VwGH vom 26.01.1995, 94/16/0149
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der M in H, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , GZ. 396-4/93, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom erwarb die Beschwerdeführerin die streitgegenständliche Liegenschaft EZ 1599 der KG H. Gegenstand des Kaufvertrages war die Liegenschaft samt dem von der Verkäuferin, einem Bauunternehmen, darauf zu errichtenden Wohnhaus. In der Grunderwerbsteuererklärung vom wurde für den Erwerbsvorgang die Steuerfreiheit im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. b GrEStG 1955 geltend gemacht.
Am richtete das Finanzamt mittels eines Vordruckes eine Anfrage an das Gemeindeamt H. In der Anfragebeantwortung vom gab das Gemeindeamt H. an, es sei eine Wohnung im Ausmaß von 130 m2 geschaffen worden.
Anläßlich einer mit einem Aktenvermerk aktenkundig gemachten fernmündlichen Erhebung des Finanzamtes vom wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführerin nach zwei Baubewilligungen im Jahre 1981 am eine dritte Baubewilligung über ein Bauvorhaben erteilt worden ist, wonach zwei Wohnungen im Ausmaß von 75,45 m2 und 72,90 m2 errichtet wurden.
Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt hierauf Grunderwerbsteuer von einer Bemessungsgrundlage von S 2.180.500,-- vor. In der Begründung wurde darauf verwiesen, daß ein Wohnhaus mit zwei Wohnungen kein Eigenheim im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. b GrEStG 1955 sei.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde eingewendet, der Erwerbsvorgang sei ordnungsgemäß angezeigt worden, sodaß Verjährung der Grunderwerbsteuer eingetreten sei.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung nach Einholung der Bauakten als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde der erstinstanzliche Bescheid insoferne abgeändert, als die in der Kaufvertragsurkunde ausgewiesenen, von der Beschwerdeführerin zu tragenden Kosten der Vertragserrichtung in Höhe von S 14.000,-- der Bemessungsgrundlage zugerechnet wurden. Dem Einwand der Verjährung wurde von der belangten Behörde entgegengehalten, daß die Beschwerdeführerin ihrer Verpflichtung, die im § 18 Abs. 3 GrEStG 1955 genannten Umstände zu erklären, nicht nachgekommen sei. Die Bemessungsverjährung habe daher im Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht einmal zu laufen begonnen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. b des auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden (vgl. § 12 Abs. 2 GrEStG 1987) GrEStG 1955 ist von der Grunderwerbsteuer ausgenommen der erste Erwerb einer geschaffenen oder vom Veräußerer zu schaffenden Arbeiterwohnstätte durch eine Person, die die Wohnstätte als Eigenheim übernimmt.
Ein derartiger Erwerbsvorgang unterlag nach § 4 Abs. 2 Satz 3 GrEStG 1955 der Steuer, wenn der begünstigte Zweck innerhalb von acht Jahren aufgegeben wird.
Wird ein der Erbschafts- und Schenkungssteuer oder der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß der Abgabenbehörde angezeigt, so beginnt die Verjährung des Rechtes zur Festsetzung dieser Abgaben nicht vor Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde von dem Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt; dies gilt sinngemäß auch für die gemäß § 18 Abs. 3 GrEStG 1955 zu erklärenden Umstände.
Gemäß § 18 Abs. 3 Z. 5 GrEStG 1955 war eine Abgabenerklärung auch dann vorzulegen, wenn unter anderem einer der im § 4 Abs. 2 angeführten Tatbestände eintrat.
Wesentliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. b GrEStG 1955 war die Übernahme einer Wohnstätte durch die Erwerber als Eigenheim. Das Wesen der in diesem Befreiungstatbestand - neben der sachlichen Begünstigung - liegenden persönlichen Begünstigung bestand in der Benützung des Eigenheimes durch seinen Eigentümer (vgl. z. b. das Erkenntnis vom , 84/16/0014). Unter einem Eigenheim ist dabei ein vom Eigentümer bewohntes Einfamilienhaus mit nur einer Hauptwohnung zu verstehen (vgl. die Erkenntnisse vom , 1615/64, und vom , 1715/75). Von einem Eigentümer kann dabei nur dann gesprochen werden, wenn Identität zwischen Grundeigentümer und Bewohner in beiderlei Richtung besteht: es muß sich so verhalten, daß nicht nur der Grundeigentümer (und niemand sonst außer seiner Familie) es ist, der das Einfamilienhaus bewohnt, sondern daß es auch niemanden gibt, der Grundeigentümer ist, ohne das Einfamilienhaus zu bewohnen (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom , 1715/75). Wird diese Benützung des gesamten Einfamilienhauses durch den Eigentümer - etwa durch die Schaffung einer weiteren Wohnung - innerhalb von acht Jahren aufgegeben, so unterliegt der Erwerbsvorgang im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 3 GrEStG 1955 der Steuer.
Von der Beschwerdeführerin wird nicht in Abrede gestellt, daß das von ihr erworbene Wohngebäude zwei Wohnungen aufgewiesen hat. Daraus folgt aber schon, daß es sich bei dem Wohnhaus nicht um ein Eigenheim im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. b GrEStG 1955 handelt, sodaß die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit des streitgegenständlichen Erwerbsvorganges nicht gegeben sind.
Dem erstmals in der Beschwerde behaupteten Umstand, das Haus sei überwiegend von der Beschwerdeführerin benutzt worden, kommt dabei keine Bedeutung zu. Die Meinung, das Wohnhaus sei im Hinblick auf diese überwiegende Nutzung als Eigenheim anzusehen, steht mit der dargestellten Rechtslage nicht im Einklang. Sollte die Beschwerdeführerin ihre entsprechenden Ausführungen dahin verstanden wissen wollen, daß die Steuerbefreiung ihr anteilig zustehen würde, so steht dies mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Widerspruch, wonach ein Erwerbsvorgang nicht in einem steuerbefreiten und einen steuerpflichtigen Teil aufgespalten werden kann (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , 82/16/0129).
Es trifft zwar zu, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den zugrunde liegenden Sachverhalt insoferne mangelhaft dargestellt hat, als sie den Zeitpunkt, in dem ihren Erhebungen zufolge die Bewilligung zur Änderung des Bauplanes hinsichtlich der Schaffung zweier - im übrigen ungefähr gleich großer - Wohnungen baubehördlich erteilt worden ist, nicht angegeben hat. Auch bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels hätte die belangte Behörde aber nicht zu einem anderen Bescheid gelangen können.
Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin kommt auch der Frage, ob Gegenstand des Erwerbsvorganges von vornherein ein Wohnhaus mit zwei Wohnungen gewesen ist oder nicht, aus der Sicht der Verjährung keine Bedeutung zu: Der dem Finanzamt vorgelegten Ausfertigung der Kaufvertragsurkunde, in der auf den Bauplan ausdrücklich verwiesen wurde, war dieser Bauplan nicht angeschlossen. Ordnungsgemäß angezeigt im Sinne des § 208 Abs. 2 BAO heißt nach ständiger Rechtsprechung zeitgerecht, richtig und vollständig und bei der zuständigen Behörde angezeigt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , 89/16/0023). Bestand also von vornherein gar nicht die Absicht, ein Einfamilienhaus, also ein Objekt mit nur einer Wohnung, zur Nutzung als Eigenheim zu erwerben, wurde also die in Rede stehende Steuerbefreiung von vornherein zu Unrecht beansprucht, so entstand die Steuerschuld zwar schon mit Abschluß des Kaufvertrages (vgl. § 16 Abs. 1 GrEStG 1955). Infolge der unrichtigen und unvollständigen Grunderwerbsteuererklärung konnte die Bemessungsverjährung erst mit Ablauf des Jahres 1992, in welchem Jahr das Finanzamt Kenntnis von der Errichtung zweier Wohnungen erlangte, beginnen. Hatte die Beschwerdeführerin allenfalls - was von ihr auch in der Beschwerde nicht klargestellt worden ist - zunächst tatsächlich die Absicht, ein Einfamilienhaus zu errichten, diese Absicht aber erst - im Sinne der Erhebungen des Finanzamtes bei der Baubehörde - im Laufe des Jahres 1982 aufgegeben, so entstand die Steuerschuld erst mit dieser Aufgabe des begünstigten Zweckes. Da sie diese Aufgabe des begünstigten Zweckes aber dem Finanzamt entgegen der Vorschrift des § 18 Abs. 3 Z. 5 GrEStG 1955 nicht anzeigte, war auch in diesem Falle die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer im Jahre 1992 nicht verjährt gewesen.
Aus der erstmals in der Beschwerdeschrift aufgestellten Behauptung, das Wohnhaus werde "nunmehr" nach Beseitigung der Trenntür wieder von der Beschwerdeführerin allein als "Eigenheim" genutzt, kann schon deswegen nichts gewonnen werden, weil die einmal entstandene Steuerschuld dadurch nicht mehr beseitigt werden kann.
Die Beschwerdeführerin hat schließlich nicht näher dargestellt, was sie aus ihrem Hinweis darauf, daß die von der belangten Behörde in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides berücksichtigten Vertragserrichtungskosten bereits aus der mit der Abgabenerklärung vorgelegten Kaufvertragsurkunde ersichtlich waren, gewinnen will. Die Behörde hat sich auf diesen Umstand zur Frage des Eintrittes der Bemessungsverjährung nicht gestützt. Die Berechtigung zu der im angefochtenen Bescheid näher begründeten Vorgangsweise der belangten Behörde ergibt sich im übrigen zweifelsfrei aus der Bestimmung des § 289 Abs. 2 BAO.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei die Entscheidung im Hinblick auf die Klarstellung der behandelten Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.