VwGH vom 04.09.2000, 97/10/0222
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des G in Erpfendorf, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. 3/21-4/1996, betreffend Übertretung des Tiroler Landespolizeigesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft K. vom wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe "von Mai 1994, zumindest aber von September 1994" bis in B., I-Straße 41, gemeinsam mit Friedrich E. ohne behördliche Bewilligung im Sinne des § 15 Abs. 1 Tiroler Landespolizeigesetz ein Bordell betrieben. Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. wurde eine Geldstrafe von S 50.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Tage) verhängt. Begründend stellte die Behörde fest, die G-GmbH, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei, habe von Mai 1994 bis Februar 1995 in B. im Nachtlokal "CL" einen Varietebetrieb geführt, für den am eine Genehmigung nach dem Veranstaltungsgesetz erteilt worden sei. Die im Nachtlokal "CL" beschäftigten Animierdamen und Tänzerinnen hätten die Prostitution im Nachtlokal angebahnt und in Räumlichkeiten des betreffenden Hauses ausgeübt. Der Beschwerdeführer habe mit den Freiern über die Preise für den entgeltlichen Geschlechtsverkehr verhandelt, diese selbst kassiert und den Prostituierten jeweils die Schlüssel für jene Räume übergeben, die sie mit den Freiern aufgesucht hätten.
In seiner Berufung wendete sich der Beschwerdeführer gegen die Beweiswürdigung der Behörde. Er legte dar, die Zeugen hätten von einem gewissen "Jürgen" gesprochen; es sei nicht erwiesen, dass damit er gemeint sei, weil sein Vorname Georg laute. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Räumlichkeiten, in denen angeblich die Prostitution ausgeübt worden sei, ihm "zur freien Verfügung" gestanden wären. Die Behörde hätte ermitteln müssen, ob "die gegenständlichen Räumlichkeiten im ersten Stock der I-Straße 41 in B. vermietet wurden und diesbezüglich auch an wen und dergleichen". Es lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Räume von den Mädchen "auch bewohnt" worden seien. Auch wenn die Animierdamen "in den angeblichen Räumen" die Prostitution ausgeübt hätten, sei nicht zwingend, dass der Beschwerdeführer davon Kenntnis gehabt hätte. Aus der Feststellung, dass die Freier an den Beschwerdeführer jeweils Geldbeträge zwischen S 2.000,-- und S 4.000,-- bezahlt hätten, gehe nicht hervor, ob der Beschwerdeführer diese Beträge für die Animierdamen in Verwahrung genommen und später ausbezahlt habe. Es sei auch fraglich, ob eine allenfalls vorliegende Duldung der Ausübung der Prostitution genüge, um den Tatbestand zu erfüllen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insofern Folge, als sie die Ersatzfreiheitsstrafe auf acht Tage herabsetzte. Den Spruch des Straferkenntnisses änderte sie dahin, dass die Worte "von Mai 1994" zu entfallen hätten und der Beschwerdeführer die angelastete Übertretung als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G-GmbH zu vertreten habe. Begründend stellte die belangte Behörde (im Zusammenhang mit der detaillierten Wiedergabe verschiedener Beweisergebnisse) fest, der Beschwerdeführer sei von September 1994 bis gemeinsam mit F.E. handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH gewesen, die in B., I.-Straße 41, das Lokal CL betrieben habe. Den Frauen, die im Lokal beschäftigt gewesen seien, seien Zimmer im ersten Stock für die Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt worden. Der Beschwerdeführer habe die Frauen engagiert und für die Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligungen gesorgt. Die Schlüssel zu den Räumlichkeiten habe der Beschwerdeführer verwahrt. Er habe die Entgelte von den Freiern kassiert und sodann jeweils die Zimmerschlüssel ausgefolgt. Daraus folge, dass der Beschwerdeführer auch über die Räumlichkeiten im ersten Stock verfügungsberechtigt gewesen sei, wenngleich ein Pachtvertrag, der auch diese Räumlichkeiten eingeschlossen habe, erst mit vorgelegen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, jedoch keine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 19 Abs. 2 Tir LPolG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Bordell ohne Bewilligung nach § 15 betreibt. Eine Legaldefinition des Begriffes "Betreiben eines Bordells" findet sich nicht. Nach dem Sinn der Worte betreibt ein Bordell, wer die Anbahnung und Ausübung der Prostitution im Rahmen eines ihm zuzurechnenden Betriebes mit der Absicht, daraus wirtschaftlichen Vorteil zu ziehen, ermöglicht. Der Begriff "Betrieb" setzt ein Mindestmaß einer auf die Anbahnung und Ausübung der Prostitution gerichteten Organisation voraus. Zuzurechnen ist der Betrieb demjenigen, auf dessen Rechnung und Gefahr die Erwerbsgelegenheit geführt wird.
Die Beschwerde wendet sich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde im Zusammenhang mit der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Feststellung, der Beschwerdeführer habe von September 1994 bis in B. gemeinsam mit F.E. ohne behördliche Bewilligung ein Bordell betrieben. Im Sachverhalt trägt die Beschwerde zunächst vor, der Beschwerdeführer sei im fraglichen Zeitraum Geschäftsführer und Gesellschafter der G.-GmbH gewesen. Diese habe das Lokal CL gepachtet; ein im räumlichen Verbund mit dem Lokal stehendes Hotel sei zunächst weiterhin vom Verpächter Werner H. betrieben und erst mit Wirkung vom vom Beschwerdeführer und einem weiteren Gesellschafter der G.-GmbH gepachtet worden. Aus dem Beweisverfahren ergebe sich (lediglich), dass die bei der G.-GmbH angestellten Animiermädchen die Prostitution in den Räumlichkeiten des "CL" angeboten und in den Räumlichkeiten des Hotels A "betrieben" hätten. Die Prostitution sei somit in Räumen ausgeübt worden, deren Pächter der Beschwerdeführer erst seit sei. Diese Räumlichkeiten hätten ausschließlich der Unterbringung der "Angestellten" gedient und seien diesen zur freien Verfügung überlassen worden. Eine Haftung des Beschwerdeführers für "Verstöße in den besagten Räumen, die nicht von ihm verursacht wurden", bestehe nicht. Insbesondere könne sie nicht durch die bloße Innehabung der Schlüssel begründet werden, die der Beschwerdeführer "nur zum Zwecke der Verwahrung in seinem Gewahrsam hatte". Die Innehabung der Schlüssel begründe keine Verfügungsberechtigung. Eine Verfügungsberechtigung sei nur anzunehmen, "wenn er zusätzlich die ausdrückliche oder konkludente Zustimmung des Herrn H. gehabt hat. In vorliegender Angelegenheit wurde diese ausdrücklich erteilt, es ist aber nicht dem (Beschwerdeführer) anzulasten, dass die Prostitution in diesen Räumen ausgeübt wurde, da er diesbezüglich subjektiv die Zustimmung des Ausübens der Prostitution erteilt haben müsste".
Diese Darlegungen zeigen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Damit bestreitet selbst die Beschwerde nicht, dass die Prostitution vor den Augen des Beschwerdeführers in dem von der Gesellschaft, deren Geschäftsführer er war, betriebenen Animierlokal durch mehrere dort beschäftigte Prostituierte angebahnt wurde, der Beschwerdeführer mit den Freiern über das Entgelt verhandelte und dieses vereinnahmte sowie die Schlüssel zu den Räumen verwahrte, in denen die Prostitution ausgeübt wurde. Schon diese unbekämpften Feststellungen können die Beurteilung der belangten Behörde tragen, der Beschwerdeführer verantworte (als Geschäftsführer) den Betrieb eines Bordells durch die G.-GmbH. Angesichts der gesamten auf den Betrieb eines Bordells gerichteten Aktivitäten des Beschwerdeführers wäre der Tatbestand selbst dann verwirklicht, wenn die Verfügungen, die der Beschwerdeführer über die in Rede stehenden Räume im ersten Stock getroffen hätte, von der - nach den Behauptungen der Beschwerde allerdings ohnedies vorliegenden - Zustimmung eines Dritten abgeleitet gewesen wären. Auch mit dem Hinweis auf den Abschluss eines "Pachtvertrages" (erst) mit Wirkung vom ist somit für die Beschwerde nichts zu gewinnen.
Die Beschwerde trägt weiters vor, aus näher angeführten Ermittlungsergebnissen könne "die begründete Annahme getroffen werden, dass sich der Zeitraum weit über den September 1994 hinaus erstreckt, also einen Zeitraum, in dem Herr H. zum einen noch Eigentümer teils der Liegenschaft, in dem sich der Bordellbetrieb befand, und zum anderen gewerberechtlicher Geschäftsführer war". Damit will die Beschwerde offenbar ausdrücken, der Betrieb des Bordells wäre dem Beschwerdeführer nicht im gesamten dem Schuldspruch zugrundeliegenden Zeitraum (September 1994 bis ) zuzurechnen, weil H. Eigentümer der im ersten Stock des Hauses I.-Straße 41 gelegenen Räume und gewerblicher Geschäftsführer für die G.-GmbH gewesen wäre. Auch darin ist der Beschwerde nicht zu folgen. Mit dem Hinweis, dass für den Bordellbetrieb (auch) Räumlichkeiten eines Dritten in Anspruch genommen wurden, kann - insbesondere angesichts der oben zusammenfassend wiedergegebenen unbestrittenen Aktivitäten des Beschwerdeführers bei der Anbahnung und Ausübung der Prostitution - nicht die Auffassung widerlegt werden, der Betrieb des Bordells sei dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob - wie die Beschwerde im Rahmen der Beweisrüge vorträgt - H. für die Überlassung der Räume Benützungsentgelt verlangt hat.
Die Beschwerde irrt auch, wenn sie meint, nicht den Beschwerdeführer als Geschäftsführer im Sinne des § 15 GmbHG, sondern den gewerberechtlichen Geschäftsführer treffe die Verantwortlichkeit für den Betrieb eines Bordells. Bei der Verbotsnorm handelt es sich nicht um eine Vorschrift der Gewerbeordnung; die Verantwortung für die Einhaltung der Prostitutionsvorschriften trifft nicht den gewerberechtlichen Geschäftsführer, sondern die zur Vertretung der Gesellschaft nach außen berufene physische Person (vgl. das Erkenntnis vom , 93/10/0176), im vorliegenden Fall somit den Beschwerdeführer als Geschäftsführer der G.-GmbH im Sinne des § 15 GmbHG.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am