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VwGH vom 09.03.1998, 97/10/0243

VwGH vom 09.03.1998, 97/10/0243

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner

Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde 1. des F in L,

2. der C und des EU in L und 3. der K in A, alle vertreten durch Dr. Franz Müller-Strobl und Dr. Robert Kugler, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 4, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. Ro-258/11/1997, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: KP Gesellschaft m.b.H. in L, vertreten durch Dr. Michael Mülner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Lidmanskygasse 9), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Auf Grund einer im Jahr 1991 durchgeführten Untersuchung des Rohstoffvorkommens (zur Herstellung von Mineralwolle geeignetes basaltisches Gestein) wurde bei der Berghauptmannschaft die Gewinnungsbewilligung für das Abbaufeld "L-Graben" gemäß § 238 Abs. 1 BergG vorgemerkt. Mit Bescheid der Berghauptmannschaft Klagenfurt vom wurde auf Grund von § 100 Abs. 2 BergG der Mitbeteiligten der für das Gewinnen des grundeigenen mineralischen Rohstoffes Diabas (basaltisches Gestein) im Abbaufeld "L-Graben" des Diabasbergbaues vorgelegte Aufschluß- und Abbauplan unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt.

Mit Bescheid vom erteilte die Bezirkshauptmannschaft St. Veit/Glan (BH) gemäß den §§ 4, 9 und 52 des Kärntner Naturschutzgesetzes (NSchG) der Mitbeteiligten die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Steinbruches auf den Grundstücken Nr. 896, 897/1 und 897/3 KG O. unter Vorschreibungen von Bedingungen und Auflagen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer - die Eigentümer von in der Umgebung des Steinbruches gelegenen Grundstücken - Berufung. Sie machten Verfahrensmängel im Zusammenhang mit der Beurteilung einer Beeinträchtigung der Anrainer durch Staub, Lärm, Abgase und erhöhtes Verkehrsaufkommen und der Beeinträchtigung von Quellen sowie in der Frage der Feststellung des öffentlichen Interesses am Vorhaben geltend.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den Bescheid der BH unter Vorschreibung zusätzlicher Auflagen. Nach Darstellung des Verfahrensganges und insbesondere des Ergebnisses der im Berufungsverfahren durchgeführten ergänzenden Ermittlungen legte die belangte Behörde unter Hinweis auf die Rechtslage begründend dar, Anrainer hätten im Verfahren nur unter den Voraussetzungen nach § 53 Abs. 1 NSchG Parteistellung, sofern ihre Wohnstätten in unzumutbarer Nähe des Steinbruches lägen. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, daß Fragen des Anrainerschutzes Gegenstand des Verfahrens nach dem BergG seien. Hinsichtlich der übrigen im Naturschutzverfahren abzuhandelnden Fragen (Landschaftsbild, Charakter des Landschaftsraumes und Beeinträchtigungen des Haushaltes der Natur) käme den Anrainern eine mit subjektiven öffentlichen Rechten verbundene Parteistellung nicht zu. Der Berufung sei nicht Folge zu geben, weil Abhilfe gegen unzumutbare Beeinträchtigung von Anrainern durch Lärm, Staub etc. infolge von Sprengerschütterungen gemäß § 203 BerggG bei der zuständigen Berghauptmannschaft zu suchen sei. Der Quellschutz sei Sache des wasserrechtlichen Verfahrens. Ebensowenig seien der LKW-Verkehr und Zerkleinerungs- und Zerteilungsarbeiten, die nicht direkt in der Wand selbst stattfänden, sondern von dieser entfernt ausgeführt würden, Gegenstand des naturschutzrechtlichen Verfahrens.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Es werden insbesondere Verfahrensmängel bzw. inhaltliche Rechtswidrigkeit im Zusammenhang mit der naturschutzbehördlichen Interessenabwägung sowie in der Frage geltend gemacht, ob die Anlagen in unzumutbarer Nähe zum Siedlungsbereich lägen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 4 lit. b des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 idF LGBl. Nr. 21/1997 (NSchG), bedarf im gesamten Landesgebiet u.a. die Anlage von Steinbrüchen einer Bewilligung.

Nach § 9 Abs. 1 darf eine Bewilligung (u.a.) im Sinne des § 4 nicht erteilt werden, wenn durch das Vorhaben oder die Maßnahme a) das Landschaftsbild nachteilig beeinflußt würde,

b) das Gefüge des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtigt würde oder c) der Charakter des betroffenen Landschaftsraumes nachhaltig beeinträchtigt würde.

Nach § 9 Abs. 5 NSchG ist eine Bewilligung (u.a.) im Sinne des § 4 lit. b zu versagen, wenn die Anlage in unzumutbarer Nähe zum Siedlungsbereich errichtet werden soll.

Nach § 53 Abs. 1 NSchG kommt (u.a.) in Verfahren nach § 4 lit. b Anrainern die Stellung von Parteien im Sinne des § 8 AVG zu. Für Anrainer werden in den Bestimmungen des § 9 Abs. 5 subjektive öffentliche Rechte begründet. Anrainer sind die Eigentümer der im unmittelbaren Einflußbereich eines Vorhabens liegenden Grundstücke.

Im Erkenntnis vom , Zl. 95/10/0270, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß sich die in Rede stehende Regelung (§ 9 Abs. 5 NSchG), soweit der Abbau von dem Berggesetz unterliegenden Mineralien in Rede steht, ausschließlich auf Gesichtspunkte bezieht, die der Bundeskompetenz "Bergwesen" zugeordnet sind. In verfassungskonformer Interpretation ist somit davon auszugehen, daß § 9 Abs. 5 NSchG in Ansehung von Steinbrüchen, in denen dem Berggesetz unterliegende Mineralien abgebaut werden, nicht zur Anwendung kommt; der Immissionsschutz fällt in einem solchen Fall ausschließlich in die Zuständigkeit der Bergbehörde, die diese Zuständigkeit im konkreten Fall auch wahrgenommen und zahlreiche Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft vorgeschrieben hat. Abgesehen vom Recht auf Wahrnehmung des in § 9 Abs. 5 NSchG normierten Versagungstatbestandes räumt das NSchG den Anrainern keine subjektiv-öffentlichen Rechte ein; vom Anwendungsbereich des § 9 Abs. 5 NSchG abgesehen, hat die Behörde im Bewilligungsverfahren ausschließlich auf öffentliche Interessen Bedacht zu nehmen. Mangels Anwendbarkeit von § 9 Abs. 5 NSchG im Beschwerdefall kamen den Beschwerdeführern somit keine subjektiv-öffentlichen Rechte zu. Die belangte Behörde hätte ihre Berufung daher mangels Parteistellung zurückweisen müssen. Dadurch, daß die belangte Behörde die Berufung nicht zurück-, sondern - unter Vorschreibung zusätzlicher Auflagen - abwies, sind die Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht in subjektiv-öfentlichen Rechten verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren der Mitbeteiligten war abzuweisen, weil der Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer umfaßt.