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VwGH vom 25.06.1992, 91/16/0060

VwGH vom 25.06.1992, 91/16/0060

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

91/16/0062

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des J in F, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in V, gegen die Bescheide des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz 1. vom , Zl. Jv 6985 - 33.4/90-2, (u.a.) betreffend Nachlaß von Gerichtsgebühren, und 2. vom , Zl. Jv 8619 - 33.4/90-2, betreffend Nachlaß von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den unter 1. angeführten Bescheid richtet, in bezug auf den Nachlaß von Gerichtsgebühren (samt Einhebungsgebühr gemäß § 6 GEG 1962) im Gesamtbetrag von S 401,-- (S 163,-- und S 238,--) als unbegründet abgewiesen.

Soweit sich die Beschwerde gegen den unter 2. angeführten Bescheid richtet, wird sie ebenfalls als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund im Zusammenhang mit der Anfechtung des unter 2. angeführten Bescheides Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz (in der Folge: belangte Behörde) wies mit dem im Spruch dieses Erkenntnisses unter 1. näher bezeichneten Bescheid

den Antrag des Beschwerdeführers, die unter

AZ 4-KVB-D 20/90 und 31/90 der Einbringungsstelle beim Oberlandesgericht Linz (in der Folge: Einbringungsstelle) vorgemerkten offenen Geldstrafen in der Höhe von insgesamt S 20.000,-- gemäß § 9 Abs. 2 GEG 1962 nachzulassen oder gemäß § 9 Abs. 1 GEG 1962 zu stunden, ab,

gab dem Antrag, die unter AZ 4-KVB-Ziv 2772/90, 3226/90, 3227/790 und 4-KVB-D 20/90 und 31/90 der Einbringungsstelle vorgemerkten Gebühren und Kosten in der Höhe von insgesamt S 1.731,-- gemäß § 9 Abs. 2 GEG 1962 (nachzulassen), nicht statt und

stundete hingegen antragsgemäß nach § 9 Abs. 1 GEG 1962 diese Gebühren und Kosten bis .

Mit dem im Spruch dieses Erkenntnisses unter 2. näher bezeichneten Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers, die unter den AZ 4-KVB-Ziv 4586/90 bis 4591/70 der Einbringungsstelle vorgemerkten Gebühren und Kosten in der Höhe von insgesamt S 3.065,-- gemäß § 9 Abs. 2 GEG 1962 nachzulassen, nicht statt und

stundete hingegen antragsgemäß diese Gebühren und Kosten nach § 9 Abs. 1 GEG 1962 bis .

An dieser Stelle ist zu bemerken, daß der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid 1. hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Nachlaß von Geldstrafen mit Erkenntnis vom , Zl. 92/01/0039 (früher 91/18/0029), als unbegründet abgewiesen und der belangten Behörde den Ersatz des Schriftsatzaufwandes in beantragter Höhe (S 2.300,--) zuerkannt hat.

Die belangte Behörde begründete die Bescheide 1. und 2., soweit sie Gebühren und Kosten betreffen, nach Anführung der Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und 2 GEG 1962 im wesentlichen gleichlautend wie folgt:

Es sei nicht behauptet worden, daß der Nachlaß im öffentlichen Interesse gelegen sei, und es lägen auch nicht die Voraussetzungen für einen Nachlaß aus dem Grunde der besonderen Härte vor.

Der Beschwerdeführer sei Eigentümer einer Landwirtschaft in ... mit einem Einheitswert von S 68.000,-- sowie Miteigentümer eines PKWs Marke Subaru Justy, Baujahr 1988. Er habe keine Sorgepflichten. Seine Schulden gebe er mit S 1,5 Mill. an.

Bei diesen wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers wäre die sofortige Einziehung der Gebühren und Kosten mit einer besonderen Härte verbunden, weshalb der Antrag um Stundung habe bewilligt werden können. Auf Grund des vorhandenen Realvermögens wäre jedoch ein Nachlaß nicht gerechtfertigt.

Gegen die mit diesen Bescheiden erfolgte Nichtstattgebung der Anträge des Beschwerdeführers auf Nachlaß der angeführten Gebühren und Kosten richtet sich der nach dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom zur Entscheidung verbliebene Teil der vorliegenden Beschwerde, in dem somit die Aufhebung der angefochtenen Bescheide - soweit sie Gebühren und Kosten betreffen - wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung (des verbliebenen Teiles) der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist im Hinblick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, das u.a. durch die von der Vollversammlung gemäß § 10 Abs. 2 Z. 2 VwGG auf Grund des § 11 Abs. 3 VwGG jeweils im voraus zu beschließende Geschäftsverteilung gesichert ist, folgendes festzustellen:

Entgegen der dem Präsidium des Verwaltungsgerichtshofes am von einem Organwalter der belangten Behörde telefonisch erteilten Auskunft, die für die Erfüllung der Aufgaben des Präsidenten nach § 14 Abs. 1 erster Satz VwGG Voraussetzung war, ergibt sich (allerdings erst) nach eingehendem Studium der vorgelegten (eher unübersichtlich geführten) Verwaltungsakten, daß in dem von dem Bescheid 1. betroffenen Betrag von S 1.731,-- sowohl Gerichtsgebühren im Sinne des § 1 Z. 1 GEG 1962 (samt Einhebungsgebühr gemäß § 6 GEG 1962 - in der Folge Einhebungsgebühr) als auch Gerichtskosten (samt Einhebungsgebühr) enthalten sind, und zwar

AZ 4-KVB-Ziv 2772/90 (Zahlungsauftrag des Kostenbeamten des Bezirksgerichtes Frankenmarkt vom , Gebühren des Zeugen Dr. St. und des Zeugen Sch. samt Einhebungsgebühr S 750,--), also GerichtsKOSTEN im Sinne des § 1 Z. 5 lit. c GEG 1962,

AZ 4-KVB-Ziv 3226/90 (Zahlungsauftrag des genannten Kostenbeamten vom , Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG und Anm. 3 zu dieser TP samt Einhebungsgebühr S 163,--), also Gerichtsgebühren,

AZ 4-KVB-Ziv 3227/90 (Zahlungsauftrag des genannten Kostenbeamten vom , eine gleiche Pauschalgebühr wie im vorstehenden Absatz angeführt samt Einhebungsgebühr S 238,--), also Gerichtsgebühren,

weiters auf Grund des "BB" vom , und zwar "2.)" für die Hereinbringung der vorstehend angeführten Gerichtskosten und Gerichtsgebühren im Gesamtbetrag von S 1.151,-- aufgelaufene Exekutionskosten im Betrag von S 219,-- und "3.)" für die Hereinbringung der eingangs erwähnten Geldstrafen aufgelaufene Exekutionskosten im Betrag von S 361,--, also in beiden Fällen auf Grund des § 21 Abs. 4 GGG - nicht zu den Gerichtsgebühren zählende - KOSTEN des Exekutionsverfahrens.

Der Senat 16 war und ist für die angeführten Angelegenheiten der Gerichtskosten nicht zuständig.

In bezug auf die ihm daher zur Entscheidung verbleibenden Angelegenheiten der angeführten Gerichtsgebühren samt Einhebungsgebühr ist nun folgendes auszuführen:

Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz GEG 1962 kann die vorgeschriebene Zahlungsfrist auf Antrag verlängert oder die Entrichtung in Teilbeträgen gestattet werden (Stundung), wenn die Einbringung mit einer besonderen Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre und entweder durch die Stundung nicht gefährdet oder Sicherheit geleistet wird.

Nach § 9 Abs. 2 erster Satz GEG 1962 können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlaß im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Bei der Bestimmung des § 9 Abs. 2 GEG 1962 handelt es sich um eine Ermessensvorschrift, jedoch ist das Recht der Behörde, von diesem Ermessen Gebrauch zu machen, vom Vorliegen einer der beiden im Gesetz enthaltenen Alternativvoraussetzungen ("besonderer Härte" oder "im öffentlichen Interesse") abhängig (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 90/16/0227, mit weiterem Hinweis).

Ganz abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Voraussetzung "im öffentlichen Interesse" gar nicht behauptet, ist sie in seinem Fall auch nicht erfüllt, und zwar aus folgenden Gründen:

An der Einhebung von Abgaben besteht an sich ein öffentliches Interesse, weil ohne sie dem Staat die Mittel zur Erfüllung seiner Aufgaben fehlen würden; dies gilt insbesondere auch für die Einhebung von Gerichtsgebühren. Das im § 9 Abs. 2 GEG 1962 erwähnte öffentliche Interesse muß - um einen Nachlaß zu rechtfertigen - IM EINZELFALL so gewichtig sein, daß es jenes allgemein bestehende öffentliche Interesse an der Einhebung der Gebühren überwiegt (siehe z.B. das bereits angeführte Erkenntnis vom , auch im nunmehrigen Zusammenhang mit weiterem Hinweis).

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (siehe auch hier das zuletzt zitierte Erkenntnis mit weiterem Hinweis) dargetan, daß eine besondere Härte im Sinne des § 9 Abs. 2 GEG 1962 nicht vorliegt, wenn sich der Zahlungspflichtige in wirtschaftlichen Schwierigkeiten VORÜBERGEHENDER ART befindet.

Entgegen der vom - nach seinen Angaben im Vermögensbekenntnis zur Erlangung der Verfahrenshilfe vom am geborenen (Student und Landwirt) - Beschwerdeführer vertretenen Auffassung vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Annahme der belangten Behörde, es lägen hier nur wirtschaftliche Schwierigkeiten vorübergehender Art vor, noch keine Rechtswidrigkeit zu erblicken, zumal die in der Begründung des angefochtenen Bescheides zumindest im Ergebnis enthaltene - keinesfalls denkgesetzwidrige - Prognose, die wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers würden sich in Zukunft bessern, zur Lebenserfahrung nicht im Widerspruch stehen. Dazu kommt, daß das GEG 1962 die Möglichkeit eines Widerrufes eines Nachlasses gemäß § 9 Abs. 2 GEG 1962 nicht vorsieht (siehe auch hier das zuletzt zitierte Erkenntnis mit weiterem Hinweis). Im Hinblick darauf und wegen der vorstehend angeführten Argumente handelte die belangte Behörde nicht rechtswidrig, wenn sie - vorläufig - die hier in Rede stehenden Gerichtsgebühren (samt Einhebungsgebühr) zumindest noch nicht nachsah.

Die unbegründete Beschwerde ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in dem im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Umfang abzuweisen.

In der erwähnten Angelegenheit der Gerichtskosten wird der zuständige Senat zu entscheiden haben.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes in beantragter Höhe gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.