VwGH vom 19.04.1995, 94/16/0193
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der B-AG in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 11-980/93, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am errichteten die Beschwerdeführerin (als "Auftragnehmer") und die R-AG (als "Auftraggeber") eine als "Programmnutzungsvertrag" bezeichnete Vereinbarung, wonach es die Beschwerdeführerin übernahm, ihrer Vertragspartnerin bestimmte, in einem Anhang zum Vertrag näher bezeichnete Softwareprodukte gegen Entgelt zur Benützung zur Verfügung zu stellen. Die Entgeltleistungen für die Softwarenutzung wurden im Vertragsanhang jeweils mit "periodisches Miet-/Lizenzentgelt" bezeichnet.
Der Vertrag hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"I. Vertragsgegenstand
Softwareprodukte im Sinne dieses Vertrages sind unter einer Lizenz zur Verfügung gestellte und im Anhang angeführte Produkte einschließlich der dazugehörenden Unterlagen auf der in diesem Vertrag angegebenen EDV-Anlage (Bestimmungsanlage).
...
III. Nutzungs- und Urheberrecht der Software
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1. | Die Softwareprodukte können nur auf der im Anhang festgehaltenen Bestimmungsanlage eingesetzt werden. Ist es dem Auftraggeber vorübergehend unmöglich, ein Softwareprodukt auf der Bestimmungsanlage zu benutzen, so hat er nach vorheriger Zustimmung durch den Auftragnehmer das Recht, das betroffene Softwareprodukt auf einer anderen Anlage des Auftragnehmers zu benutzen. | |||||||||
2. | Das Benutzungsrecht beinhaltet das Recht, jedes Softwareprodukt - soweit notwendig - ganz oder teilweise für die eigenen Zwecke zu kopieren. Um das Warenzeichen und Urheberrecht des Auftragnehmers zu schützen, verpflichtet sich der Auftraggeber, auf jeder Kopie das Warenzeichen und Urheberrecht des Auftragnehmers zu vermerken. Ohne schriftliche Zustimmung des Auftragnehmers ist die Weitergabe von Softwareprodukten und deren Kopien an Dritte entgeltlich oder unentgeltlich nicht erlaubt. Im Hinblick darauf, daß die Softwareprodukte geistiges Eigentum des Auftragnehmers sind, gilt das Nutzungsrecht daran auch nach Bezahlung ausschließlich nur für eigene Zwecke des Auftraggebers. Jede unerlaubte Weitergabe - auch im Zuge der Betriebsauflösung oder eines Insolvenzverfahrens oder auch die nur kurzfristige Überlassung zur Herstellung von Reproduktionen - zieht Schadenersatzansprüche des Auftragnehmers nach sich. ... | |||||||||
... | ||||||||||
VI. Preise und Zahlungsbedingungen | ||||||||||
1. | Alle im Anhang ausgewiesenen Preise verstehen sich in österreichischen Schillingen ohne Mehrwertsteuer. Die Preise gelten ab Firmensitz des Auftragnehmers, die Kosten für Datenträger sowie allfällige Vertragsgebühren werden gesondert in Rechnung gestellt. ... | |||||||||
... | ||||||||||
IX. Sonstige Vertragsbestimmungen | ||||||||||
1. | Dieser Vertrag darf ohne Zustimmung des Auftragnehmers nicht auf Dritte übertragen werden. ..." |
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien forderte mit Bescheid vom von der Beschwerdeführerin für das Rechtsgeschäft Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG an, wogegen die Beschwerdeführerin mit dem Argument berief, es liege "eher ein gebührenfreier Innominatvertrag vor als ein Bestandvertrag".
Gegen die abweisliche Berufungsvorentscheidung vom stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die Beschwerdeführerin stützte sich dabei ausdrücklich auf die Befreiungsbestimmung des § 33 TP 5 Abs. 4 Z. 2 GebG.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und vertrat - der hg. Rechtsprechung (nämlich den Erk. vom , Zl. 240/79, ÖBl. 1981, 165 und vom , Zl./15/0249 bis 0253, Slg. N.F. Nr. 6179/F) folgend - die Auffassung, der vorliegende Vertrag stelle keinen Werknutzungsvertrag iS der zitierten Befreiungsbestimmung dar, weil er nicht mit dem Urheber abgeschlossen worden sei. Urheber iS des Urheberrechtsgesetzes könne nämlich nur eine physische Person sein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die ursprünglich beim Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem mit Beschluß vom , Zl. B 141/94-5, antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Gebührenfreiheit verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift, worin die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird, vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 beträgt der Tarif der Gebühren für Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewissen Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert im allgemeinen 1 v.H.
Nach Abs. 4 Z. 2 der zitierten Gesetzesstelle sind u.a. Werknutzungsverträge gebührenfrei.
§ 28 Abs. 6 GebG bestimmt, daß dann, wenn die Verpflichtung zur Gebührenentrichtung zwei oder mehrere Personen trifft, diese zur ungeteilten Hand verpflichtet sind.
Gemäß § 10 Abs. 1 UrhG ist Urheber eines Werkes, wer es geschaffen hat.
Nach § 14 Abs. 1 leg. cit. hat der Urheber mit den vom Gesetz bestimmten Beschränkungen das ausschließliche Recht, das Werk auf die ihm durch die folgenden Vorschriften vorbehaltenen Arten zu verwerten (Verwertungsrechte).
Gemäß § 15 Abs. 1 UrhG hat der Urheber das ausschließliche Recht, das Werk - gleichviel in welchem Verfahren und in welcher Menge - zu vervielfältigen.
Nach § 16a Abs. 3 leg. cit. ist im Sinne dieser Bestimmung unter Vermieten die zeitlich begrenzte, Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung zu verstehen.
§ 23 leg. cit. bestimmt auszugsweise:
"(1) Das Urheberrecht ist vererblich; in Erfüllung einer auf den Todesfall getroffenen Anordnung kann es auch auf Sondernachfolger übertragen werden.
...
(3) Im übrigen ist das Urheberrecht unübertragbar."
§ 24 Abs. 1 leg. cit. lautet:
"(1) Der Urheber kann anderen gestatten, das Werk auf einzelne oder alle nach §§ 14 bis 18 dem Urheber vorbehaltenen Verwertungsarten zu benützen (Werknutzungsbewilligung). Auch kann er einem anderen das ausschließliche Recht dazu einräumen (Werknutzungsrecht).
Werknutzungsrechte sind gemäß § 27 Abs. 1 leg. cit. vererblich und veräußerlich."
§ 1 Abs. 1 VerwGesG bestimmt:
"Ein Unternehmen, das darauf gerichtet ist, Vortrags- oder Senderechte an Sprachwerken oder Aufführungs- oder Senderechte an Werken der Tonkunst (§§ 17 und 18 des Urheberrechtsgesetzes BGBl. Nr. 111/1936) dadurch nutzbar zu machen, daß den Veranstaltern von öffentlichen Vorträgen, von konzertmäßigen Aufführungen oder von Rundfunksendungen die dazu erforderlichen Werknutzungsbewilligungen gegen Entgelt erteilt werden, darf nur mit besonderer Genehmigung des (Bundesministers für Unterricht) (§ 28 Abs. 2) betrieben werden. Ausgenommen sind Rundfunksendungen von Bühnenwerken, wenn die Sendung eine Bühnenaufführung oder eine nach Art einer solchen Aufführung für Sendezwecke vorgenommene Wiedgabe des Werkes zum Gegenstand hat, sowie Rundfunksendungen von Hörspielen."
Schwerpunkt der Beschwerdeausführungen ist das Argument, auch eine juristische Person könne ein Werknutzungsrecht oder eine Werknutzungsbewilligung erwerben und weiterübertragen; auch solche Vorgänge seien gebührenbefreite Werknutzungsverträge. Dabei macht die Beschwerdeführerin der belangten Behörde den Vorwurf, die Begründung bzw. Weiterveräußerung von Urheberrechten mit der Nutzung von Verwertungsrechten verwechselt zu haben.
Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Es ist in Lehre und Rechtsprechung unbestritten, daß das Urheberrecht durch einen Realakt mit der Schaffung des betreffenden urheberrechtlich geschützten Werkes entsteht (vgl. z. B. Kucsko, Urheberrecht3 23); wobei bedingt durch den Umstand, daß es dazu einer eigentümlichen geistigen Schöpfung bedarf, insbesondere ein originäres Urheberrecht juristischer Personen ausgeschlossen ist (Kucsko aaO.; sowie das schon von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis Zl. 240/79 und die dort angeführten Gesetzesmaterialien und Literaturstellen).
Inhalt des Urheberrechtes sind u.a. die in §§ 14 bis 18 UrhG geregelten Verwertungsrechte, insbesondere das Vervielfältigungs- und das Vermietungsrecht.
Das Urheberrecht ist im Wege von Rechtsgeschäften unter Lebenden nicht übertragbar (Kucsko aaO. 29); der Urheber ist aber berechtigt, anderen im Wege sogenannter Urheberrechtsverträge zu gestatten, das Werk auf einzelne oder alle nach §§ 14 bis 18 UrhG ihm vorbehaltenen Verwertungsarten zu benützen (Kucsko aaO. 29, 30). Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen Werknutzungsbewilligungen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 UrhG) und Werknutzungsrechten (§ 24 Abs. 2 Satz 2 leg. cit.), wobei sich letztere durch das Moment der Ausschließlichkeit auszeichnen.
Da im vorliegenden Fall dem Vertrag vom keinerlei Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, daß der Vertragspartnerin der Beschwerdeführerin ein Nutzungsrecht mit Ausschließlichkeitscharakter übertragen worden wäre (was die Beschwerdeführerin, die davon ausgeht, es liege eine Werknutzungsbewilligung vor, auch selbst gar nicht behauptet) braucht hier auf die Frage, ob ein Werknutzungsrecht auch von einer anderen Person als dem Urheber auf eine dritte Person im Wege eines der Gebührenbefreiung des § 33 TP 5 Abs. 4 Z. 2 GebG zugänglichen Werknutzungsvertrages (unter Berücksichtigung des erst seit der Novelle BGBl. 93/1993 geltenden § 40c UrhG) übertragen werden kann, gar nicht eingegangen zu werden. Zu klären ist vielmehr die Frage, ob die gegenständliche Vereinbarung überhaupt als Begründung einer Werknutzungsbewilligung iS des § 24 Abs. 1 Satz 1 UrhG anzusehen ist.
Diese Frage ist - anders als es die Beschwerdeführerin sieht - zu verneinen. § 27 UrhG sieht nämlich eine Veräußerlichkeit nur für das Werknutzungsrecht vor, wohingegen betreffend die Werknutzungsbewilligung eine entsprechende Regelung fehlt. Werknutzungsbewilligungen (das sind sogenannte einfache Nutzungsrechte iS der § 31 und 34 dUrhG) sind einer Weiterübertragung nicht zugänglich (vgl. Hertin in Nordemann-Vinck-Hertin, Urheberrecht6 Rz 1a zu § 31 und Rz 1 zu § 34 dUrhG). Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 UrhG kann die Einräumung von Werknutzungsbewilligungen nur durch den Urheber (und daher iS der obigen Ausführungen niemals durch eine juristische Person) erfolgen. Aus diesem Grund bedurfte es auch einer Sondervorschrift in Gestalt des § 1 Abs. 1 VerwGesG, um den sogenannten Verwertungsgesellschaften die Erteilung von Werknutzungsbewilligungen zu ermöglichen (vgl. dazu insbesondere die bei Dittrich, MGA Österreischisches und internationales Urheberrecht2 798 ff ersichtlichen EB z. VerwGesG, insbesondere 803, 804). Anders als Schönherr in seiner Glosse zum hg. Erkenntnis Zl. 240/79 in ÖBl. 1981, 166 und 167 dies sah, ist § 1 Abs. 1 VerwGesG kein Beleg dafür, daß Werknutzungsbewilligungen an sich weiter übertragbar sind, sondern vielmehr eine Ausnahmsbestimmung. Wäre der Gesetzgeber nämlich von einer allgemeinen Verkehrsfähigkeit von Werknutzungsbewilligungen ausgegangen, so hätte es der besonderen Regelung des § 1 Abs. 1 leg. cit. gar nicht bedurft.
Da im vorliegenden Fall das Recht zur entgeltlichen Softwarenutzung im Wege eines Vertrages zwischen zwei Kapitalgesellschaften begründet wurde ohne daß die Beschwerdeführerin als Verwertungsgesellschaft iS des § 1 Abs. 1 VerwGesG anzusehen wäre, wurde der Vertragspartnerin der Beschwerdeführerin mit dem Vertrag vom keine Werknutzungsbewilligung iS des § 24 Abs. 1 Satz 1 UrhG eingeräumt. Die belangte Behörde konnte daher frei von inhaltlicher Rechtswidrigkeit davon ausgehen, daß der Befreiungstatbestand nach § 33 TP 5 Abs. 4 Z. 2 GebG nicht erfüllt ist und die entgeltliche Einräumung der Softwarenutzung der Rechtsgebühr nach Abs. 1 Z. 1 der zitierten Gesetzesstelle unterwerfen (sog. Softwaremiete; vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/16/0129).
In zweiter Linie rügt die Beschwerde, die belangte Behörde hätte keine Gründe dafür genannt, wieso die Beschwerdeführerin als Solidarschuldnerin vor ihrer Vertragspartnerin zur Erfüllung der Gebührenschuld herangezogen worden sei. Der Beschwerde ist in diesem Zusammenhang zuzugeben, daß die Unterlassung einer Begründung dafür, warum gerade einer von mehreren Solidarschuldnern herangezogen wird, einen Mangel darstellt, der einen Berufungsbescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belasten kann (vgl. dazu z.B. die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band I, 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren 10 W zu § 28 GebG referierte hg. Judikatur). Dies vermag aber im vorliegenden Fall der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil die belangte Behörde auch bei Vermeidung ihres Fehlers nicht zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Es ist nämlich zu beachten, daß gerade der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Vertragstext (Punk VI Z. 1 Satz 2) keineswegs einen Ermessensfehler sichtbar macht. Die Parteien gingen vielmehr unzweifelhaft davon aus, daß seitens der Abgabenbehörde zunächst die Beschwerdeführerin in Anspruch zu nehmen sein wird, der es damit offensichtlich obliegen sollte, im Wege der Erhebung entsprechender Rechtsmittel und Rechtsbehelfe die Frage einer "allfälligen" Gebührenpflicht des Vertrages zu klären. Erst dann, wenn sich - wie jetzt durch das hiemit ergehende Erkenntnis - herausstellt, daß für den Vertrag eine Gebühr zu entrichten ist, ist nach dem Parteiwillen diese Gebühr durch die Beschwerdeführerin ihrer Vertragspartnerin gesondert in Rechnung zu stellen. Dem geltend gemachten Begründungsmangel fehlt es somit an der für eine Bescheidaufhebung erforderlichen Relevanz.
Da sich somit der angefochtene Bescheid im Ergebnis als frei von Rechtswidrigkeit erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.