VwGH vom 26.01.1995, 94/16/0114

VwGH vom 26.01.1995, 94/16/0114

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der A-KG in S, vertreten durch Dr. A in W, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem-7474/2-1994-Si, betreffend Getränkesteuernachzahlung für Verpackung für den Zeitraum vom bis (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Vöcklabruck), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 12. AUGUST 1988 wurde der Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom bis , gestützt auf § 4 Abs. 1 Oberösterreichisches Gemeinde-Getränkesteuergesetz i.d.F des Art. I der Gemeinde-Getränkesteuergesetz-Novelle 1988, LGBl. Nr. 22, sowie auf "Art. I Ziff. 1" (richtig: Art. II) der zitierten Novelle Getränkesteuer für Verpackung vorgeschrieben.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit der Begründung, die zitierten Gesetzesbestimmungen entsprächen nicht der österreichischen Rechtsordnung.

Mit Bescheid vom 13. OKTOBER 1988 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Berufung mit der Begründung keine Folge, durch Art. II der zitierten Novelle sei die Neufassung des § 4 Abs. 1 des oberösterreichischen Gemeinde-Getränkesteuergesetzes rückwirkend für den Verjährungszeitraum des § 152 der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung in Kraft gesetzt worden.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung an die belangte Behörde, wobei sie ihr Berufungsargument wiederholte.

Die belangte Behörde wies die Vorstellung als unbegründet ab, stützte sich dabei ebenfalls Art. II der zitierten Novelle und wies daraufhin, daß der Verfassungsgerichtshof die betreffende Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufgehoben habe (VfSlg. 12322).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Aufhebung des Berufungsbescheides, hilfsweise in ihrem Recht darauf verletzt, daß der auf die mitverkaufte Verpackung entfallende Entgeltanteil ausgeschieden wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die auf dem Beschwerdefall anzuwendende Oberösterreichische Gemeinde-Getränkesteuergesetz-Novelle 1988, LGBl. Nr. 22, hatte auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Art. I

....

1. § 4 Abs. 1 zweiter und dritter Satz haben zu lauten:

"Als steuerpflichtiges Entgelt gilt das dem Letztverbraucher in Rechnung gestellte Entgelt einschließlich des Wertes der mitverkauften Verpackung und Trinkhalme sowie der üblichen Beigaben, ....

....

Art II

Dieses Gesetz tritt mit dem auf seine Kundmachung im Landesgesetzblatt für Oberösterreich folgenden Monatsersten in Kraft. Art. I Z. 1 dieses Gesetzes ist jedoch auf alle Sachverhalte anzuwenden, für die Verjährung gemäß § 152 der O.ö. Landesabgabenordnung noch nicht eingetreten ist."

Kern des Standpunktes der Beschwerdeführerin ist das Argument, die mitbeteiligte Stadtgemeinde habe keine Verordnung über die Erhebung der Abgabe auch vom Werte der mitverkauften Verpackungen erlassen; jedenfalls keine rückwirkende.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0110 u.v.a.) die Auffassung, daß die Oberösterreichische Gemeinde-Getränkesteuergesetz-Novelle 1988 nicht eine bloße Änderung der Bemessungsgrundlage geschaffen hat, sondern vielmehr einen neuen Gemeindeabgabentatbestand, der allerdings nicht unmittelbar anwendbar (also nicht self-executing) war, sondern einer Verordnung des Gemeinderates bedurfte. Die Erhebung der Abgabe auch vom Wert der mitverkauften Verpackung setzte sowohl pro futuro als auch für in der Vergangenheit konkretisierte Sachverhalte eine entsprechende Verordnung des jeweiligen Gemeinderates voraus.

Anders als in den den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 90/17/0220, und vom , Zl. 91/17/0110, zugrundeliegenden Fällen, in denen die dort mitbeteiligten Gemeinden jeweils entsprechende Verordnungen mit Rückwirkungsanordnungen (die dem Wortlaut des Art. II der zitierten Novelle entsprachen) erlassen hatten, lag zur Zeit der Erlassung des von der belangten Behörde bestätigten Berufungsbescheides (13. OKTOBER 1988) keine Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde auf Erhebung der Getränkesteuer auch vom Werte der mitverkauften Verpackung vor.

Bereits dadurch, daß die belangte Behörde diesem Umstand bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht Rechnung getragen hat, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muß.

Der Vollständigkeit halber sei noch bemerkt, daß auch der in der Erwiderung der belangten Behörde vom auf die Replik der Beschwerdeführerin vom erwähnte Beschluß des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom (kundgemacht durch Aushang in der Zeit vom bis ) an der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nichts zu ändern vermag, weil dieser von der belangten Behörde als "Verpackungsverordnung" bezeichnete Beschluß einerseits zur Zeit der Erlassung des von der belangten Behörde bestätigten Berufungsbescheides noch gar nicht existent war, somit nicht Bescheidgrundlage sein konnte und andererseits nicht die erforderliche Anordnung einer Rückwirkung enthält.

Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung war aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VO, BGBl. Nr. 416/1994.