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VwGH vom 22.12.1997, 97/10/0226

VwGH vom 22.12.1997, 97/10/0226

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des M in Bludenz, vertreten durch Dr. Johann Meier, Rechtsanwalt in Bludenz, Kirchgasse 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 18.341/18-IA8/97, betreffend Parteistellung in einem Rodungsverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B. vom wurde der Stadt B. unter Spruchabschnitt VII die Rodungsbewilligung für Teilflächen des Grundstückes Nr. 3514/1 GB B. erteilt. Unter Spruchabschnitt VIII wurden die Einwendungen des Beschwerdeführers mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Unter Spruchabschnitt IX wurde festgestellt, daß das Grundstück Nr. 3514/9 GB B. mit einer Fläche von ca. 350 m2 nicht Wald im Sinne des Forstgesetzes sei.

Mit Bescheid vom berichtigte die Bezirkshauptmannschaft ihren Bescheid vom dahingehend, daß die Grundstücksbezeichnung statt "3514/1" jeweils "3514/13" zu lauten hat.

Den Berufungen des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom und den Berichtigungsbescheid vom wurde mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom und vom keine Folge gegeben.

Die gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen des Beschwerdeführers wurden von der belangten Behörde mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung heißt es, es stehe fest, daß Alleineigentümerin der betroffenen Liegenschaften die Stadt B. sei und es sich u.a. bei den Grundstücken Nr. 3514/1 und 3514/9 um agrargemeinschaftliche Grundstücke handle. Bei den Nutzungsrechten an diesen Grundstücken handle es sich nicht um Dienstbarkeiten, sondern um Nutzungsrechte öffentlich-rechtlicher Natur. Für die Parteistellung des Beschwerdeführers bedeute dies, daß er als Mitglied der Gemeinde B. Nutzungsrechte an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken bzw. am Gemeindegut habe, jedoch keine dingliche Berechtigung bzw. Stellung eines Servitutsberechtigten im Sinne des ABGB.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Zuerkennung der Parteistellung gemäß § 8 AVG und § 19 Abs. 4 lit. b des Forstgesetzes 1975 und in seinem Recht auf meritorische Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG verletzt erachtet.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Grundstücke Nr. 3514/1, 3514/5 und 3514/9 seien mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde B. vom als agrargemeinschaftliche Grundstücke der Kategorie Gemeindegut festgestellt und als solche im Grundbuch ersichtlich gemacht worden. Der agrarbehördlichen Feststellung liege die im Grundbuch als Erwerbstitel eingetragene Servituten-Regulierungs-Urkunde Nr. 20.949/12151 vom 12. Oktober 1884 zugrunde. Sie beurkunde das Eigentum der im Kirchspiel B. vereinigten drei Gemeinden Stadt B., L. und S. an dem Grundstück Nr. 3514 und an weiteren Liegenschaften. Gegenwärtig verwalte die Altgemeinde der Stadt B. die Grundstücke Nr. 3514/1, 3514/5 und 3514/9. Diese Altgemeinde stelle eine körperschaftlich noch nicht eingerichtete Agrargemeinschaft dar. Der Beschwerdeführer sei Mitglied dieser Agrargemeinschaft. Er besitze ein Anteilsrecht am agrargemeinschaftlichen Eigentum am Grund und Boden der Grundstücke Nr. 3514/1, 3514/5 und 3514/9 sowie an deren Nutzungsgut. Er besitze auch das Mitverwaltungsrecht an diesen Grundstücken und deren Nutzungsgut. Aus diesen Gründen ergebe sich seine Parteistellung im forstbehördlichen Bewilligungsverfahren. Gegen die Berichtigung der Grundstücksbezeichnung von 3514/1 auf 3514/13 habe der Beschwerdeführer berufen, weil das Gebiet der von Grundstück Nr. 3514/1 abgetrennten Teilfläche unter der Bezeichnung 3514/13 keinen bücherlichen Eigentumsschutz als agrargemeinschaftliche Liegenschaft besitze, die bücherliche Teilung ohne gesetzliche Voraussetzungen durchgeführt worden sei und das Gebiet mit der fraglichen Bezeichnung 3514/13 vom Beschwerdeführer nach wie vor mitverwaltet und mitbesessen werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zuerkennung der Parteistellung im forstrechtlichen Bewilligungsverfahren, also im Rodungsverfahren verletzt. Er beruft sich zur Begründung seiner Parteistellung auf § 19 Abs. 4 (richtig: Abs. 5) lit. b des Forstgesetzes 1975. Nach dieser Bestimmung ist Partei im Rodungsverfahren der an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich Berechtigte.

Der Beschwerdeführer behauptet, als Mitglied einer Agrargemeinschaft Rechte an der Rodungsfläche zu haben.

Bei diesen Rechten handelt es sich nicht um dingliche Rechte im Sinne des § 19 Abs. 5 lit. b des Forstgesetzes 1975.

Nach § 32 Abs. 1 des Vorarlberger Flurverfassungsgesetzes, LGBl. Nr. 2/1979, bildet die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaften, an welche Anteilsrechte an einer agrargemeinschaftlichen Liegenschaft gebunden sind (Stammsitzliegenschaften) einschließlich jener Personen, denen persönliche (walzende) Anteile zustehen, eine Agrargemeinschaft.

Nach § 32 Abs. 2 leg. cit. müssen Agrargemeinschaften, die aus mindestens fünf Mitgliedern bestehen, von der Behörde aufgestellte oder von der Behörde genehmigte Satzungen (§ 73) haben. Sie sind Körperschaften öffentlichen Rechts.

Aufgrund von Anteilsrechten an Agrargemeinschaften besteht keine Parteistellung im Rodungsverfahren, weil die Anteilsrechte durch die jeweilige Agrargemeinschaft repräsentiert werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/10/0197). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei der betreffenden Agrargemeinschaft um eine Körperschaft öffentlichen Rechts handelt oder nicht. Aus § 32 Abs. 2 des Vorarlberger Flurverfassungslandesgesetzes kann nicht der Schluß gezogen werden, daß Agrargemeinschaften, die nicht die Voraussetzungen für die Einstufung als Körperschaften öffentlichen Rechts erfüllen, Rechtspersönlichkeit nicht zukäme (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 94/10/0051 und die dort angeführte Vorjudikatur). Der Schutz der Nutzungsrechte ihrer Mitglieder gehört zu den zentralen Aufgaben einer Agrargemeinschaft. In diesem Zusammenhang kommt daher auch Agrargemeinschaften, die nicht die Stellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts haben, Rechtspersönlichkeit zu. Auch für diese Agrargemeinschaften gilt daher, daß durch sie die Anteilsrechte ihrer Mitglieder nach außen hin repräsentiert werden, weshalb den Mitgliedern in einem Rodungsverfahren keine Parteistellung zukommt.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.