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VwGH vom 09.11.2000, 99/16/0439

VwGH vom 09.11.2000, 99/16/0439

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der U Privatstiftung in W, vertreten durch Dr. Michael Buresch und Dr. Ilse Korenjak, Rechtsanwälte in Wien 1, Fichtegasse 2A, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ RV-105-09/12/99, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Nachstiftungsurkunde vom wendete K K der Beschwerdeführerin Aktien der K Immobilien AG im Nominalwert von S 3,352.200,-- zu.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (im Folgenden kurz: Finanzamt) ermittelte für diese Aktien in Anwendung des sog. Wiener Verfahrens einen gemeinen Wert von S 3.330,-- je S 100,-- Nennkapital und erließ einen entsprechenden Schenkungssteuerbescheid.

Aus einem Kaufvertrag vom ergibt sich, dass die W Privatstiftung von T K und M K Aktien der K Immobilien AG im Nominale von je S 1,998.000,-- um Kaufpreise von je S 150 Millionen gekauft hat, woraus das Finanzamt einen gemeinen Wert von S 7.507,50 je S 100,-- Nennkapital ableitete.

Das Finanzamt nahm daraufhin mit Bescheid vom das Schenkungssteuerverfahren wieder auf und setzte die Schenkungssteuer unter Hinweis auf den Verkauf vom ausgehend von einem gemeinen Wert von S 7.507,50 je S 100,--Nennkapital fest.

Sowohl gegen die Wiederaufnahme als auch gegen den neuen Sachbescheid berief die Beschwerdeführerin, wobei sie in der Sache die Auffassung vertrat, ein einzelner Aktienverkauf genüge zur Ableitung des gemeinen Wertes nicht.

Das Finanzamt wies daraufhin die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab, wobei es sich auf Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum BewertungsG Seite 89 zu § 13 BewG stützte, wo ausgeführt wird, dass auch ein einzelner, nicht unwesentlicher Anteilsverkauf eine Grundlage zur Ableitung des gemeinen Wertes darstellen könne.

Dagegen stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, worin sie auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und den Wortlaut des § 13 Abs. 2 BewG ("aus Verkäufen") verwies. Außerdem rügte die Beschwerdeführerin, der Kaufvertrag vom sei ihr noch nicht offen gelegt worden, sodass sie keine Gelegenheit gehabt hätte, sich dazu zu äußern.

Mit Vorhalt vom gab die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die von ihr beabsichtigte Abweisung der Berufung bekannt, wobei sie ankündigte, den Verkaufsvorgang vom als "mehrere Verkäufe" zu werten.

Daraufhin erstattete der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin ein umfangreiches Vorbringen, in dem behauptet wurde, die W Privatstiftung habe durch den Erwerb der Aktien von T und M K (je 10 % des Grundkapitals) ihre Beteiligung an der K Immobilien AG von vorher 21,67 % auf nunmehr 41,67 % erweitert, womit sie einerseits die Sperrminorität betreffend Satzungsänderungen und andererseits das Minderheitsrecht von einem Drittel für die Bestellung eines Aufsichtsratsmitgliedes erlangte habe. Aus diesem Grund sei im Kaufpreis ein Paketzuschlag von 10 bis 20 % enthalten und komme daher dieser Kauf nicht als Grundlage für die Ermittlung des gemeinen Wertes in Frage, weil der Preis nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt worden sei.

Daraufhin richtete die belangte Behörde an T und M K betreffend den Aktienverkauf an die WWM Privatstiftung gleichlautende Anfragen, ob der Kaufpreis im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt worden sei bzw. ob ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse den Kaufpreis beeinflusst hätten.

Auf diese Anfragen antwortete in Vertretung der genannten Verkäufer die BDO Auxilia Treuhand GmbH mit zwei gleichlautenden Scheiben vom 27. September und auszugsweise wie folgt:

"Es ist richtig, dass Herr ... Nominale S 1.998.000,-- Aktien der K Immobilien Aktiengesellschaft zu einem Kaufpreis von S 150.000.000,-- an die W Privatstiftung am verkauft hat. Der Kaufpreis wurde auf Grund einer von uns erstellten Unternehmensbewertung ermittelt und entspricht einem Gesamtwert der K Immobilien Aktiengesellschaft von S 1,5 Miard. Dieser Wert entspricht dem Verkehrswert. Es wurde weder durch ungewöhnliche noch durch persönliche Verhältnisse beeinflusst."

Daraufhin wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, wobei sie einerseits die Meinung vertrat, der Verkaufvorgang vom könne als "mehrere Verkäufe" iS des § 13 Abs. 2 BewG angesehen werden und andererseits darauf hinwies, die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Kaufpreis auf Grund einer Unternehmensbewertung ermittelt worden sei und einem Gesamtwert der K Immobilien AG von 1,5 Milliarden Schilling entspreche. Der Kaufpreis sei weder durch ungewöhnliche noch persönliche Verhältnisse beeinflusst worden. Die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines sogenannten Paketzuschlages erachtete die belangte Behörde mit der Begründung für nicht gegeben, dass nicht eine Mindestbeteiligung von 25 % übertragen worden sei sondern nur Beteiligungen von je 10 %.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin (die sich nicht mehr gegen die vorgenommene Wiederaufnahme wendet) erachtet sich in ihrem Recht darauf verletz, dass der gemeine Wert der Aktien nicht aus dem Verkauf vom abgeleitet werden dürfe, weil in dem dort erzielten Preis ein Paketzuschlag enthalten sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 13 Abs. 2 BewG lautet:

"(2) Für Aktien, für Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und für Genussscheine ist, soweit sie im Inland keinen Kurswert haben, der gemeine Wert (§ 10) maßgebend. Lässt sich der gemeine Wert aus Verkäufen nicht ableiten, so ist er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen."

§ 10 leg. cit. bestimmt auszugsweise folgendes:

"(1) Bei Bewertungen ist, soweit nicht anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrunde zu legen.

(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen."

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ein einzelner Verkauf für die Ableitung des gemeinen Wertes von Anteilen (arg: "aus Verkäufen") nicht genügt. Es kommt nicht auf die Anzahl der bei den einzelnen Verkäufen zum Verkauf gelangenden Anteile an. Zwar wird in der Regel nur eine Mehrzahl von Verkäufen den Schluss auf das Vorliegen eines einem Kurswert ähnlichen Marktpreises mit einiger Sicherheit ermöglichen, jedoch ist weder die Frage, ob zivilrechtlich ein oder mehrere Rechtsgeschäfte vorliegen noch die Zusammenfassung mehrerer Rechtsgeschäfte in einer Urkunde von ausschlaggebender Bedeutung. Maßgeblich ist vielmehr, ob - insbesondere im Hinblick auf die Beteiligung mehrerer Anbieter bzw. Interessenten - der Schluss gerechtfertigt erscheint, dass die unter Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage und des Ausgleiches widerstreitender Interessen mehrerer an den Verkaufsgeschäften Beteiligter gebildeten Kaufpreise einem Marktpreis nahe kommen

(vgl. insbesondere die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/15/0117 und vom , Zl. 90/15/0085, SlgNF 6643/F). Im Erkenntnis vom , Zl. 88/15/0077 hat der Verwaltungsgerichtshof (unter Berufung auf sein Erkenntnis vom , Zl. 1172/77, SlgNF 5237/F) ausgesprochen, dass von einer Mehrzahl von Verkäufen nur dann gesprochen werden kann, wenn bei mehreren miteinander nicht in Zusammenhang stehenden Verkaufsvorgängen Anteile veräußert werden.

Bereits mit Rücksicht auf diese Judikatur erweist sich die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, der im Wege einer einheitlichen Urkunde vorgenommene Aktienverkauf vom durch T und M K an die W Privatstiftung sei als eine Mehrzahl von Verkäufen anzusehen, als nicht gerechtfertigt und leidet daher der angefochtene Bescheid mit Rücksicht den auf der Hand liegenden Zusammenhang der beiden Verkaufsvorgänge an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Ob es zur Ableitung des gemeinen Wertes tatsächlich einer Mehrzahl von Verkäufen bedarf oder ob allenfalls auch ein einziger Verkauf genügt (vgl. zusätzlich zu Twaroch/Wittmann/Frühwald a.a.O. insbesondere die bei Gürsching/Stenger, Bewertungsgesetz, Vermögenssteuergesetz, Kommentar Rz 138 und 139 zu § 11 dBewG referierte Rechtsprechung des BFH, Urteil II R 232/82, BStBl II 1986, 591) braucht im Beschwerdefall nicht abschließend beurteilt zu werden, weil die belangte Behörde im Ergebnis ihre Entscheidung darauf gestützt hat, der herangezogene Verkaufspreis habe einer Unternehmensbewertung entsprochen.

In diesem Zusammenhang ergibt sich, dass die belangte Behörde betreffend die Frage, ob beim Aktienverkauf durch T und M K an die W Privatstiftung der erzielte Preis ein solcher war, der "unter Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage und des Ausgleiches widerstreitender Interessen gebildet wurde und damit einem Marktpreis nahe kam" (vgl. dazu die oben zitierte hg. Judikatur Zlen. 95/15/0117 und 90/15/0085, SlgNF 6643/F) Verfahrenvorschriften verletzt hat. Die belangte Behörde hätte nämlich angesichts der von der Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom vorgebrachten Behauptung (die W Privatstiftung habe durch den Erwerb von zwei mal 10 % insgesamt einen Beteiligung von 41,67 % und damit verbunden besondere Rechte als Gesellschafterin der K Immobilien AG erlangt) schon die Fragestellung an die beiden Aktienverkäufer präziser formulieren müssen, vor allem aber die näheren Umstände der von der steuerlichen Vertretung der Aktienverkäufer behaupteten Unternehmensbewertung ermitteln und dann dazu der Beschwerdeführerin das gebotene rechtliche Gehör gewähren müssen. Da nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieser Verfahrensfehler zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, leidet der angefochtene Bescheid auch an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft die gesondert angesprochene Umsatzsteuer, die im pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.

Wien, am