Suchen Hilfe
VwGH 17.12.2004, 2004/03/0021

VwGH 17.12.2004, 2004/03/0021

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
GGBG 1998 §13 Abs1a idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §23 Abs2 idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §24a Abs1 idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §27 Abs1 Z1;
GGBG 1998 §7 Abs2 Z3;
GGBG 1998 §7 Abs2 Z7;
GGBG 1998 §7 Abs2 Z8;
VStG §1 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc idF ;
VwRallg;
RS 1
Nach § 1 Abs 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zurzeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zurzeit der Fällung des Bescheides erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. Zeigt sohin die spätere Gesetzgebung, dass das Unwerturteil über das zurzeit der Begehung strafbare Verhalten nachträglich milder oder ganz weggefallen ist, dann ist das günstigere Recht anzuwenden. War das Verhalten, das zur Tatzeit strafbar war, im Zeitpunkt der Fällung des Bescheides erster Instanz überhaupt nicht mehr strafbar, so ist ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen

Regelung für diesen Fall nicht mehr zu bestrafen. Hat jedoch der Gesetzgeber das strafrechtliche Unwerturteil über die Nichtbefolgung der in Betracht kommenden Verpflichtung unverändert aufrechterhalten, so besteht trotz der aus der Bestimmung des § 1 Abs 2 VStG hervorleuchtenden Grundsätze keine Handhabe, das zum Zeitpunkt der Tat strafbar gewesene Verhalten anders zu beurteilen, als es zu beurteilen gewesen wäre, wenn das Straferkenntnis erster Instanz noch vor Inkrafttreten der Änderung erlassen worden wäre (Hinweis E , 853/54, VwSlg 4275 A/1957; hier: in Bezug auf § 103 Abs 2 KFG).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 88/03/0083 E RS 2 (Hier: Dem Besch wurde entsprechend den im Zeitpunkt der Tat geltenden Vorschriften des GGBG 1998 in der Stammfassung eine Verletzung des § 27 Abs. 1 Z 1 iVm § 7 Abs.2 Z 3, Z 7 und Z 8 GGBG 1998 vorgeworfen. Mit der im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides geltenden Novelle zum GGBG 1998, BGBl. I Nr. 86/2002, wurde die im vorliegenden Fall relevante Rechtslage, sowohl was die verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestände als auch die normierten Strafen betrifft, geändert (Hinweis E , 2003/03/0094). Eine wortgleiche Verpflichtung, wie sie die im Beschwerdefall angewendeten Bestimmungen des § 7 Abs. 2 Z 3, 7 und 8 GGBG 1998 in der Stammfassung vorgesehen haben, findet sich in den nunmehr geltenden Bestimmungen der §§ 13 Abs. 1a, 23 Abs. 2 und 24a Abs. 1 GGBG 1998 in der zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides geltenden Fassung BGBl.I Nr. 86/2002 nicht. Die belBeh hätte sich zunächst damit auseinander zu setzen gehabt, ob die dem Besch angelasteten Taten auf der Grundlage der mit der Novelle BGBl.I Nr. 86/2002 geänderten Rechtslage überhaupt noch strafbar sind, zumal sich die Regelungen auch im Hinblick auf den den Beförderer treffenden Sorgfaltsmaßstab maßgeblich geändert haben.)
Normen
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
RS 2
Eine taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs 2 VStG setzt unter anderem grundsätzlich die Nennung des Tatortes voraus. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen unter Rechtsschutzgesichtspunkten dann in Betracht, wenn im Zweifel der Sitz des Unternehmens als Tatort anzusehen ist und mit Rücksicht auf die sonst angeführten Sachverhaltselemente kein Zweifel übrig bleibt, auf welchen konkreten Tatvorwurf abgestellt wird (Hinweis E , 92/09/0377).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 94/10/0017 E RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Berger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des MP in W, vertreten durch Dr. Egon Duschek, Rechtsanwalt in 8720 Knittelfeld, Schulgasse 22, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 30.8-123/2002-10, betreffend Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma P GmbH mit Sitz in M dafür verantwortlich zu sein, dass die genannte Firma als Beförderer von Gefahrengut nicht dafür gesorgt habe, dass die Vorschriften des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG) eingehalten worden seien. Das Fahrzeug (LKW) mit dem Kennzeichen JU ... sei am um

15.40 Uhr auf der S 6 in 8700 Leoben auf Höhe Strkm. 81,550, Fahrtrichtung St. Michael, von MS gelenkt worden und es sei mit diesem im Einzelnen bezeichnetes Gefahrengut befördert worden, wobei entsprechend dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom

1.) "keine schriftliche Weisung betreffend das Gefahrengut der Firma L mitgeführt wurde (gemäß Rn 10 381 Abs. 2 lit c (ADR) iVm Rn 10 385)",

2.) "an der Umverpackung der 5 Paletten der Firma Sbüll keine Gefahrenzettel nach Muster 5.1 und 8 angebracht waren (gemäß Rn 2002 Abs. 5 lit. a ADR iVm Rn 2512 Abs. 2 ADR und Rn 2812 Abs. 2 ADR)" und

3.) "bei einem der beiden Feuerlöscher das Prüfdatum bereits abgelaufen war (letzte Überprüfung 10/1998)"; somit seien gefährliche Güter entgegen § 7 Abs. 2 GGBG befördert worden.

Der Beschwerdeführer habe dadurch im Hinblick auf Spruchpunkt

1.) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses § 7 Abs. 2 Z 8 GGBG, im Hinblick auf Spruchpunkt 2.) § 7 Abs. 2 Z 3 GGBG und im Hinblick auf Spruchpunkt 3.) § 7 Abs. 2 Z 7 GGBG verletzt. Die über den Beschwerdeführer gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 GGBG verhängten Geldstrafen betrugen jeweils EUR 727,-- (fünf Tage Ersatzfreiheitsstrafe).

Über die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Das erstinstanzliche Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt. Tatzeitpunkt der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Verwaltungsübertretungen nach dem GGBG ist der .

Dem Beschwerdeführer wurde entsprechend den im Zeitpunkt der Tat geltenden Vorschriften des GGBG in der Stammfassung eine Verletzung des § 27 Abs. 1 Z 1 iVm § 7 Abs. 2 Z 8, Z 3 und Z 7 GGBG vorgeworfen. Mit der im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides am geltenden Novelle zum GGBG, BGBl. I Nr. 86/2002, wurde - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2003/03/0094, im Einzelnen dargelegt hat - die im vorliegenden Fall relevante Rechtslage, sowohl was die verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestände als auch die normierten Strafen betrifft, geändert. Eine wortgleiche Verpflichtung, wie sie die im Beschwerdefall angewendeten Bestimmungen des § 7 Abs. 2 Z 3, 7 und 8 GGBG in der Stammfassung vorgesehen haben, findet sich in den nunmehr geltenden Bestimmungen der §§ 13 Abs. 1a, 23 Abs. 2 und 24a Abs. 1 GGBG in der zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides am geltenden Fassung BGBl. I Nr. 86/2002 (in Kraft getreten am ) nicht.

Im Hinblick darauf gleicht der Beschwerdefall in seinen wesentlichen Sach- und Rechtsfragen dem dem oben zitierten Erkenntnis vom zugrundeliegenden Beschwerdefall, auf dessen nähere Entscheidungsgründe daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird. Nach dem in diesem Erkenntnis Gesagten (siehe insbesondere Punkt 2.1. der Entscheidungsgründe) hätte sich die belangte Behörde zunächst damit auseinander zu setzen gehabt, ob die dem Beschwerdeführer angelasteten Taten (hier: § 27 Abs. 1 Z 1 GGBG in Verbindung mit § 7 Abs. 2 Z 3, 7 und 8 GGBG) auf der Grundlage der mit der Novelle BGBl. I Nr. 86/2002 geänderten Rechtslage überhaupt noch strafbar sind, zumal sich die Regelungen auch im Hinblick auf den den Beförderer treffenden Sorgfaltsmaßstab maßgeblich geändert haben.

Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass auf die übrigen Beschwerdeausführungen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
GGBG 1998 §13 Abs1a idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §23 Abs2 idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §24a Abs1 idF 2002/I/086;
GGBG 1998 §27 Abs1 Z1;
GGBG 1998 §7 Abs2 Z3;
GGBG 1998 §7 Abs2 Z7;
GGBG 1998 §7 Abs2 Z8;
VStG §1 Abs2;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc idF ;
VwRallg;
Schlagworte
Verfahrensbestimmungen Berufungsbehörde
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2004:2004030021.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAE-62968