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VwGH vom 29.01.1996, 94/16/0158

VwGH vom 29.01.1996, 94/16/0158

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der C in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom , Jv 50206-33a/94, betreffend Nachlaß von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom , 2 C 103/90b-35, wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 71 ZPO zur Nachzahlung der gerichtlichen Pauschalgebühren von S 5.200,-- verpflichtet, von deren Entrichtung sie einstweilen befreit gewesen war. Dem dagegen eingebrachten Rekurs wurde mit dem an ihren damaligen Rechtsvertreter zugestellten Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , 44 R 2087/93, keine Folge gegeben.

In einer von ihren nunmehrigen Rechtsvertretern beim Bezirksgericht Favoriten eingebrachten Anbringen vom , das im Rubrum den Vermerk "wegen:

Verfahrenshilfe" enthielt, wurde - ohne jede Bezugnahme auf die vorstehend angeführte Rekursentscheidung - beantragt, die Beschwerdeführerin von der Nachzahlung der gerichtlichen Pauschalgebühr "zu befreien".

Das Bezirksgericht Favoriten leitete die Eingabe an die belangte Behörde weiter, die sie als Gesuch um Nachlaß von Gerichtsgebühren wertete. Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde dem Ansuchen keine Folge gegeben.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte eine Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bei der Beurteilung von Anbringen kommt es zwar nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteischritts an. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist aber eine davon abweichende, nach außen auch andeutungsweise nicht zum Ausdruck kommende Absicht des Einschreiters nicht maßgeblich (vgl. das Erkenntnis vom , 92/13/0127). So kann etwa auch ein Berichtigungsantrag nicht in ein Nachlaßansuchen umgedeutet werden (vgl. das Erkenntnis vom , 83/15/0158).

Die gegenständliche Eingabe vom stellt sich nach ihrem klaren und nicht weiter auslegbaren Inhalt als ein Antrag um Zuerkennung bzw. Aufrechterhaltung der Befreiung von Gerichtsgebühren im Rahmen der Bewilligung der Verfahrenshilfe im Sinne der §§ 63 ff ZPO dar. Daß die Beschwerdeführerin damit die Absicht verfolgte, nicht von dem von ihr angesprochenen Gericht die Verfahrenshilfe zuerkannt zu bekommen, sondern vielmehr von der belangten Behörde als Justizverwaltungsbehörde die Gerichtsgebühren im Sinne der Bestimmungen des § 9 Abs. 2 GEG nachgelassen zu erhalten, kann dem gegenständlichen Schriftsatz keinesfalls entnommen werden. Die von der belangten Behörde vorgenommene "Umdeutung" des an sie gar nicht gerichteten Antrages in einen solchen um Nachlaß der Gerichtsgebühren war somit unzutreffend. Daraus folgt, daß eine Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht gegeben war. Eine derartige Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ist dabei gemäß § 41 VwGG von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 581 und die dort zitierte Rechtsprechung), sodaß der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.