VwGH vom 26.02.2001, 99/17/0006
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des WH in H, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Foglar-Deinhardstein & Brandstätter KEG, Rechtsanwälte in 1015 Wien, Plankengasse 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. 1997/18/278- 11, betreffend Übertretung des Tiroler Kurzparkzonenabgabegesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe am in einem näher umschriebenen Zeitraum ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug in Innsbruck an einem näher angegebenen Ort in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone geparkt, ohne dass durch die Verwendung eines Parkscheines der Stadtgemeinde Innsbruck die Kurzparkzonenabgabe entrichtet worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 6 Abs. 1 lit. a des Tiroler Kurzparkzonenabgabegesetzes, LGBl. Nr. 44/1994, in der geltenden Fassung, iVm den §§ 1, 3 und 5 der Innsbrucker Kurzparkzonenabgabeverordnung (Gemeinderatsbeschluss vom in der geltenden Fassung) begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe damals mit seiner Familie die Innenstadt von Innsbruck aufgesucht, um dort Einkäufe zu tätigen. Auf dem Parkstreifen am Tatort seien an diesem Tage viele Einstellplätze frei gewesen, sodass er irgend einen Platz hätte nehmen können; wegen des wolkenbruchartigen Regens habe er jedoch den Platz genau neben einem Parkscheinautomaten gewählt. Er sei auf die links angeordnete Parkspur gefahren und zwar derart, dass er mit der Fahrertür unmittelbar neben dem Parkscheinautomaten stehen geblieben sei. So sei es ihm - fast ohne nass zu werden - gelungen, einen Parkschein zu lösen. Dieser Vorgang sei von seiner Ehefrau und den beiden dreizehn und fünfzehn Jahre alten Söhnen beobachtet worden, welche auch vernommen werden könnten.
Des Weiteren führte der Beschwerdeführer aus, aus welchen Gründen - seiner Meinung nach - das Überwachungsorgan den Parkschein nicht wahrgenommen haben könnte.
Mit dem Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof "insbesondere" wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; er erachtet sich in seinem Recht verletzt, nicht nach den Bestimmungen des § 6 Abs. 1 lit. a Tiroler Kurzparkzonenabgabegesetz iVm §§ 1, 3 und 5 der Innsbrucker Kurzparkzonenabgabeverordnung bestraft zu werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Begründung des bekämpften Bescheides gelangte die belangte Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung zum Schluss, dass es sich bei der Behauptung des Beschwerdeführers, dass er einen Parkschein gelöst habe, dieser aber auf Grund der Höhe des Armaturenbrettes und des vorhandenen Regens vom Wachorgan nicht wahrgenommen worden sei, um eine "Schutzbehauptung" handle. Die belangte Behörde stützte sich in ihrer Beweiswürdigung unter anderem darauf, dass den im Zuge des Verfahrens gemachten Angaben der oben erwähnten Familienmitglieder des Beschwerdeführers eindeutige Aussagen zu dieser Frage (Lösung eines Parkscheines) nicht zu entnehmen gewesen wären. Die belangte Behörde zitiert in diesem Zusammenhang die Aussage der Ehegattin des Beschwerdeführers vor der sie vernehmenden deutschen Behörde. In dieser Einvernahme verwies die Ehegattin des Beschwerdeführers auf ihr Fax vom , das sie an die belangte Behörde gesandt habe; dort habe sie ihre Aussage schriftlich formuliert und könne weitere Angaben nicht machen.
Die belangte Behörde traf hinsichtlich dieses Telefax vom in ihrem Bescheid folgende Feststellungen:
"Mit Telefax vom teilte hierauf F.H. (Ehegattin des Beschwerdeführers) mit, dass sie es für eine grobe Unverschämtheit halte, die minderjährigen Kinder in dieser Angelegenheit direkt zu befragen. Der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol möge zur Kenntnis nehmen, dass sowohl die Familie H. als auch einige Freunde die Absurdität und den damit verbundenen Unterhaltungswert dieser Angelegenheit aufmerksam verfolgen würden. Urlaube würden in Österreich nicht mehr verbracht werden. Sollte eine andere Entscheidung als eine Einstellung ergeben, würde man an die Öffentlichkeit gehen. Die Volksanwaltschaft in Wien und der Landeshauptmann von Tirol würde sodann ebenfalls informiert werden."
Die Beschwerde verweist zutreffend darauf, dass damit der Inhalt des erwähnten Fax vom nicht vollständig widergegeben wurde. Die Ehegattin des Beschwerdeführers erklärte nämlich überdies darin, zum Sachverhalt auf das Fax ihres Ehemannes vom zu verweisen, und führte weiters aus: "Auch wenn Sie es sich noch so sehnlichst wünschen, hat sich hieran nichts geändert".
Mit dem erwähnten Fax vom hatte der Beschwerdeführer "Widerspruch" gegen die erstinstanzliche Strafverfügung vom erhoben und darin im Wesentlichen wie (später) in der Berufung ausgeführt.
Damit ist aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes der oben wieder gegebenen Stelle aus dem Fax der Ehegattin des Beschwerdeführers vom zu entnehmen, dass sie die Darstellung ihres Ehemannes, des Beschwerdeführers, bestätigen wollte. Die belangte Behörde hat sich damit in der Bescheidbegründung - entgegen der sie gemäß § 60 AVG (§ 24 VStG) treffenden Verpflichtung - nicht auseinander gesetzt, weshalb ihr Bescheid - worauf der Beschwerdeführer zutreffend verweist - gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben war, da Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können; es erscheint nämlich nicht ausgeschlossen, dass die Beweiswürdigung bei vollständiger Berücksichtigung der Angaben der Ehegattin des Beschwerdeführers zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am