VwGH vom 21.01.1998, 97/09/0356

VwGH vom 21.01.1998, 97/09/0356

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der Grozdana Orsus in Salzburg (Schleedorf), vertreten durch Dr. Alex Pratter und Dr. Peter Lechenauer, Rechtsanwälte in Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg vom , Zl. LGSSBG/5/1311/1997 ABANr.: 636978, betreffend Nichtausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom der Antag der beschwerdeführenden Partei auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach den Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die kroatische Staatsangehörige Mirjana Orsus für die berufliche Tätigkeit als Pflegerin abgewiesen. Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung ausschließlich auf die - zufolge § 11 Abs. 6 AuslBG im Verfahren auf Ausstellung von Sicherungsbescheinigungen sinngemäß geltende - Bestimmung des § 4 Abs. 7 AuslBG in Zusammenhalt mit § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1997 und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage - soweit für den Beschwerdefall relevant - aus, auf die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl Nr. 646/1996, für das Kalenderjahr 1997 festgesetzte Bundeshöchstzahl (262 246) seien nach Mitteilung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger zum Stichtag Ende September 1997 (bereinigte Ausländerzahl) bereits 267 773 Ausländer anzurechnen; die Bundeshöchstzahl 1997 sei demnach überschritten. Die beantragte ausländische Arbeitskraft sei bisher im Inland keiner nach dem AuslBG bewilligten Beschäftigung nachgegangen; ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehe nicht. Die beschwerdeführende Partei habe hinsichtlich der beabsichtigten beruflichen Tätigkeit als Pflegerin keine beruflichen Qualifikationsnachweise der Ausländerin vorgelegt; es sei daher davon auszugehen, daß die beantragte Ausländerin eine Hilfskraft sei. Die beantragte Ausländerin unterliege jedenfalls dem Regime der Bundeshöchstzahl. Ein Ausnahmetatbestand sei nicht behauptet worden. Die beantragte Ausländerin gehöre auch nicht zu den in der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BGBl. Nr. 257/1995) genannten Personengruppen. Der Ausstellung der beantragten Sicherungsbescheinigung stehe daher der (im Verfahren auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung sinngemäß geltende) Versagungsgrund nach § 4 Abs. 7 AuslBG entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf "Erteilung einer Bewilligung für die Beschäftigung einer Pflegerin gemäß § 4 Abs. 1 und 6 Z. 2 lit. d AuslBG" verletzt. Sie bringt dazu im wesentlichen vor, sie habe ihre (ständige) Pflegebedürftigkeit behauptet und nachgewiesen. Die belangte Behörde habe aber die aus dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/09/0040, sich ergebende Bindungswirkung nicht berücksichtigt und in Verkennung der Rechtslage neuerlich die "Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 lit. d" versagt. Da die zu besetzende Stelle diese Voraussetzungen (gemeint: nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. d AuslBG) erfülle, hätte die belangte Behörde auch nach Ausschöpfung des Kontingents eine Bewilligung erteilen müssen. Der Umstand, daß die Pflege nicht durch eine Person mit Zeugnissen erfolgen solle, könne daran nichts ändern. Dieses Ergebnis werde auch durch Art. 7 Abs. 1 letzter Satz B-VG (betreffend die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen) gestützt. Dadurch, daß die belangte Behörde ihren Bescheid abermals mit dem Fehlen einer entsprechenden Ausbildung als Pflegerin begründete, habe sie diesen mit einem Verfahrensmangel belastet und sich über die aus § 63 Abs. 1 VwGG ableitbare Bindung hinweggesetzt.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Ausstellung der beantragten Sicherungsbescheinigung ausschließlich auf die gemäß § 11 Abs. 6 AuslBG in einem solchen Verfahren sinngemäß geltende Bestimmung des § 4 Abs. 7 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 257/1995 (in Verbindung mit § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie die Verordnungen BGBl. Nr. 646/1996 und BGBl. Nr. 278/1995) gestützt.

Nach dieser (somit sinngemäß geltenden) Gesetzesbestimmung dürfen unbeschadet des § 12a Abs. 2 Beschäftigungsbewilligungen nur unter der zusätzlichen Voraussetzung erteilt werden, daß die Bundeshöchstzahl nicht überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigungsbewilligung für einen Ausländer erteilt werden soll, der Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat.

Sind die genannten Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 leg. cit. nicht erfüllt, dann kann - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat - dahingestellt bleiben, ob allenfalls Voraussetzungen nach anderen Bestimmungen wie etwa des § 4 Abs. 1 oder des § 4 Abs. 6 AuslBG die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung bzw. Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung rechtfertigen würden. Die Folgen einer Überschreitung der Bundeshöchstzahl sind im Ausländerbeschäftigungsgesetz ohne jede Bezugnahme auf die festgesetzten Landeshöchstzahlen geregelt und nach dem Wortlaut des dem § 4 Abs. 6 AuslBG unmittelbar nachfolgenden Abs. 7 ausdrücklich als "zusätzliche Voraussetzung" für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung bzw. Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung zu prüfen (vgl. in dieser Hinsicht die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/09/0269, und vom , Zl. 96/09/0306, m.w.N.).

Soweit sich die Beschwerde mit dem Vorliegen der Voraussetzung nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. d AuslBG auseinandersetzt, gehen diese Beschwerdeausführungen - abgesehen davon, daß dieser Versagungsgrund von der belangten Behörde nicht herangezogen wurde - demnach an dem von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid herangezogenen Versagungsgrund des § 4 Abs. 7 AuslBG vorbei. Denn ungeachtet des Vorliegens dieser für eine Überschreitung der Landeshöchstzahl (hier: für Salzburg) erheblichen Bewilligungsvoraussetzung müssen zusätzlich auch die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 7 AuslBG für die Ausstellung der begehrten Sicherungsbescheinigung erfüllt sein.

Die beschwerdeführende Partei bestreitet die im angefochtenen Bescheid festgestellte Überschreitung der Bundeshöchstzahl 1997 und die von der belangten Behörde zugrunde gelegten tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung des Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren in ihrer Beschwerde nicht. Es ist daher (auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens) nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im vorliegenden Fall davon ausgegangen ist, daß die Ausstellung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten Sicherungsbescheinigung im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren zu prüfen war.

Daß an der Beschäftigung der beantragten Ausländerin ein gesamtwirtschaftliches Interesse bestünde oder die Voraussetzungen für eine Zuordnung der beantragten Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 der Bundeshöchtszahlenüberziehungsverordnung (BHZÜV;

BGBl. Nr. 278/1995) in anderer Weise erfüllt seien, wird von der beschwerdeführenden Partei nicht einmal behauptet. Das Vorbringen, die beschwerdeführende Partei sei ständig pflegebedürftig und habe Bedarf an der Beschäftigung der beantragten ausländischen Arbeitskraft als Pflegerin, reicht in dieser Hinsicht nicht aus. Solcherart sind aber - ausgehend von dem als unbestritten zugrundezulegenden Sachverhalt - die Voraussetzungen nach § 1 Z. 3 der BHZÜV nicht erfüllt (vgl. in dieser Hinsicht auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/09/0293, und vom , Zl. 96/09/0391). Die von der beschwerdeführende Partei in den Vordergrund gestellte Frage der Qualifikation der beantragten Ausländerin vermag daran nichts zu ändern. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob es - wie in der Beschwerde unter anderem behauptet wird - von Verfassungs wegen (nach Art. 7 B-VG) geboten wäre, daß die Pflege der beschwerdeführenden Partei auch von einer Person ohne Zeugnisse über eine entsprechende berufliche Qualifikation ausgeübt werden darf.

Zu der in der Beschwerde behaupteten Bindungswirkung an das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 95/09/0040, ist zu erwidern, daß diesem Erkenntnis ein Verwaltungsverfahren betreffend die Erteilung einer von der beschwerdeführenden Partei beantragten Beschäftigungsbewilligung für die bosnische Staatsangehörige Sakic Sanela zugrundelag. Die belangte Behörde war daher im vorliegenden Verfahren betreffend die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung für die kroatische Staatsangehörige Mirjana Orsus nicht an die im genannten Erkenntnis geäußerte Rechtsanschauung gebunden. Des weiteren verkennt die beschwerdeführende Partei auch, daß dieses Erkenntnis ausschließlich den Versagungsgrund nach § 4 Abs. 1 AuslBG betroffen hat (zu § 4 Abs. 6 und 7 AuslBG enthält das Erkenntnis keine bindenden Aussagen). Die behauptete Verletzung der Bindungswirkung nach § 63 Abs. 1 VwGG liegt somit nicht vor.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung (hinsichtlich des die Abweisung rechtfertigenden Versagungsgrundes nach § 4 Abs. 7 AuslBG) nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.