VwGH vom 23.10.2000, 99/17/0110
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der A, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-8195/1, betreffend Erschließungsbeitrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde E, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ersuchte mit der Eingabe vom um die Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines Geräteschuppens auf dem als Bauland - landwirtschaftliches Mischgebiet gewidmeten Grundstück. Das Bauvorhaben wurde wie folgt beschrieben:
"Geplant ist die Errichtung eines Geräteschuppens in Holzbauweise im Ausmaß von 2.50 x 3.00 m. An der Südseite des Objektes sind zwei Fenster sowie eine Türe eingebaut. Der Geräteschuppen soll als Einstellplatz für diverse Gartengeräte verwendet werden."
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte mit Bescheid vom die Baubewilligung auf dem 400m2 großen Bauplatz unter anderem mit der Auflage, das Gebäude dürfe nur zur Lagerung von Geräten verwendet werden. Dem Akt ist eine Beschreibung mit Zeichnung dieses Geräteschuppens angeschlossen mit dem Stempelvermerk: "Genehmigt unter Einhaltung der Auflagen des Bescheides vom ". Aus dieser Beschreibung gehen folgende Maße des Gebäudes hervor: Breite 3,40 m, Tiefe 2,50 m, Türbreite 0,82 m, Türhöhe 1,77 m, Fensterbreite 1,18 m, Fensterhöhe 0,69 m, Seitenwandhöhe 2,03 m, Rauminhalt 19,55 m3 und Fensterzahl 2. Es handelt sich um ein Holzhaus aus nordischer Fichte mit einer Blockbohlenstärke (Wandstärke) von 28 mm. Der Fußboden besteht aus 19 mm Nut- und Federbretter auf Unterkonstruktionsbalken 50/70 mm Balken kesseldruckimprägniert.
Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der Beschwerdeführerin den Erschließungsbeitrag in der Höhe von S 34.564,44 vor.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, das Objekt sei vom Trinkwasser- und Kanalanschluss befreit und verfüge über keine Stromversorgung. Die Zufahrt erfolge über ein näher bezeichnetes Grundstück. Da es sich bei dem Neubau um einen Geräteschuppen handle, sei für die Gemeinde keine verkehrsmäßige Erschließung notwendig. Da für den Geräteschuppen keine wie immer geartete Zufahrt nötig sei und eine solche wenn überhaupt über das Grundstück der Beschwerdeführerin mit der näher bezeichneten Grundstücksnummer führe, könnten hiefür auch keine Kosten entstehen. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass der Geräteschuppen nur zur Unterstellung von landwirtschaftlichen Geräten diene und es sich somit um ein landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude handle, stehe doch der Geräteschuppen auch auf landwirtschaftlichem Mischgebiet und die Beschwerdeführerin sei Eigentümerin von landwirtschaftlichem Grund im Gemeindegebiet, zu deren Pflege der Geräteschuppen benötigt werde. Für solche Gebäude seien keine Erschließungsbeiträge zu entrichten. Weiters sei der Bescheid erster Instanz nicht begründet. Die Beschwerdeführerin beantrage daher den Bescheid erster Instanz 1. ersatzlos aufzuheben, in eventu 2. diesen Bescheid abzuändern und ersatzlos aufzuheben, in eventu 3. diesen Bescheid aufzuheben und dem Bürgermeister zur neuerlichen Entscheidung vorzulegen und 4. werde ein Zahlungsaufschub beantragt.
Mit Berufungsvorentscheidung wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die ersten drei Anträge als unbegründet ab und gab dem Antrag 4. (Zahlungsaufschub) vollinhaltlich statt. Dies mit der Begründung, der Geräteschuppen befinde sich auf dem als Bauland- landwirtschaftliches Mischgebiet gewidmeten Grundstück. Da es sich um Bauland handle, sei es Aufgabe der Gemeinde, diese ausgewiesene Fläche verkehrsmäßig zu erschließen. Wie aus dem Baubescheid entnehmbar sei, erfolge die Zufahrt über ein näher bezeichnetes Grundstück. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides für den Neubau eines Gebäudes entstehe für den Eigentümer des Bauplatzes die Verpflichtung, an die Gemeinde einen Beitrag zu den Kosten der Verkehrserschließung (Erschließungsbeitrag) zu leisten. Da mit dem Bauvorhaben bereits begonnen worden sei, sei der Erschließungsbeitrag festzusetzen und bescheidmäßig vorzuschreiben gewesen. Bei dem genannten Geräteschuppen handle es sich um ein Gebäude nach § 3 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung (TBO). Nach der Baubeschreibung handle es sich um einen Geräteschuppen, der als Einstellplatz für diverse Gartengeräte verwendet werde. Es handle sich nicht um ein landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude. Auch bei landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäuden sei ein Erschließungsbeitrag zu entrichten. Nach § 20 Abs. 2 TBO sei allerdings die Baumasse für landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude nur mit der Hälfte in Anrechnung zu bringen.
Im Vorlageantrag brachte die Beschwerdeführerin vor, nach § 19 Abs. 3 TBO sei nur die durch das Gebäude überbaute Fläche samt der Fläche eines daran anschließenden Randes, dessen Tiefe sich aus dem Mindestabstand nach § 7 Abs. 1 lit. a TBO errechne, heranzuziehen. Der Geräteschuppen diene zur Unterstellung von landwirtschaftlichen Geräten. Wenn in der Baubeschreibung angeführt werde, es handle sich um einen Geräteschuppen zum Unterstellen von Gartengeräten, so seien damit sämtliche Geräte gemeint, die zur Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Grundstücke benötigt werden.
Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies die Berufung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, nach der eingereichten Baubeschreibung handle es sich um einen Geräteschuppen, der als Einstellplatz für diverse Gartengeräte verwendet werde. Es handle sich nicht um ein landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes als unbegründet ab. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, bei dem Geräteschuppen handle es sich nicht um ein landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude und dieses sei auch nicht auf einer Sonderfläche errichtet.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 2475/97-7, ab und trat die Beschwerde mit Beschluss vom , B 2475/97-9, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtentrichtung des Erschließungsbeitrages verletzt. Sie macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 33/1989, entsteht für den Eigentümer des Bauplatzes mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung für den Neubau eines Gebäudes oder für die Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, die Verpflichtung, der Gemeinde einen Beitrag zu den Kosten der Verkehrserschließung zu leisten (Erschließungsbeitrag).
Nach § 19 Abs. 3 TBO, LGBl. Nr. 33/1989 in der Fassung LGBl. Nr. 10/1995, ist der Bauplatzanteil das Produkt aus der Fläche des Bauplatzes in Quadratmetern und 150 v. H. des Einheitssatzes nach Abs. 5. Bei Sonderflächen für Hofstellen, für landwirtschaftliche Intensivtierhaltung, für Austraghäuser und für sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude tritt die durch das Gebäude überbaute Fläche samt der Fläche eines daran anschließenden Randes, dessen Tiefe sich aus dem Mindestabstand nach § 7 Abs. 1 lit. a TBO ergibt, an die Stelle der Fläche des Bauplatzes.
Nach § 19 Abs. 4 TBO, LGBl. Nr. 33/1989 i.d.F. LGBl. Nr. 10/1995, ist der Baumassenanteil das Produkt aus der Baumasse (§ 20) des Gebäudes in Kubikmetern und 70 v.H. des Einheitssatzes nach Abs. 5.
Im Beschwerdefall wurde der Geräteschuppen nicht auf einer Sonderfläche nach den §§ 44 bis 47 TROG errichtet, sondern im landwirtschaftlichen Mischgebiet (§ 40 TROG). Demnach kann die Sonderregelung des zweiten Satzes des § 19 Abs. 3 TBO mit der Heranziehung der durch das Gebäude überbauten Fläche samt der Fläche eines daran anschließenden Randes anstelle der Bauplatzfläche als Bemessungsgrundlage keine Anwendung finden, weil das Gebäude nicht auf einer Sonderfläche errichtet wurde.
Soweit es sich um landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude oder -gebäudeteile handelt, ist nach § 20 Abs. 4 TBO die nach den Abs. 1 bis 3 des § 20 TBO zu errechnende Baumasse nur mit der Hälfte in Anrechnung zu bringen.
Gegen die Feststellung der belangten Behörde, es handle sich bei dem Gebäude um kein landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude, wird in der Beschwerde vorgebracht, der "Schuppen" diene der Landwirtschaft durch Unterbringung von Geräten für die landwirtschaftliche Tätigkeit. Es handle sich um eine kleine Landwirtschaft mit vier Grundstücken und einem Holzbezugsrecht. Es wäre ein Ortsaugenschein zur Frage, ob es sich um einen landwirtschaftlichen Wirtschaftsbetrieb handle, durchzuführen und ein Sachverständigengutachten einzuholen gewesen. Der Bauakt gebe keine Auskunft über die tatsächlichen Gegebenheiten und der Größe des Betriebes.
Die Baubewilligung, die begrifflich nicht über den Inhalt des Baubewilligungsantrages hinausgehen darf, wurde gemäß der Baubeschreibung für den Verwendungszweck "Einstellplatz für diverse Gartengeräte" erteilt, nicht also für Geräte, die typischerweise nur für landwirtschaftliche Tätigkeiten benötigt werden. Da § 19 Abs. 1 TBO das Entstehen des Abgabenanspruches an die rechtskräftige Baubewilligung knüpft, ist davon auszugehen, dass auch für die Abgabenbemessung der Inhalt der Baubewilligung und damit der sich aus dem Baubewilligungsantrag im Zusammenhang mit der zu diesem gehörigen Baubeschreibung ergebende Verwendungszweck maßgeblich ist.
Nach der Beschreibung des Bauvorhabens, der Beschreibung des Gebäudes und der Zufahrtsmöglichkeiten handelt es sich um ein typisches Gartenhäuschen. Die Türbreite, die Raumhöhe, die Anordnung der Fenster, und die Ausstattung lassen eine objektive Eignung als landwirtschaftliches Wirtschaftsgebäude nicht erkennen.
Mit der Berufungsvorentscheidung wurden der Beschwerdeführerin die Gründe, die nach Ansicht der Behörde gegen das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäudes sprechen, genannt. Sie hatte im Vorlageantrag Gelegenheit zur Stellungnahme. Beweisanträge wurden von der Beschwerdeführerin aber weder in der Berufung noch im Vorlageantrag gestellt. Wenn die belangte Behörde auf Grund der Aktenlage ohne weitere von ihr als nicht erheblich angesehene Beweisaufnahmen entschieden hat, dann liegt darin allein noch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen der Nichtaufnahme von Beweisen und der behaupteten Verletzung des Parteiengehörs.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Konstruktion des Erschließungsbeitrages nach § 19 TBO für ein Gebäude nicht auf die tatsächlichen Erschließungskosten an (vgl. hg. Erkenntnisse vom , Zl. 88/17/0223, und vom , Zl. 89/17/0148).
Mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, das Objekt sei vom Trinkwasser- und Kanalanschluss befreit und habe keine Stromversorgung, übersieht sie, dass es sich bei dem Erschließungsbeitrag um einen Beitrag zu den Kosten der Verkehrserschließung handelt und diese nicht mit dem Verkehr zusammenhängenden Umstände daher nicht maßgebend dafür sein können, ob die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages rechtmäßig ist.
Erfolgt die Zufahrt zu ihrem Grundstück, wie die Beschwerdeführerin behauptet, über ein anderes Grundstück, dann ändert dies nichts an der Berechtigung zur Vorschreibung des Erschließungsbeitrages, weil es nicht rechtserheblich ist, dass das Grundstück unmittelbar durch eine Gemeindestraße erschlossen wird (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am