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VwGH vom 11.07.2000, 99/16/0440

VwGH vom 11.07.2000, 99/16/0440

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

99/16/0441

99/16/0443

99/16/0442

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerden 1) der A in S 2) des J in I,

3) des M in I und 4) des M in I, alle vertreten durch Dr. Gerald Gärtner, Rechtsanwalt in Innsbruck, Boznerplatz 1, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Tirol je vom , Zlen. 1) 60.326-6/96, 2) 60.325-6/96,

3) 60.323-6/96 und 4) 60.324-6/96, je betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vier Beschwerdeführer sind je zu einem Viertel testamentarische Erben ihres am verstorbenen Vaters. Zum Nachlass gehörte ein 30 % Kommanditanteil des Erblassers an der Mayr & Co Bauwarenvertriebsgesellschaft.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck (im Folgenden kurz: Finanzamt) legte der Festsetzung der Erbschaftssteuer unter anderem einen Wert des Betriebsvermögens in Höhe von S 6,338.233,-- zu Grunde.

In den dagegen erhobenen Berufungen wurde ein Wert des Betriebsvermögens in Höhe von S 3,259.396,92 geltend gemacht. Gegen die in

diesem Punkt abweislichen Berufungsvorentscheidungen des Finanzamtes stellten die Beschwerdeführer fristgerecht Anträge auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde ging unter anderem davon aus, das "Fixkapitalkonto" des Erblassers habe S 60.000,-- betragen; daneben habe ein variables Kapitalkonto bestanden, dass zur Verrechnung "echter Forderungen oder Schulden" gedient habe und das laut Bilanz zum einen Stand von plus S 9,644.265,97 aufgewiesen habe. Den 30 % Kommanditanteil des Erblassers bewertete die belangte Behörde ausgehend von einem Gesamtwert des Betriebsvermögens von - S 11,219.712,-- mit - S 3,365.913,--, zu welchem Betrag sie die "Kommanteinlage" von S 60.000,-- ebenso hinzurechnete wie den Stand des Verrechnungskontos (plus S 9,644.265,97) womit die belangte Behörde zu einem positiven Wert des Kommanditanteiles in Höhe von S 6,338.352,90 gelangte.

Dagegen richten sich die ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobenen und von diesem jeweils nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerden je wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihren Rechten darauf verletzt, dass die Erbschaftssteuer für den Kommanditanteil nur auf Basis einer Bemessungsgrundlage von S 244.425,-- zu erheben ist.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

In den Beschwerdefällen ist allein die Frage strittig, wie sich das Fixkapitalkonto und das Verrechnungskonto des Erblassers auf die Bewertung des von den Beschwerdeführern je zu einem Viertel geerbten Kommanditanteiles des Erblassers auszuwirken haben.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung zur Bewertung eines Anteils an einer Personengesellschaft im Zusammenhang mit Vorgängen, die dem § 1 Abs. 1 ErbStG unterliegen, die Auffassung, dass für die Bemessung der Steuer nicht der Einheitswert maßgebend ist. Die Bewertung richtet sich vielmehr, der Anordnung des § 19 Abs. 1 leg. cit. zufolge nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes. Wenn der Erwerbsvorgang einen Anteil an einer Personengesellschaft betrifft, die ein gewerbliches Unternehmen betreibt, ist dieser Anteil als Bruchteil des Betriebsvermögens der Gesellschaft zu behandeln (vgl. dazu insbesondere die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 84/15/0113, und vom , Zl. 81/15/0002, je mwN).

Zur Bewertung eines Kommanditanteiles wies der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst im Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0369, auf seine einschlägige Vorjudikatur hin, wonach eine kombinierte Sachwert- und Ertragswertschätzung zu billigen ist (Hinweis auf das Erkenntnis vom , Zl. 96/16/0134) und eine globale Bewertung des Unternehmens im Gesetz ebensowenig gedeckt ist wie eine Bewertung nach Ertragswerten (Erkenntnis vom , Zl. 161/76). Ebenso wurde darauf hingewiesen, dass eine Vermutung dafür besteht, dass sich der Teilwert jedes Wirtschaftsgutes im Zeitpunkt seiner Anschaffung oder Herstellung mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten deckt (Erkenntnis vom , Zl. 90/13/0199). Im hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2000/16/0066-0071 schließlich wurde ( unter Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 86/16/0018 und , Zl. 96/16/0171) betreffend den Wert eines Kommanditanteils festgehalten, dass sich die Höhe des Betriebsvermögens aus der Summe der einzelnen mit dem Teilwert bewerteten beweglichen Wirtschaftsgüter, zuzüglich der mit dem Einheitswert zu bewertenden Betriebsgrundstücke abzüglich der mit dem Teilwert zu bewertenden Verbindlichkeiten ergibt. Vgl. im Übrigen dazu auch noch die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III Erbschafts- und Schenkungssteuer unter Rz 33 zu § 19 ErbStG referierte Rechtsprechung.

Dazu kommt, dass nach einhelliger handelsrechtlicher Lehre der im Kapitalkonto ausgewiesene, sogenannte Kapitalanteil des Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft kein selbstständiges Recht darstellt (siehe z.B. Torggler/Kucsco in Straube, Komm z HGB I2 Rz 9 und 9a zu § 120 und Rz 3 zu § 167 HGB; Jabornegg, Komm z HGB Rz 13 und 15 zu § 120 HGB; Ulmer im Großkomm z HGB4 Rz 48 und 51 zu § 120 HGB). Dem Kapitalkontostand kommt vielmehr - in Ermangelung anderer Vereinbarungen - nur die beschränkte Funktion zu, die Berechnung des Vorzugsgewinns (der sogenannten Vorzugsdividende) gemäß § 121 Abs. 1 und 2 HGB, des Entnahmerechtes gemäß § 122 Abs. 1 HGB und des Auseinandersetzungsguthabens gemäß § 155 Abs. 1 HGB zu ermöglichen (Torggler/Kucsco a.a.O. z 9 und Ulmer a.a.O. z 52).

Da im vorliegenden Fall die Beteiligung des Verstorbenen an der KG mit 30 % ohnehin unstrittig ist, kommt dem Kapitalkontostand hinsichtlich der Berechnung der Beteiligungsquote keinerlei Bedeutung zu und hat die belangte Behörde schon allein dadurch, dass sie den Kapitalkontostand in Höhe von S 60.000,-- dem Wert des Betriebsvermögens hinzurechnete, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Das sogenannte Verrechnungskonto, vielfach auch Separat- oder Privatkonto genannt, beinhaltet nach herrschender Meinung echte Forderungen und Schulden des Gesellschafters bzw. der Gesellschaft (Torggler/Kucsco a.a.O. Rz 13 zu § 120 und Rz 4a zu § 167 HGB; Ulmer, a.a.O. Rz 55 zu § 120 HGB und Schilling im Großkomm z HGB4 z 7 zu § 167 HGB). In diesem Sinn stellt der von der belangten Behörde herangezogene Stand des Verrechnungskontos des Verstorbenen von + S 9,644.265,92 eine Verbindlichkeit der KG gegenüber dem verstorbenen Gesellschafter dar, die einerseits den Wert des Betriebsvermögens verringert und die andererseits als eine von den Beschwerdeführern zu je einem Viertel ererbte Forderung gegen die KG je nach ihrer Einbringlichkeit in Anwendung der Bestimmungen des § 14 Abs. 1 und Abs. 2 BewG zu bewerten ist.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, wobei diese Entscheidung mit Rücksicht auf die durch die oben angeführte hg. Judikatur und das Schrifttum klargestellte Rechtslage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

Wien, am