VwGH vom 22.11.1999, 99/17/0174
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde des R, vertreten durch Dr. A Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom , Zl. MD-VfR - 0 5/98, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages i.A. Ankündigungsabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei stellte mit Schriftsatz vom einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde. In diesem bezog sie sich auf ein Schreiben vom . Diesem ist der Antrag auf Neufestsetzung der erklärten und entrichteten Ankündigungsabgabe mit S 0,-- und die Rückerstattung des sich so ergebenden Guthabens sowie der weitere Antrag, über allfällig noch unerledigte Festsetzungs- bzw. Rückerstattungsanträge ungesäumt und bescheidmäßig abzusprechen, zu entnehmen. Das Schreiben vom sei am der Abgabenbehörde erster Instanz zugekommen; eine Entscheidung innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 243 Abs. 2 WAO sei nicht erfolgt. Es sei somit im Sinne der genannten Bestimmung nunmehr die belangte Behörde zur Entscheidung zuständig.
Mit ihrem Bescheid vom wies die belangte Behörde den Devolutionsantrag der beschwerdeführenden Partei vom als unzulässig zurück. Bei dem von der beschwerdeführenden Partei begehrten Abgabenfestsetzungsbescheid handle es sich um einen solchen Bescheid, den die Behörde auf Grund der Abgabenerklärungen der beschwerdeführenden Partei zu erlassen habe und in dem sie auch das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in anderen Anträgen zu berücksichtigen habe. Gemäß § 243 WAO sei aber in diesen Fällen auch nach Ablauf der Entscheidungsfrist von sechs Monaten ein Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz nicht vorgesehen.
Die beschwerdeführende Partei bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließlich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Sie erachtet sich in ihrem Recht verletzt, dass ihr Devolutionsantrag nicht als unzulässig zurückgewiesen (sondern als zulässig in Behandlung genommen) werde.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen (die Akten des Verwaltungsverfahrens waren bereits zu einem anderen Beschwerdeverfahren vorgelegt worden).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens besteht Einigkeit darüber, dass der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom als Antrag auf Neufestsetzung und Rückerstattung von Ankündigungsabgabe, die auf Grund von Selbstbemessungserklärungen der beschwerdeführenden Partei entrichtet wurde, anzusehen ist. Unbestritten und mit dem Akteninhalt in Einklang ist auch, dass das Schreiben vom am bei der Abgabenbehörde erster Instanz eingelangt ist.
§ 243 Wiener Abgabenordnung, LGBl. Nr. 21/1962 idF LGBl. Nr. 60/1998, regelt die Entscheidungspflicht (und die Devolution) wie folgt:
"(1) Die Abgabenbehörden sind verpflichtet, über die in Abgabevorschriften vorgesehenen Anbringen (§ 59) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.
(2) Werden Bescheid der Abgabenbehörden erster Instanz mit Ausnahme solcher Bescheide, die auf Grund von Abgabenerklärungen zu erlassen sind, der Partei nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen zugestellt, so geht auf schriftliches Verlangen der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz einzubringen; er ist abzuweisen, wenn die Verspätung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Abgabenbehörde erster Instanz zurückzuführen ist."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom , Zl. 99/17/0173, in einer dieselben Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffenden Entscheidung näher dargelegt, warum der im § 243 Abs. 2 WAO geregelte Ausschluss der Devolution Anträge auf Abgabenfestsetzung und Rückerstattung von Selbstmessungsabgaben nicht umfasst; die Notwendigkeit der Berücksichtigung des Akteninhaltes (anderer Anträge) ändert daran nichts. Auf diese Entscheidung kann daher verwiesen werden.
Der angefochtene Bescheid war daher vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der bantragten Verhandlung abgesehen werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 MRK erforderlich, da Abgabenangelegenheiten - um eine solche geht es in materieller Hinsicht im vorliegenden Beschwerdefall - nicht "civil rights" betreffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0094, mwN).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, wobei zu berücksichtigen war, dass die beschwerdeführende Partei als Anstalt öffentlichen Rechts Gebührenbefreiung nach § 2 Z. 3 GebG idF des 2. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl I Nr. 130, iVm § 24 Abs. 3 fünfter Satz VwGG idF BGBl. I 1997 Nr. 88 genießt.
Wien, am