächenschutzes und des Bargeldtransportes um die Erfüllung lebenswichtiger Aufgaben im Sinne der lit. e bzw. um die Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrs im Sinne der lit. d des § 6 MLG.

Die belangte Behörde verneinte das Vorliegen dieser Ausnahmetatbestände. Sie führte dazu im angefochtenen Bescheid aus, die beschwerdeführende Partei gehöre nicht zu den in der lit. a aufgezählten Personen, die von ihr wahrgenommenen Aufgaben könnten weder der unmittelbaren Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse (§ 6 Abs. 1 lit. e) noch der Aufrechterhaltung des lebenswichtigen öffentlichen Verkehrs (§ 6 Abs. 1 lit. d) zugeordnet werden. Außerdem sei die Notwendigkeit des angeforderten Leistungsgegenstandes zur Erfüllung von Aufgaben im Sinne des § 6 Abs. 1 lit. a bis f MLG nicht gegeben, weil die übrigen fünf Fahrzeuge des Fuhrparkes der beschwerdeführenden Partei, insbesondere die drei LKW"s des Typs VW 70 D Kasten, im Ernstfall die Durchführung jener Transporte gewährleisteten, die sonst vom angeforderten LKW VW 70 D Kasten übernommen würden.

Gemäß § 6 Abs. 1 MLG sind von der Leistungspflicht ausgenommen

"a) Gebietskörperschaften und andere juristische Personen des öffentlichen Rechtes hinsichtlich der zur Erfüllung von Aufgaben der Hoheitsverwaltung notwendigen Leistungsgegenstände;

...

d) Unternehmen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, hinsichtlich der zur Aufrechterhaltung des lebenswichtigen Verkehrs notwendigen Leistungsgegenstände;

e) andere als von lit. c und d erfaßte Unternehmen, soweit diese lebenswichtige Aufgaben erfüllen, hinsichtlich der zur Erfüllung dieser Aufgaben notwendigen Leistungsgegenstände;

..."

Die Ansicht der beschwerdeführenden Partei, sie sei als beliehenes Unternehmen mit Organfunktion im Bereich der Hoheitsverwaltung in Ansehung der von ihr wahrgenommenen Aufgaben den in der lit. a des § 6 Abs. 1 MLG genannten Personen gleichzustellen, kann schon deshalb nicht geteilt werden, weil das Gesetz für eine solche Gleichstellung keine Handhabe bietet. Der Gesetzgeber hat die Ausnahme von der Leistungspflicht in der in Rede bestehenden Bestimmung ausdrücklich auf die Gebietskörperschaften und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts beschränkt.

Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei betreibt diese auch kein Unternehmen, das im Sinne der lit. d des § 6 Abs. 1 MLG "dem öffentlichen Verkehr dient". Es besteht kein Anhaltspunkt, daß dieser Begriff abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch zu verstehen wäre, wonach damit Unternehmen gemeint sind, die dem allgemeinen Personen- und Güterverkehr dienen und für die insoweit regelmäßig Betriebspflicht und allgemeiner Kontrahierungszwang zu im wesentlichen im vorhinein festgelegten Bedingungen gilt (wie etwa Eisenbahnen und Kraftfahrlinien). Dazu zählen aber nicht auch Unternehmen wie jenes der beschwerdeführenden Partei, die lediglich spezielle Transportaufgaben für einzelne Kunden wahrnehmen, auch wenn diese Transporte im öffentlichen Interesse liegen.

Was die weiters bekämpfte Ansicht der belangten Behörde anlangt, bei den von der beschwerdeführenden Partei wahrgenommenen Aufgaben handle es sich nicht um lebenswichtige im Sinne der lit. d und e des § 6 Abs. 1 MLG, ist die beschwerdeführende Partei nur zum Teil im Recht. Lebenswichtig im Sinne dieser Bestimmungen sind nach der Definition des § 6 Abs. 2 MLG jene Erfordernisse, die der Befriedigung der notwendigen Bedürfnisse des täglichen Lebens dienen. Dabei handelt es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe das Erkenntnis vom , Slg.Nr. 13.501/A) um jene elementaren Lebensbedürfnisse, deren Befriedigung für die Erhaltung des Lebens und der Gesundheit von Menschen unerläßlich ist, wie dies insbesondere bei den Bedürfnissen nach Nahrung, Kleidung, Unterkunft und Beheizung der Fall ist. Dazu zählt nicht das Bedürfnis nach Schutz für Hab und Gut durch Flächen- und Objektschutz, wohl aber entgegen der Auffassung der belangten Behörde das Bedürfnis nach ausreichender Versorgung der Bevölkerung mit Bargeld. Denn dieses ist nach wie vor vielfach die notwendige Voraussetzung für die Deckung der Bedürfnisse nach Nahrung, Kleidung, Unterkunft und Beheizung durch Beschaffung der dazu erforderlichen Güter und Dienstleistungen. (Anderes gälte, wenn bei Eintritt des in § 1 MLG genannten Falles etwa die Einführung eines geldunabhängigen Bezugscheinsystems vorgesehen wäre.) Die beschwerdeführende Partei erfüllt daher, soweit sie der Versorgung der Bevölkerung mit Bargeld durch den Transport von Geld von der Österreichischen Nationalbank zu den Kreditinstituten und deren Filialen dient, lebenswichtige Aufgaben im Sinne des § 6 Abs. 1 lit. e MLG. Daran vermag der Hinweis in der Gegenschrift der belangten Behörde (S. 5), die Versorgung der Bevölkerung mit Bargeld sei in erster Linie eine Aufgabe der Geldinstitute und es könnten mit den Geldtransporten auch andere dafür geeignete Unternehmen betraut werden, nichts zu ändern, weil auch für die dazu herangezogenen Fahrzeuge anderer Unternehmungen nichts anderes gälte.

Das aufgezeigte Verkennen der Rechtslage durch die belangte Behörde führt indes nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil sich dieser aus einem anderen Grund als rechtmäßig erweist. Unternehmen im Sinn des § 6 Abs. 1 lit. e MLG sind nämlich nicht schlechthin in Ansehung aller der Erfüllung ihrer Aufgaben dienenden Leistungsgegenstände von der Erfüllung der Leistungspflicht nach dem Militärleistungsgesetz ausgenommen, sondern nur in Ansehung jener Leistungsgegenstände, die zur Erfüllung dieser Aufgaben notwendig sind. Fehlt diese Notwendigkeit hinsichtlich einzelner Leistungsgegenstände, so steht insoweit der Ausnahmetatbestand des § 6 Abs. 1 lit. e MLG der Erlassung eines Bereitstellungs- (oder Leistungs-) bescheides nicht entgegen.

Ein solcher Fall liegt hier angesichts der Annahme der belangten Behörde vor, der notwendige Bargeldtransport könne auch mit den übrigen fünf Fahrzeugen der beschwerdeführenden Partei, insbesondere mit den drei LKW"s des Typs VW 70 D Kasten bewältigt werden. Dieser Annahme ist die beschwerdeführende Partei nicht konkret entgegen getreten.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Zusatzinformationen


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Normen
MLG 1968 §5;
MLG 1968 §6 Abs1 lita;
MLG 1968 §6 Abs1 litd;
MLG 1968 §6 Abs1 lite;
MLG 1968 §6 Abs2;
MLG 1968 §6;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Sammlungsnummer
VwSlg 14933 A/1998
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden VwRallg3/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1998:1997110011.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAE-63354