VwGH vom 26.01.1995, 94/16/0135

VwGH vom 26.01.1995, 94/16/0135

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der Fa. M in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirekiton für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 13-B/7/M-458/1/1/94, betreffend Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die österreichische Post- und Telegraphenverwaltung stellte am dem Zollamt Wien als Anmelder für die Beschwerdeführerin als Empfänger eine Warensendung im Gewicht von 9,2 kg Rohmasse (9.0 kg Eigenmasse) zur Abfertigung zum freien Verkehr durch Verzollung. Die Warensendung umfaßte folgende Exemplare der Zeitschrift "WM, Wertpapier-Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht":

"7: WM-Teil IV Nr. 28/85, 11, 21, 25, 26, 32, 49/88

1: WM-Teil IV Jg. 1984 Bd. 1 u. 2 geb. 1: WM-Teil IV Jg. 1990 Bd. 1 u. 2 geb. 1: WM-Teil IV Jg. 1991 Bd. 1 u. 2 geb. 1: WM-Teil IV Jg. 1992 Bd. 1 u. 2 geb."

Das Zollamt Wien unterwarf mit Eingangsabgabenbescheid vom die gesamte Sendung einer Eingangsabgabe (Einfuhrumsatzsteuer) in Höhe von S 5.606,--.

Der dagegen mit dem Argument, Zeitschriften seien gemäß § 153 ZollG nicht zollpflichtig, erhobenen Berufung gab die belangte Behörde insoweit Folge, als sie von den oben aufgelisteten Positionen der Warensendung die erste eingangsabgabenfrei beließ, für die vier weiteren Positionen hingegen Eingangsabgaben (Einfuhrumsatzsteuer) in Höhe von S 5.477,-- festsetzte.

Die belangte Behörde ging davon aus, daß anders als in Papier gebundene Zeitungen und Zeitschriften nach der Anm. 3 zu Kapitel 49 des Zolltarifes in die Nummer 4901 des Zolltarifes einzuordnen seien, woran auch die Bestimmung des § 153 Abs. 2 lit. b ZollG nichts zu ändern vermöge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in ihrem Recht auf Einreihung der Warensendung unter die Nummer 4902 des Zolltarifes verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 UStG 1972 ermäßigt sich die Steuer auf 10 vom Hundert u.a. für die Einfuhr der in der Anlage A aufgezählten Gegenstände, wozu nach Pkt. 43 lit. a der Anlage Bücher, Broschüren und ähnliche Druckerzeugnisse, auch in losen Bögen (Nummer 4901 des Zolltarifes), und nach Pkt. 43 lit. b der Anlage Zeitungen, Zeitschriften und andere periodische Druckschriften, auch illustriert, auch mit Werbung (Nummer 4902 des Zolltarifes), gehören.

Gemäß § 3 Abs. 2 ZollG 1988, BGBl. Nr. 644 (im folgenden kurz ZollG) findet auf die gemäß Abs. 1 neben den Zöllen zu erhebenden sonstigen Abgaben dieses Bundesgesetz sinngemäß Anwendung, sofern in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Abgabengesetzen nicht anderes bestimmt ist.

Nach § 24 Abs. 2 erster Satz UStG 1972 gelten für die Einfuhrumsatzsteuer, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß.

Gemäß § 30 lit. d ZollG ist in der Einfuhr Zollfreiheit zu gewähren u.a. für Waren in Sendungen, die nach § 153 von der Stellungspflicht ausgenommen sind (mit einer im vorliegenden Fall nicht relevanten Ausnahme).

§ 153 Abs. 2 und Abs. 3 ZollG lautet:

"(2) Die Post- und Telegraphenverwaltung ist von der Verpflichtung befreit, die nachstehend angeführten Sendungen anläßlich der Einfuhr zu stellen, wenn die maßgebenden Merkmale der Sendung (Inhalt, Versender, Empfänger) nach der Aufmachung, der Kennzeichnung oder den Begleitpapieren zweifelsfrei sind und kein Grund zur Annahme besteht, daß die Sendung andere oder einer Einfuhrbeschränkung oder einer Kennzeichnungsvorschrift, einschließlich der Punzierung, unterliegende Waren enthält:


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a)
Briefe mit nur schriftlichen Mitteilungen;
b)
Zeitungen und Zeitschriften;
c)
Drucksachen im Sinn der Postvorschriften, sofern die Rohmasse der Sendung 2 kg nicht übersteigt;
sowie Sendungen, für die der Empfänger nach § 52a Abs. 2 von der Stellungspflicht befreit ist.

(3) Der Bundesminister für Finanzen kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Öffentliche Wirtschaft und Verkehr auch noch weitere Postsendungen von der Stellungspflicht befreien, wenn dies der Beschleunigung des Postverkehrs dient und der Ausfall an Zoll gegenüber der erzielten Verwaltungsersparnis nicht ins Gewicht fällt."

§ 9 Abs. 1 Z. 2 der Zollgesetz-Durchführungsverordnung 1992, BGBl. Nr. 874, bestimmt auszugsweise:

"Die Post- und Telegraphenverwaltung wird von der Verpflichtung befreit, die nachstehend angeführten Sendungen anläßlich der Einfuhr zu stellen, wenn ...

2. Bücher, Broschüren, ähnliche Druckerzeugnisse und Musikalien an Buch- oder Musikalienhändler oder an Verlage, sofern das Rohgewicht der Sendung 5 kg nicht übersteigt;"

Daraus folgt, daß Zeitungen und Zeitschriften, beinhaltende Postsendungen, gemäß § 153 Abs. 2 lit.b ZollG nicht stellungspflichtig sind, weshalb gemäß § 30 lit. d leg. cit. Zollfreiheit und gemäß § 3 Abs. 2 ZollG auch Abgabenfreiheit betreffend die 10 %-ige Einfuhrumsatzsteuer besteht. Für im Wege von Postsendungen eingeführte Bücher hingegen besteht Eingangsabgabenfreiheit nur, wenn das Rohgewicht der Sendung 2 bzw. 5 kg nicht übersteigt.

Für den vorliegenden Beschwerdefall ist daher die Lösung der Frage entscheidend, ob die gegenständlichen - unstrittig gebundenen - Exemplare der Zeitschrift "WM, Wertpapier-Mitteilungen" als Zeitschrift unter die Nummer 4901 oder als Bücher unter die Nummer 4902 des Zolltarifes, Ausgabe 1988 einzuordnen sind.

Gemäß der Anm. 3 zu Kapitel 49 des Zolltarifes - der gemäß § 1 Abs. 2 des Zolltarifgesetzes 1988, BGBl. Nr. 155/1987, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildet - sind Zeitungen, Zeitschriften und andere periodische Druckschriften, die anders als in Papier gebunden sind, sowie Zusammenstellungen von Zeitschriften mit mehr als einer Nummer in einem gemeinsamen Umschlag, in die Nummer 4901 einzureihen, auch wenn sie Werbung enthalten.

Insoweit die Beschwerdeführerin, die den Umstand, daß es sich vorliegendenfalls um gebundene Exemplare handelte, nie bestritten hat, vermeint, dem ZolltarifG 1988, BGBl. Nr. 155/1987, sei durch § 153 ZollG 1988 als lex posterior derogiert worden, ist sie aus dem dargestellten Zusammenhang darauf zu verweisen, daß sich diese Problematik deshalb gar nicht stellt, weil gerade § 3 Abs. 1 ZollG 1988 im Wege einer sogenannten dynamischen Verweisung hinsichtlich der Frage der Eingangsabgabenpflicht auf die zolltarifarischen Bestimmungen verweist, denen damit keineswegs derogiert wurde. Nach der oben wiedergegebenen Anm. 3 zu Kapitel 49 des Zolltarifs sind anders als in Papier gebundene Zeitschriften ebenso wie Zusammenstellungen von Zeitschriften mit mehr als einer Nummer in einem gemeinsamen Umschlag nicht iS der Nummer 4902 als "Zeitungen, Zeitschriften und andere periodische Druckschriften, auch illustriert, auch mit Werbung" zu behandeln, sondern nach der Nummer 4901 als "Bücher, Broschüren und ähnliche Druckerzeugnisse, auch in losen Bögen".

Da schließlich die Beschwerdeführerin auch nie behauptete, der beschwerdegegenständliche Teil der Sendung hätte die gemäß § 153 Abs. 2 lit. c ZollG bzw. § 9 Abs. 1 Z. 2 der Zollgesetz-Durchführungsverordnung 1992 relevanten Gewichtsgrenzen nicht überschritten, hat die belangte Behörde frei von inhaltlicher Rechtswidrigkeit dafür Einfuhrumsatzsteuer vorgeschrieben.

Mit Rücksicht darauf, daß betreffend die im Vorstehenden angeführten Bestimmungen auch keine Bedenken hinsichtlich der Verletzung des Determinierungsgebotes gemäß Art. 18 B-VG bestehen, sah sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht veranlaßt, im Wege einer Antragstellung auf Normenprüfung an den Verfassungsgerichtshof heranzutreten; für die von der Beschwerdeführerin eventualiter beantragte "Abtretung" der Beschwerdesache an den Verfassungsgerichtshof besteht ohnehin keine gesetzliche Grundlage.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.