VwGH vom 21.02.1996, 94/16/0269
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des Fritz P in I, vertreten durch Dr. KN, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl. 60.455-6/94, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Grunderwerbsteuer sowie betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom erwarben der Beschwerdeführer Fritz P. und Oskar P. von der N. KG je zur Hälfte eine Liegenschaft im Ausmaß von 13.276 m2 um den Kaufpreis von S 1,725.880,--. Die daraufhin erfolgte Vorschreibung von Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom erwuchs in Rechtskraft.
Im Zuge einer bei der P. GmbH - deren Geschäftsführer die Erwerber Fritz und Oskar P. sind - in den Jahren 1990 und 1991 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde ein vom Schriftenverfasser Rechtsanwalt Dr. H. aufgenommener Aktenvermerk folgenden Inhalts vorgefunden:
"AV
i. S. N.
Fa. N. verkauft an die Herren P. die Liegenschaft in Kundl um einen Kaufpreis von 1,725.880 S. Dies ergibt einen m2-Preis von 130 S, Fa. N. hat die Gesamtliegenschaft im Herbst 1979 um 85 S/m2 gekauft.
Besitz und Genuß, Wag und Gefahr der gegenständlichen Liegenschaft sind mit Unterfertigung des Kaufvertrages übergegangen.
Die Herren P. beabsichtigen, die Liegenschaft an die P. Gesellschaft m.b.H., deren alleinige Gesellschafter sie sind, in Bestand zu geben. Um den von der Gesellschaft bedungenen Zweck erreichen zu können, war eine Adaptierung der Liegenschaft notwendig.
Wesentlicher Bestandteil des Kaufvertrages war, ohne daß es im Kaufvertrag aufschien, daß diese notwendigen Adaptierungsarbeiten ebenfalls durch die Fa. N. durchgeführt werden sollten, sodaß der Fa. N. dadurch ein zusätzliches Einkommen erwachsen sollte. Die Arbeiten wurden in der Folge tatsächlich von N. durchgeführt bzw. unverzüglich der entsprechende Auftrag erteilt. Die Rechnungssumme betrug 3,504.864 S.
Um N. dahingehend abzusichern, daß nicht der Auftrag anderweitig erteilt werden sollte, hat sich die Fa. P. Ges.m.b.H. verpflichtet, diesen Rechnungsbetrag ebenfalls treuhändig an mich zu überweisen, sodaß er der Fa. N. gleichzeitig mit dem Kaufschilling, also bei lastenfreier Abschreibung der Grundparzelle der Gebr. P. zukommen sollte.".
Weiters wurde im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung folgende Rechnung der N. KG an die "Holzindustrie P." vom vorgefunden:
"R E C H N U N G NR. 056
Betrifft: Kiesschüttung und Sanierung - Grundstück Kundl
Nach Abschluß der für Sie durchgeführten Arbeiten dürfen wir
Ihnen wie folgt in Rechnung stellen:
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1.) | Kiesschüttung: |
13.000 m2 x 3 m Höhe
= 39.000 m3 a S 62,00/m3 S 2,418.000,00
2.) Einbauen, verdichten und
abwalzen der Schüttung sowie
Planie des Geländes
= 13.276 m2 a S 22,00/m2 S 292.072,00
3.) Entwässerungsgraben sowie
Böschung herstellen und
anplanieren
150 lfm Grabenprofil
750 m2 Böschung
pauschal S 112.000,00
4.) Freilegung des Lagerplatzes
Umlegen der Einfriedungen
Zäune neu montieren S 98.648,00
Summe netto S 2,920.720,00
+ 20 % Mehrwertsteuer S 584.144,00
Rechnungssumme gesamt S 3,504.864,00
=============="
Das zuständige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern verfügte hierauf die Wiederaufnahme des Verfahrens und bezog in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nunmehr auch den halben in der Rechnung vom ausgewiesenen Betrag ein.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, Oskar und Fritz P. (der Beschwerdeführer) hätten die erworbene Liegenschaft der Holzindustrie P. GmbH zur Nutzung überlassen. Da die Liegenschaft jedoch in dem Zustand, in dem sie sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages befand, für Zwecke der Gesellschaft nicht geeignet gewesen sei, sei vereinbart worden, daß Oskar und Fritz P. für die Nutzungsüberlassung nur einen Anerkennungszins verlangen. Die Holzindustrie P. GmbH sollte die erforderlichen Drainagierungs-, Planierungs-, Aufschüttungs- und Befestigungsarbeiten auf eigene Gefahr und Rechnung durchführen lassen. Mit den Adaptierungsarbeiten sei die N. KG beauftragt worden, die die Arbeiten unverzüglich nach Abschluß des Kaufvertrages über die Liegenschaft begonnen und bis beendet habe. Die N. KG sei auf Grund der örtlichen Nähe und der Verfügbarkeit von Schüttmaterial für die Durchführung der Arbeiten besonders geeignet gewesen. Die Kiesschüttung sei auf Grund eines eigenständigen, vom Kaufvertrag zwischen der N. KG und Oskar und Fritz P. unabhängigen mündlichen Werkvertrages zwischen der N. KG und der Holzindustrie P. GmbH erfolgt. Die durch die Betriebsprüfung erfolgte Einstufung der Sanierungsarbeiten als verdeckte Anschaffungskosten sei lediglich im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Rechnung akzeptiert worden. Die Betriebsprüfung habe bereits ein Jahr gedauert und habe durch die Personalbindung immer deutlicher spürbare Probleme und Kosten in der Verwaltung der P. GmbH verursacht.
Nach Erlassung einer die Berufung als unbegründet abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz insbesondere ausgeführt, die Adaptierungsarbeiten hätten sich als Mieterinvestitionen im Vermögen der P. GmbH ausgewirkt. Da die Maßnahmen im Einverständnis mit der Grundbesitzgemeinschaft durchgeführt worden seien, habe die Holzindustrie P. GmbH im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses Anspruch auf Ersatz der zur Verbesserung aufgewendeten Kosten.
Nach einem entsprechenden Vorhalt der belangten Behörde wurde vom Beschwerdeführer in einer Eingabe vom unter anderem ausgeführt, Oskar und Fritz P. hätten lediglich die Absicht gehabt, die noch nicht befestigte Liegenschaft zu erwerben und der P. GmbH unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Der Erwerb im Privatvermögen sei aus Haftungsgründen erfolgt. Die Zahlung über Rechtsanwalt Dr. H. sei lediglich eine Vereinbarung über die Zahlungsmodalität und könne an der rechtlichen Beurteilung nichts ändern. Die Vereinbarung der Zahlung über das Treuhandkonto sei möglich gewesen, weil die Schüttungs- und Befestigungsarbeiten unmittelbar nach Abschluß des Kaufvertrages, aber noch vor der grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrages ausgeführt und abgerechnet worden seien.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat dabei die Auffassung, bei den im von Rechtsanwalt Dr. H.
angefertigten Aktenvermerk enthaltenen Tatumständen habe es sich um neu hervorgekommene Tatsachen gehandelt, die einen tauglichen Wiederaufnahmsgrund bilden. Weiters war die belangte Behörde der Meinung, daß die Auftragserteilung an die Verkäuferin einen Bestandteil des Kaufvertrages gebildet habe. Der der P. GmbH in Rechnung gestellte Betrag sei mit dem Erwerb des Grundstückes in unmittelbarem tatsächlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang gestanden. Durch die von der Verkäuferin erbrachten Adaptierungsarbeiten sei der Kaufgegenstand in einer Weise verändert worden, die dem beabsichtigten Verwendungszweck der Kaufsache als Holzlagerplatz entsprochen habe. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 208 Abs. 2 BAO sei der Grunderwerbsteuervorschreibung auch nicht die Bemessungsverjährung entgegengestanden.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 GrEStG 1955 - der gegenständliche Erwerbsvorgang ist entgegen der Auffassung beider Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach diesem Gesetz und nicht nach dem GrEStG 1987 zu beurteilen - sind unter Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechtes zu verstehen. Was als Zubehör des Grundstückes zu gelten hat, bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes. Zum Grundstück werden jedoch nach Z. 1 dieser Gesetzesstelle Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art nicht gerechnet, die zu einer Betriebsanlage gehören.
Dieser Begriff der "Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören" findet sich in verschiedenen Abgabengesetzen. Er diente der Abgrenzung verschiedener Realsteuern, insbesondere zwischen Grundsteuer und seinerzeitiger Gewerbe(kapital)steuer, aber auch zwischen Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer (vgl. Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz16, Rz 38 ff zu § 68 BewG). Nach § 6 Z. 9 lit. a UStG 1992 waren die Umsätze von Grundstücken im Sinne des § 2 GrEStG befreit. § 10 Abs. 2 Z. 5 UStG 1972 enthielt eine Steuerermäßigung für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. Nicht begünstigt waren jedoch die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören. Mit der letztgenannten Bestimmung bzw. deren Vorgängerbestimmung im § 4 Abs. 1 Z. 10 UStG 1959 hat sich der Verwaltungsgerichtshof mehrfach auseinandergesetzt. Insbesondere in dem zu § 4 Abs. 1 Z. 10 UStG 1959 ergangenen Erkenntnis vom , 1756/71, Slg. Nr. 4454 (F), hat der Gerichtshof unter ausdrücklichem Hinweis auf die gleichartige Regelung im GrEStG 1955 ausgesprochen, daß zu den sonstigen Vorrichtungen jedenfalls auch Umzäunungen, Wege und Platzbefestigungen zählen. Als Vorrichtungen ALLER ART, die zu einer Betriebsanlage gehören, sollten grundsätzlich wohl alle Gegenstände angesehen werden, die Zubehör eines Unternehmens sind, sodaß das Unternehmenszubehör grundsätzlich aus der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer auszuscheiden wäre. In verschiedenen Abgabenrechtsgebieten bestehe Übereinstimmung über den Begriff der Betriebsanlage und der dazugehörigen Maschinen und Vorrichtungen aller Art. Im damals entschiedenen Beschwerdefall zählten somit alle einem Campingplatz dienenden Einrichtungen, ausgenommen die Grundfläche selbst, zu den Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art. Diese Auffassung wurde in den weiteren Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2060/77, und vom , 1570/79, gleichfalls zum Betrieb von Campingplätzen, bestätigt. Zu einer Tennisanlage wurde im Erkenntnis vom , 3107/79, Slg. Nr. 5675 (F), ausgesprochen, daß - unter anderem - der Bodenbelag zu den Vorrichtungen im hier gemeinten Sinne gehört. All diesen Fällen ist gemein, daß Maßnahmen, die der bloßen Umgestaltung der Grundfläche für eine Betriebsanlage dienen, eine "sonstige Vorrichtung" darstellen.
Unter solchen sonstigen Vorrichtungen, die zu einer Betriebsanlage gehören, sind somit ALLE jene Vorrichtungen zu verstehen, die von Menschenhand geschaffen wurden und, ohne Gebäude zu sein, dem Betrieb eines Gewerbes dienen (vgl. das Erkenntnis vom , 511/68, Slg. Nr. 4106 (F) zu § 51 Abs. 1 BewG, in welcher Bestimmung allerdings - anders als im GrEStG - der Begriff der Vorrichtungen noch näher erläutert ist). Die in Streit stehenden Aufwendungen für "Kiesschüttung und Sanierung" laut der von der N. KG gelegten Rechnung vom stellen die Kosten für die Herstellung eines Holzlagerplatzes des von der P. GmbH betriebenen Sägewerkes und damit für eine Umgestaltung im Sinne der obzitierten Judikatur dar. Die bauliche Anlage eines solchen planierten und entwässerten Lagerplatzes stellt eine wesentliche Voraussetzung für den Betrieb des - der Aktenlage nach ein beträchtliches Ausmaß umfassenden - Sägeunternehmens dar. Die Vorrichtung des Lagerplatzes ist damit nicht mehr dem Grundstück selbst zuzurechnen, auf das sich der in Rede stehende Erwerbsvorgang bezieht. Daraus folgt, daß derjenige Teil der Gegenleistung (vgl. § 11 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1955), der auf die Herstellung des Lagerplatzes entfiel, nicht der Grunderwerbsteuer unterlag. Da somit die Kenntnisnahme von der angeführten Rechnung vom keinen im Spruch vom Bescheid vom abweichenden Bescheid herbeiführen konnte, waren somit die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht gegeben.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, wobei es sich erübrigte, auf die Beschwerdeausführungen im einzelnen einzugehen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Da der Beschwerde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung allein der angefochtene Bescheid in einfacher Ausfertigung anzuschließen ist, beschränkt sich der Ersatz an Stempelgebühren auf die Eingabengebühr von S 360,-- sowie auf die Beilagengebühr im Ausmaß von S 90,--.